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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.09.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-09-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970916015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897091601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897091601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-09
- Tag1897-09-16
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0>.6p p b6 s 8. >8 > u. W.Op.bb w.Lp^l - ». 60 8. L r 8 - t»8 - s ) 8 - 8. i 8 ) tr > 8 > 8. ». >8. BezugS-PreiS 1» d« Hauptexpedttkoa oder dra k« Ltadt> bezirk und den Vororten ernchteten Au-- pabeslellrn ab geholt: vierteljährlich ^l4.bO» bei zweimaliger täglicher Zustellung in- tzau- 5.53. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierte'iährlich 6.—. Dirrcie tägliche Kreuzbandjrndung in- Ausland: monatlich 7bO. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,7 Uhr, die Abrnd-Au-gabe Wochentag- um b Uhr. Ne-artion und Erve-itio«: JohanneSgafir 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- Abend- 7 Uhr. Filialen: Dtt» Alenim'S Lortim. (Alfred Hahn), Universitätssiraße 3 (Paulinum), Laut» Lösche, Aatdarinenstr. 14, part. und Aünig-Platz 7- Morgen-Ausgabe. KcipMck. TagMM Anzeiger. ÄmtsöMt des königlichen Land- und Äintsgerichtes Leipzig, -es Mathes und Volizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. AnzeigeN'PreiS die e gespaltene Petitzeile r!0 Psg. Nrclamen unter dem Redrctionsstrich <4g» spalten) bO^, vor den FamrUennach tchte» (ügespaltea) 40-H. Erobere Schriften laut unserem PreiS- vcrzeichniß. Tabellarischer und Zis/:rnjuy uach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderun- 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morge n-Ausgabr: Nachmittags 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je rin« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz k» äeivji-. 8 rl »Hone» s. 8 «. 8. I> Nele 6 t 8. - d» 8 > 8. > 8. A» n 8. u s. 6. S. 6 8 0 8 U. N 8 8 8 8 ». > c-- N d b« 0 t» o d 8. d 8. c> I 8. o 8. ; 8. r 8e»^lvi — 8. Z 8. Z 8. ) 8. i 8. Kr8. t»8 8. 8. 8. ll.td28. 8. 6. 8. t>«8. 8. b-8. 8 tt.ico.-n. 8. L. 8. 8 8 L 8 8 8. 6 8. 8. 8. 8. 8. 8 8. 8. 8. «. 8. 8. 8 8 S. Uet Iliti U sravo». > 8. v. >«. s. i 8. W»r— > 8. ^72. Donnerstag den 16. September 1897. 91. Iah'.gang. Die wie-ergewonnene Erkenntniß des Altramontanismus. Die bevorstehende Erneuerung der Hälfte der badischen zweiten Kammer giebt den „Mittheilungen für die Vertrauensmänner der nationalliberalen Partei" Anlaß zu einer Betrachtung, deren politische Gereiftheit nach den mannigfachen publicistischen und gelegentlich auch parla mentarischen Verirrungen der jüngsten Vergangenheit doppelte Genugthuung gewährt. DaS ofsicielle Organ der national liberalen Partei hebt die Bedeutung Badens als Bollwerk wider den Parlamentarismus hervor, um dann fortzufahren: „Aber Baden ist auch ein sicheres Bollwerk der freiheit lichen Staatsauffassung bis auf den heutigen Tag geblieben. AuS der Geschichte der neuesten Zeit hebt sich, man möchte sagen, plastisch hervor, wie daS Land als erstes aus dem Banne rückständiger Ideen befreit wurde, während in Preußen noch die feudale Gesellschaft, im Süden überall die Vormund schaft der Kirche sich zu behaupten wußte — trotz aller ge schriebenen Verfassung. Ebenso wirkungsvoll prägt sich weiter ein, wie von jenem Tage der Befreiung, daS will sagen, von den Anfängen der Regierung des Großherzogs Friedrich an, die Entwickelung der inneren Verhältnisse stetig und in gerader Linie nach vorwärts sich vollzieht. DaS Mit- bestimmungSrecht des Staatsbürgers war schon gegebenes Recht, eS wurde nun lebendige Wahrbeit. DaS Selbst verwaltungsrecht in der engeren Gemeinschaft, in Kreis, Stadt und Dorfgemeinde, wurde hinzugefügt. Gleichzeitig wurden alle Anstalten getroffen, daß die Heranwachsenden Geschlechter zu einem kernigen Volksbewußtsein, zur freien Entwickelung ihrer geistigen Anlagen und zum nützlichen Gebrauch ihrer erwerbswirthschastlichen Fähigkeiten erzogen würden. Diesem Zwecke zu dienen, öffneten sich die Simultan schulen hier, musterhafte Fortbildungs- und gewerbliche Fach schulen dort; und die Hochschulen des Landes wurden weithin sichtbare Wahrzeichen der Geistes- und Gewissensfreiheit im Lande. Die Resultate liegen vor Augen. Dem frischen Volks- thume merkt man auf Schritt und Tritt seine trefflichen Unterrichtsanstalten, nicht minder auch die tüchtige politische Schule an, durch die eS Jahrzehnte lang gegangen ist. Ein freimüthiges Wort, ein sicheres Urtheil, eine ausgeglichene, weilumsassende Erwägung auf dem festen Boden der Wirklich keit; daS ist die überall bemerkbare Frucht einer gleichmäßig fortschreitenden Volkserziehung. Schließlich hat auch jedes Volk das Beamtenthum, das es verdient. Die Negierungs assessoren aus dem älteren Preußen, die in den Westen der Monarchie versetzt werden, sollten vorher nach Baden in die Lehre kommen. Will man verstehen, wie das alles keimen, werden und sich entfalten konnte, so muß man betrachten, wie die ganze .zeit hindurch der einfache, überall aber scharf geprägte Gegen satz das Land beherrschte: hie Staat, hie Klerikalismus. Es gereicht dem badischen Staate zum unvergänglichen Ver dienst, daß er es in diesen vier Jahrzehnten jederzeit als einen widernatürlichen Gedanken ableknte, mit dem Klerikalismus als System sich vertragen zu sollen. So wenig der moderne Staat in sich den Drang hat oder aus äußeren Gründen nöthig hätte, mit der Kirche sich anSeinanderzusetzen, so wenig braucht er den streitbaren, berrscksncytigen, deshalb unduldsamen Geist einer Gruppe von Klerikern als die Kirche gelten zu lassen, auch dann nicht, wenn diese Gruppe die völlige Herrschaft in der Kirche gewonnen haben sollte. Ein Staat, der seine Hoheit über die Schule werthschätzt, der sich den Minder heiten, den Schwachen gegenüber verpflichtet fühlt, kann dem Klerikalismus auch nickt den kleinen Finger bieten. Mag die streitbedürftige Sckaar unter den Klerikern von vorn herein wissen, wie sie mit dem Staatsregiment dran ist! Ein gleichmäßig festes Regiment muß zuletzt doch im Stande sein, ihren Widerstand zu brechen. „Es giebt für den Staat nur ein, aber ein untrügliches Mittel znm Siege: fest und un bewegt zu beharren bei seinem Recht. Besonnen vorwärts, aber nie, nie auch nur einen halben Schritt zurück." (Jolly.) Nach diesen Grundsätzen wurde Baden in den kritischen sechziger und siebziger Jahren unter Lamey, Matthy und Jolly regiert, und so viel Zeit und Mühe es manchmal kostete, den Ansturm deS Klerikalismus abzuwebren, die Ge schichte läßt doch erkennen, daß der innere Ausbau deswegen nicht zu stocken brauchte. Die Güter der Bildung und Er ziehung, wie die staatlichen Errungenschaften mehrten sich und wurden unter schützendem Dache geborgen. Wie der streitbare, so wußte aber auch der friedfertige Klerus und mit ihm die zu zwei Dritteln katho lische Bevölkerung des Landes, baß eine feste Hand das Staatsruder führe und daß es vergebliche Mühe des Klerikalismus wäre, einen Staat im Staate gründen zu wollen. Das hatte seine guten Folgen. Auch in den Stunden des heftigsten Kampfes stand die große Mehrheit der Katholiken erklärtermaßen auf der Seite deü Staates und nur zum Theile nahmen die übrigen offen die Partei des streitbaren Klerus. So sehr halte im Verlaufe des Streites das Vertrauen zu der Festig keit des Regiments, wie die Ueberzeugung von der Gerechtig keit des staatlichen Verlangens sich befestigt, daß ein katho lischer Pfarrer selbst es von der Landtagstribüne aus offenbaren konnte: „Ich komme in unseren Tagen zu keinem anderen Schluffe als zu dem, daß nicht diejenigen die wahren Freunde der Kirche sind, eie zum fortgesetzten Widerstand, sondern die zum Nachgeben und znr Versöhnung ralben." Darüber sind zwanzig Jahre hingegangen. Der nachher in Berlin unternommene Versuch einer Ver- söhnungspolitik hat, Uber die schwarz-weißen Grenzpfähle fortwirkend, auch bis Baden hin leickte Wellen geschlagen, jedoch mit einew beachtenSwerthen Unterschiede. Wenn innner die Nackfolger Jolly's versuchten, mit Rom und der Frei bürger Curie zu einem Einvernehmen zu gelangen, so geschah es nicht etwa, um die klerikale Opposition des Landtags dem Ministerium durch diplomatisirende Künste näher zu bringen oder gar, um wichtige gesetzgeberische Fragen mit ihr zu er ledigen^, sondern ausschließlich, um der kirchlichen Verwilderung in den verwaisten Gemeinden ein Ziel zu setzen. Den par lamentarisch und im Lande als Partei organi- sirten Klerikalismus hat das Regierungssystem in Baden jederzeit als (inen unversöhnlichen Widersacher bewerthet und behandelt. Alle inneren Einrichtungen des Landes, alle Fortschritte in kultureller und rechtlicher Hinsicht sind gegen feinen Widerspruch durch daS Einvernehmen der Regierung mit der nationalliberalen Partei beschlossen und vollbracht worden. Man hat den inneren Feind verdientermaßen seine Ohnmacht jedeSmal von vorn herein empfinden lassen. Gewiß, der Gegensatz ist scharf geblieben wie am ersten Tage. Aber wer sagt denn, daß dies ein Unglück wäre? Das Land selbst verspürt nickts dergleichen. Seine öffent lichen Einrichtungen bewähren sich; seine bürgerlichen Kreise wissen sich, wo sie auf den alten Feind stoßen, eines festen Rückhalts am Staatsregiment versichert; CultuS, Religion, Glaube und Dogma baden ihren freien Weg, wie anderer seits der Staat mit Eifer wacht, daß auch die Volksschule ihre freien, d. h. von confessioneller Zwietracht und kirchlich politischer Streitsucht unberührten Wege habe; die Landes verwaltung ist unbehindert, sich der Pflege der erwerbS- wirthschaftlicken Interessen des Volkes, namentlich der be drängten Landwirlbschaft zu widmen, — genug, das „Muster land" kann sich nicht nur spöttisch so nennen lassen, sondern sich mit Stolz jedem anderen deutschen Staate zum Ver gleich an die Seite stellen. Dabei wird sich überall ergeben, daß es weitaus besser war, einen unüberbrück baren Gegensatz gar nickt verwischen zu wollen, sondern entschlossen und offenen Sinnes daS ge sammle politische Thun und Lassen darauf einzurichten. Baden bat den Beweis erbrackt, nicht etwa nur, daß es „auch so" geht, sondern daß beständige Verhältnisse und sichere Fortschritte nur so erzielt, vor Allem, daß nur so die friedfertigen Katholiken — Geistliche wie Laien — davor behütet werden, sich dem Staate entfremden und als Werkzeuge des Klerikalismus mißbrauchen zn lassen. Wohin die ankeren Svsteme führen, lehrt ein flüchtiger Ueberblick. Im Reiche und in Preußen bat cs nicht an Umwerbung der Klerikalen gefehlt; sie sind hoffähig geworden, haben in mancherlei Weise sich das Zeugniß der guten patriotischen Gesinnung ausstellen lassen; dafür haben sie sich der Regierung zeitweilig — wenn diese ihren Schwäche zustand eingestanden hatte — zur Verfügung gestellt. Auf der Kehrseite aber findet man, daß ihre Herrschaft über die katholische Bevölkerung eine nahezu allgemeine geworden ist; wenigstens ist es umgekehrt wie in Baden: nur ein Theil der Minderheit hält eS offen und freimüthig mit dem Staate, wenn dieser einmal gegen das Centrum die Waffen führen muß. Dessen sich wohl bewußt, ist die klerikale Partei zusehends übermüthiger geworden, bat auch für ihre parlamentarische Stellung immer mehr Terrain gewonnen. „Centrum ist Trumpf", hieß es schon 1892 in Mainz. „Die Entscheidungsschlacht auf märkischem Sande ist schon geschlagen!" triumpbirt 1897 Herr Lieber in einer Gedächtnisrede auf Windthorst. Auf dieser Linie — und sie bedeutet den Mittelpunct der Angrisfsbewegung, — ist der Klerikalismus von Erfolg zn Erfolg geschritten. Aebnlich ging es in der Flanke zu. In Württemberg hat sich eine CentrumSpartei als Landes partei erst vor drei Jahren aufgethan, just zu derselben Zeit, als das Negierungssystem sich aufs Vertragen mit den Demokraten einzurichlen begann. Die LandtagSwahlen vom 1. Februar 1895 bedeuteten einen vollen Erfolg fürs Cen- trnm. So mächtig auch der Wind die Segel der Demokratie blähen durfte: dennoch kamen die Herren Payer und Genossen nicht als selbstständige Mehrheit aus den Wahlen heim, Wohl aber präsentirle sich eine nächststarke CentrumSpartei und begehrte mit Fug und Recht ihren Antheil an den Würden und der — Macht einer parlamentarischen Mehrheit, deren einen Bestandtheil sie nun bildet. In Bayern freilich sieht sich das Centrum um seine Beute betrogen. Aber nicht die Staatsidee ist eS, die dort ein verlorenes Terrain zurückerobcrte, sondern ein dem Reiche und dem Bürgersrieden geradezu gefährlicher Gast ist kort schon draus und dran, das Centrum abzulösen, richtiger gesagt, es vom radikalen Flügel ber aufzurollen. Auch dort sprachen manche Anzeichen dafür, daß das Centrum, nachdem es bei den Landtazswahlen von 1893 sein parla mentarisches Uebergewicht wieder hergestellt hatte, durch „kleine Geschenke" bei freundschaftlicher Laune erhalten werden sollte. Die festeTonart von ehedem batte zwar gelautet: „Schießen Sie her, so schieß' ich hin!" Aber schon v. Lutz selbst hatte in den letzten Jahren seiner Zügelführung das Herschießen meist nicht mehr gehört, sondern es mit der Methode probirt, den ärgsten Schreiern einträgliche Pfarreien, Rectoratsstcllen oder dergleichen zu Theil werden zu lassen. Die Nachfolger deö verstorbenen v. Lutz sind dabei geblieben, und wenn sie nichts weiter erreicht haben, so ist doch »och jede Etatsberathung um alle Klippen berumgekommcn. Aber daS Enlgegennehmen ministerieller Gefälligkeiten und die in Preußen-Deutschland geleisteten Hilfsdienste haben stark zur Discreditirung der bayerischen Centrumspartei nach unten hin beizetragen. Wiewohl man gelegentlich selbst an Preußcnhaß, an Haß gegen Bildung und Besitz, an Uebertreibung und Einseitigkeit des wirthschaftlichen Standpunktes, ja auch an Rohheit der Sprache und der Denkart recht nette Leistungen vollbrachte, fand sich doch nock eine Gesellschaft, die in alledem das Centrum weit zn übertreffen vermochte und deshalb bei der Masse der Altbayern und Unterfranken sofort mit Vertrauen und mit aufrichtiger Freude begrüßt wurde: die Bauern- bündlcr. Ter Sturm, dem das Centrum in Bayern jetzt preisgegeben ist, kommt von der klerikalen Windsaat früherer Jahrzehnte. Nach alledem braucht man nicht mehr zu fragen, wer denn besser berathen war: die verschiedenen Regierungen, die cs mit dem Entgegenkommen versuchten, oder die Staatsmänner in Baden, die den Klerikalismus nickt an sich berankomincn ließen, vielmehr dem Lande und dem Volke im gegebenen Falle den schroffen Gegensatz erkennen ließen: hie Staat, bie Klerikalismus. Der gesegnete Landstrich zwischen Bodensee, Rkcin, Odenwald und der östlichen Abdachung deS Schwarz Walds hebt sick mit seinem klaren Gegensatz und seiner be stimmt faßbaren Formel dafür wie eine Insel auS den Wirren und Nöthen der Regierungskunst überall sonst im Reiche empor. Kein Wunder denn, daß der Klerikalismus mit allen Mitteln und Hilfen darauf aus ist, gerate dieses Land Baden sich zn unterwerfen. So lange hier ein Äollwerk wider ihn fortbesteht, ist Centrum eben doch nickt völlig Trumps im Reiche!" Deutsches Reich. ?. Leipzig, 15. September. Das großberzoglich hessische Oberconsislorinm hat durch seine mannhafte Erklärung Protest eingelegt gegen die „Beschimpfung" der evangelischen Kircke, welche in der jüngsten Encyclica des Papstes zum Jubiläum des ersten deutschen Jesuiten CanisiuS der ganzen evangelischen Kirche angetban worden ist. Wir sind aus vollem Herzen für den Frieden mit unseren katholischen Brüdern und für den Austraz des culturell unvermeidlichen Kampfes nur mit geistigen Waffen; aber es ist zu bedauern, daß es keinen Schutz vor solchen Verunglimpfungen und An maßungen giebt. Es ist zu erwarten, daß zunächst die evangelischen kirchlichen Oberbehörden sich dem Schrille des hessischen Oberconsistoriums «»schließen werden, namentlich der Berliner Oberkirchenrath, der als die größte deutsch evangelische Kirchenbehörde in erster Linie Beruf und Pflicht hat, für die Ehre der protestantischen Kirche einzutreten, und der rastlosen ultramontanen Propaganda überall sich entgegen zu stellen. Wir haben Grund» anzunehmen, daß er damit auch der Gesinnung unseres entschieden evangelischen Kaisers entsprechen würde. 0. Ik. Berlin, 15. September. Alle Versuche der Social demokratie, die Seeleute für die rothe Flagge ein zufangen, haben bis jetzt wenig Erfolg gehabt; selbst während des Hamburger HafenarbeiterslreikS gelang eS den Scndlingen der Socialdemokratie und dem Terroismus der Hafenarbeiter nur, einen kleinen Theil der Seeleute znm Anschluß an die Streikenden zu zwingen. Immerhin behaupten die Social demokraten, daß in den sechs seemännischen Vereinen, die in Hamburg, Flensburg, Bremen, Bremerhafen, Stettin und Nügenwalde bestehen, mit dem Hamburger Streik ein weit regeres Leben herrsche. Das giebt den „Genossen" den Muth, aufs Neue an die Masse der nichtorganisirten See leute sich zu wenden und alle organisirtcn Arbeiter, welche in den Seestädten leben, aufzufordern, die Seeleute „auf zuklären", sie in die bestehenden Vereine hineinzulreiben oder die Grünung neuer Vereine zu veranlassen. Im No vember soll in Hamburg ein SeemannScoNgreß statt finden, um eine feste Organisation zn schaffen oder, wie die Einberufer sich auSdrücken, Einheitlichkeit in die Seemannsbewegung in Deutschland zu bringen und auf eine Abänderung der Seemannsordnnng Hinzuwirten. Man hofft, daß Telegirte ans allen Häfen Deutschlands auf diesem ersten socialdemokratischcn Seemannscongreß erscheinen werden. Die Gefahr, die der ganzen Seeschifffahrt erwachsen würde, wenn eS der Socialdemokratie gelänge, einen auch nur nennenswerthen Theil der Seeleute ein zufangen, darf nicht unterschätzt werden. WaS für Folgen könnte eS haben, wenn auf einem Schiffe alle oder doch nur die meisten Matrosen „organisirt" und vom Geiste der Wider spenstigkeit nnd der Opposition gegen den Capitain erfüllt wären! Keinem Rheder wird man es daher verdenken können, wenn er darauf besteht, daß für sein Schiff kein „organisirter" Seemann angeworben wird. * Vrrlin, 15. Scpteniber. Zum Verhalten der preußi schen Negierung gegenüber der Wassertatastrophe schreiben die „Berl. Reuest. Nachr": „Also die Staats regierung würde „nicht abgeneigt" (!) sein, auf neue Gesuche weitere Fonds zur Verfügung zu stellen! Wir sind der Meinung, daß da, wo ein öffentlicher Nothstand eintritt, die Negierung pflichtmäßig aus eigener Initiative so schleunig wie möglich einzugreifcn bat, ohne erst abzuwarten, bis die Noth soweit gestiegen ist, um die davon Betroffenen zur äußersten Verzweiflung nnd zur Anrufung der Staats hilfe zu treiben. An Orts- und Kreisbehörden mangelt cs nicht, die darüber die zuverlässigsten Aufschlüsse geben können, und eS bedarf in den meisten Fällen Wohl kaum einer Nachprüfung durch geheimrätbliche Special- commissaire, die erfahrungsgemäß mit viel Schreiberei und Zeitverlust verbunden rst und langsam zum Ziele führt. Es wäre unter den obwaltenden Umständen für Feuilleton. Rebhühner. Nachdruck vrrbotkn. „Ah, Rebhühner!" — Nicht wahr, da schmunzelst Du und machst verliebte Augen. Nun, ich gönne Dir bie Vögelchen; wenn eS Dir airstebt, kannst Du sie, wie mein Freund Schmidt, mit den Knochen, meinetwegen sogar mit den Federn essen, ich habe nichts dagegen. Als Taselgennß existiren für mich die Rebhühner nicht, wie überhaupt kein wildes Geflügel. „Folgen einer mangelhaften Erziehung", wirst Du sagen. Zugegeben. Ich wollte aber, ich hätte recht viele solcher Mangel, da wäre ich viel glücklicher, denn ich würde weniger vermissen. Der steht sick bekanntlich in der Welt am besten, der die wenigsten Bedürfnisse hat. Wenn ick aber auch keine Rebhühner esse, so hege ich doch eine starke platonische Neigung zu ihnen, denn sie sind aller liebste Thicrc und eine Zierde unserer heimischen Vogelwelt. Es ist ja wahr, was jener Franzose behauptete, die Nebbübner machen in der That den Eindruck, als ob sie nur geschaffen wären, nm verspeist zu werden. Ihr Brustfleisch, das ist die die Flügel bewegende Muskulatur, steht mit seiner so krästigen Entwickelung in gar keinem richtigen Verhältniß zn den mangelhaften Flugleistungen der Rebhühner, und man muß sich unwillkürlich sragcn, zu was denn das viele Fleisch sonst da sei, wenn nicht dazu, verzehrt zu werden? — Doch lassen wir daS. Sehen wir uns einmal einen alten Rebhahn genauer an. Er ist ein präcktiger Kerl, daS muß wahr sein, wenn auch die kulinarischen Verdienste eine- jungen größer sein mögen. Er ist schwer zu beschreiben, denn wenn sein Federkleiv auch nickt in leuchtenden Farben prangt und schimmert, so ist es doch recht bunt. Braunroth herrsckt am Kopse vor, Hellgrau mit zarten, schwarzen Wellenstreisen am Halse. DaS Gefieder des Rückens ist grau und bräunlich gelb gemischt und auch mit feinen schwarzen und einigen stärkeren braunen Querlinien geziert. Auf dem Unter rücken und auf den Deckfedern deS SckwanzeS treten breite, kastanienbraune Streifen hinzu. Die Farbe der Unterseite geht von dem Grau der Kehle an nach hinten in Weiß über, dabei ist aber daS Ganze sehr sein, staubartig schwarz gesprenkelt. Der alte Hahn bat mitten auf der Unterbrust einen größeren, die Henne einen kleinen kastanienbraunen Fleck in Gestalt eines nach hinten offenen Hufeisens, den die Kunstsprache als „Schild" bezeichnet. Dieser Fleck ist für daS Rebhuhn sehr charakteristisch, sowie sür die ganze Gattung kerckix (einschließlich der später ab getrennten Gattung Laccabi» — Steinhühner), zn der es gehört, die rostbraunen Qucrbinten an den Korperseiten. So bunt der Vogel auch erscheint, wenn wir ihn unmittelbar, lebendig oder todt vor unü haben nnd ihn nach Herzenslust betrachten können, so schwer ist er draußen im Feld unter den Verhältnissen seiner natürlichen Umgebung zu entdecken. Sckon der alte GeSner bemerkt: „Ziegelsarb (Erdfarbe) ist diesen vögeln fast gemein, so im staub der Erden liegen, als der Lerche, Wachtel, dem Räbbuhn u. s. w." Wie oft bin ich nickt erschrocken, wenn bei meinen Streifereien durch Feld und Flur ein Volk Nebbübner mit schnurrendem Fluge fast unmittelbar vor meinen Füßen hochging! Einen eckten Hübnercharakter, allerdings nur in der Spur und nickt I sogleich in die Augen fallend, haben die Rebhühner sonst I noch: daS ist rin kleiner, rother, unbesiederter, warziger Hautstreif unterhalb des AugeS, der sich nach hinten etwas verbreitert fortsetzt. Einen Sporn hat der Hahn nicht, wohl aber an der Stelle, wo er bei vielen anderen Hühnervögeln zu sitzen Pflegt, ein kleines, stumpfes Höckerchen. Die Rebhühner leben in Monogamie, und es scheint, daß sich die Gatten in der Regel für das Lieben paaren. DaS ist eine bei Hübnerarten seltene Erscheinung, die sich übrigens auch bei der Wachtel findet. In der Regel pflegen die Männchen der Hühnervögel sonst eine arge Paschawirtbschaft zu treiben. Aber auch die Nebhähne sind sehr verliebter Natur nnd kommen einander oft genug inö Gebege, wo eS dann ohne barte Kämpfe nicht abgeht. Daß übrigens bei den Rcbbäbnen leicht der Eine deS Anderen Weib begehrt, wird verständlich, wenn man weiß, daß ihre Zahl im Früh ling die der Hennen nicht unbeträchtlich übertrifft, w-Sbalb die Jäger früher, als eS noch mehr Rebhühner gab, darauf bedacht waren, im Frühjahr Hähne abzuschicßen, damit die Bruten nicht gestört würden. Die Gatten hängen mit großer Liebe und Zärtlichkeit aneinander, und sobald nur im März der Schnee weggeht, seiern sie alle Jahre aus- Neue ihre Flitterwochen. Tann lockt der Hahn sein Hennchen mit zärtlichen Tönen, die dem einen Lauscher so, dem andern so in die Obren klingen. Unsere Vorfahren hörten den Ruf „räpräp" aus ihnen heraus und benannten den Vogel danach. Den Namen mit der Rebe in Zusammenhang bringen zu wollen, wie Wohl von Späteren geschehen ist, scheint durchaus verfehlt, obwohl ich nicht in Abrede stellen will, daß der Vogel, der kein Verächter von Beereukost ist, auch ein Mal, wie Bechstein berichtet, den Weintrauben, die nahe am Boden hängen, wird schädlich werden können, aber so bedeutend ist der Schaden gewiß nicht, daß daS Volk daraus Veranlassung genommen haben sollte, ihm seinen Namen zu geben. Erst spät im Jahre, Ende Mai oder Anfang Juni, beginnt die Henne mit dem Lcgegeschäft und legt in eine roh ge scharrte und mit einigen Hälmchen, Blättchen und eigenen Federn anSgelegte Bodenvertiefung, oder, wenn sie es haben kann, lieber noch in eine schon vorhandene, natürliche oder durch den Tritt eines Pferdes, Rindes u. s. w. in der weichen Erde entstandene, ibrc olivenarünen, stnmpfspitzcn Eier. Tie einfachen, ohne Zeichnung gefärbten Eier des Rebhuhns sind deshalb bemcrkcnSwertb, weil alle näher verwandten, in die selbe Familie gehörigen Hühnervögel (Wachtel, Berg- und Steinbiibner, Frankolinen, sowie daS große kaukasische Felsen buhn) gefleckte und gescheckte Eier legen. Die Zahl der Eier ist bedeutend, meist 12—14. Bechstein fand einmal sogar ein Nest mit 22 Eiern, aber eö ist durchaus nicht notbwendig, daß diese alle von einer Henne waren, eS ist nämlich keine so gar seltene Thatsache, daß zwei Weibchen, namentlich von auf dem Boden brütenden Vogelarten, unter Umständen zu sammenlegen. Mit besonderer Vorliebe nisten die Rebhühner in Klee feldern, — sehr zu ihrem Schaden, denn diese werden so zeitig im Jahre gemäht, weit früher als das Getreide, daß dann die Henne noch auf den Eiern sitzt und ihre Brut, manchmal sie selbst mit zu Grunde geht. Aufmerksame nnd gcmütbvollcre Mäber — sie sind leider selten — mähen uni das Nest herum, aber sie sind in einer bedauerlichen Minder zahl, eS giebt in ter Neuzeit ihrer viel mehr, dir da absichtlich störend eingreisen, und wäre esH nur aus Neid gegen die Gutsherrschast oder den Jagdpäckter, die doch ber besitzenden Classe anzugehören pflegen. Schon im vorigen Jahrhundert
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