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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.08.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-08-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970819029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897081902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897081902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-08
- Tag1897-08-19
- Monat1897-08
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AuzeigenPreiS die -gespaltene Petitzeile 20 Pfj^ Reclamrn unter dem Redactionsstrich (4ge» spalten) 50 vor den Fainiliennachrichte» (6 gespalten) 40^. Gröbere Schriften laut unserem Preis» Verzeichnis. Tabellarischer und Ziflernjass nach höherem Tarif. tsxtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen -'Ausgabe, ohne Postbesörüeruiiz' 80.—, mit Pvstbesörderung -M 70.—. —— Ännulunkschlus; für Atlftigkn: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Ptorgen - Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Lei Len Filiale» und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige» sind stets an die l-xpeöitivn zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig- ^21. Donnerstag den 19. August 1897. 81. Jas-MUH- Politische Tagesschau. * Leipzig, 19. August. Die Frage der MtlitairstrssprscestorSnung ist wieder in den Vordergrund der publicistischen Erörterung ge treten. Den Anstoß dazu gaben Mittheilungcn des militairischen Berichterstatters eines Berliner Blattes, die jedenfalls nicht schon um deswillen Beachtung verdienten, weil sie in Aussicht stellten, daß es mit der Reform des militairischen Strafverfahrens „noch gute Weile" habe. Das wußte man ohnehin. Be merkenswerth hingegen ist die Aufzählung der oder eines Theiles der Differenzpuncte, die der Einigung der Negierungen in dieser Angelegenheit entgegenstehen sollen. Daß dahin der ReichsmilitairgerichtShvf gehört, war bekannt. Neu hingegen ist, daß nach der allgemeinen Auffassung der deutschen Staaten, also auch des preußischen, der Reichs- militairgerichtshof das letzte Wort in Militairstrafsacheu zu sprechen habe, mit anderen Worten, daß auf das kaiser liche Bestätigungsrecht verzichtet worden sei. Dafür soll Bayern wegen der Frage des Begnadigungsrechtes Schwierigkeiten machen. Nach Allem, was verlautet, sei es nicht für möglich zu erachten, daß Bayern dieses Recht abtrete. Das wäre bedauerlich, aber auch für die entschiedenste nationale Richtung im deutschen Parteileben kein Grund, die Reform fallen zu lassen. Diese Frage liegt auf -dem politischen, nicht auf dem Rechtsgebiete. Aber auch auf diesem scheinen noch erhebliche Schwierigkeiten vor handen zu sein. Wenigstens sagt der Berliner Militair- berichterslattcr, es würde von Berlin aus verlangt, daß die Mitglieder des Reichsmilitairgerichtshofes — durch den Kaiser — versetzbar und absetzbar sein sollten und daß „eine Annahme dieses Punctes durch die Bundes staaten wohl nicht zu erwarten" sei. Auch über die Organisation, über das Stärkeverbältuiß deö juristischen zum militairischen Element soll die Uebereinslimmung noch aus stehen. Ebenso über die Oeffentlichkeit des Verfahrens. lieber den letzteren Punct ist der Berichterstatter aber kaum gut unterrichtet, wenn er Meinungsverschiedenheiten über die Oeffentlichkeit der Verhandlungen über gewisse nicht militairische Vergehen und Verbrechen, wie Sittlichkeitsdelicte, Betrug in amtlichen Berichten u. dergl. signalisirt. Es ver steht sich wohl von selbst, daß der Ausschluß der Oeffentlichkeit im Militairversabren zuzelassen wird, wo er im bürgerlichen Strasproceß — im Interesse der Sittlichkeit, des Staatswohles u. s. w. — statthaft ist. 2m Ganzen dürfte die „Magdeb. Zlg." Recht haben, wenn sie weniger von den Meinungsverschieden heiten im Einzelnen fürchtet, als „von einer Strömung in Preußen, die gegen die Militairstrafproceßreform überhaupt gerichtet ist". Die „Krcuzztg." hat dieser Tage bemerkt, cs gebe kaum eine Frage, die der breiten Masse des Volkes so gleichgültig wäre, wie die der Militairstrafproccßordnung, die sei dem Volke „Hekuba". Dergleichen hat das Organ der kleinen, aber mächtigen Partei schon lange nicht zu sagen gewagt. Daß es sich jetzt dazu ermuntert fühlt, beweist, daß seine Hintermänner wieder sehr hoffnungsreich sind. Zn Wahrheit interessirt sich das Volk für das Strafverfahren im Heere ebenso lebhaft wie für die Soldatenmißhandlungen und aus gleichem Grunde. Es handelt sich um das Wohl und Wehe seiner Söhne. Ein conservativcs, dem Fürsten Bismarck nahe stehendes Berliner Blatt meint denn auch, „durch eine für den Reichstag annehmbare, glatte Erledigung" der Militairstraf- proceß-Frage könne die Beseitigung der „NeicvSverdrossenbeit" venigstens in einem Puncte erreicht werden. Dieses richtige Urtheil wird man aber Wohl nicht an die Stelle gelangen lassen, wo die irreführende Behauptung der „Kreuzzeitung" jedenfalls schon ausgcbeutet worden ist. Auf dem letzten socialdemokratischen Parteitage wurde die Minderwerthigkeit eines Theiles der socialdemokratischen Presse, insbesondere des „BorwürtS", gerügt. Wie berechtigt diese Kritik war, ergiebt sich wieder einmal aus einem Artikel des „Vorwärts", der Wohl beachtet zu werden verdient, weil man daraus ersieht, welche Phantastereien dieses Blatt seinem Leserkreise vorzusetzen wagt, und auf welche unsinnige Weise die Massen immer wieder gegen die Regierung aufgehetzt werden. Der Besuch des Kaisers in Petersburg konnte seines Erfolges wegen bei dem ganzen Volke Befriedigung erregen, denn dieser Erfolg war die Festigung der Friedensaussichten, und der Friede liegt ja doch wohl auch im Interesse der Arbeiterschaft. Daß aber die verhaßte Monarchie etwas Nützliches zu Wege bringen kann, darf der Leser des „Vorwärts" natürlich nicht glauben, und so wird ihm von schwarzen Plänen vorgeredet, die durch die Reise des Kaisers zur Reise gebracht worden seien: Deutsch land, Rußland und Frankreich wollten sich zusammenthun, um die „heilige Allianz" wieder herzustellen, eine Allianz zur Unterdrückung der Demokratie und gleichzeitig gegen das „unheilbar liberale und demokratische England" gerichtet. Es beißt denn doch bei den Lesern ein ungewöhnliches Maß von Uukenntniß voraussetzen, wenn man sie glauben machen will, daß ein Vorgehen der drei Mächte gegen England, wenn es überhaupt erfolgt, andere Anlässe haben könnte, als solche der äußeren Politik oder solche handelspolitischer Art. Es liegt doch auch nicht im Interesse der angeblich vom „Vorwärts" vertretenen Arbeiterschaft, wenn es England gelingen sollte, den Welthandel vollkommen an sich zu reißen. Wenn das Blatt ferner meint, in Frank reich studire man die deutschen Polizeikünste, die man in Frankreich für Wahlzwecke gern einbürgern möchte, so beweist das wiederum die Unkennlniß des Blattes oder seine Bös willigkeit. In Frankreich bat man dieses Studium wahrlich nicht uöthig, denn man ist Deutschland darin bei Weitem über legen. Hat dock erst vor einigen Wochen der „Figaro" ge fordert, daß in Rücksicht auf die nächsten Wahlen säiiimt- liche Präfecturen nur mit Männern besetzt werden dürften, vie „gute", d. h. antiradicale Wahlen zu machen verständen!, Und daS Blatt hat dabei gleichzeitig verratben, daß nach diesem Necept bereits zur Zeit, als Herr Eonstans Minister des Innern war, verfahren worden sei. Der „Vorwärts" wird also zugeben müssen, daß in dieser Hinsicht Deutschland viel eher von dem republikanischen Frankreich lernen könnte. Endlich „beweist" der „Vorwärts", Laß man in Deutschland daS gegenwärtige Wahlrecht zerstören will, weil in einem Artikel des „Reichsboten" eine Abänderung des gegen wärtigen Wahlrechts insofern vorgeschlagen wird, als eiuuial die Wahlpflicht eingeführt und zweitens die Altersgrenze für den Beginn des activen Wahlrechts von 25 auf 30 Jahre heraufgerückl werden soll. Im Uebrigcn aber betont der betr. Artikel des „Reichsbotcn" gerade, daß das gleiche und allgemeine Wahlrecht aufrecht erhalten werden soll. Auch hierbei zeigt sich wieder die Unwissenheit des „Vorwärts". Dasselbe Blatt, das herausgefuuden hat, man wolle dem „unheilbar liberalen und demokratischen England" zu Leibe gehen, erklärt in dem selben Artikel daS allgemeine Wahlrecht für vernichtet, wenn die Vorschläge des „Reichsboten" durchgeführt würden. Weiß denn der „Vorwärts" wirklich nicht, daß das „unheilbar liberale und demokratische England" erst seit dem Jahre 1885 etwas hat, was dem allgemeinen Wahlrecht ähnlich sieht, daß es aber das absolute allgemeine Wahlrecht auch jetzt noch nicht durchgeführt hat? Man sieht, cs wird immer wieder mit den bewährten Mitteln gearbeitet, die Verhältnisse im eigenen Vaterlande möglichst elend, die im Auslände möglichst glänzend erscheinen zu lassen. Wir stehen jetzt im Zeichen der Volkslwchschulcurse; solche zur Widerlegung der Lügen, welche die socialdemokratische Hetzpresse alltäglich auftischl, wären die nothwendigsten und heilsamsten. Wenn auch die italienische Presse, bei der seit einiger Zeit die franzosenfreundliche Richtung überwiegt, zum großen Theile bemüht ist, das Duell zwischen dem Grafen v. Turin und dem Prinzen Heinrich v. Orleans als politisch bedeutungslos hinzmtelleu, so wird sich das Volks empfinden doch mehr jener Aeußcrung eines der Secundanlen des Grafen v. Turin auschließen, der, wie der „Figaro" er zählt, bei den Verhandlungen über das Duell sagte, es handle sich um eine Angelegenheit zwischen den beiden Nationen. Wie man in Frankreich mit seinen Tiraden nicht zurückhielt, als die Italiener in der Erythräa vom Unglück verfolgt wurden, so bat Prinz Heinrich vcn Orleans in seinem Empfinden als Franzose cs sich nicht versagen können, die italienische Armee zu beleidigen. Würde die Beleidigung Einzelnen gegolten haben, so würde nicht der leibliche Neffe des Königs von Italien sich bemüßigt gefunden haben cinzuspringen. So aber halte der Graf v. Turin das richtige Empfinden, daß es einem Angehörigen des obersten Kriegsherrn gebühre, eine Beleidigung zu sühnen, die ein Franzose zu dem Zwecke ausgesprochen hatte, das in seinem Ansehen als Eolonialmacht ohne hin gedemütyigte Italien noch weiter zu demütbigeu. Wie sehr das italienische Volk die Haltung des Grafen v. Turin zu würdigen verstand, zeigen die Freuden- kuiidgebung.n, die in verschiekenen Orten unmittelbar nach dem Betaunlwerden von dem für den Grafen v. Turin günstigen AuSgang des Duells stattsandcn. So zufällig es selbstverständlich auch ist, ob in dem Duelle der eine oder der andere der Kämpfer obsiegte, so ist cs psychologisch nur zu sehr erklärlich, daß die Ueberlegenheit des italienischen Kämpfers über den Franzosen dem italienischen Volke eine gewisse Genugthuung bereitet. Mag mau auch das Duell an sich verwerfen, so wird man zugcben müssen, daß es in diesem Falle einen Nutzen brachte, da einerseits durch das energische Verhallen des Grafen von Turin die Zuneigung des italie nischen Volkes zur Dynastie Savoyen eine Stärkung erfahren hat, andererseits ein leichtfertiger Verleumder und notorischer Taugenichts eine Züchtigung erhalten hat. Der neuerliche Versuch eines Bombcuattcutats gegen den Präsidenten der siauzvsischcn Republik bei seiner Abfahrt nach Petersburg reiht sich den früheren Attentaten an, mit welchen ein bisher Unbekannter Felix Faure jedesmal grüßt, so oft dieser sich bei festlichen Anlässen zeigt. Die Bombe, welche diesmal zur Explosion gebracht wurde, bat ganz denselben Charakter wie die Bomben von der Cascade und auf der Place de la Concorde (dafür sprechen außer ihrer Machart die ausgesuudcuen Papierfchnitzel mit den Worten: „Vivs Is. lühmts!" „Vivo la Lologuel"), nur war die gestrige Bombe viel stärker geladen und darauf berechnet, tödtlich zu wirken. Es ist daher ein wahres Wunder, daß sie kein Unheil anrichtete und keinen Menschen schädigte. Ueber den Hergang wird berichtet: Felix Faure war um 8 Uhr 20 Minuten an der Stelle vorbei gefahren, wo der Boulevard Magenta und die Rue Lajayelte einen Winkel bilden. Gleich darauf folgten die Wagen der Suite. Kaum zehn Minuten später explodirte mit furchtbarer Tetonation eine Bombe, weiche in Lein leer siebenden Blumenkivek nieder ^egt worden Ivar. Ter Kiosk ist ein gewöhnlicher kleiner Holzbau nut Zinkdach und wird TienStags und Millwvchs von seiner Inhaberin nicht besucht. Derselbe befindet sich hart au der Grenze des Trottoirs. — Ein Augenzeuge schildert die Explosion folgender maßen: Es maßgenau halb Neun. Niemand befand sich mehr in der 'Rue Lasayetle. Ter Evrlöge des Prüstdcnten halte schon fünf Minute» vorher die Stelle pajsirt. Tic Kürassiere der Escorte waren znriickgekoinineii. Ta näherte ich mich dem Kiosk. Plötzlich horte ich eine Tetonalion wie von einem Kanonenschuß. Ter Blnmcn- kiork war in eine blaue Rauchwolke gehüllt. Als dieselbe sich verzog, sah ich Theile der Bombe auf Len Diele» des Kioskes. Tie Exvlopon halte zahlreiche Fensterscheiben zertrümmert, darunter auch die glä serne Firmatascl des gegenüberliegenden Elablissements Bouillon Tnval. Es ist selbstverständlich, daß zahlreiche Polizisten sosort an die Sielle der Explosion eilte». Nur mühsam brache» sie sich durch die aufgeregte Menge Balm. Ter jchwarzgefärbte Boden weist darauf hin. daß die Bombe mit Pulver gefüllt gewesen ist. Man fand zahlreiche Nägel und Eisenslücke, mit welchen sie geladen war. Tie Bombe war eine Rohre von 30 Centimcter Länge mit einem Durchmesser von 10 Eeiitimeter. Ter Zug, welcher Felix Faure nach Dünkirchen brachte, batte Pans bereits verlassen, als die Explosion stattfaiid. Ter Präsident konnte also erst auf per Reise von tcm Anschlag erfahren. Daß man es lediglich mit der Neuauslage eines schlechten Scherzes oder mit der Thgt eines unzurechnungs fähigen Individuums zu thun hat, dürfte ausgeschlossen fein. Tas scheint auch die Pariser Polizei anzunehmen, welche noch am selben Abend am Bahubofe St. Lazare einen be- kauutcn Anarchisten Namens George Heuri Perier verhaftete. Dieser kam aus Havre und trug einen Revolver und mit der Schnsterahle eckig gemachte Geschosse, welche die Wunden be sonders gefährlich machen. Er war am 2. August aus der Straf anstalt Colombcs entlassen worden, wo er wegen Anfertigung von Bomben zwei Jahre abgebüßt bat. Er ging anläßlich der Reise des Präsidenten nach Havre dorthin, kovule sich aber der scharfen Bewachung halber nicht der Person des Präsidenten nähern. Wenn England, welches auch jetzt noch darauf aus ist, die Türkei nicht zur Ruhe kommen zu lassen — dies beweist abermals die neue englische Verzögerung der Friedensver- handluugen — eine Unterstützung in dieser intriguanten Politik braucht, so hat cS dieselbe rechtzeitig in der Erregung gesunden, welche sich neuerdings der östlichen VilajetS und namentlich der Armenier zu bemächtigen beginnt. Eine neue revolutionäre Action scheint gegen die ottomanischen Machthaber im Werke zu sein, wie aus folgender Meldung hcrvorgeht: * Üonstantiuoprl, 18. August. Heute Nachmittag wurde nahe dem Gebäude der Polizeidireetiou in Pera eine Bombe geworfen, welche jedoch nicht explodirte. Zur selbe» Zeit wurden in der Otto man bank in Galata zwei verdächtige, europäisch gekleidete Individuen verhaftet, welche Dynamit bei sich halten. Ferner wurde gegen einen Scitentract der Pforte, welcher das Großvezirar mit dem Slaatsrathsgebäude verbindet, ei» Thuamitanschlag verübt: vier Personen sollen getödtet, einige verwundet sein; es wurde» Fenster scheiben zertrümmert und einige andere unerhebliche Beschädigungen un gerichtet. TieAttentale werden denArmcniern zugeschricbcn. Infolge dieser Vorfälle entstand heute in der Stadt eine Panik; man schloß die Geschäfte, öffnete sie aber nach kurzer Zeit wieder. Um 6 Uhr Abends herrschte überall wieder vollste Ruhe. Das Verhalten der Polizei und des ausgcbotencu Militairs war ausgezeichnet. Wir können nicht annehmcn, Laß die Armenier jetzt, wo Fcurllstsn» Eine Lommermoudnacht. zj Novelle von Wilhelm Jensen. Nachdruck verboten. Gegen das Ende des August ginz's, und vor dem Bahn hofsgebäude eines vielbesuchten, eleganten Bade» und Luft kurortes am Rande des hohen Gebirges wurden für den Abgang des abendlich letzten Zuges jetzt schon seit einigen Tagen die Gaslaterncn angezündet. Seine Locomotive stand, Rauch auSsauchend, gegen die Berge gekehrt, denn i» diese trachtete seine Fahrt hinein, einem Enbpuncl zu, der, von Eteillehncn und Felsstürzen umschlossen, wenigstens für Rad fuhrwerk jeder Art auch ein Ende der Welt bildete. Man sah eS gewissermaßen dem bereitstehenden Zug an, Laß sein Ziel sich bei dem reisigen oder reisebegehrlichcn Theil der Menschheit nicht besonders hoher Schätzung erfreuen mußt«; ein kaum über dörflichen Rang hinanSragender kleiner Markt flecken war's, ohne seßhafte vornehme Sommer-Einquartierung, von solcher höchstens hier und da auf einem Ausflug von dem sashionablen Curort aus für ein paar Stunden besucht. Um die gegenwärtige Tageszeit begab sich Niemand dorthin als an den Haltestellen im engen GcbirgSthal hausende Leute, hauptsächlich rückkehrende Landbevölkerung, und diesem Ver kehr oter Mangek daran entsprechend bestand der ganze Zug nur auS zwei Wagen. Auch davon zeigte sich obendrein heute die Hälfte noch überflüssig, denn waS einstieg, hätte vermuthlich in einem Platz gefunden. Ein heißer Tag wars gewesen, der sich erst ein wenig abgekühlt. Auf dem Bahnsteig spazierten in Menge tadellos nach dem letzten Modegeschmack costumirte Damen und Herren, die ihre wichtigen Tagesbeschäftigungen für eine Viertelstunde unterbrachen, um vor der Wiederaufnahme der selben sich über die Anzahl und Artbesckaffrnheit der mit dem kleinen Zug Abfahrenden zu unterrichten. Mehr rin Ausspannen und Erholen der Kräfte für die noch bevor stehenden abendlichen Gesellschaftspflichten warS, als ein Vergnügen, denn der Genuß für Augen und Ohren ließ sich, wie zu erwarten stand, nur als ein äußerst mäßiger bezeichnen. In dem einzigen vorhandenen Abthcil zweiter Classe nahm ein schon etwas über die mittleren Jahre dinausaerückteS Ehepaar Platz, dessen Sprache man nord ¬ deutsche Herstammung anhörte und aus dessen Gesichtern sich das Honoratiorenthum in irgend einer Stadt von vier- bis fünftausend Ackerbürgern ablesen ließ. Die in er staunlichem Widerspiel zu dem spindeldürren Mann mit stattlichster Körperfülle ausgerüstete Frau brachte im Wagen noch ein halbes Dutzend von Palleten und Schachteln unter; aus den Aeußerungen eines die letzter» herbeibringenden Packträgers ging hervor, daß er schon früher aus gleichem Anlaß Bekanntschaft mit den beiden Wageninsassen gemacht habe. Ein unbeschäftigter „College" hatte für heute nichts Besseres zu thun, als ihn über jene zu befragen, und auS der Antwort ließen sich ihre Personalien entnehmen. Ter Mann hieß Gottlieb Vesen- meier, führte irgend einen kleinen NatbStitel, Kanzleirath, Stadtrath oder dergleichen, und batte für seinen Urlaub einen Sommeraufenthaltsplatz gesucht, der „natürlich" billig sein mußte. Deshalb wohnte» sie „natürlich" nicht hier, sondern in einem Bauernhaus der Haltestelle Graseck, wo die Frau „Räthin", wie man sie anreden mußte, „natürlich" selbst kochte und sich „natürlich" Salz und Pfeffer und was sie sonst in ihrer Wirthschaft brauchte, ab und zu von hier holte, weil sie ausgerechnet hatte, daß sie mit dem Fahr- billet so immer noch billiger komme als beim Einkäufen in ihrem Dorf. „Natürlich" war von einem Trinkgeld für daS Schleppe» der Sachen nie die Rede, sondern der Bericht erstatter bekam nur auf den Pfennig seine Taxe bezahlt. Allerdings, wenn'- gerade nichts Anderes gab, nahm der Teufel mit Fliegen vorlieb, aber den Neid des College» konnte „natürlich" diese Kundschaft nicht wachrufen. Ebenso wenig, jedoch begreiflicherweise, konnte sie die Augen der promenirenden CurortS-Gesellschaft anziehen, und nur mäßig auch gelang dies einer jungen, dunkelgekleideten Dame, Lie offenbar gleichfalls in den Zug cinzusteigen be absichtigte, doch vor der Hand noch etwas abseit» in leise geführtem Gespräch mit einer anderen, sommerlich Weiß gewandeten stand. Sie mußten nahe befreundet sein, denn sic nannten sich du: di« erstere schien die zweite für ein paar Stunden besucht zu haben, und nahm jetzt, von ihr an di« Bahn begleitet, Abschied. Sie trug einen Schleier vor dem Gesicht, der nicht- von diesem gewahren ließ, doch ward sie der Frau Räthin, die nunmehr ihre Packete in Ordnung untergebracht hatte und sich anderer Thätigkeit dingcbeu konnte, offenbar auS der äußeren Erscheinug kenntlich, denn die Ausblickende wisperte gedämpften Tones: „Sieh, Gottlieb, ist da- nicht unsere junge Nachbarin, die seit acht Tage» allein in der Aumühle wohnt? Kannst Du Dir vorstellen, daß ich in ihrem Alter als junges Mädchen so mutterseelenallein in der Welt beriiiilflankirt wäre?" Herr Vescnmeier räusperte sich ein wenig, um, wenn auch ebenfalls gedämpft, doch mit Entschiedenheit zu versetzen: „Nein, das hättest Du nie getban, Adelgunde." Der Anschlag der Bahnhofsglvcke, die Laö zweite Zeichen zur Abfahrt gab, klang in das letzte Wort und veranlaßte noch ein paar Reisende zum Einsteigen, einen sehr jugendlichen, der den Eindruck regte, sich in einem Puppen-Mittetzustand zwischen kriechendem Raupendasein und beflügeltem SchmetterlingSlebeu zu befinden, und einem etwa das Doppette an Jahren zählen» den Herrn von ruhigem, einnehmendem, stillem, doch wie cS schien, mit einer gewissen Achtsamkeit die Dinge um sich be trachtendem Gesichtsausdruck. Uebereinstimmend waren beide, ohne indcß zusammen zu gehören, mit Umhängetaschen und Bergstöcken sichtlich zur Besteigung eines Hochkopfs ausgerüstet und bezweckten vermuthlich, irgend wo am Fuße ihres morgigen Kletterziels zu übernachten. Auch die zwei Freundinnen bereiteten sich jetzt unter Handreichung zur Trennung. Die Dunkle entgegnete auf eine Aeußcrung der Weißen noch einmal, hörbarer als bis her und mit unbeirrbarer Bestimmtheit: „Nie! Tbätest Du es etwa?" Darauf erwiderte die Befragte mit einem leichten, hübschen Lachen: „Das kann ich Dir doch wohl nicht beant worten; ich biu ja zum Glück mcht im Stande, mich in solche Lage hineinversetzeu zu können." Tie andere gab rasch noch mals zurück: „Ich weiß, Tu würdest ebenso fühlen und handeln wie ich, daS haben wir uns gegenseitig schon nicht nur auf Deutsch, sondern in der Conversationsstunde bei Mademoiselle Bellefleur auch auf Französisch gelobt. Tic Antwort des Rechtsanwalts habe ich also auch an Dich adressiren lassen und komme in einigen Tagen wieder, mich zu erkundigen, ob sie eingetroffen ist, Du bleibst mit Deiner Mutter doch noch mehrer« Wochen hier?" „Sicherlich, Cilly", versetzte die Weiße, „und du weißt, mir liegt nichts mcbr am Herzen, als dir zu deinem Besten bebilflich sein zu können, wie wir es uns bei Mademoiselle Bellefleur geschworen. Ach, war daS spaßhaft, ich meine ihr Gesicht mit dem köstlichen falschen Lockentonpct über der SpitzmauSnase. Doch es ist unrecht vcn mir, in deiner Gegenwart vergnügt zu lacken. Die Luft kommt mir so schwül vor, als könnt' es über Nacht ein Gewitter geben; bcffentlich kommst du vorder noch gut nach GraSeck zurück. Ist eS denn nicht schrecklich einsam für dich?" „Die Einsamkeit ist's, nach der ich suche. Möge ein freundlicheres Lebensschicksal dich immer vor solchem Ver langen behüten, Caton." Die Sprecherin erwiderte eS mit einem melancholischen, an's Tragische streifenden Ton uud begab sich uunmehr eben falls zum Einsteigen in den Wagen. Da nur daS eine Ab- theil zweiter Classe vorhanden war, mußte sic in diesem nun Platz suchen, dessen Ecksitze fick bereits sämmtlich ciugenoiiiuicn zeigten. Selbstveistäuelich behaupteten Herr uud Frau Vesen- nicicr die ihrigen fort, und auch der Herr in iniltlereu Jahren machte keine Miene, Lie sich auf nur galante Will fährigkeit, den seinigeu abzulretcn, deuten ließ. Dagegen schnellte der jüngste Wagcninsasse bei dem Eintritt der Dame aus seiner Ecke in die Höbe, augenscheinlich um ihr diese zu überlassen, und in seinem hübschen Gesicht prägte sich uu vcrkenlibar das Bewußtsein der Ausübung einer ritterlichen Mannespflicht sowie eine Beglückung aus, diese belhäiigen zu können. Die Verschleierte schien in seiner jugendlichen Ent sagung auf Bequemlichkeit mir etwas Gebübrlickeö zu sebeu, das keine Dankesäußcruug von Seiten ihres Mundes erheische; sie drückte eine solche lediglich durch ein kaum meitlichcu Kopfnicken aus, nabm den erledigten Platz em und tredte, offenbar tief in Gedanken versunken, das Gefickt nach ilner Fensterseite in die einbrechente Nackt hinaus, während der bösliche Jüngling sich ihr schräg gegenüber neben dem andern älteren Bergaspirantcii uiederließ. Die schon geschlossene Wagentbür ward nochmals von außen geöffnet, denn cö stellte sich nock ein Fabrgast ein, ein mit vornehm lässiger Eleganz gekleideter, etwa dreißig jähriger Herr, der in etwas bochfahrend näselndem Ton au den Schaffner die Frage richtete, ob der Zug denn keine erste Classe habe; ziemlich unwillig sügte er nach, Derartiges sei ihm noch nirgendwo in'Europa vorgekommen. Er machte den Eindruck eines Osficicrs in Civil und trug in der Neckten eine elegante kleine Handtasche, die auf einem silbernen Plättchen eine eingravirte Freiherrnkrone und darunter die Buchstabenckiffre A. v. W. aufwieS. Ein Hin blick darauf ließ deu Schaffner von einer ungewohnten Höflichkeitsanwandlung überkomme», mit der er bedauerte, den Herrn Baron bitten zu müsse», sich niit der zweiten Classe zu begnügen, da dir Bahn zu selten am Abend von Reisenden erster Classe benutzt würde, um die Einstellung eines Wagens der letzteren erforderlich zu uiachen. Der neue Passagier entgegnete nicht weiter mehr als Lurch einen kurzen mißvergnügten Laut, orieutirt« sich flüchtig über
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