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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.08.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-08-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970816013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897081601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897081601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-08
- Tag1897-08-16
- Monat1897-08
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>llem Salon, n nebst zu ver- üstern n. Be- . kvli» PW- -astslocale und Stadt, esichtigungs- s. Es liegt cu ist täglich he, er später zu ttgel" znet. . gceignet, , 800, 1./10. S7. er sofort, uitg, enth. L—Z Uhr. tcn, reich- 1,10. 97. >cr sofort. 97. 97 10. 97. l./t«. 97. . 97. >7. I. 10 97. - Znbch., ./10. 97. !., LO. 97. 2488, eschäft inlder- ^csitzer noo.—. 1300.—. 600.—. 400.—. 50.-. männern. >ne Woh. chcn ein» r Lage ein »en, per amilien- er Ottü >2 lDm, arkt 13. eppe Lonfec« te, auch undlichr M. r. lot. Hellem ern zu DK Morgen-AuSgabe erscheint um '/,? Uhr. di« Lbend-Au-gabe Wochentag« nm k Uhr. BezugS-Prei- M d« tzemptexpedition oder den k» Stadt» bezirk und den Vororten errichteten «us- aadeslellen abgeholt: vierteljährlich^ 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« kmus 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: virrtcliährlich ^l S.—. Direkte tägliche Kreuzbandiendung in« Ausland: monatlich ^il 7.50. Le-action und Ervedition: Johanne«,affe 8. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr» Filialen: Vito Klemm'« Lortim. (Alfred Hahn), Uuivrrsitätssirahe 3 (Paulinum), Loni« Lösche. Aatbarinenstr. ri, part und 00nlg«platz 7- ^4. Morgen-Ausgabe. WpMcr Tagtblall Anzeiger. Ämtsökatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes nnd Nolizei-Äintes der Ltadt Leipzig. Nnzelgen.Pters die Sgespaltme Petitzeile rv E» Reklamen uater demRedartioutstrich (4g— spalten) 50^4, vor den Fainiürnnachrichte« (6gespalkru) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis» verzeichaiß. Tabellarischer und Ziffernsatz »ach höherem Tarts. Iinnahmeschlnß für Äuzeizen: Abend-Au-gabe: Vormittag« 10 Uhr. Margen«Au-gabr: Nachmittag« 4 Uhr. vei den Filialen und Annahmestellen je eiu« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an die Expedition zu richten. Extra-Beilagen (gefalzt), nur ckit de« Morgen - Ausgabe, ohne Postbefvrderung ^l 60.—, mit Postbeförderuug 70.—. Druck und Verlag von E. Pol« in KeivziG Montag den 16. August 1897. 81. Jahrgang. Amtlicher Theil. Die Sparcassc Paunsdorf «xpedirt täglich von 9 bis 12 Uhr und verzinst Einlagen mit drei und sechs Zehntel Procent. Hohnstein in der Sächsischen Schweiz und die neueröffnete Bahnlinie Echandan-Hohnstcin. Ein Cnlturbild aus unserem engeren Vaterlande. Von A. Ltngke. Nachdruck ««rtotm. Wenn schon im Allgemeinen mit der Vervollkommnung der Verkehrsmittel, der im Jahre 1837 erfolgten Einrichtung der Dampfschifffahrten und der Eröffnung der Sächsisch böhmischen Staats-Eisenbahn im Jabre 1851 die Zahl der Besucher in der Sächsischen Schwei; stetig gewachsen ist, so daß unser heimische« Gebirgsland heule zu den besuchtesten der deutschen Mittelgebirge gehört, so läßt sich doch auch dieThat- sache nicht leugnen, daß einestheils solche Gegenden, welche nicht an der Heerstraße des großen Touristeiislromeö liegen, den meisten Neisenden eine terra incnxnitrr bleiben, und andern- tbeils, daß Ortschaften, die einst als Hauptstation de« Touristenverkehrs galten, nunmehr dadurch, daß sie au« der Bahn des allgemeinen Reiseverkehrs gerückt sind, wieder in ein gewisses Nichts zurücksinken. Die Flüchtigkeit der Zeit drückt auch dem Reisen von heute ihren Stempel auf, der Touristenstrom wälzt sich dahin, wo er mühelos schauen und genießen kann, gleichviel ob dabei manche köstliche Perle landschaftlicher Schönheit ungesehen und unbekannt bleibt. So ist es auch mit dem Städtchen Hohnstein der Fall, auf dessen eigentliche Geschichte wir weiter unten zurück kommen. Ehemals war die ganze Herrschaft Hohnstein, zu welcher nicht allein die Städte Neustadt, Sebnitz, Schandau, Wehlen und Hohnstein, sondern auch 49 Dörfer und Rittergüter gehörten, und die sich von Hinterbermsdorf bis nach Wehlen mit einer Einwohnerzahl von 40 000 Seelen erstreckte, ein« der größten Aemter des meißnischen K^iseS und blieb es bis um die Mitte der 50 er Jahre diese« Jahrhunderts, zu welcher Zeit in Sachsen Gerichtsämler gebildet wurden. Hatte nun sonach Hohnstein schon durch das Amt einen ganz ansehnlichen Verkehr aus der umliegenden Bevölkerung selbst, so stieg derselbe auch in Hinsicht auf Fremde, nachdem im Jahre 1786 Goetzinger's für die Säch sische Schweiz bahnbrechendes Werk: „Geschichte und Be schreibung des churjächsischen Amtes Hohnstein mit Lohmen" erschienen war, dem dann 1812 von dem gleichen Autor „Schandau und seine Umgebung'', sowie Nicolai's „Weg weiser durch die Sächsische Schweiz" folgten. Durch diese Bücher auf die Herrlichkeiten dieses BerglanteS aufmerksam gemacht, wälzie sich der Touristenstrom, da mals von Pillnitz mit dem Porsberg ausgehend, über Lohmen, durch den Uttewalver Grund über die Bastei, durch den Amselgrund über Rathewalde zum Hockstein und nach Hohnstein, wo gewöhnlich auf längere Zeit Aufenthalt genommen wurde, nicht allein, um sich von den überstandenen Strapazen zu erholen, sondern auch um dir alte Schloßruine mit der Rüstkammer, der Marterkammer, dem Klettcnberg- gesängniß und der Schloßcapelle in Augenschein zu nehmen. Eine Wendung aber trat um die Mitte der eingangserwähnten 50er Jahre ein, als auS dem großen Justizamte die Amtsgerichte geschaffen wurden. Um csicse Zeit beginnt der Rückgang HohnsteinS; die Städte Schandau, Sebnitz, Neustadt erhielten selbstständige Amtsgerichte mit den nölhigen Ortschaften, das Amt Lohmen und die Stadt Wehlen wurden Pirna zu- getheilt. Im Jahre 1859 war daS vormals größte Justiz amt zu einem Gerichtsamte mit 11 Ortschaften von 5000 Seelen zusammengeschmolzen, das schließlich im Jahr 1861 auch noch aufgelöst wurde. Es war eine ganz natürliche Folge, daß Leben und Verkehr zurückgehen mußten, wie der Zufluß von außen nach und nach versiegte. Auch der Touristenverkehr ließ sehr nach, zumal einer Ministerialverordnung zufolge daS Führen durch daS Schloß eingestellt werden mußte, da von Seiten der Besucher leider zu wiederholten Malen Unzuträzlichkeitcn vorgekommen waren. Der Hauptstrom der Neisenden, den Bahn oder Schiff nunmehr direkt nach Wehlen, Rathen und Schandau brachten, ging jetzt gewöhnlich über den Hockstein hinunter in daS Polenffbal, dann durch den Schulzengrund hinauf zum Brand und von hier abwärts »ach Schandau oder umgekehrt. Auf Hohnstein kam und kommt beute kaum noch der zwanzigste Tbeil aller Sächsischen-Schweizreisenden. So ist es gewiß nicht verwunderlich, wenn in dieser an und für sich höchst lieblichen und reizvollen, aber gänzlich abgeschlossenen Gegend, deren schwache Seiten gerade in ihren Verkehrswegen beruhten, statt eine« gewünschten Aufblühens ein steter Rück- gang ru bemerken war. Denn wer nach Hohnstein wollte, mußte über Berg und Thal in des Wortes verwegenster Bedeutung, und wo ei» Berg zu überwinden ist, Hal man auch mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Schon Pastor Weise schrieb vor 163 Jahren: „üobugtein sei vielleicht eine der ältesten Amlsstädte, daß sie aber zu sonderbarer Lxtrsotion nicht an steigen können, ist wohl größtentbeilS die Situation schuld, weil sie von hintenzn fast in lauter öoscaäs liegt, mit Gründen, Bergen und Felsen umgeben ist, schwere Wege und kein sonderliches Lommsrcium hat." Freundlicher nun als die Vergangenheit, liegt seit wenigen Wochen die Zukunft vor Hohnstein. Die Hobe Königliche Staalsregierung ist den wiederholten Bitten der Stadt in dankenSwerlher Weise nachgekommen und seit dem 1. Mai dieses Jahres ist das freundliche Hohnstein durch eine Schmalspurbahn mit dem vaterländischen Bahn netz verbunden. Die neue bei der Station Kohlmühle der Sckandau-Srbnitz-Niederneukircher Linie abzweigende Bahn hat eine Länge von 120, 1<m oufzuweisen, eine Steigung von 143 m bei einer Maximalsteigung von I : 30 zu überwinden und 2 Tunnel, 2 größere Brücken, sowie über 40 kleinere Ueberführungen zu passtren. Nachdem der Zug den Bahnhof Schandau verlassen bat, überschreitet er die Elbe aus der schönen eisernen Earvlabrücke, welche 273 w lang ist und mit einem Kosten aufwande von 1 121 500 erbaut wurde. Nach rechts hat man einen hübschen Blick auf Schandau und den Winter berg, während sich links der Lilienstein erhebt. Es bat dieser Bergricse von hier au« ein ganz anderes Ansehen als von Königstein, und siebt in Königstein anders au« al« etwa von der Rathener Seite, man könnte ihm fast eine chamäleonartige Verwanvlungsfähigkeit im Betreff seiner Gestalt nachsagen. Auf dem rechten Ufer der Elbe angelangt, hält der Zug sogleich in Wendisch fähre, einen, kleinen Dörfchen »/, Stunde von Schandau, Las seine Entstehung und seinen Namen den ehemaligen Wallfahrten dir Oberlausitzer Wenden zu einem Wunder bilde in der Kirche zu Papstdorf verdankt, zu deren Er leichterung hier eine Fähre angelegt wurde. Die Bahn gebt nun im Thal der LachSbach, wie die weiter oben sich mit der Polenz vereinigende Sebnitz kurz vor ihrem Einfluß in die Elbe genannt wird, aufwärts; mit Durchbrechung starker, ihm entgegenstchender FelSmassen steigt der Schienenstrang, in vielfachen Windungen der Sebnitz folgend oder sie übersetzend langsam bergan, durchschneidet zunächst mittels eines 373 m langen Tunnels daS vorspringende Mühlhorn und wendet sich dann bei der Haltestelle Porschdorf reckts in das enge Sebnitzthal, hier in seinem untersten Tbeil auch Ochelgrund geheißen. Unweit der Haltestelle Porschdorf mündet von links das Polenzthal ein, an dessen Ausgang die idyllische Frinzthalmühle liegt, sowie der Tiefe Grund, welcher al« beliebter direkter Aufstieg zum Brand von Schandau aus gilt. In der Näbe der Porsch dorfer Müble befand sich noch im ersten Drittel unseres Jahrhunderts die Wohnung des AmtSsiscbers. Hier sperrte ein mit Holzspicßen versehenes Webr da« Wasser der Lachsbach so, daß die aus der Elbe bcrausstreichenden Lachse, nach dem vergeblichen Versuche das Wehr zu überspringen, in ge zimmerte Behälter oder Kammern emscbwammen, aus denen sie nickt wieder zurückkonnten. Hier fing man sie und später auch ibre Jungen, die schmackhaften Lachskuuzen, die gewöhn lich 3—5 Jabre in den Bächen blieben, ehe sie mit der Elbe hinab ins Meer strichen. Die Sommcrlackse verspeiste der königliche Hof, die Herbstlackse aber versetzte man in den Mühlgraben bei Hohnstein, wo sie strichen, und wo ehedem das Hcrausstechen mit vicrzackigen Gabeln eine landesherr liche Lustbarkeit ausmachte. Doch sind das alles teiupi passati, den Amtöfischer giebt es nicht mehr und auch der Lachse sind in ter Elbe immer weniger geworren. Hinter Porschdorf treten links die bohen Felsschrosfen der Ochelwände mit ihrem nackten Gestein an die Bahn heran, hier zerrissen und zerklüftet, dort phantastisch über einander gelagert, zu gewaltigen Massen ausgethürmt. NechlS baut sich das L-cheibenborn auf, mehrere Mate geht es noch über die Sebnitz, dann erreicht der Zug die Station Koblmühle. Hier zieht sich die Grenze zw,,chen Granit und Sandstein über Waitzdorf nach Hohnstein, und nun verwandeln sich die nackten Felsen in beraste Höhen. Durch einen 60 m langen Tunnel, welcher den, das Goßdorfer Raubschloß tragenden Felsen durchbricht und bald darauf durch einen zweiten von 40 m Länge zweigt die Bahn nunmehr als eine schmal spurige von der Schandau-Niederncukircher Linie links in das Schwarzbach thal ab, welches in seinem Anfang noch so ziemlich den Charakter der eben verlassenen Gegend trägt. Aber bald fühlen wir, auf der Plattform des letzten Waggons stehend, daß wir uns langsam zwar, aber beständig aus der schwül bedrückenden Luft drunten erheben, bald fällt auch das schwarze Dickicht der Tannen und Fichten wie durch Eoulissenverwandlung einer großen Schaubühne hinter unS ab, das Thal öffnet sich, abgerundete Kuppen und zu- sammengeschinolzcne schräg abgedackte Bergwände begrenzen eS zu beiten Seilen und üppige Wiesen decken die Gründe gleich grünem Sammet. Eine köstliche Frische, ein unbeschreib licher Duft breitet sich darüber aus. Leise rinnt und rieselt der Schwarzback bergab, seinen weiten Weg mit den Flutben der Elbe zur Nordsee anzutreten. Die Sonnenmutter lächelt hernieder auf das lustige Kind der Berge, behende Back stelzen huschen an dem Ufer hin und her und bunt schillernde Libellen treiben ob dem Wasser ihr Spiel. Die köstlichen Forellen aber, welche die kühle Fluth in sich birgt, würde uns, wenn wir stolz zu Fuß reisen und hier Einkehr hielten, gewiß der Wirth des Gasthofe« zu Loh«oorf, welche« wir soeben erreichen, vorsetzen. Lobsdorf bat seinen Namen von der durch den unteren Theil des Dorfe« fließen den Schwarzback, die in alten Zeiten die Lozna bieß nnd sckon 1228 in den Grenzbeziehungen zwischen Böhmen und dem Bislhum Meißen vorkommt, erhalten. Unweit de« Dorfe« liegt der 414 m hohe basaltische Gickelsberg, welcher eine treffliche Aussicht, besonders nach Hohnstein, Neustadt und Sebnitz hin bietet. Die Bahn nähert sich nun mehr und mehr dem Plateau, lachend und anmuthig, weil und frei wird die Landschaft, schon heben sich nach rückwärts die Berge der Sächsischen Schweiz, darunter dominirend der Große Winterberg hervor. Bald erreichen wir Unter- und Ober-Ehrenberg, ein langgestrecktes Bauerndorf, durch welches die Babn in der Längsachse mitten hindurch geht. Schöne Güter wechseln ab mit kleinen bvlzverschaalten HäuSlerwohnungen. Ehrenberg ist wie auch Lobsdorf eine urdeutscheAnsiedelung, wie sich aus der Anlage der Wohnplätze und der Vertheilung dcS Bodens ergiebt. Slavische Völker siedelten sich nur auf ebenem und leichtem Boden an; sie waren mit ihrem Ackergeräth, dem leichten Pflughaken (racllo) gar nicht im Stande, schwere Boden um zubrechen, daher Wicken sie auch allen Unebenheiten aus. Wir sehen deshalb in Sachsen ibre Ansiedelungen (die noch an den Ortsnamen zu erkennen sind) in den Ebenen, in den breiten und bequemen Flußthälern verbreitet, Wald und Ge birge sind auf das Entschiedenste gemieden. Charakteristisch bei den Slaven ist auch ihre Dorfanlage. In der ab geschlossenen Form, in welcher sich die Häuser um den inneren rundlichen Dorsplatz zusammenschlicßen, in den nur ein Zu gang von außen führt, und der bestimmt ist, die Heerde res Nackts zu beherbergen, erkennt man die Zusammengehörigkeit der Gemeinden. Die Deutschen dagegen rückten, vermutblich wegen Feuersgesabr, ibre Wohnstätten nickt Mauer an Mauer, sie standen weder in einfacher noch doppelter Reihe nebeneinander, sondern bildeten ungeordnete Haufen, daher der lateinische Name turba, ein Haufen, Turf, Dorf. Auch wurden die Dörfer vielfach an die Bäcke gelegt, von jedem Gehöft führte der Weg auf die Hufe, welche einen gleich breiten Land streisen von der Thalmulde bis nach de» Bergbängen hin repräsentier. Die Dörfer lagen also Gehöft an Gehöft in langer Reihe einfach und doppelt an dem fließenden Wasser hin, und gerade in Unter« und Ober-Ehrenberg finden wir diese altdeutsche Dorfform, welche im ganzen sächsischen Ge> birgSlande eine jedem oberflächlichen Beobachter sich auf drängende Erscheinung ist, ganz besonder« anSgeprägt. Auf fällig schön sind auch die umliegenden Ortschaften Ullers dorf, Licktcnbayn, Mittelndorf und Porschdorf, während auf dem linken Elbufer die Ackerfluren von Schöna, Reinhards« dorf, Papstdorf als die entwaldeten Culturoasen hervorragen. Ziemlich bei den letzten Häusern von Ober-Ehrenberg biegt die Bahn nach Westen um und schwingt sich dann in großem Bogen durch einen tiefen Einschnitt auf das Plateau hinauf. Der Eindruck, den wir nunmehr empfangen, ist ein von dem bisherigen grundverschiedener, voll gegensätzlicher. Wir befinden uns am Rande einer umfangreichen Hochfläche, die sich nicht eben sortcrstrcckt, sondern sich in zahlreichen Bodenwellen aufbebt und zu kleinen Tbalmulden einsinlt. Da zwischen steigen größere und kleinere kable Hügelrücken auf, von kurzer Grasnarbe bedeckt, zumeist mit Busch gekrönt, oder auch von wilden Rosensträuchern oder Schlehdorn bestanden. Bei ter einst wegen Züchtung spanischer Merino« berühmten Sckäserei de« früheren Kammergutes Hohnstein überschreitet die Bahn die Ehrenberg-Hohnsteiner, sowie Pie Schandauer Poststraße und gelangt mittel« Viadukte« über eine Thal senkung, um jenseits in den Babnhof Hohnstein ein zumünden. In einem theil« kahlen, theils waldigen Berg kessel gruppirt sich das an einem Abhang pbantastisch bald hoch bald niedrig, wie eS Vas bergige Terrain gerade er fordert, aufgestaffelte Städtchen Hohnstein mit etwa 1300 Einwohnern malerisch zu Füßen ter alten Burg und bietet so ein äußerst aumulhige«, liebliche« hell-offene- Bild- Herr kentler Murmelmaun. Humoreske von Friedrich Thieme. Nachdruck verdaten. Ich habe zwei Eigentümlichkeiten. Ersten« reis« ich gern ganz früh am Morgen, wenn die Sonne «den purpurn im Osten aufsteigt, und zweitens reise ich am liebsten in einem Coupö, worin eine hübsche junge Dame sitzt — möglichst nickt unter sechzehn und nicht über fünfundzwanzig. Ich stelle mich zu diesem Behuse immer ziemlich zeitig auf dem Bahnhöfe ein, beschaue mir aufmerksam die herum lungernden Passagiere in 8pe, entscheide mich für eist geeig netes Wesen teminini generis und nehme im kritische» Augen- bicke in dem Coups Platz, wo diese« verschwunden ist. Notabene: ich bin kein Don Juan. Meine Leidenschaft für diese Art de« Riffen« begnügt sich mit dem rein platonisch«!, Effect dir Anwesenheit de« Gegenstandes m«iner Anbetung. Ich bewundere ibn, wie ick »in schön«« Erpicht oder eine schöne Blume bewundere. Nicht, daß ich etwa principiell abgeneigt wäre, eine nähere Bekanntschaft an» zuknüpsen und fortzusetzen, ich bin ja jung, lkdig und gehe in Freiersstiefeln. Da« heißt, was ich hier schreite, gilt Alle- für dgmaltt, al« es eben noch zutraf. Jetzt fungire ich längst al« gut- solideS Familienbaupt und erfreue mich der Reize einer Ebe, di« da« glücklich« Resultat meiner alten Neigung und einer infolge d«rs«lb«n angeknüpften und fortgesetzte» Bekannt schaft ist. An dem kritischen Tage erster Ordnung, welcher alle piese Wirkungen in seinem Schooße trug, stand jch wie so manch mal aus dem Perron, mit meinen Blicken die elfengleich» Schönheit «ine« Engel« in geblümtem Mouffesin verschlingens, mit den schmückenden Beigaben »ine« glänzend blonden Hänge zopfe« mit rotber Schleife, zweier Augen wie frisch erblühte Veilchen, eine- lichtfarbenen Strohhute« und schneeweißen Sonnenschirm-. Unablässig den an der Grenze deS Backfischaltrr« lieblich flatternden Sommervogel bewundernd, hatte ich nicht Auge, noch Ohr für seine Begleiter. Daher passtrte mir, als nun keuchend und pustend da« eiserne Ungethüm heranbrauste, da« Malheur, daß ich nicht wußte, an wen ich mich halten sollte, als die heranstürmend« Menschenfluth meinen Engel plötzlich in ihrer gähnenden Ti«se begrub. RathloS suchte ich herum, aber e« war kein« Zeit zu verlieren, Ein leeres Coups nahm mich «uf, ich letzte mich in ein«r Ecke fest und steckte meine» Kopf sodann durch das Fenstep, meine Forschung von Neuem aufnehmend. Vergebliche Mühes Der Perron war l«er, nicht« mehr zu sehen al« eine alte hagere Dame mit einem alten dick«» Herrn im Schlepptau, die beide athemlos den Zug entlang hasteten, Die Dame, bestäfldig einen Schirm wie «inen Draaonersäbel in d,r Luft hrrumfuchtelnd, drückt« in den höchsten und lautesten Molltönen ihre Sehnsucht nach einem unsichtbaren Etwas au«. „Gertrud, Gertrud!" rief sie unausgesetzt, indeß dir alte Herr mühsam hinter ihr her keuchte, sich beständig den Sckweiß mit einem rothen Taschentuch von der Stirn r«ibend und in einem fort stöhnend: „Lina, so lauf doch nickt so!" „Einsteigen, meine Herrschaften!" schrie der Schaffner, „wir fahren gleich «bl" Und thatsächlich erklang unmittelbar darauf der Signal pfiff de« Stationsvorsteher«. „Warten Sie!" j-mmerte die Alte. „Mein Kind, meine Gertrud! Sie dürfen noch nicht fort! " Aber der Schaffner macht« kurzen Procetz, riß eine bereit« geschlossene Coupüthür auf und e«camoti»te Mann und Frqu nut erstaunlicher Ge wandtheit in'- Inner». E« war die höchste Zeit, denn eben setzt« sich d.r Zug in Bewegung. DaS Abthell aber, in welche« fich dq« ungleiche Paar in so ungestüm,r Weis, »ersetzt sah, — der Kesir ahnt wohl mein Unglück, — e« war da« mein«! Und ick wäre doch so gern mit meinen Gedanken allein gewesen. Indessen — da« Wetter war zu herrlich, da« Be nehmen meiner Reisegefährten zu curio«, al« daß ich lang« im Schmollwinkel hätte Stytlon machen können! Riß doch dir alt« Dame entrüstet da« Fenster auf und rief gebieterisch hinau«, der Zug müsse sofort halten, da sie ibre Tochter suchen wolle. Ja sie drohte sogar mit Polizei, Ministerium und König. Einmal griff sie in ihrem ParoxiS- niuS selbst nach der Nothleine, und gewiß hätte sie mit d«r Kraft einer zornigen Löwin daran gezogen, wenn ich ihr nicht rechtzeitig in den Arm gefallen wäre. Der alte Herr zeigte sick als daS vollendete Gegenstück- Ein Ideal von Ruhe und Gleichmüthigkeit saß er mir gegen über in einer Ecke, ohne sich an den wüthenden Versuchen seiner Gemahlin auck nur im Geringsten zu betheiligen. „Du Rabenvater!" schrie die Dame ihn an, „Dein einzige- Kind ist verloren, todt, überfahren und Du hockst hier wie ein Dachs und rührst Dich nicht. So ärgere Dich doch wenigsten«!" „Ja, ja, Linchen, ich ärgere mich ja schon", antwortet« er begütigend, indem er sich'seelenruhig eine Cigarre ansteckte. Jetzt übernahm auch ich eine Rolle in der Comödi». „Beruhigen Sie sich, Madame, Ihr Töchterchen wird einfach in einem anderen Wagen Platz genommen Haden. Auf der nächsten Station werden wir «« wiederfinden," sagte ich höflich. „Meinen Sie wirklich?" Ihr Zorn löste sich in Thränen auf- „Eine Mutter ist natürlich besorgt um ihr Kind". „Natürlich, natürlich. — Kinder sind ja unverständig und Wissen sich nicht so zu Helsen, wie unsereiner". „Ganz reckt, mein Herr — und besonder« Gertrud — da» Kind ist so unerfahren". „Wie alt ist denn die Kleine?" „Achtzehn Jahr". „WaS?" Mein» Anstrengungen, meine heiter« Stimmung zu verberg«», versagte» hi«r, und ich «pplodirts wie ein über heizter Dampfkessel. Glücklicherweise nahm di« alt« Dame die Eruption nickt nur yicht übel, sond«rn stimmt« sogar bald h«rzlich in da« Gelächter ein. Trotzdem zeitigte per Vorfall «in wenig angenehme« Nach spiel. Ich wurv« di« geschwätzig« Frau nun nicht wieder los. Sie gab mir unausgefppdert ivr« ausführlich« Biographie und die Lebensbeschreibungen ihrer sämmtlichen Ascendenten und DeScendenten noch obendrein. So erfuhr ich unter Anderem, daß der dicke alte Herr der Rentier Murmelmann auS Erfurt sei, daß ihm der l ;t anbefohlen habe viel zu gehen, um sich einige fünfzig Pfund leichter zu machen, und daß sie ibn heut zum ersten Male soweit gebracht hätten, fick an einer Spazier fahrt nach Jena zu betbeiligen. „Sie können sich nicht denken, was es für Mühe gekostet, ibn so früh den Federn zu ent reißen, und," fügte sie leiser hinzu, als sie sich überzeugt, daß Murmelmann den Schlaf der Gerechten schlief, „ich will's Ihnen nur gestehen: ich habe «inen schlauen Plan entworfen. Mei» Mann kennt die Gegend nicht, ich aber desto besser. Nun will ich ihn so führen, daß er laufen muß, wie ein Schotendieb, immer unter dem Vorgebrn, daß wir uns verirrt hätten und kein Restaurant in der Nähe sei. Der soll mir schon einmal gehörig schwitzen", meinte sie pfiffig lächelnd. Im selben Augenblick verwandelte sich jedoch ihre heitere Miene in einen Ausdruck de« Entsetze»-. „Ach Herrjeses, der neu« Anzug brennt", rief sie jammernd. Rasch griff ich zu und entfernt« den verhängnißvollen Glimmstengel, welcher ein wenig angenehmes Andenken in Gestalt einer beinahe haselnußgroßen, kreisrunden Oeffnung in den Beinkleidern des Schläfer- zurUckgelassen hatte, von seinem ungehörigen Ruheplätzchen. Die Dam», das Deficit gewahrend, erhob «in lautes Lamento, der Rentier aber, von ibr mübsam ermuntert, betrachtete sich die Brandstätte durch seine Brille hindurch mit erstaunlicher Gleichgiltigkeit, als ginge ibn die Sacke nicht da« Geringste an, und fragte dann gutmüthig, we-halb sie ihn eigentlick geweckt hab«. „Du sollst die schöne Gegend ein wenig genießen", ant wortete schmollen» Frau Murmelman». „Ach was, Gegend. Mir find alle Gegenden eggl. Aenn man um halb vwr aufstehen m»ß und noch nüchtern ist — puh! Jch friere wie r,n Mop«! We»n ich nur wenigsten« eine Taffe Kaffe« hält«." „Na gedulde Dich bi« Weimar, da frühstücken wir", tröstet« dl« im Grunde äußerst gutmütbjgr Gattin ihren Mann. „Und, wa« ich Dir »och sage« will, Gottfried, wen» wir, wa« sehr leicht möglich ist, nut vornehmer Gesellschaft zusammenaerathen, so mußt D» Dich um Deiner Tochter willen anftellen, al« wenn Du recht gebildet wärst. Das Mädchen ist sehr gebildet und darf nicht blamirt werden. I Vor Allem mußt Du Dich für die schöne Gegend interessiren,
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