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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.08.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-08-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970802024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897080202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897080202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-08
- Tag1897-08-02
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Zum Abschiede schweift noch einmal des Wanderer trunkenes Auge über das lieblichste Panorama Thüringens; ein Blick noch auf die Ueberreste der Burgcapelle, dann hinaus aus der altehrwürdigen und beute noch stolzen Burg, die auch in ihren Trümmern ihre Schönheit gewahrt hat; den ehemaligen Burgweg wählend, gelangt man auf bequeme Weise hinab ins Thal, von oben herab aber erschallen die Klänge der Trompete und „Behüt' dich Gott, es wär' so schön gewesen" ruft mit seiner geliebten Trompete der freund liche Burgwirth dem scheidenden munteren Wanderer nach. Ein unvergeßlicher Augenblick Dem, dem er jemals beschieden war! Schloß Tchwarzburg, eine der schönsten Perlen Thüringens, ist nun das nächste Ziel. Der Weg dahin führt durch das unvergleichlich schöne Vchwarzathal, welches man wohl auch die „deutsche Schweiz" genannt hat. Eine Fußwanderung durch dieses Thal läßt in dem Innern des Wanderers unverlierbare und liebliche Bilder zurück. Bald nach dem Eintritt begrüßt ihn in goldenen Lettern eine lateinische Inschrift: srrlus iutrrmtiduL! Die wildbrausende Schwarza begleitet ihn bis hinauf nach Schwarzburg. Die in dem Bett deS tobenden Bergflusses liegenden gewaltigen Felöblöcke, die ost sonderbare Aushöhlungen zeigen, bekunden deutlich die Macht deS Wassers und baS vieltausendjährige Alter dieses Wasserlaufes. Zu beiden Seiten wechseln düstere Wälder mit hellleuchtenden grotesken Felspartien. Hier strebt ein Fels von wunderbarem Bau, in den die Verwitterung die mannigfaltigsten Formen gemeißelt und dem sie bei der verschiedenen Beleuchtung die anmulhigsten Farben verlieh, zum blauen Himmelsdome ernpor. Dunkle Nadelbäume, die hinter ihm sich wie ein Vorhang zusammeuschließen, lasten seine eigenartige Gestalt vollkommen zur Geltung gelangen. In vielen Krümmungen windet sich das Thal aufwärts, oft erscheint es, als müsse der Wanderer einen vorgeschobenen Fels übersteigen, doch beim Nahen führt der Weg um den Bergriesen herum, wodurch sich abermals ganz neue und fesselnde Bilder darbieten. Beim „Schweizerbaus", im Volks munde „Oppelei" genannt, verläßt man das herrliche Thal der goldführenden Schwarza*), uin auf dem neuen Wege am *) Die Gebirgsart, welche die Schwarza einengt, ist Thonschiefer, derselbe wird durch viele goldhaltige Quarzgänge durchschnitten. In dein vom Wasser zu Sande zermahlenen Quarz finden sich die Goldkörnchcn, die schon iin Mittelalter in den Seifenwerken an der Schwarza, die zuerst 1491 urkundlich erwähnt werden, ausgewaschen Fuchstisch vorüber gleich zum „Trippstein" zu gelangen, der den Glanzpunkt in der Umgebung Schwarzburgs bildet. Vou ihm hat man den günstigsten Ueberblick über das Schloß Schwarzburg; unterhalb Trippsteins windet sich die Schwarza um einen Ausläufer des TänningShauptes, der achtzig Meter hoch aus dem saftige», Wiesengrunde herausragt und auf seinem Nucken das hell leuchtende Fürstenschloß trägt. Den Nahmen zu dem einzig schönen Naturbilde bilden die dunkel bewaldeten Laub- und Nadelberge, welche den engen Thal kessel einschließen und das Schloß als einen glänzenden Demant erscheinen lasten. Tiefes Dunkel umhüllt die Geschichte des Schlosses bis 1123, in welchem Jahre zuerst eines Grafen von Schwarzburg, Sizzo III., gedacht wird. Sizzo's Sohn, Heinrich I., starb kinderlos, daher fielen seine Länder an seines BruderS Sohn, Heinrich II., der also der eigentliche Staminvater des Hauses Schwarzburg ist. Dieser hinterließ zwei Söhne, Heinrich und Günther, deren Nachkommen das Schloß noch heute bewohnen. Im Jahre 1370 ist das Schloß sogar der Wohnsitz zweier Grafen, Johann II. und Günther XXII., worüber eine Ur kunde von 1370 genaue Bestimmungen aufführt; 1394 wird eines neuen Hauses gedacht, dann schweigen die Urkunden. In den Jahren von 1690 bis 1718 ward das Schloß unter Aufsicht deS Baumeisters Andreas Adolph Meylandt erneuert, doch mitten in diesen Arbeiten brach am 10. Januar 1695 Feuer aus, welches das Schloß in Asche legte, doch konnte am 26. October 17l3 die Schloßcapelle eingeweiht werden. Das vollendete Schloß ward 1726 abermals ein Raub der Flammen, 1738 ward die Kirche geweiht und 1744 waren alle Zimmer wieder in wohnlichem Zustande. Von 1718 bis 1825 befand sich auf dem Schlosse auch eine Strafanstalt, die nach Rudol stadt verlegt ward. Vom Schlosse aus genießt man eine herrliche Aussicht auf den im harmonischem Wechsel von Laub- und Nadelholz um schlossenen tiefromantischen Thalkessel, aber auch das Innere deS Schlosses bietet manche Sehenswürdigkeit, besonders sehenswerth ist die Rüstkammer. Die zweckmäßige Aufstellung wurden. In dem Zeiträume von 1530 bis 1570 waren etliche zwanzig Gewerken mit der Goldwäsche an der Schwarza belehnt; auch 1586, 1594 und 1613 wurde besondere Erlaubnis dazu er- theilt; 1596 lieferte ein Bergmann auf einmal fünf Loth Waschgold, welches init 31 Gulden 2 Gr. 1'/, Pfg. bezahlt wurde, und ums Jahr 1690 ein anderer in sieben Wochen acht Loth deS feinsten Goldes, für deren jedes die Kammer zu Rudolstadt neun Thaler bewilligte; noch 1800 fand inan bei Erbauung eines Wehres ober halb Schwarzburg eine etliche Ducaten Werth habende Goldstufe, die noch heute iin Naturaliencabinet zn Rudolstadt aufbewahrt wird. Die Fürsten von Rudolstadt ließen sich aus dem in ihrein Lande gefundenen Golde die Trauringe anfertigen. und Anordnung der Waffen und Waffenstücke aus allenkZeiten wird von Sachkennern rühmend anerkannt. Man erblickt alte Rüstungen und Schwerter, Donnerbüchsen und Feldschlangen, eine Kanone aus der Zeit der Bauern kriege und eine solche aus der Zeit Napoleon's I., sowie Handfeuerwaffen aller Zeiten. Unter den letzteren befinden sich auch eine als Hinterlader eingerichtete Flinte aus alter Zeit und eine ebensolche Kanone. lieber Paulinzella und Stadtilm gelangt man nach Arnstadt, um von hier aus den sagenumwobenen Tret Gleiche» einen Besuch abzustatten. Die drei Burgen, Burg Gleichen, Mühlberg und Wachsenburg werden unter vem einen Sammelnamen, die „Drei Gleichen" genannt, obwohl nie mals die Grafen von Gleichen alle drei Burgen besaßen, die Ähnlichkeit ihrer Bauart, die gleiche Höhe und die Sage, daß sie alle drei 1230 durch einen Blitzstrahl in einer Nacht entzündet worden seien und gleich Riesenfackeln die Landschaft erleuchtet hätten, mag die Ursache zu dieser Be nennung gewesen sein. Die Ruine Gleichen wird, da sie nahe dem Städtchen Wandersleben liegt, das „Wanderslebener Schloß" genannt. Von der Ruine ist nicht mehr viel erhalten. Ueber dem Eingänge prangt in Stein gehauen der gleichische Löwe, einige Pfeiler der Schloßccapelle, der Rest eines viereckigen Thurmes, so wie geringe Mauerüberreste mit etlichen Fenstern sind alles, was der Wanderer vor» der ehemaligen Burg noch erblickt. Noch zu Anfang dieses Jahrhunderts war das freilich anders, Friedrich Wilhelm III. schenkte die Burg dem General v. Müffling, der den schönsten Theil der Ruine abbrechen ließ, uin aus den Steinen einen Schafstall zu erbauen. In nächster Nähe erblickt man nun die Burg Mühl berg über dem gleichnamigen Flecken Mühlberg, deren ver fallene Mauern einen malerischen Anblick gewähren, aus den Mauerresten erhebt sich noch ein 23 m hoher runder Thurm. Die dritte der drei Schwesterburgen, die Wachsenburg, befindet sich noch im besten Zustande, sie wird daher auch heute noch bewohnt. Vor dem Thore breitet sich ein Linden platz aus, nachdem man diesen überschritten hat, gelangt man durch einen schmalen Zwinger in den geräumigen, die Burg umziehenden Hof, der 100 m tiefe Burgbrunnen, das HauS des Commandanten, die Kirche, das Staatsgefängniß, sowie verschiedene winklige Gänge sind noch immer sehenswerth und geben ein lebhaftes Bild dieser Bergfeste. Da die Wachsenburg die höchste der drei Burgen ist, so hat man von ihr eine umfassende Rundschau aus die prächtige und gesegnete Umgebung, sowie auf den Thüringer Wald und aus der Ferne leuchtet auch die ehrwürdige Wartburg herüber. Gehen wir kurz zur Geschichte und Sage dieser Burgen über. Das Schloß Gleichen spielt in der Geschichte des Mittel alters eine ziemlich unbedeutende Nolle. Aus dem Dunkel der Geschichte tritt sie erst zu Ende des ll. Jahrhunderts, 1088 oder 1089 wurde Ekbert II., Markgraf von Thüringen, ein halbes Jahr lang in Burg Gleichen belagert, am Christ abende kam es zu einem heftigen Kampfe, Ekbert besiegte die Mannen Kaiser Heinrich s IV. und blieb so im Besitze der Burg. Nach Ekbert's Tode kam Gleichen an Wilhelm, Pfalzgrafen am Rhein, da er keine Kinder hatte, schenkte er die Burg 1123 dem Erzbischof Adelbert von Mainz, dieser besieh damit die Grafen von Tonna, die die Ersten gewesen sein sollen, die den Namen „Grafen von Gleichen" führten. Der letzte Graf Gleichen war Ludwig, der 1631 zu Ohrdrufs starb. Nun kam Burg Gleichen in Besitz derer von Hatzfeld, als auch diese 1794 abstarben, gelangte die Stadt Erfurt in deren Besitz. Napoleon erklärte Burg Gleichen für eine französische Domaine, sie wurde öffentlich ausgeboten, jedoch mit der Bedingung, daß die Mauern nicht abgebrochen werden dürften, es fand sich kein Käufer, daher brachte sie der fran zösische Domainen-Inspector Gentil um den Taxwert an sich und schenkte sie der Universität Erfurt mit der ausdrücklichen Bestimmung, daß diese die Mauern wieder aufführen lasse, was aber unterblieb, da die Universität Erfurt bald auf gehoben ward. An die Burg Gleichen knüpft sich die allbekannte Sage von der Doppelehe eines Grafen Gleichen, die berühmteste und verbreitetste aller thüringischen Sagen, über welche bis jetzt einige sechzig Schriften bekannt sind. Die Doppelehe eines Grafen Gleichen hat sich trotz vieler Mühen und Forschungen nicht feststellen lassen können, Alles zerfließt in Sage. Die richtige Annahme über die Entstehung der Sage ist wohl die, daß Mönche an einen Leichenstein Sigismund'S 1. von Gleichen, der daS Grab deckte, in welchem er und seine beiden Gemahlinnen ruhten, diese Sage anknüpften. Eine dreischläfrige Bettstelle, die sich bis 1835 in dem Junker zimmer der Burg Gleichen vorfand, trug noch dazu bei, der Sage immer wieder Gläubige zu verschaffen. Splitter vor» dieser Bettstelle, im Schnürleib getragen, galten als Mittel gegen die Eifersucht. Die Geschichte der Burg Mühlberg beginnt zuverlässig 1042, da tritt Hemrick, Graf von Mühlberg, aus. Wenig weiß die Geschichte von dem Grasen von Mühlberg zu berichten, nur Meinhard von Mühlberg, der im Jahre 1232 die Reichsacht gegen Erfurt vollstreckte, wird mehrfach genannt. Nach wechselndem Besitze kam es 1803 an Preußen. Unter den Burgmännern, die auf dem Mühlberze saßen, sind besonders die von Hellbach erwähnenswerth und zwar um einer Fehde willen, die sich zwischen ihnen und den Grafen Gleichen in der Mitte des 14. Jahrhunderts entspann. Die Feuilleton. Zur Geschichte Les Hutes. Costümstudie von Otto Moser. Nachdruck verboten. Die Sitte, den Kopf zu bedecken, stammt schon aus dem frühesten Alterthum. Bei den Griechen thaten dies nur kränkliche Leute, und die niedrigste VolkSclasse, auch hatte ihre Kopfbedeckung, mit Ausnahme des aus Filz gefertigten sogenannten thessalischen Hutes, den man zum Schutz gegen die Sonne trug, mit den nachherigen Hüten wenig gemein. Runde und spitze Hüte kamen zuerst bei den Römern in Gebrauch, die sie be» Schauspielen, Festlichkeiten und bei Be gehung heiliger Gebräuche führten und den Hut zum Symbol der Freiheit erhoben, weshalb auch die Sclaven bei Erlangung ihrer Freilassung einen Hut erhielten. Nach Cäsar'S Er mordung wurde der Hut als Zeicken der Freiheit zwischen zwei Schwertern auf den Münzen angebracht, was später die Republik der Vereinigten Niederlande nach Abwerfung des spanischen Joches nachahmte. Allgemeiner wurde die Sitte, Hüte zu tragen, erst nach Nero'S Ermordung. Kaiser Karl der Große pflegte, nach seines Biographen Eginhard Mittheilung, rin ledernes Käppchen zu tragen. Da dies als etwas AußergewöbnlicheS erzählt wird, läßt sich an nehmen, daß die rauhen Franken, der Sitte ihrer Väter gemäß, außer der KricgSzeit noch immer unbedeckten Hauptes einher gingen. Dieser Sitte, die bis ins zwölfte Jahrhundert reicht, dankt wahrscheinlich daS sächsische Wappen seine Rautenkrone. Als nämlich nach dem Sturze des stolzen Welfenherzogs, Heinrich'- des Löwen, Kaiser Friedrich der Rothbart dessen Länder an verschiedene Fürsten und Herren vertheilte, empfing Graf Bernhard von ASkanien da- Herzog- thum Sachsen nebst Engern und Westfalen. Diese Schenkung veranlaßte den Grasen, seinen kaiserlichen Herrn zu bitten, daß er ihn von dem Hause ASkanien durch ein verändertes Wappen unterscheiden möchte. Um Bernhard'- Wunsche zu entsprechen, ergriff der Kaiser den Kranz von grüner Raute, welchen er wegen der Sonnenhitze auf dem Haupte trug, und hing ihn über deS ASkanierS Schild, der bis zu jener Zeit nur fünf Querbalken gezeigt hatte. Zu Anfang dcü 13. Jahrhundert- findet sich der breit- krämpige Hut mit aufgeschlagener Seite und langen Schwung federn als Attribut der Fürsten und de- Adels. Kaiser Philipp der Schwabe trug bei seiner Ermordung durch Pfalz graf Otto von Wittelsdach, obgleich er im Zimmer beim Schachspiel saß, einen aufgeschlagenen seidenen Hut mit seidener Feder, der vom Sckwerthiebe deS Pfalzgrafen zur Hälfte durchschnitten wurde. Im Jahre 1350 gab eS in Nürnberg bereits eine Hutmacherzunft, Beweis, daß der Hut als Kopfbedeckung auch schon im Volke Aufnahme gefunden hatte. Bald darauf erfand ein französischer Barettmacker, oder Barettin, wie die Zunft der Hutmacher damals hieß, einen Hut von dickem Bärenfell, dessen niedere- Mittelstück mit goldenen und silbernen Flittern verziert war. Die Fran zosen nannten ihn Cbapeau de DunoiS, weil der ritterlicke und lebenslustige Graf Dunoi» und seine Edellrute sich zuerst mit dieser Kopfbedeckung öffentlich zeigten. Um diese Zeit begann auch die Sitte, durch Berührung oder Abnahme des Hutes oder Baretts zu grüßen. Wie man bis dahin, außer durch Wort und Verbeugung, seine Höflichkeit offenbarte, meldet eine Ueberlieferung aus dem frühen Mittelalter, nach welcher unter der Herrschaft der ersten französischen Könige und so lange keine Hüte und Baretts existirten, man sich aus Achtung gegen einen Anderen ein Haar auSzog und es ihm überreichte, was dann von Jenem in gleicher Weise er widert wurde. Der Berichterstatter erzählt, daß Clodwig dem Bischof von Saint Germain ein Zeichen höchster Gnade erweisen wollte und sich deshalb ein Haar ausriß und cs dem geistlichen Herrn mit leutseliger Geberde überreichte, worauf sämmtlichc Höflinge ein Gleiches thaten. Der Bischof kehrte entzückt von der Artigkeit, die ihm dadurch zu Theil geworden, nach seinem geistlichen Sitze zurück. Um das Jahr 1360 trug man einen Hut mit hohem Deckel und schmalem Rande, an dem die Stutzer wobl auch einige Pfauenfedern befestigten. Bald darauf änderte man den Rand ab, indem er nach unten gerichtet wurde und init goldenen oder silbernen Schnürchen, später mit metallenen Kettchen behängt war. Die Kettchen wichen bald einer Gar nitur kleiner silberner Schellen, die den Träger des HuteS durck ihr lustiges Klingeln schon von Ferne ankündigten. Eine neue Hutforin verdankte man im 15. Jahrhundert König Ludwig XI. von Frankreich. Auf der wenige Zoll breiten Krämpe saß ein Cylinder, der ringsum mit bleierne»» Heiligenbildern besetzt war, darunter das Bild der Jungfrau Maria gewissermaßen die Cocarde bildete. Wenn der König am Morgen das Bett verlassen hatte, brackte ihin sein be rüchtigter Barbier und Leibkammerdiener Oliver, den daS Volk nur „Oliver den Teufel" nannte, seinen Hut, den er, nachdem er einen Heiligen ausgesucht, so vor sich hinstellte, daß der Gewählte voran stand, worauf er knieend sein Morgengebet verrichtete und sich darin für den Tag unter den Schutz dieses Heiligen stellte. Dem Beispiele des Königs folgten die Höflinge, und bald sah man nur Hüte mit Heiligenbildern geschmückt, die indessen, wenigstens in Frank reich, auS Rücksickt auf den König nur aus Blei gearbeitet sein durften. DaS 16. Jahrhundert brachte den spanischen Hut, nach oben spitz zulaufend, fast wie der Tirolerhut, mit kurzen Federn geschmückt. Dazu trug man den kurzen Mantel, daS pusfige WamS und den langen Stoßdegen. Der Haß deS französischen Königs Franz I. gegen Kaiser Karl V. war Veranlassung, daß die spanischen Hüte in Frankreich erst spät zur Geltung kamen. Fast ein Jahrtausend war die Kopfbedeckung deS Kriegers der erzene Helm gewesen; aber mit dem siebzehnten Jahr hundert finden wir auf dem Haupte des Soldaten den breil geränderten Filzhut, dessen Widerstandsfähigkeit gegen den Hieb noch durch ein Kreuz von starkem Eisendraht erhöbt wurde. Gustav Adolph, Wallenstein, Pappenheim und alle die Helden jener Zeit ritten mit diesem Streithule auf dem Haupte in die Schlacht. Die Hüte dieser Zeit waren sehr kleidsam und bei vornehmen und reichen Leuten mit Feder schmuck besteckt. Die vordere, aufgekrämpte Seite des HuteS enthielt eine Agraffe, die beim schlichten Manne aus Ver zierungen von Band und Schnur, bei Fürsten und vor nehmen Personen auS Gold und Edelstein bestand. Diese Agraffe gab Veranlassung zu der später entstandenen Cocarde, oder dem Feldzeichen, al- welche- in früherer Zeit die Schärpe oder Feldbinde diente. Der Filz wich dem Velpel, aber die Gestalt des HuteS änderte sich nicht, selbst als die Perrücke erfunden und der Hut mehr sür die Hand als für den Kopf bestimmt war. Die dreieckige Form dieses Hutes, des OImper»u-ba8, gefiel sehr, deshalb ließ sie sich nickt so bald verdrängen. Um das Jahr 1740 hatte sie sich in ein gleichseitiges Dreieck ver wandelt, welches dadurch entstand, daß der Rand eines breit- krämpigen Calabresers drei Mal aufgestülpt wurde. Und jetzt begann auch über den Rockkragen herab ein Zöpflein zu spielen. Wer schönes, starkes Haar hatte, trug keine Perrücke mehr, sondern ließ sich den eigenen Haarwuchs in Seitenlocken ringeln und den Bestand des Hinterhauptes in einen Zopf zusammenflechtcn. Ein langer, starker Zopf galt für eine besondere Schönheit und wurde von den Damen jener Zeit ebenso bewundert, wie etwa jetzt ein zierlicher Schnurrbart oder Vollbart. Da nun viele junge Leute nicht überreichlich mit Haupthaar versehen waren und doch auch nicht mit einem spärlichen, schweincschwanzartigen Zöpflein Herumlaufen wollten, griffen sie zu künstlichen Mitteln, und nunmehr hingen falsche Zöpfe den Rücken herab, oft zusammen gedrehten Pserdeschweifen ähnelnd. Namentlich zeichneten sich in Herstellung solcher kolossalen Zöpfe die Soldaten aus, welcke dieselben nicht allein auS Eitelkeit, sondern auch als Schutzwaffe iin Kampfe, gegen den Nackenhieb, trugen. Der Gelehrte, Bürgersmann oder wer sonst den ruhigen, gesetzten Staatsbürger repräsentirte, durste cs nicht wagen, mit einem dicken Zopfe aufzutreten, man hätte ihn aus gelacht. Nur eil» kleines, nach oben gerichtetes Schwänzlein, mit schwarzem Band umwunden und in ein pinselartiges Haarbüschcken auslaufend, war ihm vergönnt. Während die Männerwelt mit Zopf und dreieckigem Hute kokettirte, nahmen die fashionabeln Damen ihre seit Jahr hunderten in Ehren gehaltenen Hauben ab und setzten Mützen auf, welche den Jockeymützeu unserer Zeit ähnelten. Das an der Kopfbedeckung befestigte Band wurde über der Stirn in eine Schleife verschlungen und iin Sommer mit frischen Blumen verziert. Zwei Halskrausen zogen sich tief herab, daß der Körper fast bis zum Magen ohne Bedeckung blieb, denn das weit ausgeschnittene Kleid gewährte dem vorderen Oberkörper ebensowenig Schutz wie der mit schmalem Kragen versehene Ueberrock. In der Hand trug eine distinguirte Dame jener Zeit den „Pompadour", eine Tasche, die unsere deutschen Großmütter „Strickbeutel" nannten, in welcher außer dem Strickstrumpf ein Schnupftabakdöschen auS Achatstein, ein Riechfläschchen, das Taschentuch und Wohl auch der Fächer mitgesührt wurden. Die Schuhe zierten rosenförmige Bandschleifen. In diese Zeit fällt auch die Entstehung deS Claque, der sich bis auf unsere Zeit in Ehren erhalten hat. Um die Locken der Frisur oder die ü la Herisson, das heißt igelartig, gekäniinten Haaren nicht durch einen Hut zu verderben und doch auch nicht ohne einen solchen einher zu gehen, erfand ein genialer Pariser Hutmacher den Claque, welchen der deutsche Volksmund spottweise „Schröpflampe, Dreimaster, und Iammerschnabel" nannte, ohne ihn jedoch dadurck von seinem HeimathSlande fern halten zu können. Der Claque war von bedeutender Größe und wurde unter den linken Arm geklemmt, so daß die obere Spitze nach unten kam. Bei keiner feierlichen oder festlichen Gelegenheit durfte der Claque fehlen. Keine Dame würbe einem Herrn einen Tanz bewilligt haben, wenn das Engagement nicht mit dem modegeheiligten Hute geschah. Bei dem Menuett, dem graziösen Tanze, welchen man früher als die Mutter der Tänze bezeichnete, bemühten sich die Herren, nach altem choreographischen Gesetz, „ChapeauS" genannt, mit dem Claque so zierlich wie wöglich zu gesticuliren, während die Damen dasselbe Manöver mit den geschlossenen Fächern ausführten. Der amerikanische Freiheitskrieg hatte die Aufmerksamkeit Europas Jahre lang nach dem transatlantischen Riesen reiche gelenkt, und daher kam es, daß man ansing, Quäkerhüte, oder doch ihnen etwas Aehnliches zu tragen. Dieser Hut erfreute sich jedoch keiner langen Beliebtheit, denn schon 1780 wurde der Dreiecker schon wieder allgemein getragen. Bald begann derselbe auch in die Armee einzudringen. Die Ossi- ciere erschienen zu Ende des Jahrhunderts mit einem hohen Hute iu Claquesorm, der bald halbkreisförmige Gestalt an nahm und, um ihn noch geschmackloser zu machen, einen ellen langen, raupenartigen Federbusch erhielt. Denke man sich hierzu einen steifen, bis über die Ohren reichenden Kragen, lange Aufsckläge, bis zur Wade reichende Frackschöße, Weiße Lederbeinkleider, bis zum Knie beraufgehende Stiefeln mit Quasten, den Degen an der Seite, den Rohrstock in der Hand und ein Zöpfchen im Nacken, so ist das Bild einer militairischen Eleganz auS obengedachter Zeit fertig. Im Jahre 1804 finden sich neue Spuren von dem cylinder- förmigen Hute, welcher bereit- seit Jahrhunderten vergessen war. Ein nack oben convergirender hoher Hutkopf, vou niedrigem, schmalem Rande umgeben, kam aus England nack dem Contlnent und erhielt die Benennung Robinsonhut, wahr scheinlich nach dem Namen seines Schöpfers. Zum Mode Hute wurde nunmehr der Bolivar, mit breiter Krempe, nack oben breit auslaufend. Stutzer in den zwanziger Jahren trugen diesen Bolivar, etwas herausfordernd auf die Seile geschoben, und dazu den blauen Frack mit bauschigen Aermeln und Metallknöpfen, Busenstreif und weite Pantalons. Glücklick sckätzte sich, wen die gütige Mutter Natur mit einem hübschen Backenbarte beschenkt hatte, denn ein solcher eroberte damals jedes Mädckenherz. Einen Schnurrbart zu tragen, war eine Berechtigung des Militairs und kam, mit Aus nahme von Renommisten, keiner anständigen Civilperson iu den Sinn. Erst die Volkserhebung des Jahres 1848 brachte auch den Schnurrbart zu Ehren, dock währte es noch geraume Zeit, bevor ihn auch die Beamten, Commis und andere An gestellte tragen dursten, ohne ihrer Entlastung gewärtig sein zu müssen. Als letzte eigenthüinliche Form des runden HuteS, der nunmehr seit fast einem Jahrhundert in immer wieder neuen Gestaltungen austritt und beute noch von aristokratischem Nimbus umweht ist, kennzeichnete sich der Murillo, mit breitem Deckel und hoch aufgekrämpten Randbogen, während der vordere und Hintere Theil des Randes sich tief herabneiglc. Als er Mode wurde, nannte man ibn Murillo, weil er ein künstlerisches, geniales Ansehen verleiben sollte. Anders dachte darüber die Menge, denn gerade dieser Hut war cs, an dem sich der Volkswitz versuchte, indem er ihm die wunder lichsten Spottnamen, wie Affenpinscher, Zündhütchen, Dohle und Angstrohr, beilegte.
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