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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.08.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-08-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970831016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897083101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897083101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-08
- Tag1897-08-31
- Monat1897-08
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Dir Morgen-Ausgabe erscheint um '/,7 Uhr. dir Abend-Ausgabe Wochentag- um 5 Uhr. Bezug-Preis In drr Haupkexpedition oder des km Stadt bezirk und den Bororten erdichteten Aus gabestellen ab geholt: vierteljährlich ^l4L0, bei zweimaliger täglicher Zustellung tn- Haus 5.53. Durch die Post bezogen für Leutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandiendung ins Ausland: monatlich ^il 7.50. tle-action und Erveditio«: JohanneSgafse 8. DieExpedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Filialen: Otto Klemm'- Sortitu. (Alfred Hahn), Universitätsstrabe ö (Paulinum), Laut- Lösche, Katharlnenstr. 14, pari, und K-nla-dlatz^k- ^2. V INE'N».. ! U Lt« Morgen-Ausgabe. MMtr TagckM Anzeiger. AmksvM des königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Nötiget-Amtes der Stadt Leipzig. Dienstag den 31. August 1897. Anzeigen.PreiS die 6 gespaltene Petitzeile LS Pfg. Reklamen unter demRedactionsstrich (4ge- spalten) 50-^, vor den Familiennochrichrea (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzrichniß. Tabellarischer und Ziss«nsatz nach höherrm Tarif. Extra-veilagen (gefalzt), n«r mit d« Morgen-Ausgabe, ohne Postbefärderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Änuahmeschluß für Änzeigeu: Abeud-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgab«: Nachmittags 4Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je «ins halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedttto zu richten. Druck und Verlag von E. Polt l» Keivzi» 91. Jahrgang: Oer Aland unserer Neichsfinanzen. Obschon weder im Einzelnen noch in der Summe fest- steht, welche neuen Forderungen die Marineverwaltung i»i kommenden Winter dem Reichstage vorlegen wird, be handelt ein Tbeil der Presse diese Frage dennoch schon derart, als ob die Anforderungen jedenfalls keine Mehrheit im Reichs tage finden würden und als ob demnächst die Regierung hier aus eine Wahlparole gewinnen wollte, um sofort den Reichs tag auslösen zu können. An dieser Erörterung theilzunehmen, ist wenig ersprießlich. Andererseits versteht es sich, daß das finanzielle Moment dabei überall mit in Betracht gezogen wird. Hier handelt es sich denn um eine Frage, in der die breitere Schickt der Wähler sich selbstständig kaum zu orientiren vermag; cS fehlt ihr das umfangreiche Material, welches hierzu nöthig ist, und wenn sie eS besäße, wüßte sie schwerlich mit dem unübersichtlichen Wust etwas ru beginnen. Nirgends also ist es leichter als hier, die Begriffe der breiten Masse zu ver wirren, wenn man nur einigermaßen im Gerüche steht, ein „gewiegter Kenner der Etatsverhältnisse" zu sein. Zur Zeit be obachten wir ein Bestreben, in der That solche Verwirrung anzurichten, und zwar in dem Sinne, als ob die Reichs finanzlage kaum gestatte, neue Ausgaben dauernder Art auf den Etat zu übernehmen, jedenfalls aber in der Zukunft immer unbefriedigender sich entwickeln müsse. Da man hier mit gegebenen Größen rechnen kann, erscheint es Wohl am Platze, ein Wort mitzusprechen. Vor Allem mag es angezeigt erscheinen, ein leidlich faßbares und zuverlässiges Bild vom gegenwärtigen Stande unserer Reichsfinanzen und der nächsten . Entwickelung derselben zu gewinnen. Zu dem Zwecke muß man sich zunächst von allen verwirrend großen Ziffern, die in Ausgabe und Einnahme gleichmäßig wiederkehren, ins besondere von den Summen der Ueberweisungen, Matrikular- beiträge :c. unabhängig machen. Auch muß man vorweg von deni Bedarf jeder einzelnen Verwaltung abziehen, was sie selbst vereinnahmt. Dann stellen sich nach Maßgabe der letzten beiden abgeschlossenen Jahre und des Etatsgesetzes für das laufende Jahr die Verhältnisse folgendermaßen dar. Im ordentlichen Etat der dauernden und einmaligen Aus gaben erforderte (in Millionen Mark abgerundet) die Heeresverwaltung mit Pensionen - Marinevermaltung - - - Reichsjchuldcnverwaltung. . . das Rcichsamt des Innern . . . - Auswärtige Amt m. d. Colonial verwaltung alle anderen Ressorts zusammen. Summe 189596 1896,97 18,7/98 Wirtlichkeit Voranschlag 557,08 562,32 570,40 80,12 83,11 90,72 7l,68 72,29 75,05 32,15 32,25 35,33 15,60 19,64 18,54 10,94 10,53 18,96 767,57 780,14 809,00 In diesen wenigen Ziffern stellt sich der wirkliche AuS- gabcbedarf des Reiches dar. Zur Erläuterung sei bemerkt, daß in der letzten Ziffer des Voranschlages für 1897/98 der Titel „Zu Besoldungsverbesserungen" enthalten ist (9,25 Millionen), der in den folgenden Jahren bei den einzelnen Verwaltungen verrechnet wird. Richtig ist also, daß im Laufe dieser drei Jahre der Aus gabebedarf sich um mehr als 41 Millionen erhöht bat. Dem gegenüber vergleiche man die Entwickelung der Einnahmen: 1899/96 1896 97 1897,98 Zölle und Verbrauchssteuern. . . 661,64 731,83 653,13 Stempelabgaben ....... 64,75 58,73 61,87 Betriebsüberjchüffe 55,08 60,38 59,20 verschiedene Einnahmen .... 28,59 23,43 27,06 Summe 810,06 874,37 801,26 Demnach haben die beiden letzten Jahre einen wirklichen (Überschuß von 42,49, bezw. 94,23 Millionen erbracht. Davon sind noch auf Rechnung derselben Jahre 13, bezw. 50 Millionen zur Verrechnung auf Anleihen, also zur Schuldentilgung verwendet worden, während aus dem Gegen über von Ueberweisungen und Matrikularbeiträgen den Lassen der Einzelstaaten 17,39, bezw. 15,76 Millionen zuflossen, so daß für die Reichscasse selbst ein Ueberschuß von 12,11 bezw. 28,48 Millionen verblieb. Nun leuchtet auf den ersten Blick ein, daß der Voranschlag für 1897/98 die Einnahmen beim wichtigsten Titel „Zölle und Verbrauchssteuern" weitaus zu niedrig annimmt. Es ist mit Sicherheit zu erwarten, daß sie dem Ergebniß des Jahres 1896/97 gleichkommen. Man darf also voraussetzen, daß sie etwa 79 Millionen mehr einbringen, als im Vor anschlag sieben. Die Betriebsüberschüsse versprechen ein Plus von 4—5 Millionen über den Voranschlag. Somit dürfte im Jahresabschluß eine wirkliche Einnahme von etwa 895 und ein Ueberschuß von 86 Millionen sich ausweisen. Hier auf ist auch im Voraus schon Beschlag gelegt, und zwar sind im Etatsgesetz bereits 9,3 Millionen als Zuschuß zum Erforderniß Les außerordentlichen Etats ausgeworfen; dem nächst wird den Einzelstaaten so viel überwiesen, als nach dem Etat von ihnen als wirklicher Zuschuß zu dem Reichs bedarf gefordert wird, nämlich 17,04 Millionen. Vom Reste, der sich noch auf rund 60 Millionen belaufen würde, kommen zwei Drittel, also rund 40 Millionen, weiterhin zur Verwendung auf die Anleihe, und in den hiernach noch ver bleibenden Ueberschuß würden endlich wieder Reich und Einzelstaaten sich zu tbeilen in der Lage sein. Die Anleihe für 1897/98 beziffert sich im Etat auf 81,69 Millionen. Hierauf sollen, wie oben angenommen, aus Mehreinnahmen des Jahres selbst rund 40 Millionen ver rechnet werden und 31 Millionen sind noch aus 1896/97 zu gleichem Zwecke überschüssig. Somit berechnet sich nach aller Voraussicht für das laufende Jahr ein wirklicher Anleihe bedarf bezw. eine wirkliche Vermehrung der Reichsschuld in Höhe von 10 Millionen. Das erhöht den Zinsenbedarf der Reichsschuldenverwaltung um etwa 360 000 Nimmt man noch hinzu, was sonst zur Steigerung des ordentlichen Aus gabe-Bedarfs im Reiche sich vorabsehen läßt, so mag für 1898/99 die wirkliche Ausgabe auf 835, für das Jahr nach her auf 850 geschätzt werden. Die wirkliche Emnab^r in beiden Jahren wird aber doch, wenn die wirthschgsi.ichen Verhältnisse nicht anderweit unterbrochen werden, bis zur Höhe von 900 Millionen aufsteigen. Dann hätten wir in den beiden väcksten Jahren einmal 65, das andere Mal 50 Millionen verfügbar, um die Erfordernisse des außerordent lichen Etats zu befriedigen und vielleicht auch einige Millionen der Reichsschuld abzutragen. So ganz trostlos, wie die Zeitung des Herrn Richter die künftige Finanzlage erscheinen läßt, ist also die letztere denn doch nicht. Der Parteitag des Eentrums. i. Unb-rechugter Nachdruck »erröten. 8. n. H. LaildShut. 29. August. Nach dem feierlichen Geläut fämmtlicher Glocken der überaus kirchenreichen Stadt begann um 8 Uhr Abends in der Festhalle die Begrüßungsversammlung. Der Saal war mit vielen Flaggen in den deutschen, bayerischen und päpstlichen (gelb-weiß) Farbe» ge schmückt. Zu Füßen der überlebensgroßen Figur Leo's XIII. stehen die Büsten Kaiser Wilhelm's II. und des Prinzregenten Luitpold und vor dem Rednerpult die Büste des Cardinals Steinhuber, der in Landshut geboren wurde. Der Andrang zu der Versammlung ist, namentlich von Seiten der Landbevölkerung, ein ganz außer ordentlicher, so daß statt der 2000 Personen, für die der Saal be rechnet war, etwa 5000 anwesend sind. Als Vertreter der Stadt wohnt Bürgermeister Marschall der Versammlung bei. Nach verschiedenen Musikoorträgen der Lands huter Stadtcapelle und der hiesigen Jnfantericcapelle eröffnete Regierungsrath Freiherr von Arentin im Namen Les LocalcomitsS den Congreß. Die Abhaltung der Versammlung, so iührte er aus, sei nur möglich geworden durch das Entgegen kommen, das das Localcomits auf allen Seiten, auch bei solchen, welche dem Katholikentag naturgemäß fern standen, gesunden habe. (Beifall.) Ec begrüße die Versammlung, die zum ersten Male in Niederbayern tage, um so mehr, als man »hier zur Zeit das Jubiläum zweier Männer begehe, die in verschiedenen Beziehungen zu Landshut ständen und deren Wirksamkeit für Niederbayern von Segen gewesen sei. Den ersten brauche er wohl nicht zu 'nennen, es sei der selige Canisius (stürmischer, lang anhaltender Beifall), unter dessen ganz be- besonderem Schutze die Generalversammlung tage. Der zweite sei der Herzog Maximilian I. von Bayern (Beifall), der sein Schwert stets in den Dienst der guten katholischen Sache gestellt habe. Beide zusammen hätten jeder in seiner Weise dafür gewirkt, daß die deutschen Katholiken alljährlich zusammen kam men könnten» um Zeugniß abzulegen für die heilige katho lische Sache. Und so gedenken wir, schloß der Redner, des ersten Würdenträgers unserer Sache, unseres glorreichen, vielgeliebten Papstes Leo XIII. (Stürmischer Beifall und lang andauernde Hochrufe.) Hierauf betritt Bürgermeister Marschall, mit stürmischem, fast fünf Minuten andauerndem Beifall empsangeu, die Rednertribüne. Er begrüßt die Versammlung im Namen der Stadt, die 40 Ge- meinderäthe habe. Von diesen seien 39 Mitglieder des vorbereitenden Comitös gewesen. (Stürmischer Beifall.) Die Stadt Landshut sei durch ihre historische Vergangenheit berechtigt, den Katholikentag in ihren Mauern aufzunehmen. Sie und ihre Bürger seien allezeit treue und unentwegt Anhänger der katholischen Sache gewesen, trotz Allem, was sich ihnen in Len vergangenen Jahrhunderten entgegengestellt habe, wovon der dreißigjährige Krieg mit seiner gräßlichen Schwedennoth nicht das Wenigste gewesen sei. „Gott segne Ihre Verhandlungen zum Nutzen der Stadt, zum Frommen des nieder bayerischen Kreises und zum Segen des ganzen deutschen Vater landes" schloß der Redner, der hierauf ein begeistert aufgenommenes Hoch auf den Prinzregentcn Luitpold ausbrachte. Dann ergriff Professor vr. Amsdorf-Landshut das Wort. Tas Ehrenwort „Deutsche", das ihnen Neid und Mißgunst oft zu rauben versucht hätte, nähmen die Bayern und vor Allem die bayerischen Katholiken in vollem Umfange für sich in Anspruch. Stets haben wir, wenn das Vaterland in schwerer Gcsahr war, gern Gut und Blut hingegeben. In Ausübung unserer politischen und patriotischen Pflichten haben wir Keinem und zu keiner Zeit nach- gestanden. Gerade die unbedingte Achtung vorder höchsten Gewalt hat uns unser patriotisches Gefühl als höchstes Palladium hochhalten lassen. Gerade unser Pflichtgefühl machte uns die strengste Pflichterfüllung zur Ehren- zu einer heiligen, zu einer Herzens- und Gewisfens sache. (Stürmischer Beisall.) In solcher wahrhaft katholischen und patriotischen Gesinnung blicken wir hinauf zu jener hohen Stelle, die in rastloser Pflichterfüllung ihres Amtes waltet. Kaifer Wilhelm II. hat uns feit seinem Regierungsantritt gezeigt, daß er ein hochherziger Friedensfürst ist. Immer mehr und mehr hat er sich die Herzen Derer erobert, die in der Be- thätigung christlicher Weltanschauung ihr Ideal finden. (Beifall.) Die Thatsache, daß unser Kaiser wiederholt seiner christlichen Welt anschauung Ausdruck gegeben hat, giebt nns Katholiken die frohe Zuversicht, daß in den socialen und kirchlichen Kämpfen der Gegen wart, in den Kämpfen um die höchsten Güter uns ein festes Band mit unserem Kaiser verbindet. (Stürmischer, lang anhal tender Beifall.) Und so lebe ich der Ueberzeuqung, Laß ich den Gefühlen der Liebe und Verehrung, die Sie für Se. Majestät hegen, am besten dadurch Ausdruck gebe, daß ich Sie ausfordere, mit ein zustimmen in den Ruf: „Se. Majestät, unser durchlauchtigster Kaiser, er lebe hoch!" (Stürmischer Beifall und Hochrufe.) Damit war der osficielle Theil der Begrüßungsfeier erledigt. Während des allgemeinen Theils sprachen dann noch vr. Lingens- Aachen, Domkapitular Breitum-Fulda, der Grüße vom Grabe ke hl. BonifaciuS überbrachte, dann LberamtSrichter Kiezerl-Mann- heim u. A. Unter der langen Reihe eingegangener BegrüßungS- depeschen wurde ein solches vom Oberbürgermeister vr. Lueger- Wien mit ganz besonderem Beifall ausgezeichnet. Gegen 12 Uhr Nachts erreichte hierauf die Versammlung ihr Ende. AIS bemerkcnswerth wird übrigens hervorgehoben, daß hier sämmtliche Regierungs- und sonstigen Behörden zur Feier des Tages geflaggt haben. Die Post stempelt sämmtliche postlagernd eingehenden Sachen mit einem Stempel: „Landshut Tat. 44. deutscher Katholikentag" ab. IV. D. L. Landshut, 30. August. (Telegramm.) Heute rüh 9'/, Uhr begann die erste geschlossen« Versammlung. In der- elben wurde ein Schreiben des PapsieS an das Localcomitö ver lesen, in dem der Papst der 44. Generalversammlung den Segen ertheilt. Tie Wahl des BureauS hatte folgende» Resultat: 1. Präsident vr. Bachem-Köln, 1. Vicepräsident Baron Hermann v. Aufseß, 2. Vicevräsident Fabrikbesitzer Brandts-München- Gladbach. Huldigungstelegrammr wurden au den Papst, an den Prtnzregenten und an Len Kaiser gesandt. Deutsche- Reich. ZI Berlin, 30. August. Der BundeSrath wird, wenn er, wie es wahrscheinlich ist, Ende September oder Anfang Oktober wieder in Berlin zusammengetreten ist, auch zwei Verwaltungsmaßnahmen von größerer Bedeutung zu treffen haben. Die eine bezieht sich aus die Handwerksorgaui- sation. Während bereits wegen der Errichtung von Hand werkskammern einleitende Schritte von den Verwal tungsbehörden haben unternommen werden können, mußten die Arbeiten bezüglich der Zwangsinnungen noch ruhen. Es kommt hier zunächst darauf an, ein auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen ausgearbeiteles Normalstatut zur Unterlage zu erhalten, und es wird die Aufgabe deS Bundesraths bald nach seinem Wiederzusammentritte sein, ein solches auszuarbeiten. Die Vorbereitungen dazu sind natürlich innerhalb der zuständigen Stellen der Reichsverwaltung schon lange im Gange, und eS darf als sicher ange nommen werden, daß das Statut eine der ersten Vor lagen für den Bundesrath im Herbste bilden wird. Zit das Statut fertig, so wird man auch an die ZwangSinnungs-Organisation näher Herangehen können. Dabei werden sicherlich noch manche Schwierigkeiten zu überwinden sein, jedoch hofft man, bei allseitigem guten Willen bald darüber Hinwegzukommen. Die zweite größere Ver waltungsaufgabe, die dem Bundesrathe obliegt, bezieht sich auf das Auswanderungsgesetz. Daö Gesetz soll am 1. April 1898 in Kraft treten. Vorher werden einige der im Gesetze dem Bundesrathe übertragenen Aufgaben gelöst werden müssen. Dazu gehört vor Allem der Erlaß von Vor schriften über die Beschaffenheit, Einrichtung, Ausrüstung und Verproviantirung der Auswanderersckiffe, über die amtliche Besichtigung und Eontrole dieser Schiffe, ferner über die ärzt liche Untersuchung der Reisenden und der Schiffsbesatzung vor der Einschiffung, über die Ausschließung kranker Personen, über das Verfahren bei der Einschiffung und über den Schutz der Auswanderer in gesundheitlicher und sittlicher Beziehung. Dazu dürfte aber wohl auch später die Aufgabe kommen, die Mitglieder des sachverständigen Beiratbs zu wählen, welcher dem Reichskanzler zur Mitwirkung bei der Ausübung der ihm auf dem Gebiete des Auswanderungswesens zustehenden Befugnisse zur Seite gestellt werden soll. Diese Wahl brauchte allerdings erst im Winter zu erfolgen. Es wäre aber höchst zweckmäßig, wenn die Ausführunasanweisung zum AuS- wanderungszesetz, schon damit die Interessenten sich darauf FaiiiHetsir. Linksrheinische wandeyiele. Nachdruck verboten. Wer den Rhein in seiner ganzen Herrlichkeit kennen lernen will, der muß ihn im Spätsommer oder im Beginn deS Herbstes aufsuchen; seine majestätische Wasserfülle, die ruhig-lieblicke Anmuth der rheinischen Landschaft mit ihrer schwellenden Rebenpracht auf den Höhen, ihren blühenden Gauen und altersgrauen Städten, ihrer Burgromantik und ihren lebensfrohen Menschenkindern wird ihm dann am schönsten sich offenbaren. Nickt nur die berühmten Strecken von Rüdesheim-Bingen bis Boppard und Coblenz und das Siebengebirge sind deS Sehens Werth; stolzes Gedeihen und Aufblühen wird er überall in den Städten wabrnehmcn. Wer längere Zeit den Rheinlandrn ferngeblieben ist, wird erstaunen über die Wandlungen und Neuschöpfungen der jüngsten Vergangenheit. So ist im „heiligen" Köln die Ringstraße mit ihren Gartenanlagen, ihren Prachtbauten und ihrem Kaiserdenkmal völlig vollendet, der Dom völlig freigelegt, seine Umgebung glänzend umgestaltet, neue Monu mentalbauten, wie die der Reichspost und Reicksbank und der Centralbahnbof, der größte des ContinentS, wetteifern mit den alten Profanbauten, neue Stadtparkanlagen und Hafenbauten sind geschaffen. Noch glänzender ist der Auf schwung von Düsseldorf im Norden, jetzt eine der schönsten und elegantesten Städte Deutschland-, und im „goldenen" Mainz im Süden. Bei Bonn, das mehr und mehr zum Buen Netiro millionenschwerer Rentiers wird, gleich dem benachbarren schönen Godesberg, geht angesichts des Sieben gebirge« die neue feste Rhrinbrucke, die einzige zwischen Köln und Coblenz, der Vollendung entgegen: ein Wunderwerk deutscher Technik mit ihrem mittleren Bogen von etwa 190 m und ihren beiden Seitenbögen von je 100 m Spannweite, dabei fast zierlich in seiner Erscheinung. Ganz in der Nähe liegt Stieltors, da- rheinische Oberammergau, wo gegen wärtig allsonntäglich die Passion-spiele schlichter Bauern dir Fremden von Nah und Fern heranlocken. Aber so viel auch am Rheine selbst zu sehen ist, wir möchten heute die Reiselustigen, die minder ausgetretene Pfade lieben, einmal einige linksrheinische Wanderziele nennen, die im östlichen Deutschland weniger bekannt sind und die doch iberaus reich an Naturschönheiten sind. Nur solche wollen wir anführen, die wir selbst in mehreren jenseits des Rheins verlebten Sommern und Wintern kennen und lieben gelernt haben. Kaum nöthig ist es dabei, auf die Mosel von Coblenz bis Trier hinzuweisen, die sich bereits eines ziemlich großen Touristenstroms erfreut. Stellen, wie Brodenbach mit der Ehrenburg in der Nähe, wie Moselkern mit dem Eltz- thal und der Burg Eltz, Kochern mit seiner renovirten Burg, vor Allem aber die Marienburg bei Alf, von der man die Mosellande und die zahlreichen Schlängelungen der Mosel überblickt, dann Bernkastel, Traben-Trarbach und die alte Nömerstadt Trier sind bekannt genug. Gut thut man, die Bahn, die auS strategischen Rücksichten möglichst gerade ge legt ist und bei Kochern den größten Tunnel Deutschlands (über 4 Kilometer lang) durchfährt, zu verlassen und den Windungen der Mosel zu folgen, an denen in idyllischer Ab geschiedenheit hübsche Städtchen, Dörfer und Burgen liegen und ein guter Tropfen noch nicht so theuer ist, wie sonst — leider GottcS! — die besseren Moselsorten mehr und mehr werden. Aber die Perle der linksrheinischen Lande bleibt für uns immer das Ahrthal, das in seiner großartigen Romantik in ganz Deutschland seines Gleichen suckt. Durch die Bahn von Remagen aus, wo die schöne Apollinariskirche auf eine alte, aber recht schmutzige Stadt stolz berabblickt, führt sie zunächst durch Gegenden, die vielgereiste Naturen weniger reizen können; auch das Bad Neuenwabr liegt noch nicht in dem schönsten Theil deS Abrthals. Aber von dem alter- thümlichen Ahrweiler ab wandelt sich die Scenerie; das bisher breite Thal wird eng zusammengedrängt, schroffe, schwarze Sckieferfelsen treten dicht an den Weg heran, durch Tunnel muß sich die Eisenbahn ihren West schaffen. An dem Kalvarienberg vorbei gelangen wir m den drei Stunden langen Engpaß der Ahr, der von dem weinberühmten Walporz heim (jeder geeignete Zoll auf den Abhängen der Schieserberge ist mit Weinreben bepflanzt) erst recht beginnt. Gewaltige, wilde, groteske Felsformationen dringen auf uns ein, während freundlich die forellenreichr Ahr zu unseren Füßen dahin plätschert und rauscht. So gelangen wir (am besten zu Fuß) über Mayschloß und Lochmühle, bei jeder Windung der Ahr von neuen landschaftlichen Schönheiten überrascht, bis nach Altenahr, dem Glanzpunkt LeS AhrthaleS. Wohl an die 20 Mal haben wir hier geweilt und immer neue Reize an diesem herrlichen Landschaftsbilde wahrgenommen. Hoch oben auf der Ruine Altenahr blickt man weithin in die Lande; ringsum gähnende Abgründe, Felsgezack und Bergkegel, dazu aber die vielfachen Krümmungen eines Silberstreifens im Tkal, der Ahr, grüne Wälder und freundliche Städtchen an die Berge angeschmiegt im Thal. Wechselt man den Stand punkt, so wechselt das Panorama beständig mit uns. Die Bonner und Kölner wissen denn auch Altenahr zu schätzen, und an Sonntagen sind die Hotels des kleinen Ortes über füllt. Auch weiterhin bietet die Ahr wildromantische Land schaftsbilder; namentlich lohnend ist ein Ausflug auf die Nurburg und die aussichtsreiche Hohe Acht (760 m) über Adenau. Nickt zu vergessen ist der rothe, gesunde Ahrwein, den man überall gut und billig erhält. DaS Gebiet der Ahr gehört bereits der Eifel an, die auch sonst eigenartige Landschaftsbilder in ihren Bergen, Wäldern und Maaren (kreisförmigen Seen innerhalb der Bergkeffel) bietet und neuerdings mehr und mehr die Touristen anzieht. Die Babnlinie Köln-Trier und noch besser die jetzt vollendete Linie Andernach-Gerolstein führen in die Nähe ihrer schönsten Partien. Andernach selbst bietet in seinen interessanten mittelalterlichen Bauten, dem Krahren- berg, zu dem eine Drahtseilbahn fübrt, und der idyllischen Reuscher Mühle in der Nähe (Forellenfreunde sollten hier nicht vorübergehen!) Anziehungspunkte genug. Auch der Laacher See, über den wir hier bereits früher schrieben, liegt wenige Stunden von Andernach. In der Eifel selbst ist namentlich Manderscheid durch seine Lage bevorzugt, besten Umgebung alle die bekannten Eigen- tbümlichkeiten der vulkanischen Eifel aufweist. Ferner ist Kyllburg als Aufenthaltsort für längere Zeit zu nennen, dann Gerolstein, bekannt durch seinen Sprudel, durch Offen- bach'S .^Herzogin" und leider auch seil Kurzem durch ein großes Eisenbahnunglück. Mehr nach der belgischen Grenze zu liegt Malmedy, romantisch in einem wilden Bergkessel, bereits bevölkert von Wallonen, die zwei französisch ge schriebene Zeitungen berauSgeben. Nicht weit von hier liegt das einzige Trappistenkloster in Deutschland, aber auch der großartige militairische UebungSplatz und Lager Elsenborn. ^ehr interessant ist eine Wanderung von Malmedy über die belgische Grenze nach Spaa. Ueberhaupt haben die Grenz gegenden manche Schönheiten auszuweisen, so das Thal der Vesdre, die Gileppe mit ihren technisch außerordentlich inter essanten Wasserbauten und dergleichen mebr. Da wir bereit« über die Grenze gerathen sind, so möge bei dieser Gelegenheit den Moselwanderern, die bis Trier gerathen sind, dringend ans Herz gelegt sein, den kleinen Abstecher nach Luxemburg nicht zu versäumen, fall« es ihre Zeit nur irgendwie erlaubt. DaS ganze Großherzog- thum ist ein sehr malerisches Gebirgsland mit vielen inter essanten Punkten; die Hauptstadt Luxemburg selbst hat eine so romantisch-schöne Lage, wie wenige Städte der Welt. Die Luxemburger Eisenbahn wird von den elsässischen Reichs bahnen verwaltet, was diesen Ausflug noch bequemer macht. Höchst interessant, aber im Ganzen noch wenig erschlossen, ist das Thal der Roer, an dem Nideggen liegt. Auch andere Gebirgsflüfse der Eifel, wie die Eltz, haben herrliche Thäler, die erst zum Theil durch den rührigen Eifelverein dem Ver kehr erschlossen sind. Ein Vorzug für Touren in der Eifel ist übrigens bisher noch die Billigkeit der Unterkunft und Verpflegung, die übrigens bei allen hier genannten Wander zielen mehr oder minder zu finden ist. Freilich hat die Eifel auch viel ödes Land, unv die Bewohner fristen meist kärglich ihr Leben, ebenso wie die Winzer in den Weingegenden, die ein schweres ArbeitSloos haben und denen ein gutes Wein jahr sehr zu gönnen ist. Unter dem Druck der wirtschaft lichen Verhältnisse sieht man von Festen bei der Weinlese, von denen der Nord- und Ostdeutsche so gern hört, in den meisten rbeinischen Gegenden jetzt ab; nur ausnahmsweise, z. B. im Rheingau, wird der alte Brauch noch festgehalten. Also auch vom volkswirthschaftlichen Standpunkte auS ist diesen Gegenden ein reicher Fremden-Besuch, der Nahrung bringt, zu wünschen. Es sei noch bemerkt, daß fast überall gute Straßen vor handen sind, daß also auch sür Radfahrer die angegebenen Punkte und Gegenden leicht zu erreichen sind; geradezu ideal sind in dieser Beziehung die Verhältnisse für Radler an der Abr, wo denn auch die Räder, die am Rhein noch verbreiteter sind als bei uns, in großer Zahl auftauchen. Im Uebrigen wollen wir uns mit den obigen anspruchslosen Winken be gnügen; absichtlich haben wir all die Angaben, die Jeder leicht auS guten Reisebüchern entnehmen kann, vermieden. Lediglich darauf kam es uns an, Andere auf Freuden des NaturgenusseS hinzuweisen, an denen wir uns selbst erquickt baden und die sicherlich auch Anderen Genuß bereiten werden. L-».
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