Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.09.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-09-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970906013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897090601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897090601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-09
- Tag1897-09-06
- Monat1897-09
- Jahr1897
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
VezugS-Prei- I« der Hanptexpedttlon oder den km Stadt« b«»irk und de» Bororten errichteten AuS» gobestellen ab geholt: vierteljährlich ^4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Haus 5.59. Durch die Post bezogen für Leuischland und Oesterreich: vierteflährlich 8.—. Dirrcte tägliche Kreuzbandlendung in- Ausland: monatlich 7.50. Di« Morgrn-AuSgabe erscheint um di« Abend-Ausgabe Wochentag- um b Uhr. Nedaclion und Lrve-Mo«: Johanne-gafie 8. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- Abend» 7 Uhr. Filialen: Dtto Klrmm'S Sortiui. (Alfred Hahn), Aniversitätssiraße 3 (Paulinum), Louis Lösche. Datharinenstr. 14, Part, und König-Platz 7- Morgen-Ausgabe. M.Mr TMlilak Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes LeWg, -es Mathes ««- Molizei-Amtes -er Lta-t Leipzig. ^53. Montag den 6. September 1897. AnzeigerrPretS die 6 gespaltene Petitzeile nv Pfg. Reklamen unter dem Rrdartion-strich Da spalten) 50^1, vor d«u Famiiiennachrichte, (8 gespalten) 40^- Größere Schriften laut unserem Preis« verzeichniß. Tabellarischer und Zifferusatz uach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit de« Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderuag 60.—, mit Postbeförderung ^l 70.—. Annahmeschluß für Anreizen: Abrnd-AuSgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Au-gabe: Nachmittags 4 Uhr. Vei den Filialen und Annahmestellen je ein halbe Stunde früher. Anzeigen find stet» an die Expedttta» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig 81. Jahrgang. Amtlicher Theil. Leririrsverein Aontnx, Neu 6. 8eptemdvr 1807. ^dencks '/,7 Ddr iw Lust« äer ersten LürKewekuIe. raxesorcknunx: I. ^nknudms eines neuen dlitAlieckes. II. IVubl äer veioxirten rum äiesjükriKen ^erststuK. III. Referat über äio TuAesoränun^ äes ^errtetu'^es. vr. Dippe, Stellvertreter äes Vorstnnäes. Verdingung. Die Lieferung von 1) 800 qm bearbeiteten Melaphyr-Kopfvflastersteinen frei Bahn hof Teuchern, Lieferzeit bis 10. October cr., 2) 5100 um desgleichen frei Bahnhof Hohenmölsen der Corbetha« Deubener Eisenbahn, welche am 1. November cr. in Betrieb gesetzt werden soll, Lieferzeit vom 1. November cr. bis I. März 1898 zum Neubau der Bahnhofsstraße Hohenmölsen soll im Ganzen oder ge- theilt vergeben werden. Die Steine sollen folgende Dimensionen besitzen: Die Kopfsläche kann ein unregelmäßiges Viereck von 200 bis 300 qem Fläche bilden, in welchem jedoch keine Seite kleiner als 5 om ist, die Seiten flächen müssen auf '/, der Höbe rechtwinkelig zur Kopsfläche stehen, die Fußfläche muß mindestens '/, der Kopfsläche, die Höhe 16 bis 20 om betragen. Schriftliche Angebote mit der Aufschrift: „Pflastersteinlieferung Bahnhofsstraße Hohenmölsen" nebst Probestein sind bis Sonnabend, den 11. September cr., vorm. 10 Uhr an die unterzeichnete Ge- schästsstelle einzureichen. Weißenfels, den 4. September 1897. Die LandcS-Bauinspeetion. Stiidtrtrilder aas Sachsen. Plane» im Vogtlande. - ' Nachdruck verboten, I. Den geistigen und materiellen Mittelpunkt des sächsischen DogtlandeS bildet unstreitig die alte betriebsame Kreisstadt Plauen. Durch manchen Wechsel hindurch, durch schwere Heimsuchungen in Kriegs- und Friedenszeiten haben die Ein wohner derselben durch Thatkraft und festen und unbeug samen Muth den Elementen und Verheerungen getrotzt und diese siegreich überwunden; in allem Wechsel haben sie aber auch neben der Liebe zum engeren Baterlande den deutschen Gedanken gepflegt und bethätigt. DaS rastlose Streben der Bewohner PlauenS würde aber sicherlich geringeren Erfolg gehabt haben, wenn nicht da- «habene Fürstenhaus sowie die weit- und umsichtige Verwaltung der Stadt selbst dem Streben der Bürgerschaft helfend und stützend zur Seite ge standen hätten. Durch das einmüthige Zusammenwirken dieser Factoren ist Plauen DaS geworden, was es zur Zeit ist: der Mittelpunkt des sächsischen Vogtlandes und ein Segen für dasselbe und die angrenzenden Gebiete. Von^der Wahrheit dieser Behauptungen wird man über zeugt wenn man die Geschichte der Stadt und deren industrielle Entwickelung näher inS Auge faßt, was im Nach stehenden geschehen soll. Den Namen verdankt die Stadt ihrer Lage an einer breiten Thalfläche, die der Ueberschwemmuim leicht ausgesetzt ist: denn Plawe, Plawna (Stadt zu Plawe) heißt im Slawischen „eine der Ueberschwemmung durch einen Fluß ausgesetzte Fläche"; in neuester Z-it leitet man den Namen von plsvina, xlavnL ab, waS „Floßplatz" bedeutet. Von solchen verheerenden Wassersluthen berichtet die Chronik mancherlei. Die älteste Nachricht über eine der artige Ueberschwemmung stammt aus dem Jahre 1466; am Montag nach Bartholomäi, den 24. August, „hat sich die Syra also ergossen, daß sich die Bäume und Stege vor das Thor gelegt; das Wasser hat sich also gedämmt, daß es die Schafe über die Stadtmauer geführet". Gleiche Nachrichten sind aus den Jahren 1529, 1610, 1618, 1622, 1648 — von dieser Ueberschwemmung sagt die Chronik: „die Syra ist ganz unvermuthet angelaufen und hat im Syrauer Thor einen Soldaten von der Schildwach mit weggenommen, daß man ihn todt hernach gefunden." 1661, 1709 am 7. Ium Abends 8 Uhr ist bei erschrecklichem Donnerwetter von plötz lichem Regenwetter die Syra dermaßen angelaufen, daß auch beladene Wagen und Thorflügel aufgehoben und hinweg geführt wurden. — 1784 richtete das Hochwasser der Elster so großer Schaden an, daß für die Wassercalamitosen in Kursachsen eine LandeScollecte gesammelt ward, die einen Ertrag von 40 000 Thlr. hatte; auch die Jahre 1827, 1829 und 1830 sind zu erwähnen, die schrecklichste Hochfluth war jedoch die vom Jahre 1834, von welcher Prorector Pfretzschner einen eingehenden Bericht hinterlassen hat. Die von den Gewerken angestellte Untersuchung hat folgendes Ergebniß zu Tage gefördert: „17 Häuser sind gänzlich weggerissen; 15 sind so beschädigt, daß sie ganz oder wenigstens größtentheilS eingetragen werden müssen, und 44 so beschädigt, daß die meisten von ihnen bedeutender Reparaturen bedürfen. Mithin haben 76 Häuser durch diese Wassersluth gelitten." Gewaltige Hochwasser kamen auch in neuester Zeit vor, so am 16. Mai 1887, 21. Mai 1889 und 24. November 1890. Derartige Verheerungen, wie vorstehend geschildert, können zur Zeit nicht mehr vorkommen, da die Syra seit 1886 re- aulirt, und die Berichtigung des Elsterlaufes auf Plauenscher Flur seit einigen Wochen begonnen hat; die Aufwendungen hierfür sind auf eine Million Mark veranschlagt. Die Gründung der Stadt Plauen ist, wie dies ja bei den meisten Orten der Fall ist, nicht genau festzustellen; erst um 1122 tritt sie aus dem Dunkel der Geschichte hervor. In diesem Jahre wußte der Bischof Dietrich I. von Naumburg den mächtigen und reichen Grasen Adalbert von Everstein zu bewegen, daß derselbe für die ihm zu gehörige Herrschaft Dobena in dem Orte Plauen eine Pfarr kirche zu Ehren deö allmächtigen Gottes erbaue. Es ist dies die Kirche, aus welcher nach dem großen Brande von 1430 die Kirche zu St. Johannis bervorgegangen ist. Im 13. Jahr hundert ward Plauen mit Mauern umgeben; zu dieser Zeit war es mit einem Theile des GaueS Dobena in den Besitz der Vögte von Weida übergegangen, eine Nebenlinie nannte sich später „Vögte von Plauen". Der Erste, der sich so nannte, war der Enkel Heinrich'S deS Neichen von Weida; er wie alle seine Nachfolger nannten sich Heinrich, er ist der eigentliche Stifter der „vogteilichen Linie Plauen"; nach diesem und den übrigen Vögten hat die Landschaft den Namen „Vogtland" erhalten. Mit dem Regiment der Vögte beginnt für Plauen eine neue Aera: Plauen wird Residenz der Vögte. Sie erbauen ein festes Schloß, erweitern und be festigen den Ort und erheben ihn in der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts zur Stadt. Durch Errichtung einer Comthurei des deutschen Ordens und eines Dominikaner klosters durch die Vögte gelangt Plauen zu einer doppelten Bedeutung für das Vogtland; vom Schloß aus drang deutsche Herrschaft und deutsches Wesen in die umliegenden Gaue, und vom Kloster ging christliches Leben und christliche Sitte hinaus. Die Vögte von Plauen hatten zwei mächtige Nachbarn, die Markgrafen von Meißen und die Landgrafen von Thüringen; aus Furcht vor diesen trugen die Vögte der Krone von Böhmen um 1327 die ganze Herrschaft Plauen zu Lehn auf. Kaiser Karl IV., der zugleich König von Böhmen war, erklärte die neue Herrschaft Plauen für em erbliches böhmisches Lehn. Unter der böhmischen LehnShoheit blieben die Vögte von Plauen bis 1466. Aus dem kleinen unansehnlichen Orte entwickelte sich.rasch eine ansehnliche Stadt, in der Handel und Gewerbe unter dem -schütze der Vögte erblühten; besonders war es die Tuchmacherei, die sich in den Vordergrund stellte. Durch daS Erscheinen der Hussiten um 1430, die die Stadt belagerten und eroberten und ein fürchterliches Blutbad innerhalb ihrer Mauern ver anstalteten, ward die gedeihliche Entwickelung unterbrochen, zumal durch Brand der größte Theil der Stadt verloren gegangen war. AuS den Trümmern erhob sich nach kurzer Zeit eine schönere und glänzendere Stadt, die 1438 von Kurfürst Friedrich dem Sanftmüthigen erobert ward. Am 9. März 1466 ward Herzog Albrecht durch König Georg von Böhmen mit Stadt, Schloß und Herrschaft Plauen belehnt, aber erst am 2. Mai 1482 fiel den Wettinern die Herrschaft über daS ganze Vogtland rechtlich zu. Die Reformation fand im Jahre 1525 in Plauen Eingang, bis auf die Vertreibung der Dominikaner verlief die Einführung des neuen Kirchenwesens auf fried liche Weise. Kaiser Karl V. erschien 1547 in Plauen mit einem gewaltigen Heere, daS er gegen Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen führte. Der Stadt geschah nichts, wohl aber vernichtete am 14. Mai des nachfolgenden JahreS eine ungeheuerliche Feuersbrunst fast die gesammte Stadt, so daß cS voller zehn Jahre bedurfte, um sie wieder neu aufzubauen. Nach Geutebrück'S hinterlassenem Manuskripte soll daS Feuer am 15. Mai 1548 auf folgende Weise ausgebrochen sein. Er berichtet: „ES hat der Bäcker Georg Cruschwitz einen neuen Backofen gebaut und obgesagten Tages daS erste mahl darinnen gebacken. Indeme nun das Brodt verdorben, ist er darüber zornig geworden und hat geflucht, auch den Un- muthS zu vertreiben mit Etzlichen zu zechen angefangem Zu deme ist auch sein negster Nachbar kommen, Leonhardt Haaß, welcher gleich Wolle gekauft und mit dem Schäffer sich be rauschet. Als sie ein weiteres bei Cruschwitzen gezecht, hat Haaß dessen Büchsen genommen nnd zweymahl nach deS Nachbahrn HauSknopff geschoßen, hernachher zu Hause ge gangen und seine eygene Büchse gcholet, darauf unangesehn CruschwitzIhme davon abgemahnet und gesaget, daß daS schießen in der Statt hart verkokten, den dritten Schuß nach dem Knopf gethan, uff welchen Schuß nach der Nachbahrn und deS ThiirmerS Bericht daS Feuer zugleich in Cruschwitzen'S Hinterhaus angegangen, des NachbahrS HauS gegenüber so- balden auch angcftecket und also überhand genehm, daß S nicht zu löschen ging." In der neuen Stadt regte sich auch bald auf industriellem Gebiete neues Leben; zur Tuchweberei gesellte sich die Baumwollwirkerei, welche durch um ihres Glaubens willen vertriebene Protestanten aus Schwaben und der Schweiz in Plauen eingeführt ward. AuS der Ackerbau stadt entwickelte sich mehr und mehr eine Industriestadt, die vor dem Dreißigjährigen Kriege zu ansehnlichem Wohl stände gelangte; doch dieser vernichtete ihn fast vollständig. Trotz der landesväterlichen und wohlwollenden Fürsorge des Herzogs Moritz von Sachsen-Zeitz konnte sich die Stadt nur langsam von diesem schweren Schicksalsschlage erholen, da die Industrie vernichtet und die Absatzgebiete verarmt waren. Erst im 18. Jahrhundert traten für Plauen wieder bessere gewerbliche Verhältnisse ein, und eine kräftigere, gesunde Ent wickelung zeigte sich allenthalben; besonders gelangte dei W eißbaumwollen-Ind ustrie zu hoher Bluthe, so daß man sogar von einer „goldenen Zeit" reden konnte. Diese günstigen Erwerbsverhältnisse litte» aber in der Zeit von 1806—1815 unter dem Napoleonischen Drucke sehr, und dies um so mehr, als Plauen infolge seiner Lage an der uralten Heerstraße von Süd nach Nord die Drangsale und Bedrückungen in vollstem Maße zu durchkosten hatte. Welche Forderungen in dieser schweren Zeit an die Stadt gestellt wurden, dafür nur ein Beispiel. Am 4. Juli 1809 kam der österreichische Feldmarschall-Lieutenant und verlangte von der Stadt die sofortige Lieferung von 400 Paar Schuhen, 6n Paar Stiefeln, 20 Sohlenhäuten, 30 Oberlederhäuten, 1000 Ellen grober gebleichter Leinwand, 500 Ellen dergleichen feinerer, 300 Ellen groben grauen Tuches zu Mänteln, 800 Ellen feinen dunkelmelirtea oder lichtblauen Tuches zu Beinkleidern, 200 Ellen ordinairen weißen TucheS, 60 Ellen kornblumenblauen, 10 Ellen grasgrünen Tuches, 20 Fudern Holz und 20 Fuder» Stroh. Die zehnjährige Bedrückung und Unrube vernichtete PlauenS Wohlstand zum größten Theile, aber auch nach diesen schweren Bedrängnissen erholte sich die Stadt wieder durch den unermüdlichen Fleiß, die rüstige Ausdauer und den Unternehmungsgeist ihrer Bewohner. Einen ungeahnten Aufschwung nahmen Plauens Verhältnisse durch Anschluß an den Eisenbahnverkehr. Plauen hat zwei Bahnhöfe, mit der auf Plauener Flur liegenden Station Neundorf, die dem westlichen Theile be queme Verbindung schafft, deren sogar drei. Auf dem oberen Bahnhofe gabeln die beiden zweigleisigen Hauptlinien Leipzig- Reichenbach-Plauen-Hof und DreSden-Reichenbach-Plauen- Eger; der untere Bahnhof ist Station der Linie Gera- WolfSgefärth-Weischlitz; diese letztere Bahnlinie ist wiederum eine Verbindungsbahn der Linien Plauen-Eger und Leipzig- Gera-Eichigt-Probstzella. Unweit Plauen verzweigen sich die Hauptlinien mehrfach: in Mehltheuer nach Weida, in Schön berg nach Schlei» und Hirschberg an der oberen Saale, in OelSnitz uach Falkenstrin-Zwickau, in HerlaSgrün nach Treuen und Falkenstein-Klingentbal. Seit drei Jahren wird der obere und untere Bahnhof durch eine elektrische Straßen bahn, die die Stadt durchschneidet, verbunden. ES ist ferner beabsichtigt, die jetzt bereits an der Elster und in deren Nähe bestehenden und die noch entstehenden Fabrik anlagen durch eine Industriebahn zu verbinden zur Er leichterung der Anfuhr von Rohmaterialien und der Abfuhr ihrer Erzeugnisse. Die Verzweigung der Haupt- und Neben bahnen nach allen Richtungen hin ermöglicht cS, von Plauen aus alle bedeutenderen Punkte deS In- und Auslandes schnell zu erreichen und den Austausch der Güter bequem zu bewirken. Die Erbauung resp. Eröffnung der Bahnlinie Plauen-Hof erfolgte 1848, Plauen-Reichenbach 1851, Plauen- OelSnitz-Eger 1874 und Weischlitz-Plauen-WolfSgefärth- Gera 1875. Durch Einführung der Stickmaschine im Jahre 1857 erlangte die in Plauen einheimische Weißwaaren- Industrie einen gewaltigen Aufschwung, der besonders in den Jahren 1871—1874 auch äußerlich zum Ausdruck kam, der aber auch gegenwärtig sich wiederum bemerkbar macht. In den großen Jahren 1870/71 bethätigle die Einwohner schaft Plauens ihren Patriotismus in glänzendster Weise; durch ihre Opfcrwilligkeit wurden nahezu 300 000 durch ziehende deutsche Soldaten verpflegt, ebenso 70 000 gefangene Franzosen. Feuilleton. Die braune MieMah'. Wiener Skizzenblatt von Günther von Freiberg. Nachdruck vrrbotrn. Der Duft des FrührotheS lag über der schönen Kaiser stadt am Donaustrand. Noch waren die Straßen ziemlich menschenleer; außer halbvcrschlafcnen Bäckerjungen und be- bäbig einherschreitenden Milchfrauen hatte der thaufrische Iunimorgen Niemand in's Freie gelockt. Ungestört hielten Amseln und Finken ihr erstes Concert auf den Bäumen und Gebüschen, welche die Schottenbastei umgaben und sich über die ganze Roßau bis an das Liechtcnstein'sche Sommerpalais erstreckten. Verwundert blickten Straßenkehrer und die nach und nach austauchenden Fiakerkutscher einem Fußgänger nach, der eiligsten Schrittes aus der Schwarzspanierstraße dem Schotten- tbor zueilte, — offenbar ein feiner Mann, sehr sorgfältig ge kleidet, das Haar nach der neuesten Mode ungepudert und rund geschnitten, zwei goldene Taschenuhren mit zierlichen Berlocken zu beiden Seiten der Weste. „Wenn das böhmische Murmelthier nur zu erwecken ist", brummte er in sein blütbcnwcißeS Moussclinhalstuch hinein, über daS unregelmäßige Steinpflaster gleichsam fliegend und eine Kärntner Ocbstlcrin fast über den Hausen rennend. „Er dalketer Grobian!" zeterte das Weib, der Herr je doch hastete weiter und erreichte bald ein Hobes HauS mit schmaler Front auf der kleinen Terrasse der Schottenbastei. Unter der HauSthür stand die freundliche Zimmervermietberin Fran „von" Hecht, in deren saubere Schürze der ,,Bäc5' ein Dutzend knusperiger Kipfel schüttete. „ServuS", grüßte der wohlgekleidete Herr, „schläft unser Trompeter noch?" „Iessas, Marand Joseph", ries die Angeredete und ließ vor Ueberraschung ihre Kipfel beinah zur Erde fallen, „ob der noch schlaft!? Na, bören'S, Herr Baron, dös iS aber sehr ag'spaßige Frage! Vor neun Uhr darf ich dem Herrn von Trompeter nie den Kaffee bringen" . . . „Hilft nix", entgegnete Baron van Swieten, „heut klopf' ich ibn 'raus!" „Ujekerl, Herr Baron!" Drei Stufen auf einmal nehmend, stürmte der unzeitige Besucher die Treppe empor, schlängelte sich durch eine kleine Küche und einen schmalen Cvrridvr bis vor eine GlaSthür. die von innen verhängt war, nnd klopfte herzhaft an . . . „Lieber Punto, entschuldigen Sie den Uebcrfall, aber ich muß Sie sprechen . . . unverzüglich . . . wichtig." Keine Antwort. „Mensch! Geschöpf! — bitt' Sie, machen's auf! ich bin's, van Swieten, dero Freund und Verehrer; ich, der alte Conservator der kaiserlich-königlichen Bibliothek und Wiens größter Musik-Narr!" Nichts regte sich. Van Swieten begann mit einer etwa» eingerosteten Barytonstimme zu singen: „Horch auf den Klang der Zither und öffne mir daS Gitter" . . . „Zum Donnerwetter", ließ eS sich jetzt hinter der GlaS- thür vernehmen, „wo brennt es denn?" „Na, meine Schuld iS' nit", zeterte in der Küche die Hechtenfrau. „Baron, daS ist eine Infamie, den Giovanni Punto vor Tagesanbruch berauSzutrommeln", — mit diesen Worten riß ein junger Mensch im Hemde, einen Schlafrock um die Schultern geworfen, die Thür seines Zimmers auf. „Bravo", sagte van Swieten, bei dem berübmten Hor nisten Wenzel Stich, der sich Minto nannte, einlretend . . . „Sie müssen nämlich f-s-rt^uit mir nach Heiligenstadt hinaus zum göttlichen Beethoven." Wie versteinert stand jetzt der Prager Virtuos, den seine Zimmerfrau nie anders als den Herrn von Trompeter nannte . . . „Beethoven?" fragte er, noch wie im Traum, „ist er denn krank?" „Tausendmal schlimmer: verliebt ist er, verliebt bis zum Wahnsinn" . . . „Acb, geben's, wann'S weiter nix ist", brummte Punto unwillig, sich wieder auf sein Lager werfend . . . „Und WaS könnten wir Beide dawider thun? Schauen'-, goldenstcr Baron, Sie wissen'- doch am besten, daß unser Sonaten- Iupiter der passionirteste Mensch von der Welt ist" . . . Punto summte in langgezogenem Tremulo: „A — de — la — ide", legte sich gemächlich auf'S Ohr und schickte sich an, wieder einzuscklafen. „Himmel Laudon, — Sie Schlafratz, Sie! Geschwärmt hat Meister Ludwig freilich von jeher, — und er soll'- auch ferner thun, denn das begeistert ihn zum Compvniren, — aber da plagt ihn auch eins der Teufel und verblendet ihn: heirathen will er, Beethoven, der Uebermensch! Und wen? ein total unwürdige», hergelaufenes" — Die Frau Hecktin trat ein und servirte den Kaffee . . . „Wohl bekommt Ew. Gnaden", sagte sie zum Baron . . . „Trinken'S, Herr von Punto", redete sie freundlich ihrem Zimitkerberrn zu. Und Letzterer ließ sich in der That herbei, den trefflichen BelebungStrank zu schlürfen. Ein Gleiche thal van Swieten, ohne indessen ruhiger zu werden. Er fuhr fort, in abgerissenen Sätzen bald elegisch, bald heftig zu klagen und kam immer wieder ans die Behalwtung zurück, ein Böhm' sei ja findig, und deswegen müsse Punto nölens volons helfen, wo Gefahr im Verzüge sei. „Wenn ich nur begriffe, WaS Sie eigentlich beabsichtigen", erkundigte sich Giovanni, vulgo Wenzel, sein Gesicht mit kaltem Wasser bespülend, die TitoSfrisur mit dem Kamm in Ordnung bringend und nach und nach in seine Kleidungs stücke fahrend. „Ja, caro »mico", erwiderte van Swieten, dem Virtuosen in seinen leberfarbenen Rock hineinhelfend, „daS weiß ich selbst noch nicht genau. Wir müssen sehr behutsam zu Werke gehen . . . eS handelt sich vor Allem darum, Beethoven all dem verflixten Neste zu entfernen . . . Na, unterwegs wollen wir einen gescheidten Plan entwerfen." In der Eile und Ueberstürzung fragte Punto nicht einmal, wer denn daS neue Idol des großen Musikreformators sei; halb betäubt durch die frühzeitige Störung, folgte er dem adligen Gönner in einen Fiaker; und nun ging eS durch die stärkende Morgenluft auf der Döblinger Straße dahin, über die Hohe-Warte nach dem Wiesenthal von Heiligenstadt. Die Fahrt batte keine volle Stunde gedauert, al« der Kutscher in das idyllische Dorf einlenkte. Hier mußte langsam ge fahren werden, weil den Wienern eine Heerde Kühe ent gegenkam. Da stieß van Swieten ein überraschte- „Oho" aus. Da leichte Gefährt, vor dem schwerwandelnde» Hornvieh auS- biegend, streifte fast eine Gartenmauer; über dieselbe neigte sich ein Kastanienbaum voll röthlicher Blüthen; auf einen- seiner Aeste saß rittlings ein blutjunges, rosigbraunes Dirndel mit lachenden Augen und krausem Lockenhaar. . . „Aber Miezerl, WaS treibst denn da oben?" rief halb scheltend, halb lachend van Swieten, mit dem Finger drohend . . . Hui, sprang daS wilde Ding im kurzen Röckchen aus ihrem luftigen Versteck auf die^Straße hinab, gab rechts und link» den Kühen einen leichten Schlag mit flacher Hand und schwang sich federleicht hinten auf den Wagentritt. . . Dan Swieten scherzte mit ihr . . . ihre Antworten bestanden nur in einem silberhelle» Gelächter. Giovanni Punto aber sagte auf Italienisch: „Benn ZeuS, diese» Hexenkind ist verführerisch . . ." „Ich habe die Ehre", antwortete van Swieten im selben Idiom, „Ihnen die zukünftige Madam van Beethoven vor zustellen . . ." Da» Mädchen warf eine Handvoll Federnelken in den Wagen, sprang vom Tritt hinab und lief querfeldein. Der dreißigjährige Ludwig van Beethoven, den die Kaiser stadt seit acht Jahren barg, und zwar während deS Winter» im gastlichen Hause de» Fürsten LichnowSky, Beethoven hatte auf wahrhaft napoleonische Weise sämmtliche berühmte Clavierspieler auf- Haupt geschlagen und durch sein eigenes wunderberrlicheS Spiel bezwungen. Ebenso entschieden machten gegenwärtig seine Compositionen Epoche. Die „Path-tique" war bereit- populär, nnd schon entwarf der Meister die Skizzen zur „Eroi'ca". Aber während er in Tönen schilderte, wie der Siegesjubel alles Dunkel, allen Widerstand de- Leben« überflügelt, ängstigte ihn mehr und mehr der „Dämon in seinen Ohren", wie er sich au-drückte, nämlich jene unselige Schwerhörigkeit, die er sich vor Jahr nnd Tag durch eine selbstverschuldete heftige Erkältung zuzezogen batte, die Furcht, ganz taub zu werden, bereitete ihm bittere Stunden, allein gleichzeitig war eS die Hoffnung auf Besserung, welche ihn zurückhielt, menschenscheu und melancholisch zu werden. Alle feiner fühlenden Herzen, namentlich die der Frauen, schlugen begeistert für diesen Shakespeare der Tonkunst, und der pocken narbige „garstige" Mann mit der Löwenmähne und den sinster- blickenden Augen hatte mehr al- einmal Eroberungen gemacht, um die mancher Adoni» ihm beneidete. Brauchte Beethoven doch
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite