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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.09.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970921025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897092102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897092102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-09
- Tag1897-09-21
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Abend-Ausgabe eWMr TaMM Druck und Verlag voa E. Polz i« Leipzig JahMH Dienstag den 21. September 1897 i cäenLSu.l »cainniergruppe neu) weiier zu vcriiarren uno yaoeu ccn katholischen Caudidaten unterstü^t, aber immerhin haben die von den FortS^ von Havannah entsandte Truppenabtheilung 1). >. 103.10 127.10 159 60 127.60 Die Morgen-Nn-gabe erscheint «m '/,? Uhr. hi« Abend-Ausgabe Wochentag- um ö Uhr. 81 25 134 20 101.60 88.10 3'^ . 108.40 97 80 103,75 100.25 93.40 58.25 70.75 85.50 87.50 lawdurx, rckuw, in - »weriL. v»i»i>k«r «ip«i x, Vineevt, r««- nock y Kirurck „krivr- tr»a« «5 t Oporto, Feurlletsn- Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit de» Morgen »Ausgabe, ohne Postbeförderunz 60.—, mit Postbeförderung ^l 70.—. Anntchmeschlnß für Anzeigen: Abeud-Au-gabe: Vormittags 10 Uhr. Viorge »»Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. v»i den Filialen und Annahmestellen je rin» halb« Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. )). !). Re-action und Expedition: Johannesgafse 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen -eüffxt von früh 8 bi» Abr»d- 7 Uhr. Filialen: Dtt» Klemm'» Lortim. (Alfred Hahn), Uaiversitätsstraße 3 lPaulioum). Laut» Lösche, Katharinenstr. 14, pari, and KSaigsplad 7. Politische Tagesschau. * Leipzig, 2l. September. ' Unter der Ueberschrift „Aürst Bismarck und die sächsischen (konservativen" veröffentlichen heute die „DreSdn. Nachr." einen Brief, den Graf Herbert Bismarck am 19. d. M. an den Borstand des (Konservativen Vereins zu Dresden, Herrn vr. Mehnert, gerichtet bat und in dem er auf eine Anfrage des Letzteren seine Ansicht über den Zweck der viel besprochenen Aeußerungen seines Vaters über die conservative Partei ausspricht. Der für die sächsischen Conservativen sehr ehrenvolle und auch in anderer Hinsicht interessante Brief lautet wörtlich: Herrn Hofrath vr. Mehnert, Dresden. Schönhausen 19. September 1897. Eurer Hochwohlgeboren gefälliges Schreiben habe ich zu erkalten die Ehre gehabt. Ihre Annahme, daß die in neuerlichen Ver öffentlichungen meinem Vater zugrschriebencn Aeußerungen über die conservative Partei sich nicht auf die Conservativen Sachsens bezogen haben können, ist vollständig zutreffend. Soviel ich weiß, fußen jene Veröffentlichungen ans längeren Unterhaltungen bei Tisch; es ist deshalb schon wahrscheinlich, daß die in der Folge aus dem Gedächtniß gemachten Niederschriften kein wortgetreues Bild der Aeußerungen meines Vaters geben, während die meisten derjenigen Sätze, die allgemein als zutreffend anerkannt werden, auch bereits früher in ähnlicher Form von ihm ausgesprochen worden sind. Ich habe jenen Gesprächen nicht beigewohnt, denke mir aber, Laß die Kritik meines VaterS hauptsächlich eine retrospective war und sich primo loco mit dem Verhalten der Führer der conservativen Reichstagsfraction bei Durchpeitschung der Handels verträge befaßt haben wird. Der Reichstag von 1893 war schon unter neuen Auspicien gewählt worden und mein Vater hat nur Len Wunsch, daß bei den 1893 kommenden Neuwahlen diejenigen Ideen, die er nach seiner Weltanschauung auf Grund langer Er fahrung für confervativ hält, verstärkt zur Geltung gebracht werden. Daß seine zwanglosen Aeußerungen ohne Revision der Fassung in seinem Namen veröffentlicht wurden, war von meinem Vater nicht vorausgesehcn. Tie Thalsache allein, daß mein Vater sich eingehend und warnend im Hinblick auf die Pflege der conservativen Interesse» wiederholt in den letzten Jahren ausgesprochen hat, beweist doch, daß sie ihm am Herzen liegen, denn er würde sich gewiß niemals warnend oder belehrend in Bezug auf die Führung der Fortschrittspartei äußer», weil er sie für unverbesserlich und ihre Tendenzen mit dem Staotswohl unvereinbar hält. Ten sächsischen Conservativen und deren Führung in dem Dresdener Landtag speciell hat mein Vater stets Anerkennung gezollt, und er hat sich gefreut, zu lören, daß es gelungen ist, in Sachsen für die bevorstehenden Wahlen die Anhänger der staatlichen Ordnung und Vertreter des nationalen Erwerbes unter eine Fahne zu sammeln. Wenn es gelänge, ein Gleiches für die nächsten Reichstags wählen zu lhun, so würde damit ein Ziel erreicht werde», wie es ein besseres für conservatives Streben nicht geben kann. Tazu wäre aber nach der Meinung meines VaterS nöthig, daß das preußische Contingent der Conservativen sich die Haltung der sächsischen in einigen Rkchtungen aneignete. Ztetix. i 18».« ! 114'« 18. aber bat der Gedanke eines Neichstagswahlcartells in Sachsen durch den Brief des Grafen Herbert Bismarck eine bedeutsame Förderung erhalten. — Dieser Bries ist aber auch bedeutsam durch das eigentbümliche Licht, das er auf die geschäftliche Ausbeutung gelegentlicher Auslassungen des Altreichskanzlers wirft. Tiefe Ausbeutung fragt nicht danach, ob sie dem Fürsten einen Dienst leistet und seine Wünsche fördert; sie ist nickt einmal sorgsam in der Wiedergabe seiner Worte. Die Hauptsache ist das Geschäft, das mit der Popularität des großen Staatsmannes sich macken läßt. Es sollte uns nicht wundern^ wenn der Fürst gelegentlich selbst einmal ein kräftiges Wörtchen über diesen Unfug spräche. Daß dieser seinen Unmulb bereits erregt bat, geht aus der soeben un Göschen'sckcn Verlage erschienenen vierten Abtheilung des vierten Bandes des „Bismarck-Jahrbuckes" hervor, deren Vorwort der Herausgeber, Horst Kohl, selbst verständlich aus Grund einer authentischen Aeußerung des Fürsten, mit folgenden Sätzen schließt: „Von einer Sammlung beincrkenswerther Artikel der „Hamb. Nachrichten", wie sie als Anhang bisher der Chronik beigegeben worden ist, habe ich abgesehen und nur diejenigen Artikel in die Chronik unmittelbar ausgenommen, die aus irgend einem Grunde historisches Interesse besitzen. Ausdrücklich will ich hier wiederholen, was ich schon früher erklärt habe, daß es Artikel der „Hamburger Nachrichten", die der Fürst selbst verfaßt hat, nicht giebt. Als „authentisch" im eigentlichen Wortsinn ist demnach kein einziger anznsehen, und LaS große Werk von Johannes Penzler ist in Wirklichkeit nichts weiter als eine Sammlung von Zeitungsartikeln, von denen einige auf gelegentlichen Informationen be ruhen. Es ist nothwendig, dies sestzustellen, damit das Conto des Fürsten Bismarck nicht mit Zeitungsartikeln belastet werde, für die er jede Verantwortung ab lehnen muß." In Belgien ist man allgemein und peinlich von dem Aus fall der am 15. September vollzogenen Kammer- Er gänzungsw ablim Landgemeindebezirk Waremm e über rascht. Tie socialistische Sti ni menzahl, die im Jahre 1894 in diesem vorwiegend bäuerlichen Wahlbezirke eine ganz geringfügige war (1500 von 22 000 Stimmen), hat sich dort innerhalb dreier Jahre mehr als vervierfacht und ist auf nicht weniger als 6500 gestiegen. Die Kosten dieses ungewöhn lichen socialistischcn Stimmenzuwachses hatten natürlich, wie gewöhnlich, die Liberalen zu bezahlen, indem sie von 9500 auf 6200 Stimmen zurückgingen und nicht einmal mehr in Vie Stichwahl kommen. Aber auch die Klerikalen erweisen sich durchaus nicht als völlig unerschütterlich, da auch sie mindestens 1000 Stimmen an die Socialtemokratie abgeben mußten. Angesichts der betrübenden Tbatsache, daß beide Ordnungsparleien gegenüber der Socialdcmokratie einen Rückgang aufzuweisen haben, ist es von keinem wesentlichen Belang, daß bei der Entscbcidungswahl vom 19. d. M. im Bezirk Waremme der klerikale Canditat als Sieger heroor- gegangcn ist. Zweifellos sind die Liberalen davor zu»ück- geschrcckt, die ohnehin schon überstarke socialdemokratiscke Kammergruppe noch weiter zu verstärken und haben den Socialdcmvkraten es auf 10 803 Stimmen gebracht und blieben nur mit 733 in der Minderheit. Auf alle Fälle bereutet der ungeheure socialistische Stimmenzuwachs eine Bedrohung für Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Nolizei-Ämtes der Stadt Leipzig. 278.— 5430 104.25 101,— 228.50 206.50 431,— 79.40 146.50 l 281,— 266.-- 119.50 133.50 188.25 245,— 181,— 154.50 . 206,90 226. - 236.50 250,— . 70.50 . 144,50 108,— ?. 244,— o 160,25 169,05 216.50 213,95 ! 216,40 Anzeigen Prei- "Hie S gespaltene Petitzeile 20 Pfg^ Keelame» unter dem Redactioa-strich (4 a-- spalten) SO^L, vor den Familiennachrichte» (6 gespalten) 40-H. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz »ach höherem Tarif. „Ich danke Ihnen, Excellenz. Der Arzt sagte mir also, daß bei Camilla möglicherweise eine Störung der Gebirn- functionen eingetreten sein könne. Exact konnte er cs jedoch damals nickt constatiren, da hierzu eine längere und ein gehende Beobachtung nöthig gewesen wäre. Und die Ob duktion der Leiche bat nun leider seine Annahme bestätigt: eS ist thatsächlich Wasser im Gehirn Camilla's vorgcsunden worden, was beweist, daß der unselige Vorfall auf eine Art von Geistesstörung zurückzuführen ist." „Wasser im Gehirn!" „Ja — so hat es sich leider ergeben. Ihr Gehirn war ohnedies einer beständig fortschreitenden Zersetzung unter worfen und wenn es für mich bei diesem »schmerzlichen Verluste noch einen Trost geben könnte, so würde es nnr der sein, daß Camilla, wenn sie weiter gelebt, dock nur eine höchst unglückliche vernunftlose Existenz hätte führen können." „Um Gottes willen! Da ist eS denn doch noch besser so, wie cs der Himmel nun gefügt hat. Gnädige Frau, lassen Sie sich daS ja einen Trost in Ihrem Unglück sein." „Was bleibt mir auch übrig, Excellenz! Freilich — eS ist ein trauriger Trost, aber ein Trost bleibt e- ja wohl doch und er wäre gewiß noch wirksamer, wenn nicht die eigen- thümlichen Umstände, unter denen die Katastrophe erfolgte und die auf die momentane Geistesverwirrung der armen Verstorbenen zurückgeführt werden müssen, auch den Grafen zu Kreuz in einem Lichte erscheinen ließen, das, wie Sie eS wohl erfahren werden, zu den ärgerlichsten, gehässigsten und Widerwärtigsten Verleumdungen geführt bat. Da ist — ich brauche eS wobl nicht erst zu versichern, für mich ein großer Kummer, denn ich schätze den Herrn Grafen sehr koch." „So, so!" sagte Herr de Melida in einem Tone, als ob er an dieser letzten Tbatsache gezweifelt hätte, dann legte er sich behäbig in seinen Sessel zurück und fuhr in anscheinend gleichgültiger Weise fort: „Man hat dem armen Herrn Grasen allerdings übel mitgespielt — so viel ick gehört habe und wenn nur die Hälfte von dem, was über ihn gefaselt worden ist, wahr war« " „Aber, Excellenz, ich bitte Sie!" unterbrach ihn Frau Courcellc- indignirt. „Nichts ist wahr, nicht- — nicht- von alledem. Sie müssen wissen, daß eS nämlich hier in Monte Carlo gewissermaßen ein Sport ist, andere Leute zu ver leumden und sich auf ihr« Kosten bei jeder sich darbietenden Bezugs-PreiS Di Kr Hauptexpedition ober den i« Stadt« bezirk und de» Vororten errichteten All«- gäbest,llrn ab geholt: vierteljährlich ^l4.S0, bei zweimaliger täglicher Zastelliug in« Hau« 5.50. Durch dir Post bezogen für Trutfchlond und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Direeie tägliche Kreozbaadieudung Autlaud: monatlich 7.50. die allernächste Zukunft. Denn im nächsten Jahre findet die Erneuerung der Kammermandate zur Hälfte statt, und da nicht anzunehmen ist, daß die socialistiscken Fortschritte sich gerade auf Waremme beschränken, so muß man mit der Möglichkeit rechnen, daß schneller, als nian glaubte, eine socialistische Mehrheit in das belgische Parlament einziehen könnte. Bezeichnend ist noch die Tbatsache, daß der socialistische Abgeordnete Smeets, der als Parteiredner in Waremme auflral, offen erklärte, seine Partei würde, zur Herrschaft gelangt, die Gelbschränke der Neichen aufbrecheu und den Inhalt derselben unter die Armen vertheilen. Nichts destoweniger oder vielleicht eben deshalb haben die social demokratischen Stimmen einen derartigen schwunghaften Zu wachs zu verzeichnen. Unter diesen Umständen ist es kein Wunder, daß den Ultramontanen, die seit anderthalb Jahr zehnten die unumschränkte Herrschaft in Belgien ausüben, über deren Früchte bange zu werden beginnt. Die Ver nichtung des Liberalismus war ihr oberstes Ziel. Sie haben eS fast erreicht. Aber nunmehr stehen sie ganz allein einem Feinde gegenüber, der nicht blos ihre Parteiherrschast, sondern den Bestand der ganzen belgischen Staats- und Gesellschafts ordnung bedroht. Ter „Temps" meldet aus San Sebastian, der umcrikanischc Gesandte Woodford habe in der kubanischen An gelegenheit dem spanischen Minister des Auswärtigen Herzog v. Tetuan in einer drei Stunden währenden Zusammenkunft dargelegt, daß die Vereinigten Staaten von Amerika infolge der langen Dauer deS kubanischen Krieges in ihren kommerziellen und industriellen Interessen große Verluste erleiden. ES sei Spanien offenbar un möglich, den Aufstand innerhalb einer absehbaren Frist niederzuwerfen, und selbst, wenn dies gelänge, wäre Cuba infolge der KriegSmethode des Generals Weyler vollständig verwüstet und sowohl für die Spanier wie für die Cubaner nutzlos. Woodford erklärte schließlich, wenn der Krieg nicht vor Ende October beendigt wäre, würden die Vereinigten Staaten sich für berech tigt halten» die ihnen entsprechend erscheinenden Maßnahmen zur Sicherung deS vollständig dauernden Friedens auf Cuba zu treffen. Der Herzog v. Tetuan habe die Mittheilungen Woodford's zur Kenntnifi genommen und gleichzeitig gegen die amerikanischen Prätentionen Verwahrung eingelegt. Eine officielle Ant wort werde der Herzog v. Tetuan erst in Madrid nach der Rückkehr des Hofes formuliren. Thatsächlich läßt sich der Gang der Ereignisse auf Cuba immer ungünstiger für die Spanier an. Eine amtliche Depesche meldet nach Madrid, in mehreren Zusammenstößen seien 27 Aufständische gelödtet worden und 228, unter denen sich mehrere Führer befanden, Kälten sich unterworfen. Aber abgesehen davon, daß man es im besten Fall nur mit einem kleinen vereinzelten Erfolg zu tbun hat, weiß man, was von amtlichen spanischen Sieges- depescken zu kalten ist, zumal wenn in denselben, wie in der vorliegenden Meldung, zugegeben werden muß, daß die Zu sammenstöße den Spaniern 17 Todte und 60 Verwundete gekostet haben, Zahlen, die sicherlich zu niedrig gegriffen sind. Dagegen melden die „Central News" aus New Aork, die Cubaner hätten den Ort Managua, drei Meilen von Havannab, besetzt, Waffen und Munition erbeutet und eine zersprengt. Ebenso sollen die Aufständischen die Stadl PlacetaS in der Provinz Santa Clara eingenommen haben. treten. Camilla war mit einem ziemlichen Aufwand und Pomp begraben worden und einige Tage später begab sich Frau de Courcelles in tiefer Trauer in das „Hotel de France", um Herrn de Melida einen Dankbesuch abzustatten für die splendide Beileidsbezeigung, die er ihr bei dem Unfall übermittelt. Herr de Melida empfing sie sofort; er mochte neugierig sein über den Vorfall, den ihm Graf Victor allerdings schon in seiner Weise rapportirt hatte, auch von Frau de Courcelles nähere Einzelheiten zu vernehmen. „Excellenz —", begann sie mit einer tiefen respectvollen Verbeugung und mit der schmcrzerstickten Stimme der trauern den Mutter und hilflosen Witkwe. „Nehmen Sie zunächst Platz, gnädige Frau", unterbrach sie Herr de Melida theilnehmend, „und gestatten Sie, daß ick nun auch mündlich mein aufrichtigstes Mitgefühl bei diesem Unglücksfall auSdrücke, der Sie so plötzlich und er schütternd heimgesuckt hat." „Plötzlich und erschütternd Wohl, Excellenz, aber gleich wohl nicht überraschend." „WaS Sie sagen?! Glaubten Sie eine solche Kata strophe für früher oder später voraussehen zu müssen, Frau de Courcelleö?" „Wenn auch daS nicht gerade, Excellenz: aber immerhin hatte ich von jeher genug Gewißheit, um sie nun erklärlich zu finden. Meine arme Camilla war schon seit längerer Zeit in sehr beunruhigender Weise leidend." „In welcher Weise?" Frau Courcelles wußte sehr wobl, daß sie Herrn de Melida den gewöhnlichen Zeitungsbericht der „Revue littorale" nicht noch einmal auftifchen durste; sie-mußte viel mehr vorauSsctzen, daß eS Herrn de Melida möglich gewesen sein konnte, sich über die Vorgänge und besonder« über die TodeSart Camilla's bei der Behörde zu informiren. Sie mußt« also auf «ine geschickte Auslegung der Vorkommnisse bedacht sein, die in keiner Weise mit den Thatsachen im Widerspruche stehen durfte. „Schon seit vorigen Sommer war Camilla nicht mehr ganz Herrin ihrer selbst", fuhr sie ohne jedes Zögern fort. „Sie war confu-, zerstreut und excrntrisck und als ick des halb den Arzt befragte, erklärte mir dieser, daß möglicher weise eine — ich mache Ihnen die Mitlheilung mit aller Reserve, Excellenz —" „Sie dürfen sich darauf verlassen, gnädige Frau, daß ich Ihr« Mittheilungen völlig di-cret behandeln werde." Gelegenheit zu amüsiren, dadurch, daß man allerhand Ge schichten über sie erfindet." „Ab, Sie stellen Ihren Landsleuten kein gutes Zeug- niß aus!" „Landsleute! Was wollen Sie, Excellenz? Das sind keine Landsleute; hier versammelt sich vielmehr der Abschaum der europäischen Gesellschaft, ein Gemisch von Hoch und Niedrig, von Vornehm und Schmutzig, von Naivetät und Gaunerei, in dem immer nur die schlechtesten Tendenzen der Gesellschaft zum Durchbruch kommen." „DaS klingt ja bei Weitem unfreundlicher, als ick cs mir gedacht hätte." „Auf mein Wort, eS ist so. Aber deswegen kränkt mich die Klatscherei über den Grafen Victor nickt weniger. Der arme junge Mann! Was kann er anders thun, als gegen solcke Lästerzungen und Pflastertreter nut aller Sckärfe und Entschiedenheit des Edelmannes vorzugeben, wie er es factisch gegen den Freiherr« von Cadelwitz gethan Hal? Sie haben davon gehört, Excellenz?" „Ich weiß — ich weiß! Und ick will nur wünschen, daß diese Affaire nicht ebenfalls einen bösen AuSzang nimmt." „Nun, wir werden ja sehen, waS daraus wird. Aber darin hat Graf Victor dennoch Recht: energisch gegen die Verleumdung Front zu machen. WaS hat er denn nur ge than, ui» den Leuten Veranlassung zu geben, ihn in ein solch häßliches Gerede zu bringen? Er hat seit etwa zwei Jahren seine Handschuhe in meinem Laden gekauft; aber — mein Gott, ist denn daS «in« Sünde?" „Warum nicht gar! DaS wäre ja eine ganz neue Sünde!" „Over ist eS etwa eine Sünde, wenn er Camilla, die doch immerhin ein hübsche- junge- Mädchen war, hin und wieder eine harmlose, unschuldige Schmeichelei sagte oder ihr einmal eine Blume, ein Veilchensträußchen oder dergleichen geschenkt hat?" „Noch weniger!" „Daß fick Camilla in ihrer krankhaften Exaltation eine falsche Vorstellung von seinen Complimenken gemacht, oder wohl gar geglaubt bat, daß sie einst eine Gräfin zu Kreuz werden könne, ist da- seine Schuld? Oder ist e« nicht viel mehr auch eine tiefbeklagen-wertbe Wirkung der geistigen Störung Camilla's, die eine oberflächliche Redensart nickt von einem tiefgehenden Gefühle zu unterscheiden vermochte?" „Ohne Zweifel das Letztere, meine Gnädige, ohne Zweifel!" Götzendienst. 14f Roman in zwei Theilen von WoIdemar Urban. Nachdruck »erboten. Aber wie die Menschen nun einmal sind — von ihrem Nebenmenschen mit Vorliebe daS Schlechteste und Nieder trächtigste ohne Weiteres anznnebmen, so glaubte man auch in Monte Carlo alle Richtigstellungen und Erklärungen nickt; sie klangen so gar unschuldig und harmlos. Graf Victor ließ sich keine Mühe verdrießen, um dem Geschwätz endlich ein Ende zu machen. Er horchte in seinem Bekanntenkreis, in Restaurants und Kaffeehäusern herum, um einmal Jemanden stellen zu können, welcher „auS Neid gegen ihn wegen seiner Beziehungen zu Fräulein Felicia de Melida", wie er öffent lich erklärte, unwahre Angaben über ihn verbreitete, und end lich gelang es ihm auch, im Cafs des AnglaiS einen harm losen jungen Mann zu ertappen, der am Kneiptisch be hauptet hatte: „Die Geschichte wird schon ganz anders gewesen sein." Sofort ließ ibm Graf Victor eine Forderung auf Pistolen zustellen. Der Herr, welcher so unbedacht seinen Gefühlen freien Lauf gelassen hatte, war ein Freiherr v. Cardelwitz. Al- er die Forderung erhielt, leugnete er sofort jede be- leidigeude Absicht und erklärte sich bereit, die Aeußerung zurückzunehme». Aber e- nützte ihm nichts; denn Graf Victor bestand darauf, ein Exempel zu statuiren und blieb bei den härtesten Bedingungen: dreimaliger Kugelwechsel auf zwanzig Schritt mit Avancement. Der arme Herr v. Cardelwitz war in Verzweiflung und sah mit unentrinnbarer Gewißheit schon den Tod vor Äugen; denn Graf Victor galt allgemein als rin guter Schütze. Es wurde bin- und berverhandelt, ein Ehrengericht berufen, dem zunächst fünf Mitglieder angehörten, dem sich aber noch weitere sechs zugesellten, da der Fall von außerordentlicher Schwierigkeit war. In allen Club«, in allen Gesellschaften wurde — natürlich ganz im Geheimen — die Angelegenheit verbandelt nnv Graf Victor batte damit seinen Zweck er reicht. Die Klatscherei wurde in andere Bahnen gelenkt und ter armen Camilla gedachte so ziemlich Niemand mehr. So weit war die Angelegenheit gediehen, als es Frau EourcelleS ihrerseit- eS für an der Zeit hielt, in Action zu Indem ich Ihnen und Ihren politischen Freunden, deren herz liche Aufnahme in Dresden ich niemals vergessen werde, für die bevorstehende Campagne wie für alle Zukunft den besten Erfolg wünsche, bin ich mit der vorzüglichsten Hochachtung Euer Hochwohlgeboren ergebenster H. Bismarck. Dieser Brief büßt an seiner Bedeutung für die sächsischen Conservativen nichts ein, dadurch, daß der Verfasser über den allgemeinen Zweck der Aeußerungen seines Vaters sich sehr vorsichtig äußert und seine Ansicht, der Fürst werde sich in jenen Gesprächen „primo loco mit dein Verhalten der Führer der conservativen Reichstagsfraction bei Durch- peitsckung der Handelsverträge" besaßt haben, ausdrück lich als seine eigene Meinung bezeichnet. Im Gegcntheil erhält das, was Graf Herbert mit aller Bestimmtheit als das Unheil seines Vaters über die sächsischen Conservativen be zeichnet, durch jene vorsichtige Ausdrucksweise besonderes Ge wicht. Es geht daraus hervor, baß wir in unseren bisherigen Besprechungen über jene Aeußerungen des Fürsten mit vollem Rechte betonten: was auch der große Staatsmann an der conservativen Reichstagsfraction und dem Verhalten der preußischen Conservativen zu tadeln finde, an der Haltung der sächsischen Conservativen im eignen Landtage und besonders den übrigen Ordnungsparteien gegenüber könne er nichts ausznsetzcn haben, denn es ent spreche durchaus Dem, was der Fürst oft genug als Pflicht jedes wirklich conservativen Mannes bezeichnet babe. Graf Herbert Bismarck bestätigt dies und kann trotz des sichtlichen Bestrebens, die preußischen Conservativen zu schonen, nicht umhin, ihnen unter ausdrücklicher Berufung aus seinen Vater ein Tadels Votum in Form der Mahnung außzusprechen, sie möchten sich die Haltung ter sächsischen Conservativen in einigen Richtungen dadurch aneignen, daß sie bei den nächsten Reichstagswahlen gleich ihren sächsischen Gesinnungsgenossen sich bemühen, die Anhänger der staatlichen Ordnung und Vertreter des nationalen Erwerbes unter eine Fahne zu sammeln. Daß diese Sammlung durch daS Verhalten der preußischen Con servativen und ihrer Presse bei Gelegenheit der preußischen VereinSgesetznovelle sehr erschwert worden ist, ist so augenfällig, daß Graf Herbert Bisuiaick es nicht zu sagen gebraucht hätte, auch wenn sein Brief sich direct au die preußiichcn Conservativen richtete. Jedenfalls können diese aus seinem Schweigen nicht die Ermun terung hcrauSlesen, auf dem conservativen Parteitage in Dresden auf der VereinSgesetznovelle und ihren national liberalen Gegnern hcrnmzureiten, wie die conservative säch sische Presse keinen Anlaß hat, aus diesem Schweigen das Lob herauszulesen, auch sie habe durch ihre Haltung jener Vorlage gegenüber dazu bcigetrageu, daß bei den nächsten NeichstagSwahlen der Wunsch des Fürsten BiSmarck nach Zusammenschluß der OrdnunaSpartcicu sich ersülle. Die Nolle, die der Fürst bei den Vorbereitungen zu den nächsten NeichstagSwahlen die sächsischen Conservativen als Vorbilder „des preußischen ContingentS" spielen sehen möchte, ist eine so ehrenvolle, daß jedenfalls der energische Versuch gemacht werden muß, sic zu übernehmen. Der bevor stehende conservative Parteitag in Dresden wird Gelegenheit dazu bieten; den guten Willen bat die Zuschrift deS Herrn vr. von Freg e-Weltz ie n, die wir am Freitag ver öffentlichten, erkennen lassen. Der Erfolg hängt freilick nur zum kleinsten Theile von den sächsischen, zum größten Theile von den preußischen Conservativen ab. Jedenfalls 254.— 157.50 226,— I 566,— 65,— 1 134,25 133.50 15650 89 — > 58,71 119.75 l 47.50 9.52'z 58,72-1 127>« > 111,— 281.— srk Luks. ? 433,— 80'. 68 21-. 87'« 3'« . kso. — s> 101 184.75 180,40 127.25 . 87,25 17440 183,50 183,10 183.75 1- 0,40 113.25 71,40 ss: klsu ck- Kriek 3700 6200 10 3550 10 15 10 10 4200 X) 4850 15 8625 10 11850 X) 875» X) 6250 3300 15 760 x> 1630 X) — x> 12100 3100 X) 2350 )0 2040 0 14200 X) 10400 2525 8100 X) —— )0 4025 ko 300 >0 2800 300 X) —— M 1800 3600 925 13525 1065 X) 2400 13250 3175 ntsrsnos, Lieden-
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