01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.08.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-08-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970830014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897083001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897083001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-08
- Tag1897-08-30
- Monat1897-08
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Durch die Loft bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Direcie tägliche Kreuzbandiendung in« Ausland: monatlich ^lli 7-öO. Die Uppgen^luSgab« erscheint ym '/,? Uhr. di» Abeud-Au-gab» Wochentag» um b Uhr. N»-ac1isu und Lr»,Litis«: Sohapflesgasfe 8. Di» Expedition ist Wochentag» ununt»rbroch»N geössnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filialr«: Otto Klemm'» Sorkin,. Mlsred Hahn), Universitätsslrabe 3 (Paulinum), Aatdarlnenstp. 'part.^nd -SniaSplah 7- ^0. Morgen-Ausgabe. ktWMr TaMaü Anzeiger. Ämlsbkatt des Äömglichen Land- und Ättttsgerlchtes Leipzig, des Nattzes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Auzeigett-PreiS b!e 6 gespaltene Petitzelle ?l) Pfg. Neclamen unter demRedaction-strich (»ge spalten) KO^z, vor den FamiUenaachrichte» (ögespaltru) 40/^. Größere Schriften laut unserem Preis- derzeichniß. Tabellarischer und Zisfernfatz nach höherem Taris. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit d»e Morgen »Ausgabe, ohne PostbesörLerirng SO.—, mit Posrbesörderung 70.—. Iiunahmeschluß für Anzeigen: Abend»Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags -Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von L. Dolz in Lcivzi» Montag den 30. August 1897. 91. Jahrgang. Oie Kämpfe -er Iü7er um feindliche Mtrnilleusen bei Sedan. Ein «evensblatt aus großer Leit. Nachdruck verboten. Die Deutschen erbeuteten im Feldzuge gegen Frankreich 1870/71 nicht weniger als 107 Adler und Fahnen, 1915 Feld geschütze und Mitrailleusen, sowie 5526 Festungsgeschütze. Nur 12 Fahnen und IK^/z Geschütze wurden aber von den deutschen Truppen, außer den Bayern, mit stürmender Hand genommen und für diese wies Kaiser Wilhelm I. mittels Cabinetsordre vom 22. Juli 1871 Douceyrgelder an und zwar 60 Ducaten sür jedes Geschütz und 40 Ducaten sür jede Fahne. Das königl. sächs. Xis. Armeecorps erhielt damals 730 Ducaten für 1 Fahne und Hs? Geschütze. Diese Summe vertheilte sich auf die einzelnen Regimenter wie folgt: 240 Ducaten empfing bas 2. Zägerbataillon dir. 13 für die Eroberung von 4 Geschützen (2 Kanonen und 2 Mitrailleusen) durch die s. Compagnie bei Sedan gelegentlich der Er stürmung des Dorfes la Moncelle. 120 Ducaten erhielt das 1. (Leib-)Grenadiex-Negiment Nr. 100 für 2 Mitrailleusen, welche von der 1. Compagnie bei Sedan im Kampfe um Daigny erobert wurden. Die gleiche Summe bekam das Schützen-(Füsilier-)Regiment „Prinz Georg" Nr. 108, dessen 6. Compagnie bei Sedan in der Nähe des Vorwerks la Ramorie ebenfalls 2 Geschütze eroberte. 100 Ducaten erhielt das 5. Infanterie-Regiment „Prinz Friedrich August" Nr. 104. Die 5. Compagnie desselben eroberte bei Sedan gelegentlich des Sturmes auf Daigny 1 Milrailleuse unv die Z. Compagnie bei der selben Gelegenheit 1 Turkofabne. Ferner empfing 90 Ducaten Las 8. Infanterie-Regiment „Prinz Johann Georg" Nr. 107 für 1>/z Geschütz, genommen in der Schlacht bei Sedan im Kampfe um la Moncelle von der 5. und 6. Compagnie, be ziehentlich zwei Soldaten der 9. Compagnie, zusammen mit einer Abtheiluug Bayern. Je 30 Ducaten endlich erhielten sowohl das 1. Reiter-Regiment „Kronprinz" (heute Königs husaren), als auch das 1. Feldartillerie-Regiment Nr. 12, zu dem die reitende Abtheiluug gehörte. Mannschaften der letzteren erbeuteten zusammen mit Kronprinzreitern bei Beau mont ein Geschütz. Die Milrailleuse, welche das 107. Regiment bei Sedan eroberte, erhielt dasselbe von König Albert am 25. September 1891 geschenkt. Unter nur genanntem Tage verfügte nämlich der Monarch, daß all' den vorgenannten sächsischen Regimentern, welche 1870/71 feindliche Geschütze eroberten, diese Geschütze, oder, falls diese nicht vorhanden, andere aus dem von der französischen Kriegsbeute auf Sachsen entfallenen Theile überwiesen wurden zur Aufstellung vor den Casernen. Als nun das 107. Regiment infolge des Ab bruchs seiner alten Leipziger Caserne, der Pleißenburg, nach Möckern umziehen mußte, nahm es nach seinem dort neu erbauten Heim natürlich auch die Sedanmitrailleuse mit, welche nun seit dem diesjährigen Gedenktage der Schlacht bei St. Privat als RegimenlSwahrzeichen den Hof der Caserne in Möckern schmückt. Viele haben dies RezimentSdenkmal schon gesehen, noch mehr werden es in der Folgezeit zu sehen bekommen, nur wenige aber werden erzählen und berichten können, wie es hergegangen ist, als die Mitrailleuse bei Sedan von den damaligen 107ern genommen wurde. Und darum mag diese Geschichte den Leipzigern und dem heutigen 107. Regiments wieder einmal erzählt und berichtet werden, so schlicht und einfach, wie sie in der Regimentsgeschichte aus gezeichnet ist. In der Schlacht bei Sedan war eS dem Hauptmann von Bülow, Chef der 6., und dem Premierlieutenant Basse, Führer der 5. Compagnie, vereint mit einer Abtheilung 13er Jäger, vergönnt, zwei seindliche Mitrailleusen zu erobern. Die genannten beiden Compagnien waren in den frühen Morgenstunden des 1. Sevtember auf dem äußersten rechten Flügel des 8. Infanterie-Regiments Nr. 107 auf den Höhen rechts von la Moncelle detachirt und hatten daselbst eine starke Plänklerkette formirt. Sie wurden hier stark mit Granaten be worfen. Ungefähr Morgens 6^/4 Uhr fuhren auf den diesseits Daigny liegenden Anhöhen Mitrailleusen auf und beschoßen die diesseitigen Compagyien auf eine Entfernung von etwa 800 Schritt. Mit den Mitrailleusen erschienen zu beiden Seiten derselben feindliche Jnfanterie-Abtheilungen, welche ebenfalls ein heftiges Feuer eröffneten. Die diesseitigen Com pagnien erhielten Befehl, ihr Hauptfeuer auf die Bedienung und Bespannung der Mitrailleusen zu richten, was einen so guten Erfolg hatte, daß die Batterie nach ungefähr einer halben Stunde Anstalt machte, abzufahren. Dies schien den beiden tapferen Compagnie-Commandanten der Augenblick zu sein, um die Batterie zu stürmen. Trotz des starken Jnfanteriefeuers drangen die 5. und 6. Compagnie, an deren Spitze sich ihre Führer mit ge schwungenem Säbel gestellt hatten, stürmend vor. Doch plötzlich standen sie an einem etwa 40 Fuß tiefen, vorher gar nicht bemerkten Hohlweg, in welchem etwa eine Compagnie Turkos lagen. Doch nichts konnte den Ansturm der Sachsen aufhalten. Die Turkos wurden in die Flucht geschlagen und der steile Geländeabschnitt überschritten. Unterdessen war die feindliche Batterie unterZurücklasfung zweierMitrailleusen ab gefahren, doch beschossen die in den Flanken aufgestellten feind lichen Infanterie - Abtbeilungcn , sowie die zurückgeworsenen Turkos, welche auf der Höhe wieder festen Fuß gefaßt hatten, die sächsischen Sturmcolonnen von Neuem. Trotzdem gelang es dem Hauptmann von Bülow und dem Premierlieutenant Basse, gefolgt von 26 Mann ihrer Compagnien sowie einer Abtheilung des in nächster Nachbarschaft fechtenden 2. sächsischen Jägerbataillons Nr. 13, die zwei Mitrailleusen zu nehmen und zu behaupten. Das eine Geschütz wurde dem Regiment 107, das andere dem genannten Jägerbataillon zugesprochen. Hauptmann von Bülow wurde, kurz nachdem die Mitrailleusen genommen waren, von drei Kugeln verwundet. Beide Ofsiciere wurden für die Heldenthat mit dem sächsischen Heinrichsorden sowie mit dem eisernen Kreuze zweiter Classe becorirt. Premierlieutenant Basse trug die Ehrenzeichen aber nur wenige Monate; er fiel am 2. December bei Brie sur Marne auf dem Schlachtfeld?. Der Kampf der tapferen 107er um die französischen Mitrailleusen bei Sedan gab auch dem Sergeanten Richter, den Unterofsicieren Kabitsch und Karnagel, sowie den Soldaten Kollrich und Müller I von der 5. Compagnie Gelegenheit, sich durch Tapferkeit hervorzutbun. Dem Unter- osficier Karnagel wurde drei Mal das Gewehr zerschossen und jedes Mat ergriff er ein anderes. Als rie Höhe erreicht war, hielt die feindliche Bedienung nicht länger Stand, sondern empfahl sich unter Zurücklassung der Geschütze. Leider war Unterofsicier Kabitsch durch einen Schuß in die Brust niedergestreckt worden und starb auf dem Schlacht felde. Am Abenv des 1. September wurden die vorstehend erwähnten llnterofficiere und Soldaten dem Kronprinzen von Sachsen namhaft gemacht, der sein höchstes Lob über ihr braves Verhalten aussprach. Sie wurden später alle mit Ehrenzeichen geschmückt; Sergeant Richter erhielt neben dem eisernen Kreuze noch die seltene Auszeichnung der goldenen Tapferkeits- (St. Heinrichs-) Medaille. Auch der 2. Zug der 9. Compagnie des Regiments^ 107, geführt vom Secondelieutenant Haffner, war bei Sedan mit hetheiligt an der Eroberung einer Mitrailleuse. Das kam so: Die genannte Abtheilung drang, nachdem das Dorf la Moncelle vom Feinde gesäubert war, zunächst bis zur Brücke am westlichen Ausgange des Dorfes vor und bemerkte bald darauf, wie eine französische Batterie auf den westlich von la Moncelle gelegenen Balaner Höhen auffuhr. Die Aufgabe des Zuges Haffner bestand nun darin, diese Geschütze zu beschießen und womöglich zu erobern; die Mannschaften eröffneten daher ein wohl gezieltes Feuer auf die Franzosen. Die Wirkung desselben war glänzend, die Bedienungsmannschaft schmolz ausfallend zusammen, und bald darauf verschwand die Batterie mit Zurücklassung eines Geschützes. Der dreimalige Versuch der Franzosen, das Geschütz zu retten, mißlang gänzlich, denn immer von Neuem wurden ihnen dabei Mannschaften und Pferde erschossen. Der hierauf vom Lieutenant Haffner und seinem Zuge — weil die Munition zu Ende war! — im Verein mit bayerischen Truppen vom 10. bayerischen In fanterie-Regiment „Prinz Ludwig", geführt vom Lieutenant Goes, gemachte Versuch, das Geschütz durch Sturm zu Pehmen, gelang vollständig und wurde dasselbe durch die Bayern vom Schlachtfelde weggefahren. König Johann von Sachsen belohnte die bei dieser Gelegenheit ganz besonders gezeigte Tapferkeit der Soldaten Lange-Thieme und Kunath der genannten Abtheilung des Regiments 107 durch Verleihung der silbernen St. Heinrichs-Medaille. So kam es, daß dem Regiment 107 für seine erfolgreichen Kämpfe um seindliche Mitrailleusen in der Schlacht von Sedan das obenerwähnte Douceurgeld für l^/z Geschütz seitens des verewigten deutschen Kaisers Wilhelm des Sieg reichen zugewiesen wurde. Die Waffenthaten aber, welche damit eine Extrabelohnung erfuhren, bleiben für immer ein gezeichnet in den Ehrentafeln des Regiments! 8axo. Gotha und die Stätte der Feuerbestattung. Wunderbar fügt sich im Leben Freundliches und Ernstes. Wer hätte cs gedacht, daß die sonnig heitere, an fre»nt- ichen Häusern und Villen, an stattlichen Gebäuden, wie alterthümlichcn Häusern so gesegnete kleine Residenz am Fuße des lieblichen Thüringer Waldes eine Stätte bildet, wo ein mächtiges Llemouto mori sich befindet, das zugleich eine bahnbrechende Neuerung auf dem Gebiete des modernen LeickenbestattungSwesens bezeichnet. Ist doch die kleine Residenz eines Hauses vorurtheilsfreier Fürsten, deren Wohl vielseitigft beanlagter der erst vor einigen Jahren verstorbene Herzog Ernst II. war, der Sitz des ersten Crematoriums in Deutschland, d. h. der ersten Anstalt, welche zu den Zwecken der Feuerbestattung errichtet worden ist. Viel und heftig ist über die Berechtigung dieser Art der Leichenbestaltung und ihre Stellung zu der christlichen Lebre vom Tode gestritten worden. Wohl bricht der Brauch, die irdischen Reste unserer geliebten Tobten der rasch ver zehrenden Macht des Feuers zu überliefern, mit der alther- gehrackten christlichen Lebre, die abgeschiedenen Körper dem Schooße der Erde zurückzugeben, und erinnert an die Sitte unserer alten heidnischen, germanischen Vorfabren. Aber es liegt in der Natur des Feuers etwas unendlich Hehres und Mächtiges, und von jeher war das Feuer das Symbol der Reinigung in der Natur. Und in der That hat auch der Gedanke, daß nicht der langsame Proceß der Verwesung mit ibrem Wallen in unheimlichem, zersetzendem Vorgang, sondern das lichte, reinigende Element des Feuers die irdischen Reste des Menschen verzehre, mehr und mehr von seinem abschreckenden Charakter für unsere christliche Welt anschauung und Empfindung verloren und einer ruhigeren und nüchterneren Auffassung Platz gemacht. Es ist nämlich nicht zu verkennen, Laß in den großen Städten mit ihren sich zusammendrängenden Hundcrltansenten von Menschen, die Stätten der Verwesung, unsere Friedhöfe, Dimensionen annehmen und Areale beanspruchen, welche bei den immer höhere Anforderung an Ausnutzung von Platz und Boden stellenden Zeiten allzu große genannt werden müssen. Denkt man sich dazu einmal Zeilen großer Epidemien, wie z. B. vor einigen Jahren die Cholera-Epidemie Hamburgs, so tritt der GesichtSpunct einer hochgradigen Verseuchung des Erdreiches hinzu, welches langdauernder Entkeimung durch die Zeit bedarf, ehe das Reich der Tobten den Lebenden wieder nutzbar gemacht werden kann. Vom socialen wie vom bygieinischen Standpnncte aus ist daher ein Verfahren, welches unter Wahrung aller An forderungen der Pietät und Schonung christlicher Denkungs art die Todtenbestattung zu einer für die lebende Mil- menschhcit vollkommen gefahrlosen und gleichzeitig räumlich vereinfachten macht, durchaus als berechtigt und wertb, aus gedehnt gehandhabt zu werden, zu begrüßen. Und in der That hat die Feuerbestattung immer breiteren Raum gewonnen und immer an Ausdehnung zugenommen, LeyiHetsn. Der gute Uath. Humoreske von Paul Blitz (Weimar). Nachdruck verboten. Als das Hochzeitsdiner beendet war und die Gäste in den traulichen Raumen plaudernd und scherzend berumsaßen, trat Frau Charlotte zu der jungen Frau heran, legte ihren Arm in den ihrer jüngeren Freundin, und entführte sie dem jungen Ehegatten. „Was thust Du denn so geheimnißvoll?" fragte scherzend die glückstrablende kleine Person, die seit fünf Stunden erst mit „junge Frau" angeredet wurde. „Uebrigens habe ich gar nicht mehr viel Zeit, denn Du weißt ja, wir wollen noch den Nachtzug über München benutzen." Frau Cbarlotle nickte zustimmend. „Weiß ich Alles, liebe Gusti, und eben vor Deiner Abreise will ick Dir noch einige nothwendige Verhaltungsmaßregeln mit auf den Weg geben." Sie befanden sich in einem kleinen, ganz versteckt ge legenen Cabinett, Las durch große Vorhänge von den Neben räumen getrennt und nur durch eine mattrosa Ampel er- bellt war. Gusti ließ sich in einen der Fauteuils falle» und rief mit übermüthigem Lachen: „Also, dann schieße los!"- „St, ruhig doch!" beschwichtigte sie die andere, „was ich Dir zu sagen habe; ist nur sür Dich allein bestimmt." Neugierig rückte die junge Frau beran und legte das schmale Händchen an die rosige, kleine Ohrmuschel. „Wenn Dn in der Ehe glücklich leben willst, so rathe ick Dir, Deinen Mann gleich vom ersten Tage an Dir zu er ziehen", sagte Frau Charlotte. Gusti lachte von Neuem. „Dn bist drollig, Charlotte. Warum sollten wir denn nicht glücklich leben? Mein Man» liebt mich doch!" Die Freundin nickte verständnißvoll: „Und eben weil er Dich liebt, ist er nm so leichter zu erziehen. Den guten Augenblick auSzunützen, das ist echte Lebenskunst. Noch liebt er Dick, darum gewöhne ihn jetzt daran, daß er Dir auch einen Willen und Rechte zuerkeiint; ob dazu später noch Zeit und Gelegenheit sein wird, das kann man nie wissen, denn alle Männer sind leichte Falter." Die junge Frau, die vor ihrer älteren und verhciratheten Freundin doch einigen Respect hatte, sab ziemlich zaghaft drein, bis sic sich endlich zu der Frage entschloß: „Ja, wie soll ich denn das aber anfangen?" Frau Charlotte dachte ein wenig nach, dann fragte sie: „Hat Dein Mann irgend eine Angewohnheit, von der er glaubt, nickt lassen zu können?" Nach einigem Besinnen entgegnete Gusti: „Ich glaube, seine einzige Leidenschaft ist das Rauchen." „Gut, so gewöhne ihm das ab." „Das soll ich ihm abgewöhnen?" Entsetzt starrte sie die Freundin an. „Wenn Du Dir ein Wort in der Ehe sichern willst, dann tbu, was ich Dir gesagt habe. Gerade die Hochzeitsreise aiebt Dir die beste Gelegenheit. Uebrigens habe ich meinem Mann das Rauchen auch abgewöhnt. Ich habe ihm gesagt, daß mein Hals darunter leide. Und das hat geholfen. Er rührt keine Cigarre mehr an. Also nur ein wenig Energie, aber gleich von Anfang an, dann wird sich die Sache schon macken." Frau Gusti nickte zwar dazu, innerlich aber wurde sie von Angst und Zweifeln geplagt, weil sie sich noch gar nicht in dieser Situation zurecht finden konnte. Eine Stunde später fuhr das junge Ehepaar zur Bahn. „Ack, Rudolf, laß uns ein Nichtrauchercoups nehmen", bat die junge Frau, eingedenk des hüten Raths, der Freundin. „Selbstverständlich, Schatz!" lächelte er sie verständniß- innig an und die Fahrt ward in einem Nichtrauchercoupö zurückgclegt. Am andern Morgen kamen sie in München an. Als sie im Hotel den Kaffee einnahme», wollte Rudolf sich eine Cigarette anbrennen. „Ach, bitte, Herz, laß das Rauchen", bat sie, „ich habe eine leichte Halsentzündung." „Aber natürlich, mein Liebling!" rief er und warf die Cigarette in den Kamin. Mil dankbarem Blick lab sie ibn an. O, es war kein Zweifel, er liebte sie mehr als seine Angewohnheiten! Dann machte er einen Ausgang, um ein paar Einkäufe zu machen, während sie inzwischen ein wenig ruhen sollte. Als er wiederkam, und sie mit einem Kusse weckte, sah sie ihn mit bittendem Blick an. „Du hast ja doch geraucht, Rudolf!" „Aber ich war ja draußen, mein Herz!" meinte er ver wundert. „Ich mag aber diesen häßlichen Geschmack nicht; wenn Du mich küssen willst, darfst Du vorher nicht rauchen, nein, Rudolf!" bat sie leise. Lächelnd versprach er auch dies, küßte sie aber trotzdem wieder. Nach Tisch bekam er einen Eilbrief. Erstaunt las er ibn durch, lächelte dann und steckte ihn ein. „Vom Geschäft" sagte er nur, als sie ihn fragend ansah. „Eine gute Nach richt", meinte er dann so obenbin. AbendS führte er sein Frauchen durch München. Als sie im Cafs Luitpold saßen, rauchte er sich eine lange Upmann an. Die junge Frau begann zu husten und sab ihren Mann mit bittendem Blick an, sagen konnte sie nichts. „Hier kann Dich mein Rauch doch nicht stören, Sckatz", lächelte er überlegen, „hier raucht ja fast jeder Gast." Dabei blies er mächtige blaue Dampfwolken in die Luft. Sie konnte nichts darauf erwidern. Aber ihre Laune war jetzt verdorben. Sie dachte an den gnten Rath der erfahrenen Freundin, und so begann sie zu schmollen. Als sie sich bald darauf zur Ruhe begaben, küßte er sie nicht und entschuldigte sich damit, daß er ja ziemlich stark geraucht habe und ibr den Geschmack nicht wieder verderben wolle. Da weinte sie heimlich. Am anderen Tage fuhren sie weiter. Jetzt wählte er ein Rauchcoupö mit der allerdings zutreffenden Entschuldigung, daß kein anderer Platz mehr frei wäre. „Aber warum hast Du uns denn nicht wieder eins reser- viren lassen?" schmollte sie. Und lachend entgegnete er: „Ich habe es vergessen, mein Kind." Sie schwieg. Innerlich aber durchrüttelte sie ein Sturm der Empörung. Er nannte sie so obenhin „mein Kind" und hatte vergessen, waS sie wünschte, — — 0, warte nur, mein Herr Gemahl, jetzt sollst Du erst das „Kind" kennen lernen! Und heimlich überdachte sie nun ihren Feld- zugSplan. Die Reise über den Brenner verging ihnen ziemlick ein tönig. Er rauchte fast unausgesetzt und als sie conseguent durch das Fenster auf das schnellwcchsclnde Landschaflsbild sah, entschloß er sich schließlich, mit zwei anderen Damen, die ihm gegenüber saßen, eine Unterhaltung anzukuüpsen. Sie kochte vor Wuth, aber dennoch schwieg sie, um sich keine Blöße zu geben. Nachts endlich kamen sie in Verona an. Und wieder bekam sie keinen Gute-Nacht-Kuß. Diesmal aber entschuldigte er sich gar nicht erst, sondern schlief nach einigen gleickgiltigen Worten ein. Sic aber preßte das heiße Gesicht inS Kissen, um ihr Schluchzen nicht laut werden zu lassen. Der nächste Tag war ein echter italienischer Frühlings tag. Blauer Himmel, warmer Wind, ein Meer von bunten Blumen und lackende fröhliche Menschen, wohin man nur sehen mochte. Vom Fenster ihres Hotels sahen sie auf das lebhafte Treiben der Piazza d'Erbe, ein Bild so bunten, echt italienischen Lebens, wie man es zum zweiten Mal nur in Neapel so interessant wicverfindet. Gleich nach dem Frühstück zündete er sich eine Cigarre an nud schaute zum Fenster hinaus. „Wollen wir gleich unsere Rundfahrt beginnen, mein Sckatz?" „Ich gebe überhaupt nicht fort", sagte sie kurz, „ich fühle mick nicht wobl." „So hole ich einen Arzt", rief er besorgt. „Nein, ich will keinen Arzt, ick will nur Rübe haben, — am liebsten möchte ick umkehren und nach Hause fahren", entgegnete sic mit einer Stimme, die dem Weinen nabe war. Ganz ruhig sagte er darauf: „Du brauchst nur zu bestimmen; in einer Stunde können wir schon auf der Rück fahrt sein." Darauf antwortete sic aber gar nicht-, denn sie dackte mit Entsetzen daran, daß er es wahr macken könnte und daß sie so um die langersehnte Italien-Reise kommen würde. „Also willst Du Verona nicht kennen lernen?" fragte er sie noch einmal. „Wenigstens noch nicht", antwortete sie gereizt, „wenn Du die Zeit nicht mehr erwarten kannst, dann geh dock allein, an Amüiement wird es Dir dock nickt fehlen." „Gewiß nicht!" rief er gleichmüthig und ging wirklich fort. Starr vor Schreck sah sie ihm nach. Das hatte sie denn doch nickt erwartet. O, wie recht batte Charlotte dock gehabt! „Alle Männer sind leichte Falter!" Am dritten Tage ihrer Ehe wagte er es, sie so zu behandeln! — Und weinend warf sie sich auf das Ruhebett und ärgerte sich nun plötzlich über Alles, — über das Lärmen der Marktleute, über das Ge laufe in den Corridorcn, über das immerwährende Anschlägen der elektrischen Glocke, über ihren Man», über ihren eigenen Eigensinn und nicht am wenigsten über den guten Rath ihrer älteren Freundin. Gegen Mittag kam er zurück. Als er sie so in Tbräncn liegend vorfand, fragte er voll Besorgniß: „Was fehlt Dir denn nur, liebes Herz?" Gan; aufgelöst in Schluchzen ries sie: „Warum hast Tu mich denn geheirathet, wenn Du mich nicht liebst?" „Wer sagt Tic denn, daß ich Dick nicht liebe?" „Würdest Du sonst jeden meiner Wünsche so mißachten?" Darauf antwortete er nichts, sondern griff nur in die Brusttascke und reichte ihr jenen Brief hin, den er in München erhalten batte. Und sie las: „Lieber Freund! Ich bin soeben, ohne cs zu wollen, Zeuge gewesen, wie meine getreue Cbarlotle Deiner Gusti een guten Ralb gab. Dich auf der Hochzeits reise zu „erziehen". Als erstes Mittel wurde ihr empfohlen, Dir das Rauchen abzugewöbnen. Also sei auf Deiner Hui. Auck ich bin einst so „erzogen" worden. Ick glaubte damals an die Halsentzündung meiner Charlotte, nun ich aber klar sehe, bin ich von morgen ab wieder ein enragirter Raucher. Also sei auch Du ein Mann . . ." Frau Gusti las nicht weiter. Beschämt sah sie ihren Mann an, als dieser aber nun laut loslachte, La lief sie in seine Arme, umfaßte ihn und küßte ihn — trotzdem er nach Tabak roch. Von dem Augenblick an ging die Hochzeitsreise ohne weitere Störung von Statten. * Als das junge Ehepaar im Hochsommer ein Seebad aufsuchte, traf man auch Frau Charlotte mit Gatten, der erhobenen Hauptes seine Cigarre rauchte. Gusti wollte mit der Freundin über die Folgen ibreS gutes Ratbs sprechen, diese aber wußte die Unterhaltung so geschickt zu dreben, daß man immer nur andere Themen berührte, bis Frau Gusti dies merkte und lächelnd darauf einging. Am Strande aber standen die beiden Männer und lachten und — rauchten, was das Zeug hielt.
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