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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.08.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-08-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970809028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897080902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897080902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-08
- Tag1897-08-09
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Vezugr-Prett R ?? E«chtexpeditüm ob« den fio Wndt« b«»^ Vorort« «richtet« los« aabestell« «hgih-lt: »t«rteljLhrlich^l4^0, bei »wrimalla« täglich« Zust,ll»n» tos Laus ö.5O. Durch di, Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vt«»liShrlich s---. Direkte tägliche Arenjbandlrudmig des «usland: monatlich ^l 7ckll. Di, Morgen-Aatgab« erscheint «m '/,7 Uhr, di« Abrnd-Au-gabe Vochentag« um 5 Uhr, ' Ne)actlon «n- Erve-Mo«: -»Hannes,aff» 8. Di« Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filiale«: Kit» Klemm'S Eortt«. (Alfretz Hahn), Universitötsstraße 3 (Paultuum), Lonis Lüsche, Katharineustr. 1«! pari, und KöuigsplaN 7. Abend-Ausgabe. W-MMIMblaü Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Molizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. M. Montag den 9. August 1897. MnzeigenPrers die 6 gespaltene Petitzeile SO Psh Reklamen unter dem RedactionSstrich s4g«- spalten) ÜO/4, vor den Familtenaachrichte, (6g,spalt«) 40^. Größer« Lchristea laut aus««» Preis« verjeichniß. Tabellarischer und Ziffernfax nach höherem Tarif. ^—c>> - Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit de» Morgen-AuSgabr, ohne Postbeförderunti M—, mit Postbesörderung 70.—. , Annuhmeschluß für Anzeige«: Abend-Au-gabe: Bormittag» 10 Uhr. Syorgea-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Bei den Filialen und Aanabmestellen sr ein« halb« Stunde früher. Anteilen sind stet» an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 91. Jahrgang. Die Laiserbegegnung in Petersburg. p Da» deutsche Kaiserpaar weilt seit Sonnabend auf russischem Boden. Der Empfang, welcher demselben nicht nur durch den Zaren und die städtische Vertretung Peters burgs, sondern auch — und da» ist nicht ganz ohne Be deutung — durch die Bevölkerung der Newametropole zu Tbeil geworden, war ein außerordentlich glänzender, ja prunk voller, aber auch ein äußerst warmer, herzlicher und hie und da begeisterter. Man hatte in Deutschland mehrfach weniger erwartet und mit einer freundlich-kühlen Begrüßung ge rechnet. In Frankreich und England dagegen hatte man angenommen, in Petersburg werde eine neue Aera der internationalen Machtconstellation beginnen und der förmliche Anschluß Deutschlands an denZweibund sich vollziehen. WaS biS jetzt an der Newa geschehen, ist indessen nichts Anderes als der völlig correcte äußere Ausdruck dessen, was sich seit dem Tode Alexander s III. in dem Verbältniß Rußlands zu Deutsch land bereits vollzogen hat. Vollzogen hat, sagen wir ab sichtlich; denn wenn der Zar in seinem Trinkspruch auf Kaiser Wilhelm ohne rhetorischen Ueberschwang, aber offenbar mit aufrichtigem Herren betonte, daß beide Fürstenhäuser und beide Völker m Freundschaft sich verbunden wissen und daß hierin eine werthvolle Garantie für die beiden Kaisern gleich sehr am Herzen liegende Erhaltung des all gemeinen Friedens liege; — wenn Kaiser Wilhelm in gleichem Sinne antwortete, namentlich hervorbebend, daß beite Herrscher in ihrem Streben nach Erhaltung des Welt friedens dieselben Bahnen wandeln; — so ist damit genau die Situation gekennzeichnet, die schon im vorigen Jahre zur Zeit deS Zarenbesuches in Breslau und in Pari» der Haupt fache nach bestanden hat. Obgleich Zar Nikolaus damals einen schärferen Accent auf die Freundschaft mit Frankreich legen mußte, das fester an Rußland geknüpft werden sollte, hat er doch in keinem seiner bekannten Trinksprüche verhehlt, daß Rußland das Bündniß mit der Republik nicht als Garantie für die Erfüllung französischer Nevanchegelüste, sondern als Bürgschaft deS von einer gewissen Macht bedrohten Friedens auffasse. Man wird sich weiter erinneren, daß unmittelbar nach dem Pariser Zarenbesuche ofsiciöse russische Preßstlmmen nicht müde wurden, zu versichern, daß der Zweibund seine Spitze nicht gegen Deutschland kehre, daß der russischen Diplomatie viel mehr nichts willkommener sein könne, als eine Annäherung Deutsch lands an Frankreich, und daß der Zar selbst seine schönste Aufgabe in der Ausführung beider Nationen erblicke. Die von der „Nowoje Wremja" in ihrem vielbemerkten Be- grllßungSartikel vom 5. August ausgesprochene Ueberzeugung, daß der Dreibund nicht mehr eine sowohl gegen Frank reich, als auch gegen Rußland gerichtete politische Kombination sei, eine Ueberzeugung, die auch in den übrigen russischen Preßäußerungen zum Kaiserbesuch deutlich anklingt, bat also schon bestanden, als der Zar den Präsidenten Faure umarmte, und sie ist zur absoluten Gewißheit ge worden, als Kaiser Franz Josef in Erwiderung deS Wiener ZarenbesucheS in diesem Frühjahr der Gast Nikolaus' II. in Petersburg war. Mochte Rußland vielleicht durch die Nichterneuerung des deutsch-russischen AffecuranzvertrageS, der Rußland die Neutralität Deutschland» im Falle eines österreichischen Angriffs sickerte, einen erwünschten Vorwand erhalten haben, an den ehrlichen Absichten Deutschlands zu zweifeln, im Laufe der Zeit mußte man in Petersburg diesen Vorwand fallen kaffen, da Deutschland sowohl anläßlich deS japanisch chinesischen Krieges, wie während des ganzen Verlaufes der jüngsten orientalischen Verwickelungen zu offenkundig an Rußlands Seite gestanden hat. Gegen Oesterreich aber schwand jeder Argwohn, als es unerwartet gelang, sich mit diesem über eine den Frieden nicht gefährdende Gestaltung der Verhältnisse aus der Balkanhalbinsel zu einigen und mit ihm vereint als Hüter deS Status quo yervorzutreten. Heute ist es jedem Russen klar, daß die Interessen Rußlands, Deutschlands und Oesterreichs keine divergirenden sind, daß man dies in Berlin und Wien sehr genau weiß und danach zu handeln entschlossen ist. Als Folge dieser Erkenntniß ist die friedliche Annäherung Rußland» an die beiden Dreibundmächte anzusehen, und der herzliche Empfang, welcher soeben unserem Kaiser in Petersburg geworden ist, bereutet den äußerlich erkenn baren Merkstein der unter rem Zwang der internationalen Ereignisse schon vollzogenen neuen Interessengruppirung, und an dieser wird auch der vielleicht enthusiastischer ver laufende Besuch des Präsidenten der französischen Republik nickt das Mindeste ändern. Wenn dieses Zusammenrücken der drei Mächte im bewußten Gegensatz zu England geschieht — die „Nowoje Wremsa" hat cs ja offen ausgesprochen —, so weiß heute auch der oberflächlichste Beobachter der Ereignisse auf der Wellbühne, daß dies eine zwingende Nothwendigkeit ist. Rußland sieht sich im Orient, in Afrika und Asien von England bedroht, Oesterreichs Interessen am Bosporus har- moniren keineswegs mit denen AlbionS, und dieses steht gleich zeitig der colonialen und handelspolitischen Entwickelung Deutsch lands auf Schritt und Tritt hindernd im Wege. Da nun FrankreichS Interessen mit denen Rußland« im Hinblick auf England sich decken, so ist eS nur natürlich, daß die russische Diplomatie eifrig bemüht ist, eine Eoalition der europäischen Festlandsmächte gegen da« nordische Jnselreich zu Stande zu bringen, in welcher Frankreich mit Deutschland Schulter an Schulter steht. Daß auch wir rin Zusammengehen mit Frankreich namentlich auf colonialen Wegen als ein trotz deS noch nicht erstorbenen Revanchegedankens erreichbares Ziel immer im Auge gehabt haben, daraus haben wir zu keiner Zeit ein Hehl gemacht. In Frankreich selbst sind wieder holt Stimmen laut geworden, die dem gleichen Gedanken daS Wort redeten, aber eS hat auch bi» in die jüngste Zeit nicht an Aeußerungen der französischen Presse und einzelner Staatsmänner gefehlt, welche jedem Optimismus nach dieser Richtung den Boden entzogen. So steht man auch in Paris den neuerlichen Bemühungen des Zaren, auS- zugleichen und zu versöhnen, höchst mißmuthig gegenüber. Aber wir glauben doch, daß ein erneutes Zusammengehen vonFalfl zu Fall, namentlich wenn es unter der Aegide Rußland's geschieht, Uber kurz oder lanazur Thatsache werden wird. Von Fall zu Fall wid das Reich auch mit Rußland denselben CurS steuern, sei e», daß eS die Förderung unserer eigenen Interessen oder die Erhaltung de» europäischen Friedens gilt. Hierin wissen wir un» mit der Politik Kaiser Wilhelm's völlig einig, der dem Zaren seine kräftigste Unterstützung zugesichert hat. Dabei setzen wir allerdings voraus, daß bei jeder Kooperation, sei sie diplomatischer oder, wa» wir nicht hoffen, kriegerischer Natur, in allererster Linie und aufs Entschiedenste die Interessen und die Ehre Deutschland» gewahrt werden. Rußland ist r» setzt augenscheinlich, da» un« sucht, weil e« un» braucht. Möge unsere Diplomatie dies nie aus den Augen lassen! Politische Tagesschau. * Leipzig, 9. August. Das Berliner Directorium deS Bundes der Landwirthc hat für seine agitatorischen Zwecke ein neues Schlag wort gemünzt. ES ist gegen die Nationalliberalen in Hannover gerichtet und wird in dem Organ ter BundeS- leitung, der „Eorrespondenz des Bundes der Landwirthc", wie schon erwähnt, folgendermaßen formulirt: „Früher lautete die Wahlparole Verpflichtung auf ein politisches Programm, Freiheit in wirthichaftlichen Fragen; 1898 wird es umgekehrt heißen: „Freiheit in allen politischen Fragen, dagegen Verpflichtung auf ein festes wirthichaftliches Programm. Zusammenschluß aller wahrhaft national gesinnten Männer auf der Basis eines gemeinsamen mittelsrandssreundlichen Wirth- schaftsprogramms unter dem Motto Les trefflichen neueflen ge« flügeltrn Bismarckwortes: „I^L rocbsrebo äs I» kractiou est iotorcliw". Die „Nat.-Lib. Corr." bemerkt zu dieser Auslassung: Hier mit beziebt sich das Organ der Bundesleitung direct auf Aeußerungen deS Fürsten Bismarck, die er gethan bat, al» ibm Ende verflossener Woche die Herren v. Plötz, Or. Hahn und Rösicke ihre Aufwartung machten, um ibm ein Relief bild zu überreichen. Nirgends wird die Autorität deS Fürsten Bismarck in allen Fragen, wo daS Gesammtwobl der Nation in Betracht kommt, höher gehalten und seiner Persönlichkeit größere Verehrung entgegengebracht, als gerade in der nationalliberalen Partei, die seine treue Mitarbeiterin bei der Begründung, dem Ausbau und der Befestigung deS deutschen Reiches war. In dieser Verehrung für den Alt-NeichSkanzler ist der Wunsch be gründet, daß seine Mahnungen in allen nationalen Kreisen ein offenes Ohr finden. Jedenfalls kann man annehmen, daß er, wie so oft, jetzt wieder gemahnt hat: im natio nalen Gedanken die Parteidifferenzen zurückzudrängen, sich entgegenzukommen, sich zusammenzuschließen, be sonder» zur Abhilfe der bedrängten Lage der Landwirth- schaft, ohne Unterschied der Fraktion, wie es ja auch im NeickStag versucht worden ist mit der Begründung der wirtb- schaftlicken Vereinigung, die indeß dadurch erfolglos und ver kümmert blieb, daß man sie als Vollstrcckungsorgan für extreme unerfüllbare Forderungen gebrauchen wollte. Aber gerade die Verehrung, welche der gewaltigen Persönlichkeit des Altreichskanzlers geschuldet wird, läßt es als ein dringen- des Bedürfniß aller patriotischen, um daS Wohl des ge jammten Volke« wirklich bemühten Kreise empfinden, daß nicht in uncontrolirbarer und anfechtbarer Weise die Mahnungen deS Fürsten in den Dienst einer einseitigen extremen Agitation gestellt werden, die wegen der Mittel, deren sie sich bedient, so zersetzend gewirkt hat. Für uns steht fest, daß außer den materiellen Sorgen auch die Stärkung des Reiches zu Lande und zur See, die Abwehr des Klerikalismu», eine wirksame Sammlung aller nationalen Kräfte gegen den Umsturz, die Bekämpfung der polnisch- welfisck-dänischrn centrifugalen Bestrebungen, die Wahrung der politischen Reckte deS Volke« weiter Aufgaben bleiben, denen rin wahrhaft national gesinnter Mann sich nicht entziehen kann, und die auch durchweg für die nächsten Wahlen mit demselben Gewicht in Betracht kommen, wie je zuvor. Und al« ob nicht auch Die« ein wesent licher Brstandtheil der BiSmarck'schrn Politik allzeit gewesen, wird Gleichgiltigkeit diesen Aufgaben gegenüber als Parole auSgegeben und in verschwommenster Allgemeinheit ein an geblich mittelstandsfrrundliche« WirthschastSprogramm auf- aestellt und dieses in Zusammenhang mit der Autorität des Fürsten Bismarck gebracht, obwohl da«, was bisber an Hauptforderungen de« WirthschaftSprogramms der Bundes leitung laut geworden ist, nichts weiter war als eine Steigerung unerfüllbarer Ansinnen, von denen schließlich sogar die conservative Partei jsich abwandte. Gerade der Landwirth, der schwer zu ringen hat, muß verlangen, daß ein solches Programm auch positiv und greifbar sagt, was ihm dienlich ist und was der Staat für ihn thun kann. Er bedarf ferner der Ueberzeugung — und dazu ist nach den Erfahrungen mit dem Anträge auf Sperrung der Grenze Anlaß genug —, daß nicht nur einige wenige Herren am grünen Tische im BundeSbureau zu Berlin, sondern auch die besonnenen Praktiker im Lande daran mit gearbeitet haben und damit einverstanden sind; er hat schließlich ein Recht darauf, daß für seiue Sache geworben werden kann, ohne zu entstellen und die Gegensätze zu verschärfen, damit die Zahl Derer, die für seine Förderung eintreten, so groß als möglich wird. Bisber hat das Berliner Bundesdirectorium den Beweis der Befähigung, auf Liese Weise nutzbringend die Interessen der Landwirtbsckaft zu vertreten, noch nicht zu erbringen vermocht. Bis tief in die Mitglieder des Bundes hinein herrscht vorläufig, soweit man in der Lage ist, die Wirksamkeit der Bundesleitung von Woche zu Woche auf ihre Folgerichtigkeit und ihre Ergebnisse zu prüfen, die gegründete Ansicht, daß es hierin noch sehr fehlt und — daß das Bundesdirectorium dann die unglücklichste Hand gehabt hat, sobald es, über seine natürlichen Aufgaben binauSgreifend, Empfindungen berührte und seiner Agitation dienstbar machen wollte, die der gesummten Nation theuer sind und ihr ungetrübt bleiben müssen. WaS die russische Presse von dem Besuche des deutsche» SaiserpaareS in erster Linie erwartet, ist ein Einverständniß der beiden großen Nachbarstaaten über die Behandlung der orientalischen, speciell der griechisch türkischen Frage. Einem deutschen Blatte blieb es Vor behalten, die Russen mit der Nase darauf zu stoßen, auch noch Wünsche und Forderungen anderer Art vorzubringen. DaS „Berl. Tagebl." bringt nämlich gerade am Tage der Zusammenkunft der beiden Monarchen eine Unterredung mit einem angeblichen russischen Staatömanne, in der dieser sich äußert, Herr v. Witte werde eS durchzudrllcken suchen, daß der deutsch-russische Handelsvertrag weniger nach den Wünschen der Agrarier von Seiten Deutschland» durchgefübrt würde. Es wird sogar zart angeteutet, daß sich andernfalls die Beziehungen zwischen beiden Ländern ver schlechtern könnten. In dem gegenwärtigen Momente derart die russischen Interessen wahrzunchmen, lediglich um gewerbs- und gewobnheitsmäßig den deutschen Agrariern Eins aus- zuwiscken, ist, um einen milden Ausdruck zu gebrauchen, zum Mindesten tactlos. Eine Schreckenskunde kommt auS Spanien. Wie schon im heutigen Morgenblatte kurz mitgetheilt werden konnte, ist der Ministerpräsident CanovaS del Castillo durch drei von einem Anarchisten abgegebene Revolverschüsse in Santa Agueda tödtlich verletzt worden und bald darauf ge storben. Ueber das Attentat sind uns noch die folgenden Meldungen zugegangen: * San Sebastian, 8. August. CanovaS verschied Nach mittags 3 Uhr in den Armen seiner Gemahlin. Die Kugel hatte fein Herz getroffen. Feuilleton „Harmoniken". 11j Romä» von «. Fischer-Lvher. « Alle «echt« verUKNnl. Ein glückliche« Lchhtln legte sich um de» Fürsten Mund. Ein Gatte sieht sich immer gern schwer vermißt. „Eine Dame kann «denfall» daS Theetrinkcn lassen, wenn sie e« will", wandte er sich an seine Gattin. „Nun zieh mich frei, Liebling." Doch die junge Frau veränderte nicht» an ihrer Haltung. Im Gegentheil schmiegte sie sich mit einem leichten Schmollen um den Mund nur noch fester an ihn an. „Tante Luisa hat mich grade hierher geschickt piff hem Auftrage, weil sie wußte, daß Du hier bist. Sie sah mir di« Sebnsuckt nach Dir an. Nun lauf' nicht gleich davon." „Mein Herr, ich habe Renate versprochen, für sie «twa» durchzusetzen, sie will zurück zur Stadt, und ohne Weiteres wird ihr da» nicht gestattet werden. Ich will sie seihst zurückbegleiten." Clanssa war e» im Grunde sehr gleichgiltig, wa» Renat« oder irgend rin andere« Wesen über sich beschloß. Hier jedoch hma von dem Entschlüsse, Eberstem zu verlassen, ihr eigene» Wohlbefinden ab, und ju diesem gehörte, daß sie jetzt mit ihrem Gatten rusammeublirb, Wenn Renate durchaus ihren Willen durchsetzte, mußt« sie gewiß »Wei Stunden auf ihren Titu» verzichten. Da» war ihr gräßlich, „Bleib doch h«x, Renate", bst sie schmollend. -Wa« willst Du un» All« in Aufregung versetzen- E» ist Dir sicherlich nicht gut, allein heute ja Deiner St»dtw»huung zu sein. Wie meine selige Mama so schnell starb, war ich fr»h, daß Tante Walden mich und den Bruder gleich »ff sich nahm. E« ist schrecklich in einem Hause, wo »ine B-tzw eben erst gestanden hat. G» unheimlich le«, und kalt- — Wenn Du in die Stadt lammst, hast Du auch Nwmaud, der Dich in Deiner Trau», «in wenig verw-hut." Ja, da, verwöhn«, war dir Lebenslust fstr-lariffa. Mir Renate war sie e» nie gewesen. ,Lu weißt, ich lieh» da» nicht-. Sch werd» 1 als» «icht vermisse«, wir sind ja s» verschieden geriet. Du willst immer vrrwöhnt werd«», ich «»erkannt." Llariffa »ar sprachlos, als Re-aw schwieg. E» ging über ihre Begriffe, daß ein Weib nicht verwöhnt sein wollte. Warum denn in allrr Welt nicht? E» gab ja nicht» Schönere». „Anerkannt werden", wiederholte sie. „TituS", rief sie lebhafter, „ich bitte Dich, sage Du e» ihr, daß Ihr Eure Frauen aerade verwöbnen müßt. Wa» könnte ich Dir sonst für eine Aufgabe für Deine Liebe zu mir stellen?" „Nun, nun", lenkte der Fürst ein, „sein kleine» Weib verwöbnen ist nicht gerade die sprcielle Liebe«aufgabe de» Manne». Da» kommt einfach von selbst bei einer so zarten Frau^wie Du bist, Clariffa. — Sch glaube schon, daß Renate für sich da» Verwöbntwerdrn nicht leiden mag. Sie ist innerlich zu selbstständig." Er sah zärtlich auf seine Gattin »Leder u»d streichelt« ihr sanft die Wange. „Das ist richtig^, gab Renate freundlich zu. „Seht Ihr, ich gebbre zu der derben Sorte meine» Geschlechte», die mau nicht schont, um sie glücklich zu machen, sondern an die man Anforderungen stellt." Sie sprang von ihrem Sitze auf. — Sie ncchm Raum «in, wo sie stand, im Gegensatz zu der zarte» Erscheinung Llariffa's, «inen vollen bemerkbare» Raum. Sich fühlend, Kraft und Gesundheit äußerten jede ihrer Bewegungen. „So kommen vir all« Drei nicht vom Meck bei unserer Unterredung, Clariffa nicht »um >u»ruh,n und ich nicht fort. — Die beste Zeit vergeht. Ganz kurz vor hem Liner sann ich nicht mehr aufbrechen." Ei» Anflug von fröhlichem Spott klang durch ihre Stimme, als sie sortsuhrr „Wir sprechen jede nur m einem speciellep Interesse, be- denken nur he» eigenen Wunsch, Elarissa für'» Bleiben, ich für'» Fahre», nnd der arme Titus steht dazwischen und müßte sich eigentlich theifen fhunn,. Da er da» nicht kann, weiß ich eine» Auswea: Ich trink« also den The« bei der Tante im Salon und fvrechk zugleich vm»en Wunsch aus. Sch werd» schon erreiche». was sch will. Inzwischen ver wöhne» Sie Clariffa, Ttt«, »vd dann gieht S« Ihre Frau nachher »u meiner Begleitung fr«! Go hat jede von un» ihre» Willen * Le» Fürst antwortete ga» nichts, doch grub sich ein« tief« Falte in sein« klare Stirn. Aber nicht der mit freundlichem Gruß abgehende» Comteffr aalt sei» Unm»th, sondern zum «rfleN Mal, seine» eiaenen Gattin. G»zw»»se» »» fei» znm Söe»wöhnea, z« Le«, was sei», Liebe dis dahm gern n»d freiwillig gab, «ntwerthet« ihm seine Momente solcher Empfindung wirken stet- nacktbeiliz auf die unbeschränkte Güte des Herzens, wenn diese und nicht weich« Gedankenlosigkeit die Triebfeder der Handlungen gewesen ist. Gleichwohl blieb er der taktvolle, aufmerksame Gatte, al» er, nachdem hinter Renate die Portiöre zurückgefallen war, seine Gattin zu einem Sessel führte und sich an ihrer Seite niederließ. „Wir müssen, mein Herz, einmal anfangen, un» für diese Umgebung zu interessiren. Es geht nicht auf die Dauer, daß wir un» ihr entziehen. Sie tritt mit ihren Forderungen un abweisbar an un» heran." Er strich sich mit der Hand über die Stirn und wischte die Falt« dort fort. Clariffa blickte von unten herauf zu ihm auf. Ihr sanfter GesichtSauSdruck erhielt durch die nach oben gerichtete Pupille etwa» schwärmerisch Beglückte», «inen Zauber, der nie seiue Wirkung auf einen liebenden Mann verfehlt. „Die Umgebung? Leideri" seufzte sie leickt auf. „Ich fühle, wie sie mich schmerzlich stört. Sie versteht nicht unsere Gefühle für einander. Sie tritt so fremd hinein." „Wir müssen dem zu heaegnen wissen" Der Kürst war wieder ganz Schonung für seine Gattin. Di« Wirkung ihres Zaubers auf ihn blieb nicht au», zumal er wußte, daß von einem koketten, nicht entschuldbaren Spiel mit angeborenen Reizen kein, Spur bei ihr zu finden war. Litu» schlang seine« Arm um Clariffa und zog sie au sich, als er »un sagt«: „Die Umgebung hat ihr Gute« dadurch, daß sie u,S zwingt, sie zu beachten. Sie schützt un« vor Einseitigkeit. Man lernt Vas Glück, sich zu besitzen, in der Berührung mit ihr wohl erst recht schätzen." „Ach, das brauchen wir nicht." Clariffa machte eine ab wehrend« Handbewegung. „Ich bin ganz befriedigt, wenn wir Beide allein sind. Da lenkt mich eben nicht- von Dir und mein«» Lieb« zu Dir ab." „Klein« Egoistin! Wer sagt Dir, daß Du damit immer meiner Eigenart gerecht wirst? Einem Manne, Clariffa, steht die GefühlSschwärmerei schlecht zu Gesicht." Durch sein» Worte klang ei» tiefer Ernst, de» sie jedoch nicht bemerkt,. Sw hatte nur das Wort Egoist,» auf- gefangen. „Ich egoistisch?" rief sie grenzenlos erstaunt au». „Ich will ja »ur für Dich da sei». „Ganz recht, mein Liebling, und eS liegt Dir auch mein Wohlbehagen am Herzen?" „Naiürlich", gab sie ohne Zögern zu. „Das liegt dock im Zusammensein. Wir haben doch zuerst uns zu befriedigen. Die Rücksichten auf Andere kommen dann erst." Sie neigte sich vor und sah ihn flehend an. „Nicht wahr, Titus, wenn Renate absolut fort will, was doch nur Eigensinn von ihr ist — wir haben sie ja Alle sebr lieb — so kann sie mein Bruder begleiten, nicht Tu. Bis zum Diner lege ich mich auf meinen Divan und mein Herr und Gemahl setzt sich zu mir. Wir sind dann wieder für uns allein. DaS ist poch entzückend, blos daran zu denken. Du mußt Dich auch von dem schrecklichen Tage auSruhen." Er schüttelte den Kopf. Deo leichten Aerger über die Unmöglichkeit, seine Gattin für etwas zu interessiren, was außer ihnen lag, überwand er nicht sofort. Er fand nickt gleich eine Antwort, und deshalb saß er nachdenklich da und versuchte, sich einzureden, daß ja nur die Liebe seine junge Frau so selbstisch mache, und daß die» an einer so jungen Frau sehr verzeihlich sei. Nach einer Weile stand er auf und sagte zärtlich: „Komm, ich werde Dich hinüber führen iu Dein Zimmer, damit Du ruhen kannst." Er geleitete sie durch die Eorridore in ihre eigene Wobnung. Er rollte ihr die Chaiselongue mehr an daS Licht und deckte sie mit einer warmen Decke zu, schob ihr »ine weiche Rolle unter den Nacken und küßte sie auf den Mund. Als er sich wieder cmporrichten wollte, hatte sie ihre Arme fest um seinen Hal« geschtuugen. „Ich lasse Dich nicht lo»I" „Ich kann nicht so gebückt stehen bleiben, mein Lieb. Da ist nickt bequem", scherzte er. „Da hast Du recht! Da setze Dich hi«." Sie wie» mit den Augen auf einen Sessel. „Nein, da« geht heute nicht." „Aber Du bleibst ja bei mir. Du gabst r» zu." „Nein, da» that ick nicht, den» sch muß fort " Er löste sanft mit sicherer, ruhiger Hand Ihre verschlungenen Hände von seinem Halse und sagte innig: „So sieh' doch eia, daß ich nicht nur Dein Gatt«, sondern auch noch em Mann mit Pflichten und Willen bm, mein« liebe Clariffa." Ihre Augen füllten sich mit Thräaea.
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