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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.09.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-09-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970914029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897091402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897091402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Textverlust bei Titelblatt
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-09
- Tag1897-09-14
- Monat1897-09
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Extra-Beilage» (gesalzt), nur mit de» Morgen-Ausgabe. ohne Postbesörderunz VO.—, niit Poslbejörderung 70.-- Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Riorge n-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. V»i den Filialen und Annahmestellen je eia» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. -0—0- Druck and Verlag von E. Polz in Leipzig Jahrgang. Dienstag den 14. September 1897. Politische Tagesschau. * Leipzig, 1t. September. n wir, denen die Forderung einer staatlichen Gewäbr- für Private Erwerbseinkommen gänzlich fern liegt, i Beschlüsse des Dresdener Landwirthschnftlichcn schaststags, die Errichtung landwirthschast- Xüllerei- und Bäckereibetriebe anzustreben, rung gezogen (s. d.Polit. TageSsch. in unserer Abeiid- vom 30. August), daß dort der „Mittelstands che" Gedanke zu Grabe getragen worden sei, so ist eS ändlich, daß die „zünsllerisch" gerichteten Handwerker Eindruck erst recht nicht entziehen konnten. Die „Deutsche kerzeitung", daö Hauptorgan der letztgenannten läßt renn auch an den Bund der Landwirthe, den ater des „Mittelstandspartei"-Einfalles — der Baler ntisemitismus — eine sehr entschiedene Absage er- shr erregter Ton wird hinreichend erklärt durch die mit der der Bund der Landwirthe in einem der rkerzeitung" zugesandten Artikel das verleugnet, was le in Dresden mit beschlossen haben. Es findet sich l Artikel die windige Phrase, die Selbsthilfe bis enze der Möglichkeit sei die Pflicht der Land- ie dürfe aber nur soweit gehen, als dadurch die berechtigten Erwerbs- und Gewerbszweigc nicht ge- würden. Die „Deutsche Handwerkerzeitung" ant- in: Manöver der Herren Bäudler wird dem wirklichen Kenner wisse nicht einen Augenblick die wahren Ziele der Agrarier können. Ob der Bund der Landwirthe selbst jenen des Dresdner landwirthjchaftlichen Genossenschastslages hat, darauf kommt cs gar nicht an. Tas Organ ber och und Genossen hat bereits vor mehr als Jahresfrist htung einer westdeutsche» lanLwirlhschastlichcn Brod- --Genossenschaft (wenn wir nicht irren) förmlich rhinnng empfohlen, die Vereinigung mecklenburgischer e hat in Berlin Läden mit Fleischwaaren errichtet - kurzum der Mittelstand, Las genarrte Handwerk hat erregten dicken Nebel hindurch deutlich erkannt, daß die er Herren Vündler eben zu nichts weiter dienen, Ivie den en Raubbau" vertuschen zu Helsen. In der Praxis ndlich — ans dem Papier und in Worten „darf die be- ielbslhilse mir Io weck gehen, als dadurch die anderen i Erwerbs- nnd Gewerbszweige nicht geschädigt werden", icht übel, denn so viel Worte so viel Mumpitz. Demnach :r, Bäcker, Fleischer, und nach einem ganz kürzlich im h" erschienenen nnd vom „Leipz. Ta gebt." schwächlich igten Artikel auch Dachdecker keine berechtigten - resp. Gewerbszweige „Aber wir wollen den : Wege weisen. Mögen sie sich die Taschen volljacken, so nnen — ihre Tiraden über ihr Eintreten für das Wohl ftandes aber sind nichts als — längst durchschaute Ma- ian ist ja dort jetzt daran, eine „Zeitung für Len Mittel- d. h. also, man hält den abgelagerten Bockmist der Tageszeitung" für die dummen Handwerker gerade ans- nn diese im Nebel erhalten zu können — herauszugeben, känner, die ihren im Handwerkerstande bekannten ehrlichen izu hergeben, die „Plattenzeitung für den Mittelstand" zu machen, die hat man noch nicht gefunden. Nach > noch eifrig gefahndet. Nun, auch die „Plattenzeitung littclstand" wird, gerade so wie das bnndlerische Haupt- Handwerkerstände keinen Schaden anrichten, denn der weiß >e, woran er ist." entschiedenere Absage läßt sich kaum denken. Wir ur wünschen, daß sich durch sie die Handwerker eiten lassen, ihren Groll auf die gesammte Fand st zu übertragen, die im Bunde der Landwirthe :n Organen so ungeschickte Vertreter hat. WaS den Ausfall betrifft, den die „Deutsche Handwerkerztg." bei ihrer Absage an Len Bund nebenher gegen das „Leipziger Tagbi." richtet, so ist er freilich nicht viel geschickter. Wir batten mit dem „Landwirth" gegen die „Dachdecker-Zeitung" das Recht der Bauern, ihre schadhasten Dächer selbst anszubessern, vertheidigt. Die Schlußfolgerung, daß damit dem Dackdcckergcwerbe die Berechtigung abgesprochen sei, werden wir als berechtigt nur dann anerkennen können, wenn die „Deutsche Handwerkerzeitung" nachweist, daß cs" eine Preisgebung Les Tüncher-, Schneider- und Klempnergewerbes ist, wenn ein kleiner Müller in freien Tagen eine Wand tüncht, eine Bäckermeisterin ihrem Manne einen Hosenknopf annäbt und ein Fleischer den verbogenen Brenner einer Petroleumlampe wieder zurechtklopft. Der socialdemvkratischc Parteitag für die Provinz Brandenburg, der vorgestern in Berlin tagte, Hal zu der Frage der Bctheiligung der Locialdemokratie an den nächsten LandtagStvahIc» in Preußen Stellung genom men und sich sür Aushebung des seiner Zeit in Köln ge faßten Beschlusses entschieden, der die Betheiligung als schwächliche Eompromißmacherei und Verwässerung der Partei- principien behandelte. Die Bersammlung gab verschiedenen führenden NeicbstagSabgeordneten Gelegenheit, die in der Partei herrschenden Meinungsverschiedenheiten drastisch zum Ausdruck zu bringen. Noch widerspruchsvoller aber als die Ver handlungen selbst war der Wortlaut des Beschlusses. Danach hat ein „Eandidat der bürgerlichen Opposition" Bedingungen zu erfüllen, von denen die erste lautet: Einführung LeS direkten geheimen Wahlrechts sür alle Wahlen, an denen die social demokratische Partei sich betheiligt". Für die „branden burgischen Genossen" kämen dabei die Berliner Gemeinde wahlen in Betracht, sür welche von der „bürgerlichen Oppo sition" die zunächst stehende Gruppe, die freisinnige Volkspartei, sich zu verpflichten hätte, die Einführung des ReichStagSwahlrechtS zu verlangen. Wie sich aber aus den Verhandlungen des eben stattfindenden freisinnigen Partei tages ergiebt, denkt selbst die freisinnige Partei nicht daran, aus diese Weise ihre communalen Hochburgen dem demo kratischen SocialiSmus auszulieferu. Unter diesen Umständen werden sich die Socialdemokraten bei de» „Forderungen", gegen deren Erfüllung ihre Unterstützung zu ya^c.i ist, ,ogar dem Freisinn gegenüber, auf den sie bere'lS sicher rechnen, noch viel Anspruchslosigkeit aneignen müssen. Die FrauzüSliuge in Belgien und die Pariser Ehauvi- uisten sind ganz aus dem Häuschen. Die belgische Negierung lehnt eS ab, amtlich an der Feier der Enthüllung des Denk mals der französischen Soldaten in Tournai theilzunebmen. Die Brüsseler „Chronique" ist empört über die Rücksichts losigkeit der Regierung, mit der sie die „heiligen Gefühle der Dankbarkeit Frankreich gegenüber" verletzt. Der Pariser „Jour" erklärt diesen Beschluß für eine Beschimpfung Frankreichs nnd fügt hinzu: „ES ist klar, daß der König Leopold und seine Regierung, die nur Bediente des deutschen Kaisers sind, sich nicht bctheiligen können au einer Eeremonie, die bestimmt ist, an die thatsächliche und sehr einfältige Mitwirkung Frankreichs an der Errichtung LeS unabhängigen Belgiens zu erinnern." Da gerade von der belgischen liberalen Presse die von Belgien an Frankreich geschuldete Dank barkeit betont wird, so ist eine Unterredung interessant, die dieser Tage der Brüsseler Correspvndent des katho lischen „Bien Public" mit einem belgischen Diplomaten über das russisch-französische Bnndniß halte. Der Diplo ¬ mat weist unwiderlegbar nach, daß Frankreich schon seit 1815 und besonders unter Karl X-, Louis Philippe und Napoleon III. alle Mittel aufgeboten hat, sich Belgien nnd Luxemburg anzueignen. Belgien müßte daher das russisch französische Bundniß sehr mißtrauisch ausnehmeu, wenn der Schlüssel des Bündnisses in Paris und nicht in Petersburg wäre. Wäre Rußland die Geige und Frankreich der Geigen spieler, so würde Frankreichs erste Sorge sein, sich die Ge- bielsentschädigung, die es seit 80 Jahren träumt, zu schaffen und Belgien zu verschlucken. Es wäre Zeit, daß der französische Anhang in Belgien diese verständigen Beobach tungen beherzigt. Nachdem die englische Presse in der letzten Zeit auf den feindseligsten Ton gegen Deutschland gestimmt gewesen — Anlaß gab das feste Auftreten der deutschen Diplomatie in der griechischen Kriegsentschädigungsfrage und die völlige Vereinsamung Englands durch den festeren Zusammenschluß Frankreichs und Rußlands —, zieht sie, die conservative so wohl wie die liberale, jetzt plötzlich mildere Saiten auf und versucht durch „freundliches Entgegenkommen", durch eine gewisse „Nachgiebigkeit" unsere Freundschaft zu gewinnen. Ankuüpfeud an die von verschiedenen Seiten kommende Nach richt, Laß in der Kriegsentschädigungsfrage ein Ausgleich er zielt worden sei, d. h., daß England sich dem deutschen Sland- punct nothgedrungen angeschlossen hat, schreiben die „Daily News": Wenn gegen Deutschland uiigerechterweise der Verdacht erhoben worden sei, daß eS einem Ausgleich im Wege flehe, jo sei die Ent schuldigung in den: bitter» Tone desjenigen Theils der deutschen Presse zu finden, der das europäische Concert als eine Vereinigung der Mächte gegen das „perfide Albion" darstelle. „Daily News" beklagen, daß em Theil der Presse zu einer Zeit, wo die Bestrebungen der Mächte auf friedliche Ziele gerichtet seien, auf Ausstreuung internationalen Hasses ausgehe, und sagen: Wir, die „Daily News", haben niemals zu denen gehört, die über Deutschlands Bestehen auf Len Ansprüchen der Gläubiger geklagt haben, »och haben wir verfehlt, die Gerechtigkeit der ForderungTentschlands anzuerkennen, daß Griechenland die finanziellen Bürgschaften geben solle, die zu per- langen seine Verleugnung der früheren Verpflichtungen den Mächten ein Recht gab. „Standard" schreibt, Salisbury's Aufgabe werde nicht dadurch erleichtert, daß angedeuter werde, diese oder >ene Macht verfolge Ziele, -die mit Leu gerechten Ansprüchen der Türkei oder t en wahren Interessen Griechenlands nichts gemein hätten. Uebrigens sei die Verbitterung wohl auf beiden «eiten ziemlich gleichmäßig. Wie es sich damit auch verhalten Möge, es sei hohe Zeit, daß auf beiden Seiten ein milderer Ton und ein unparteiischerer Geist gezeigt werde. Der „Standard" glaubt nicht, daß in Eng land Neid über Deutschlands Fortschritte in Handel und Gewerbe bestehe. Was den politischen Widerstreit betreffe, so sei dafür kein wirklicher Grund vorhanden. Der „Standard" kann sich keinen Zustand in Enropa vorstrllen, in dem Deutschland und England in entgegengesetzten Lagern zu finden sein würden. Warum solle man alsdann nicht in Friedenszeiten sich gegenseitig als Freunde behandeln? England könne vergeben, wenn auch nicht vergessen, was in den letzten zwei Jahren vorgekommen sei.- Uebrigens könne keine Natron sür die Weisheit, das Taktgefühl ihrer Herrscher oder all ihrer Bürger verant wortlich sein. Wenn die Deutschen doch lesen möchten, was ewige englische Schriftsteller über manche ihrer eigenen ausgezeichneten Lands- leute schrieben, so würden sie weniger Gewicht auf die Kritiken legen, die die wahren Gefühle des englischen Volkes nicht darstellten. Derartige Anbändclungsversuche, die sich in fast regel mäßigen Zwischenräumen folgen, haben wir schon wiederholt charakterisirt. Wir wollen heute dem „Standard" nur Folgendes erwidern: Den scharfen Ton hat nicht die deutsche, sondern die englische Presse zuerst angeschlagen und zwar in höchst beleidigender Weise anläßlich der Kaiserdepesche an den PräsidentenKrüger,und der„Standard"schleudert, indem er uns versöhnen will, eine neue Beleidigung infamster Natur über den Canal herüber, indem er die deutsche „Nation" gegen ihren „Herrscher" auSzuspielen sucht, während er früher bekanntlich das umgekehrte Verfahren einschlug und die Sache so dar stellte, als befinde sich der englandsreundliche Kaiser Wilhelm in direktem Gegensatz zu seinen englandfeindlichen Unterthanen. Wenn der „Standard" behauptet, eS sei kein Grund zu politi schem Widerstreit zwischen England und Deutschland vor handen, so sind wir anderer Ansicht. Es ist eine Heuchelei, wenn daS Regierungsblatt heute sagt, eS glaube nicht, daß in Eng land Neid über Deutschlands Fortschritte in Handel unv Gewerbe bestehe, denn daS Gegentheil pfeifen in London die Spatzen von den Dächern, und wie oft haben competeifte englische Stimmen eS ingrimmig constatirt, daß Deutschland „Volldampf roran" sei. Auf colonialem Boden tritt England uns überall, wo wir mit ihm Zusammentreffen, auf die Füße. DaS wissen wir am besten! Höchst arrogant, aber lächerlich zugleich ist es, die Kritiken englischer Schriftsteller an englischen „ausgezeichneten Landsleuten" mit den gemeinen Jnvectiven auf eine Linie zu stellen, die die öffentliche Meinung Englands sich gegen den höchsten Repräsentanten des deutschen Volkes hat zu Schulden kommen lassen. Wir haben daher nicht den geringsten Grund, englische Verzeihung zu erflehen, das Um gekehrte ist der Fall. Die liberalen „Daily News" befleißigen sich im Vergleich zu den heuchlerischen Expektorationen des „Standard" einer weit vernünftigeren Sprache, aber sie sind führendes Oppositionsorgan und würden sofort in den Ton der Regierungspresse verfallen, wenn die Liberalen ans Ruder kämen. Es scheint, als ob der jüngste, nicht ganz unbedeutende Wafsenerfolg der cnbanischc» Insurgenten dar Kriegsfieber des amerikanische» Jingothums plötz lich bis zur Siedehitze gesteigert hätte. Die Extremsten der Extremen phantasiren gar schon von etwa binnen Monatsfrist zu gewärtigendem Ausbruche der Feindseligkeiten zwischen den Vereinigten Staaten und Spanien. ES ist zuzugebcn, daß eine ganze Menge von Leuten in Amerika lebt, die ein handgreifliches Interesse an der Ablösung der spanischen Herrschaft über Euba durch Pie amerikanische haben, aber diese Leute üben keinen Einfluß auf den Gang der Washingtoner Politik. Trotz aller Ruhmredigkeit ist der Durchschnittsamerikaner ein viel zu gut rechnender Geschäfts mann, um sich nicht zu sagen, daß die Annexion Cubas eine sehr unsichere Spekulation ist, deren Kosten den möglichen Ge winn erheblich übersteigen, da man nicht erwarten kann, daß Spanien sich seines cubanischeu Besitzes auS freien Stücken entäußern werde, und eS auf einen Krieg mit Spanien an kommen zu lassen kein amerikanischer Politiker riSkiren wird. Ohne Zweifel verfügt die amerikanische Union über ungeheuere materielle Hilfsquellen; aber da sich weder ein Heer noch eine Flotte imprvvisireu läßt, nnd Amerika einstweilen weder übcr jenes noch über diese verfügt, so muß schon um des willen der Kricgslärm der Jingoblätter als bloße Spiegel fechterei bezeichnet werden. Im Vergleich mit der amerikanischen ist die spanische Flotte ein weit überlegenes KricgSinstrument, und mit bloßen Rodomontaden werden weder Schisse gebaut, noch Docks angelegt, noch Kriegsschiffsmatrosen ausgebildet. Für einen Krieg, derI den Spaniern von Amerika ausgezwungcn würde, der also von dem provo- cirenden Theilc offensiv geführt werden müßte, mangeln alle Voraussetzungen eines günstigen Erfolges. Amerika hat ohnehin mehrere sehr triftige Gründe, sich nicht noch mehr Fe»»iHeton. „Und wann befehlen Euer Excellenz?" „Nun, sagen wir Dienstag; Dienstag haben wir Empfang, und Sie werden in Folge dessen viele Leute bei mir finden. Also " „Ich werde nicht verfehlen, meines verehrten Gönners würdig zu erscheinen." „Nein, nein, so meine ich cs nicht. Nicht meiner, sondern Ihrer selbst würdig, Herr Hartwig. Sie sollen mir außerdem auch noch mehr als von Ihrer Familie erzählen." Herr Hartwig verbeugte sich mehrere Mal. „Also auf Wiedersehen!" Der Abschied gestaltete sich indessen doch verwickelter, als man hätte annehmen sollen. Fräulein Georgette war mit ihrer Komödie noch nicht zu Ende und wollte gleicksallS als letztes Ziel eine Einladung zu Tisch gewinnen. Sie hatte nickt Worte genug, um die echte Künstlersckaft, daS be deutende Können, die Gefühlstiefe, Technik, Farbengebung rc. ihres tbeueren Freundes, deS lieben, guten Hartwig, ins rechte Licht zu setzen; sie lobte ihn sozusagen nach allen Dimensionen; aber — vergeblich; die Einladung ließ für diesmal auf sich warten. Indessen tröstete sie sich schließlich damit, daß der Besuch ihres Gönners, Don Salvatores, in ihrem Atelier vielleicht doch eine Einladung nach sich ziehen würde. Die Herrschaften verließen endlich die Dachkammer deS Künstlers, und von Stund' an war der bis dahin gänzlich unbekannte, obscure Maler — eine Berühmtheit, eine be deutende Existenz, ein gesuchter Freund und Protektor aller derjenigen Collegen und Colleginnen, die ebenfalls von dem Weizenkönig, der so fürstlich zahlte, besucht sein wollten. Der ganze Vorgang hatte nur wenige Minuten in An- Sinter ihr ging nch genommen und als Graf Victor dann wieder auf die Augen vom W . r (P,... ..... ....... wieder Geld in der Tasche! DaS Gefühl, ohne Mittel zu natürlich mehr ans die Tochter als auf die Mutter, und cs Götzendienst. loman in zwei Theilen von Woldemar Urban. Nachdruck verboten. Hartwig zuckte die Schultern, dann seufzte er und er konnte ich daran nichts ändern, und meine Ge- dijrften noch weniger in der Lage sein. Will's der so kann ich nun in Zukunft daö Härteste von Zater abwenden." Aracias that, als habe er unter der Hitze sehr zu ederholt fuhr er sich mit dem Taschentuche über die igens", sagte er dann wieder, „überlegen Sie sich al, es wäre mir angenehm, zu dem Bilde Cap artin ein Pendant zu besitzen. Vielleicht können einen dazu passenden Vorwnrf besonders empfehlen, de Ihnen natürlich denselben Preis zahle» wie für ld." Maler trieb der freudige Schreck Thräuen in die »eil- aus Rührung über die glänzende Umgestaltung b vor wenigen Augenblicken so trostlosen Lage, theils kbarkeit für die Forderung nnd Anspornung seiner hcn Thätigkeit. n Sie gestatten, Excellenz", erwiderte er bebend, h Ihnen schon in den nächsten Tagen Vorschläge für unterbreiten. Einstweilen muß ich eS dabei be- zffeu, Ihnen meinen ergebensten Dank für den Auf- ^usprechen und Ihnen zugleich die Versicherung zu iß ich mit dem ganzen Einsatz meines Könnens und rast an die Ausführung gehen werde. Haben Sie durch Ihre Güte und Ihr Interesse neues Blut S Leben eingeslößt." n gut, Herr Hartwig, vielleicht speisen Sie auch ei mir. Aber bitte", fügte Don GraciaS lächelnd )mmen Sie in Gesellschaftstoilette — ja?" llenz ", stotterte der Künstler, verwirrt seinen , abgetragenen Anzug überblickend. sage Ihnen das nur in Ihrem Interesse; ich möchte i Fall, daß ein Künstler in meinem Hause über die gesehen wird." Die Situation des Grafen Victor wurde mit jedem Tage unerträglicher. Er wußte sich zwar von Sckulden — ab gesehen von den paar hundert Francs im Hotel — frei, aber dennoch drückte ihn daS Gefühl schwerlastend nieder, daß er so ganz und gar ohne Mittel dastand. Er war auf dem Puncte jetzt angelangt, daß er nicht einmal mehr einen Wagen bezahlen konnte, um von einem Orte zum anderen zu gelangen. Wenn es sonst einmal einem gewöhnlichen Sterblichen auS Versehen, aus Leichtsinn am nöthigen Klein geld gebricht, so weiß er sich meistens dadurch gegen diese eigenthümlichc Geld Schwindsucht zu sichern, daß er möglichst seinen Aufwand einschränkt, daß er neue Mittel herbeizu schaffen bemüht ist, daß er irgend etwas unternimmt, daß sein, war ihm doch zu jämmerlich, zu entwürdigend gewesen. Freilich, die fünftausend Francs waren nur, wie mau zu sagen pflegt, ein Tropfen auf einen heißen Stein und seine Schwierig keiten waren im Grunde dieselben geblieben, nur auf einige Zeit hinauSgeschobcn. Aber er nannte doch wieder etwas sein und wenn er auch bei dem ganzen Geschäft nicht allzu viel erlangt, so hatte er doch wenigstens Zeit gewonnen und wenn auch ein Graf Victor weder sich in seiner Lebens führung einschränken, noch für Geld arbeiten konnte und wollte, so blieben einem Manne von seinem Stande immerhin noch andere Hilfsmittel, deren andere Menschenkinder ge wöhnlich entbehren. Wäre eS nicht mit der Zeit möglich, sich durch irgend einen Contract und wäre cs selbst ein HeirathScontract, wieder in eine Lage zu bringen, die seiner Stellung nach jeder Richtung hin entsprach? War Derartiges nicht schon hundert und tausend Mal vorgekommen? Was verschiugen denn am Ende auch alle die hochgeborenen und idealen Begriffe, die man ihm in seiner Erziehung, in seinem Leben eingeimpst hatte, wenn sic schließlich doch nur mehr oder weniger unmittelbar in den Tod führten? WaS nützte ihm auch Camilla mit all' ihrer Schönheit und Liebe, wenn das gute Kind kann: etwas zu essen, geschweige denn nicht einmal Geld batte? Leben wollte er, leben und immer wieder leben — — — und so wurde Graf Victor zum Speculanten. In seinem Aeußeren brachte daS freilich fürs Erste keine Wirkung hervor; er blieb derselbe vornehme, tadellos corrccte Gras zu Kreuz. Und daS Innere? — Nun daS Innere, sah ja nur er — wie er glaubte — und Niemand sonst. Die seelischen Verwüstungen, die sich mit rapider Geschwindig keit vollzogen, die Corruption seiner Anschauungen und Grundsätze erschienen ihm unwesentlicher, unwichtiger wie rum Beispiel das Parfüm seines Rockes oder der Duft deS VeilckensträußchenS, daS er soeben auf der Straße kaufte und inS Knopfloch steckte. Noch damit beschäftigt, hörte er, wie plötzlich dicht hinter ihm ein Wagen augehalten wurde. „Herr Gras! Herr Graf!" rief eilig und hastig eine wohl bekannte Stimme. Er kehrte sich um und sah, wie Frau CvurcelleS hochroth vor Aufregung aus dem Wagen stieg und aus ihn zuschritt. ---- ----- ih,e Tochter Camilla, auffallend biaß, die Zeinen gerötbet, aber mit eizenthümlicher Schärfe stechend und fieberisch aus ibn gerichtet. Er sab er schließlich arbeitet. DaS Alles aber kam bei einem Grafen zu Kreuz in Wegfall. Er konnte nie und nimmer wie die Gevatter Schneider und Handschuhmacher „krumm liegen" und nun gar etwa noch arbeiten ? Pfui — ein Graf zu Kreuz arbeiten! Lächerlich — einfach undenkbar! Nachdenklich ging Graf Victor am anderen Tage auf dem Boulevard de Midi hin und her; endlich trat er in einen der naheliegenden Juwelierläden. „Sie kennen biese Nabel?" fragte er den Besitzer, „sie ist wenigstens hier gekauft." „Zu dienen, Herr Graf. Sie isi hier sür Rechnung deS Herrn de Meliva angekauft worden." „Sehr wohl! Fräulein Felicia de Melida batte die Güte, mir .damit ein Geschenk zu macken. Nun bin ich jedoch momentan in einer peinlichen Verlegenheit, da ick in den letzten Tagen große Ausgaben zu machen hatte und ans Deutschland erwartete Geldsendungen bis zur Stunde noch nicht eingetroffen — —" „O Herr Graf, eS bedarf so vieler Worte nicht.''So weit ich kann, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. WaS ist Ihr Begehr?" unterbrach ihn der Juwelier höflich und zuvorkommend. „Ich möchte Sie bitten, mir auf diese Nadel fünftausend Francs zu leihen." „Sie Herden sofort bedient sein, Herr Graf", versicherte der Herr und ging auf seinen Geldschrank zu. „Ich brauche wohl nicht erst zu sagen, daß eS sich bei diesem Geschäft nur um eine vorübergehende Angelegenheit bandelt und daß in allernächster Zeit die Sache wieder in Ordnung gebracht sein wird, nichtsdestoweniger möchte ich Sie doch darum ersucht haben, strengste DiScretion über den Vorgang zu beobachten." „Sie dürfen sich darauf verlassen, Herr Graf." Nach wenigen Minuten präsentirte der Juwelier dem Grafen Victor einen Schein zur Unterschrift, in dem gesagt war, daß sich Graf Victor zu Kreuz als rechtmäßiger Be sitzer der Nadel bekenne und für - das darauf aufzenommene Darlehen 1^ Procent Zinsen pro Monat (gleick 18 Procent pro Jahr)-zu entrichten einverstanden sei. Während dann Graf Victor den Schein unterschrieb, zählte der Juwelier daS^Geld auf den Tisch. spruch genommen und "als Graf Victor dann wieder auf die Straße trat, athmete^ er wirklich erleichtert aus. Er hatte
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