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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.08.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-08-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970805019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897080501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897080501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-08
- Tag1897-08-05
- Monat1897-08
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Größere Schriften laut unserem Prei»» verzeichniß. Tabellarischer und Zissernsatz nach höherem Tarij. Extra-vkilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgab«, ohne Postbeförderung Xi 60.—, mit Postbefördrrung 70.—. Ännahmeschlvß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polx k» keivsiL Donnerstag den 5. August 1897. 81. Jahrgang. Wie kamen die Deutschen nach Lohmen? Von Oberlandesmarschall-Stellvertreter Julius Lippert, Prag. „Wie kamen die Deutschen nach Böhmen?" betitelt sich ein hochinteressanter Aussatz des Prager Historikers Justus Lippert, den die illustrirte Familienzeitschrift „Zur guten Stunde" in ihrem neuesten Hefte veröffentlicht. Der Artikel, welcher mit wuchtiger und klarer geschichtlichen Beweis führung das von den Tschechen verbreitete Märchen widerlegt, eS seien die Deutschen Böhmens überhaupt keine Deutschen, sondern nur ver deutschte Tschechen, bildet ein werthvolles Glied in der Artikelserie „Zum Kampfe der Deutschen in Böhmen", welche, von Len hervorragendsten deutschen Führern verfaßt, von der genannten Zeitschrift veröffentlicht wird. Wir lasten den wichtigen Aussatz hier folgen: „Die „Deutschen in Böhmen" sind als Volksstamm keine germanisirten Slaven, keine blos deutsch redenden Tschechen, wie von einer Seite auS sehr durchsichtigen Absichten be hauptet und verbreitet wird. Allerdings hat in Böhmen im Lause der Jahrhunderte manche Familie in Folge von Kriegs verheerungen und Wanderungen, aber auch in Folge solcher aus rein wirtkschafllichen Beweggründen den Sprachgebrauch geändert; sonst hätte ja schließlich nicht der Führer der Tschechen Rieger und der Deutschen Schmeykal heißen können. Aber daS berührt nicht den ganzen Stamm als solche», der sich im Ganzen rein gehalten hat und mit seiner Nationalität in einer alten deutschen Colonisation wurzelt, die in erheblicherem Maße im 13. Jahrhundert ihren Anfang nahm. Bei der Entstehung der Staatengebilde spielen die so genannten „Marken" eine Rolle, die noch allzusehr übersehen zu werden pflegen. ES sind das Oedländereien an der Grenze gegen den Nachbarstaat, die al» Wald und Sümpfe zum Schutze gegen feindliche Angriffe dienen sollten. Wie »der die Vertheildignngsweise sich bei fortschreitender Cultur- eutwickelung ändert, so auch der Charakter der Marken. In hnen entsteht dann oft ein neues Leben mit neuen Organi- ationSformen, welche, dem Kernlande fremd, nicht selten ein ortgcschrittenereS Stadium der Gcsellschaftsbildung bezeichnen, diese Entwickelung hat häufig schon dahin geführt, daß sich selbst der Schwerpunkt der Herrschaft in die Marken vor- sckob, die ursprünglich cultnrloS, nachmals in verschiedener Richtung an die Spitze des Fortschrittes traten. Das nächst liegende Beispiel bietet dem deutschen Leser die deutsche Ge schichte selbst: über alle anderen Staaten erhoben sich die Heiden östlichen Marken, die schließlich in gegenseitigem Wett bewerb die Herrschaft über das Ganze beanspruchten. Auch Böhmen, das nach dem Abzüge der Markomannen und seit dem Vordringen der Avaren im Kerne des Landes von einer slavischen Bevölkerung besiedelt war, besaß seine weit ausgedehnten „Marken" und behielt sie um so länger, als die ganze Bodengestaltung dieser Art Schutzsystem be sonders günstig war. Nahm auch die Entwicklung hier nicht denselben Verlauf, so daß die Grafen der Marken schließlich zu Herren des Landes geworden wären, so bildeten sich doch auch hier auS den gleichen Elementen ähnliche Verhältnisse. Die „Rosenberge", „Lichtenburge", „Riesenburge", welche sich in den ihrem Schutze anvertrauten Markgebieten festgenistet hatten, hießen zwar nicht „Markgrafen", waren es aber in der That, und daS tragische Geschick des großen zweiten Ottokar stand in ursächlichem Zusammenhänge mit der Prätendentschaft des erstgenannten Hauses. In jenem Jahrhundert, in welchem sich daS böhmische Fürstenthum der PrzemySliden durch deutsche Gunst zu einem Königthume erhob, galt eS, den Rest des Besitzes an Machtmitteln zusammenzuraffen, um dem jungen Königthume der Oligarchie des Adels gegenüber die nötbige Stütze zu gewähren. Jenen Rest aber bildeten vorzugsweise die noch unberührt im Besitze der Fürsten verbliebenen Tbeile des Markwaldeö und inner halb des Landes die alten Grumalstätten der Stämme, welche daS Fürstenthum unter seine Alleinherrschaft gebracht hatte. Der Verwertbungdieser beiden Arten von Besitzob)ecten entsprach die thatsächliche Macht deS KönigtbumS, und die Frage seines Bestandes fand zum Theil ihre Lösung in der Art dieser Erschließung und Verwerthung. Wie die Sachen am Beginn des 13. Jahrhundert» lagen, bot sich den Fürsten hierfür kein anderes Mittel an, als daS der deutschen Coloni sation, die nach den zwei genannten Kategorien deS Be sitzes zwei verschiedene Formen annahm. Die Könige traten hiermit auf wirtbschaftlichem Gebiete in Wettbewerb mit ihren eigenen Markbeamten, welche durch eine gleiche Coloni- sationstbätigkeit in gleicher Weise ihren Wohlstand und ihre Selbstständigkeit hoben. Während dieser Vorgang, durch welchen der Grundstock der deutschen Bevölkerung nach Böhmen kam, von keiner Seite in Frage gestellt wird, klagen slavische GeschichtS- schreiber immer wieder vorwurfsvoll ihr altes heimisches Fürstenhaus an, daß es gerade Deutsche zu diesem Werke nach Böhmen rief, da es doch auch tschechische Hände dafür hätte finden können. Aber das Letztere ist eben in aus reichender Weise nicht der Fall gewesen. Freilich war es nicht etwa die ungenügende Zahl der tschechischen Bevölkerung, welche sie zu einer solchen Leistung, wie eS die Cnltivirunz der ausgedehnten Waldstrecken und Oedländereien war, unfähig gemacht hätte; wohl aber die bisher meist übersehene gesellschaftliche Verfassung, in welche die heimische Bauernschaft hineingerathen war. Der tschechische Bauer hatte dem damals geltenden Rechte nach kein Erb- eißenthum an dem von ihm bebauten Grunde. Dieser ge hörte unbeschränkt dem Herrn und war Jenem nur auf Widerruf zur Selbsterhaltung eingeräumt, damit er so am Leben erhalten dem Herrn die anderweitig geforderten Dienste leisten könnte. Um sich etwa ein Sondervermögen durch fleißige Bebauung jenes Grundes zu erwerben, dazu fehlte es an Handelsgelegenheit zur Verwerthung eines UeberschusseS, aber auch an diesem selbst, indem dem Bauer weder Zeit noch Ansporn zur Erzielung eines solchen geboten war. Nun ist es aber ein großer Jrrtbum, zu glauben, daß die böhmischen Könige ihr Markland an die deutschen Colonisten verschenkten- — dafür hätten sie allerdings auch heimische Abnehmer finden können. Nein, sie suchten es, um ihren königlichen Haushalt glänzender einrichten zu können, vor Allem zu Gelde zu machen, wobei sie in recht rasfinirter Weise sowohl den Bedarf deS Augenblicks wie auch den der Zukunft im Auge hatten. Dem Colonisten würde grund sätzlich sein Stück Grund, seine Hufe, von der königlichen Kammer oder dem sonstigen Unternehmer verkauft und zwar so, daß er einen Theil des Kaufschillings als sogenannte „Anleite" sofort erlegte, für den anderen aber das so er worbene Grundstück mit einem „EwigkeitSzinse" belastete, für den er nach einer für die Rechnung gewährten Freifrist Jahr für Jahr aufkommen mußte. Dafür hatte er sich aber auch in ein Erbcigen an dem betreffenden Grunde „ein gekauft". So entstand das in Böhmen damals neue Rechts- verhältniß der sog. „Emphyteuten" oder Erbpächter. Diese Art Ansiedlung durch „Einkauf" setzte natürlich voraus, daß eS in der Nähe schon Bauern in ähnlichen Ver hältnissen gab, welche es ihnen gestatteten, für sich oder ihre auSwandernden Söhne soviel baares Capital zu erwerben, daß sie an einem solchen Ankauf in Böhmen denken konnten. Wenn das nicht immer der Fall war, so sanden sich capital- kräftige Unternehmer in den Kreisen des deutschen Bürger- tbums, die auf eigene Gefahr in jener Weise die Gründe für ganze Dorfschachten unter Anzahlung der „Anleite" kauften, um sich dann an den eingeführten Colonisten in irgend einer Weise zu entschädigen. Der directe Gewinn lag dann in dem „Freigute", das ihnen bei einer solchen Unter nehmung zufiel. Damit war in der Regel das erbliche Richteramt verbunden, das der Unternehmer entweder selbst ausüben oder mit Einwilligung deS Grundherrn weiter begeben konnte. Auch eine eigene Gerichtsverfassung schied den ein wandernden Deutschen von dem slavischen Bauer nicht minder wesentlich als das verschiedene Besitzverhältniß und die Spracht. Der slavische Bauer stand unter der patriarchalen Gerichtsbarkeit des Herrn seines Grundes. Dieses Verhältniß konnte für den Deutschen nicht weiter bestehen, denn er kam als freier Mann in das Land. Dennoch aber gehörte er nicht vor dasselbe Landgericht, vor welchem die heimischen Grundherren ihren Gerichtsstand hatten. Er bedang sich also sein eigenes Gericht aus und übte eS durch sein dem slavischen Volke unbekanntes Schöffensystem unter dem Vor sitze de» ErbrichterS nach altheimischem Nechtsbrauche, den er so in lebendiger Uebertragung in die neue Heimatb brachte. In der Verbriefung dieses eigenen Gerichts wesens lag zugleich die Bürgschaft deS Schutzes seiner heimischen, der deutschen Sprache. Indem die Schöffen immer nur der betreffenden Gemeinde ent nommen werden konnten, war eS nicht möglich, ihm fremde, seiner Sprache unkundige Richter zu setzen, nicht nöthig und nicht möglich, ihn vor fremdsprachige Gerichte zu fordern. Indem andere, namentlich geistliche Gutsherren der könig lichen Kammerverwaltung nachahmten und ihre uncultivirten oder minder intensiv ausgenützten Ländereien in gleicher Weise mit Colonisten besetzten, entstand an der Stelle des alten Grenzwaldes im Laufe des 13. und 14. Jahrhunderts ein in mehrfach durchbrochener Weise das tschechische Böhmen um schließender Landstreisen deutscher Colonisation. Im Süden und Südosten haben die Rosenberge und Lichtenburge einen Theil dieser Culturarbeit vollbracht, im Südwesten arbeiteten die reichen Klöster Goldenkron, Kladrau und Tepl an dem gleichen Werke; der Nordosten aber, die polnische Grenze und der Nordwesten an der oberen Eger blieben der Thätig- keit der Przemyslidenkönige Vorbehalten. Welch' großartige Ausdehnung hier aber der alte Grenzwald hatte, davon giebt die Thatsache einen Begriff, daß die ganze gegenwärtige Graf- chaft Glatz nur einen kleinen Theil deS Markwaldes an der polnischen Grenze bildete. Es ist wahr, durch diese bäuerliche Colonisation der Deutschen in Böhmen wurde auch mancher slavische Unter- than von seinem Deputatgrunde verdrängt. Manche Herr- chaft sah sich veranlaßt, dem Beispiele der königlichen Kammer olgend, ihren Boden besser als bisher zu verwerthen und überdies noch einen hübschen Kaufpreis herauszuschlagen, indem sie ihre Knechte anderweitig unterbracht« oder auf eine andere Art des Unterhalts auwies und das bisherige Deputat land zu Colouisationszwecken vermessen ließ. Aber gerade, daß die Besitz- und Rechtsverhältnisse in Böhmen damals so entwickelt waren, daß ein solcher Vorgang rechtlich zu lässig erschien, das giebt einen Begriff von der Größe des Segens, der damals durch die deutsche Colo nisation derOedlande nach Böhmen kam. Tenn das Beispiel steckte nun auch im Lande selbst an. Hunderttausende von Bauerngrllnden wurden allmählich nach dem Beispiele des „deutschen Rechts" eingezogen und zu „Kaufrecht" auch an die heimischen slavischen Bauern unter gleichen Bedingungen wie an Colonisten überlassen, wenn dieselben entweder sich an gespornt gesehen batten, den Anleitebetrag zusammenzusparen oder sich erbötig erklärten, ihn durch eine größere Auflage von Grätigkeiten zu verzinsen. So ging gleichzeitig mit der deutschen Colonisation und durch diese angeregt eine Art Emancipation eines großen Theils der heimischen böhmischen Bauern vor sich, und es bürgerte sich unter ihnen ein Rechts zustand ein, der vordem den armen Hörigen völlig unbekannt war. Wäre es dieser Emancipation gegönnt gewesen, ihren ruhigen Verlauf zu nehmen, so wäre Böhmen nie wieder das gelobte Land der Baucrnschinderei geworden. Wie war nun aber der slavische Bauer dazu gekommen, ein kleines Baarvermögen zu erwerben? Einmal spornte ihn dazu das Beispiel des deutschen Nachbars an. und dann eröffnete ihm eine zweite Art der deutschen Colonisation Mittel und Wege dazu. Das war die bürgerliche, durch die sich daS Königthu-.l eine Reihe fester Burgen mit stehender, verläßlich königstreuer Besatzung schuf. Städte oder Bürger schaften als durch eine bestimmte Verfassung verbundene Gemeinschaften persönlich freier Männer hat es in Böhmen vor dem Beginne des 13. Jahrhunderts mit einer einzigen Ausnahme nicht gegeben. Jene Ausnahme aber bildete die alte Stadt Prag, die als eine Colonie deutscher Handels leute vom ersten böhmischen Könige die Bestätigung ihrer Gemeindeverfassung erlangte. Der Grundzug dieser Verfassung aber ist die verbürgte Selbstständig keit der deutschen Gemeinde, der der Fürst in seiner Abwesenheit von der Prager Burg den Schutz derselben anvertraute. Die ältesten Beziehungen dieser deutschen Stadt, die bald Bürger aus allen deutschen Gauen in sich aufnahm, weisen auf Süd- und Mitteldeutschland hin, auf Passau, Regens burg und Nürnberg. Die Könige Wenzel I. und Ottokar II. vermehrten die Zahl der Städte im Lande, indem sie die Marktplätze an den alten Gauburgen mit deutschen Bürgercolonien besetzten. So entstanden nicht nur Leit, meritz, Aussig, Brüx, Salz, Elbogen u. A als deutsche Städte im Lande, sondern auch Beraun (Verona), Kolin (Köln), Nimburg (Neuenburg), CaSlau, Koucim, Chrudim, Grätz und viele andere dereinst FrniHetsn. Wolkenbrüche. Von F. Clemens. NaLtruck verboten. Ein heißer, schwüler, sengender Tag. Besorgt und doch voller Hoffnung blickt der fleißige Landmann zum Firmament aus; Fluren und Felder schmachten nach der Erquickung köstlichen Regens, und doch zittert der kräftige Mann vor der möglichen schrecklichen Begleiterscheinung des zu er wartenden reinigenden Gewitters, dem Alles vernichtenden, mitleidslosen Hagel! Indessen, die Natur ist unerbittlich. Mehr und mehr überzieht sich der Himmel mit schwarzen, drohenden Wolken, wie gefüllte, aufgebauschte Säcke hängen sie schwer in der Atmosphäre, eS sieht au», al» wolle die HimmelSdecke über der unglücklichen Menschheit Zusammen stürzen. Die Vögel und Vierfüßler suchen zum größten Thecl ängstlich ihre Nester und Höhlen, die Schwalben fliegen pfeilschnell über den Fluß dabin, mit ihren zierlichen Leibern fast den Wasserspiegel berührend. Plötzlich beginnt die gewaltige atmosphärische Action. Mit furchtbarem Brausen fegt der Sturm daher, heulend, im Wirbel kreisend, Aeste und Zweige brechend, Ziegel von den Dächern herabreißend, schauerlich klirrt er in den GaSlatrrnen und verwandelt die Kornauen in tosende McereSwogen! Nun grollt der Donner, ein Blitz strahl zuckt über den fahlen Horizont, und zugleich prasselt der Regen in dicken, schweren Tropfen herab, die wie harte Kieselsteine auf dem Boten aufschlagen. Und wahrlich, das sind die gefürchteten Schloßen! Der Landmann ringt die Hände, er ist ohnmächtig gegen dir Kräfte der Natur! Aber was ist da«? Vom Hagel droht ihm heute noch nicht ein mal daS schlimmste Unglück! Ein unheimliche» Rauschen dringt an sein Ohr, wie wenn tausend Kannen zugleich mit mächtigem Strahle entleert würden oder um ibn herum mit zischendem Getös« schäumende Wasserfälle einem liefen Abgrund zurollteu. Die Luft scheint in eine einzige große Wasser mass« zu zerfließen, man siebt keinen Regentropfen mehr, keine Strahlen, in dicken Strömen stürzt «» herab, ohne Fall, obn« Ordnung, ohne Tempo, in wenigen Augenblicken Straßen und Fluren in einen ungeheuren Ser verwandelnd und alle« Bewegliche auf seinem grausiaen Wege gleich einem verheerenden Lavastrom mit sich fortreißend. „Ein Wolkenbruch", ringt es sich verzweifelnd von den bebenden Lippen, und ungestüm eilt Jeder, sein kleine» Eigen- thum nach Kräften zu sichern und zu bergen. Doch noch ist der Anprall des Wassers nicht vorüber. Im Gegentheil, von den nahen Bergen herab ergießt sich mit einem Male in daS unglückliche Thal ein reißender Strom, unauf- »altsam in seiner Kraft, Verderben und Vernichtung den Gebilden der Menschenhand drohend. Blitzschnell wälzt er sich über das Thal dahin, im Nu verschwinden die tiefer ge legenen Wohnungen, andere stecken bis zum Dach in der Fluth; Scheuern, Häuser, Brücken werden fortgetriebcn, Schafe, Kühe, Pferde, Schweine schwimmen haltlos dahin, hier und da klammert sich ein Mensch hilferufend und zitternd an einen auf dem Wasser treibenden Balken oder sonstigen Gegenstand. Ein panischer Schrecken bat sich aller Einwohner bemächtigt, alle Bande menschlicher Ordnung sind für die Zeit der Kata strophe gelöst. Glücklicherweise wäbrt dieselbe nicht lange, oft schon nach Viertelstunden sinkt dir Flutb, Len Menschen die Herrschaft über ihre Gebiete wieder einräumend. Die kurze Zeit hat jedoch genügt zur gräßlichsten Zerstörung. Aus den Fluren und in Len Straßen lagern, soweit bas Auge reicht, schwarze, mit Trümmern und Steinen vermischte Schlammmassen, alles blühende Leben unter sich begrabend. Wochenlang« Arbeit gehört dazu, sie wieder zu beseitigen. Häuser sind zerstört, Vorräthe fortgeschwommen, ganze Schaf- heerden in ihren Ställen ertrunken, andere Culturen, die daö verheerende Naß verschonte, schlug der Hagel zusammen; wohl Dem, dem bei dem Zählen der Häupter seiner Lieben wenigstens keines derselben fehlt! Noch Tage lang tragen die Flüsse deS Lande» auf schlammigen, gelbbraunen Wogen die Trümmer de» zerstörten EigenthumS in die Ferne, und die Bewohner der Gegenden drängen sich neugierig oder hilfs bereit an den Ufern und suchen mit langen Stangen da» irgend noch Wertbvolle zu erhaschen. Meine Leser: Da» ist ein Wolkenbruch! Wohl Dem, der nie in die traurige Lage geräth, dieses gigantische Schauspiel der Natur zu betrachten. Leider bleibt e» nur den Wenigsten erspart. Vor Allem die Bewohner bergumsäumter Tbäler wissen von den Schrecken hereinbrechender Wassermaffen zu erzählen, ja manche Gegenden sind geradezu berüchtigt wegen der häufigen Wolkenbrüche und Hagelfälle. Auch in den letzten Tagen haben wir wieder furchtbare Nachrichten au- verschiedenen Tbeilen unseres Vaterlandes vernommen. In Sachsen und Schlesien, in Oesterreich, in der Schweiz, in Bayern, in Württemberg vereinigten sich Wolkenbrüche und Hagelschläge, um dir blühenden Fluren zu verheeren. Zahlreiche Menschenleben sind den Fluthrn zum Opfer gefallen, ganze Gebäude, Brücken, Dämme und Walbparzellen wurden fortyerissen. Mit Grauen und Mitleid zugleich lesen wir die in ihrer einfachen Wahrbeit so erschütternden Berichte. Vielen, welche bisher noch nie Zeugen einer solchen atmosphärischen Tragödie gewesen sind, drängt sich angesicht» der gemeldeten Tbatsacken Wohl die Frage nach dem Ursprung dieser Naturphänomene auf. Jedermann weiß, daß dieselben Begleiterscheinungen der Gewitter sind, es leuchtet deshalb leicht ein, Laß ihre Entstehung mit derjenigen von Gewitter, Regen und Sturm in untrennbarem Zu sammenhang? stehen muß. In der That ist ein Wolkenbruch nichts Anderes, als die Entleerung einer Wolke, die aber außer gewöhnlich rasch und heftig vor sich geht. Ursache und Ver lauf dieses ProcesseS sei in Folgendem kurz dargestellt: Die wasserkampfbaltige Luft steigt nach oben, dehnt sich hierbei aus und kühlt sich infolge der Ausdehnung ab. Dadurch wird die Ausscheidung von Wasserdampf bedingt, welche zur Bildung von Wassertröpfchen und (in höheren Schichten) Eiskrystallen führt. So entsteht die Wolke, die weiter nicht» ist als Nebel und sich von diesem nur durch ihre Höhe unterscheidet. Mit dem Fortschreiten des AuSscheidungsprocesses wachsen die Tropfen an Zabl und Schwere, schließlich erreichen sie ein im Verhältniß so beträchtliches Gewicht, daß sie zu Boden fallen. Diese Erscheinung nennen wir Regen, falls der Niederschlag in flüssiger Form erfolgt, erreicht er jedoch die Erdoberfläche in fester Form, so sprechen wir je nach den Umständen von Schnee, Hageln oder Graupeln. ES ist hier nicht am Orte, auf die Entstehung aller dieser Einzel erscheinungen besonder» einzuaehen, wir bemerken zur all gemeinen Information nur, daß die Bildung von Eiskrystallen durch die Aufsteigung des WasserdampseS in kältere Räume des Luftmeeres veranlaßt wird. Aufsteigende Luftströme sind nun gleichzeitig der Entwickelung starker elektrischer Spannungen in den Wolken sehr günstig, wodurch sich das Zusammen treffen von Donner, Blitz und Regen erklärt. Auch die Be gleiterscheinung des Hagels wiro auS oben Gesagtem ver ständlich, ebenso diejenige des Sturmes, der eine natürliche Folge deS gestörten atmosphärischen Gleichgewichtes ist. Die Intensität deS bei Gewitterstürmen fallenden Regen kann nun eine sehr verschiedene sein. In der Regel wäbrt der Regenfall nur kurze Zeit, geschieht aber um so schneller und heftiger. Wenige Minuten reichen oft hin, um die Erde in Wasser zu baden und alle tiefer gelegenen Straßen und Landschaften in Tümpel und Bäche zu verwandeln. Denkt man sich nun die Intensität eine« solchen RegenfalleS zum Aeußersten vergrößert, so sehr, daß der ganze Inhalt der Wolke in Strömen herabzustürzen scheint und von keinerlei periodischem Tropfenfall mehr die Red« fein kann, so hat man einen Wolkenbruch. Die Bildung der Tropfen ist so rasch vor sich gegangen und ihre Zahl bat sich derart ver mehrt, daß die Wolke sich in der Luft nicht mehr halten kann, ihre Schwere scheint sie förmlich zu Boden herab zuziehen; die Entleerung geht in unglaublich kurzer Zeit vor sich. Eine ungeheure Waffermeng« wird plötzlich auf einen verhältnißmäßig kleinen Raum zusammengedrängt, der reißende Strom stürzt nach den Vertiefungen und vernichtet und ver heert alles Ueberwindbare auf seinem Wege. Ist nun obendrein die Gegend so beschaffen, daß enge, von Bergen und Hügeln eingesäumte Tbäler vorhanden sind, aus welchen das Wasser nicht nur schlechten Abfluß hat, sondern ans welche auch noch die Wasserströme von den Bergen herabstürzen, dann wehe den armen Bewohnern sammt den Früchten ihres Fleißes und den Erzeugnissen ihrer Kunstfertigkeit! Vorsichtsmaßregeln gegen solche atmosphärischen Ereig nisse giebt eS natürlich nicht. Selbst wenn der Mensch genau im Voraus wüßte, daß an dem und dem Tage ein Wolkenbruch drohe, so vermöchte er doch nichts zu thun, um die Gefahr und deren Folgen von sich abzuwenden. Aber er ahnt ja in den meisten Fällen nicht einmal daS nahende Verhängniß. Höchstens beunruhigt ihn das oft allzu grauen hafte Aussehen deS Himmels, der wie ein schwarzes, wogen des Meer erscheint, während die heiße, schwüle Luft eine unerträgliche Mattigkeit und Niedergeschlagenheit im Herzen bervorruft. Oft scheinen die Wolken förmliche schwarze Säcke zu bilden, vielfach senkt sich ein ordentlicher Trichter auf die Erde herab, der mit seinem Ende über das Land hinstreicht und Sand und leichte Sacken emporwirbelt. Man nennt derartige Phänomene Wasser-, Wind- oder Sandhosen, auch Wettersäulen, Tromben n. s. w. Wer mit einiger Aufmerksamkeit die Berichte über die alljährlichen Wolkenbrüche verfolgt, wird bald die Bemerkung machen, daß der Juni in der Geschichte der GewitterhiobS- posten eine hervorragende Rolle spielt. Und tbatsächlich ist in Mitteleuropa im Monat Juni die größte Tendenz zu Regenfällen vorhanden. Nack dem Gesagten wird man begreifen, daß sich der Schaden, welcher durch einen Wolkenbruch verursacht werden kann, ost aus viele Tausende beläuft und von den Bewohnern ärmerer Tistricte manchmal in Jahren kaum überwunden wird. Gewähren wir daher unser innigste» Mitleid den Betroffenen, nicht nur in schönen Worten, sondern auch in Tbaten. Niemand ist ja gegen Unglück gefeit, und daS Unheil unserer Brüder von gestern kann morgen daS unsere sein! Mehr als zu anderen Zeiten empfinden wir die Nolbwendig- keit deS Zusammenhalten« der Menschheit. Einer für Alle, Alle für Einen! Hast Du nicht gerade einen Wolkenbruch zu fürchten, so doch vielleicht die Gewalt des Orkans oder de» FeuerS! Und brauchst Du nicht Andere, so bedürfen sie doch Deiner . . . Edel sei der Mensch, hilfreich und gut!
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