Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.09.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-09-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970923010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897092301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897092301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-09
- Tag1897-09-23
- Monat1897-09
- Jahr1897
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Morgen-Ausgabe KipMr TaMM - L. Druck und Verlag vou L. Polz in L-ivj!^. Jahrgang. Donnerstag den 23. September 1897. ',7s t-LLr.IOI KNer — Feuilleton Sv- Di« Morgen-Au-gabe erscheint um '/,? Uhr. die Lbrnd-Au-gabe Wochentags um b Uhr. bestehenden Strafkolonien deshalb von aktuellem o «. o ». o L. 6 >0 S. . lr. > L - 0. 10.151528. 0 8. - 6. - e». - ». 0 0 8. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgab«: Nachmittag» »Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Unreigen sind stets an die Expedition zu richten. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbrfi-rderung 60.—, mit Postbrsörderung 70.—» Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile r0 Psz. Reclameu unter dem Redaetionsstrich (»ge spalten) SO^j, vor Lea Famlltenaach ichte, (6 gespalten) 40/^. Größere Schriften laut unserem Prris- verzeichaiß. Tabellarischer und Zif^rnsa^ nach höherem Tarif. Nrdartiou und Lrvedition: Aohanne-gafse 8. Di« Expedition ist Wochentag» ununterbroch«» geöffnet von früh 8 bi- Abend» 7 Uhr. Filialen: Dtta Slemm'S Lortim. (Alfred Hahn), NniversitütSstraße 3 (Paultuum), Laut« LSsche, Datharinenstr. i», part. und SöuigAplatz 7- Personen mit Stöcken aus Grütter losgeschlagen Grütter soll sich verzweifelt mit seinem Spazier- gewehrt und dem Photographen Hansen zugerufen er solle die Nothleine ziehen. Hansen that dies auch; versagte aber. Der Lokomotivführer soll in jenem 2 br>4. 2 8 5 8. >,— 8. 8 .60 8. .75 tt. .60 14. .25 <4 50 kl 80 6. — ir. 25 14. .25 8. .50 .4. ti. .40 ». ^75 8. >75 14. >,15 8. - v. - ti 5 Kr8 - ti. - 8. 0 ti 5 l«. 0 <4. 0 drO. 5(4. Lt. 1k6 22> - S. Anzeiger. Ilttttsbkatl des königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Unter -en Deportirten. Nachdruck ««rieten. Wurde in diesen Blättern der Hauptstadt Neu oer französischen Berbrcchercolonie Numea ge- mit dem politischen und gesellschaftlichen Zu- .25 6. .40 o. <4. .50 ti. .25 8. .75 <4. k«. ,50 <4. SO l4. >,— ti. Polnische Landfrie-ensbrecher vor -em Schwurgericht. Unberechtigter Nachdruck verboten, k. Eraudenz, 22. September. Ein gerichtliches Drama eigener Art wird sich morgen vor dem Schwurgericht des hiesigen Landgerichts entrollen. Am Spütabende des 31. März 1897 wurde an der Bahnstrecke Terespol-Schönau, etwa 400 m von der Bromberger Chaussee entfernt, in dem Bahn graben auf dem Sande hingestrecki, die Leiche des deutschen BolksschullehrerS Max Grütter aus Luschkowko gefunden. Am >.75 6. 25 6. >,— l4. .25 6 >.— 6. >,— « 1,25 6. .75 6. >,25 6. 1,50 <4 !,75 ti. 25 6. .25 14. 1,00 <4. !,75 t!. Wahl statt, für die von polnischer Seite der Rittergutsbesitzer von Saß-Jaworski, von deutscher Seite der zur deutschen Reichspartei gehörende Rittergutsbesitzer Holtz-Parlin aufgestellt war. Ter Wahlkampf ist sehr heftig gewesen. Der Candidat der Polen trug den Sieg davon. Das polnische Wahlcomits hat die an jenem Tage außerhalb des Wahlkreises beschäftigt gewesenen Arbeiter so viel als mög lich an die Wahlurne geholt. Gegen 8 Uhr Abends fuhr eine große Anzahl polnischer Arbeiter von Cchwetz, die dort ihrer Wahlpflicht ent sprochen hatten, auf ihre Arbeitsstätten zurück. Da jedoch der Zug nur einen Wagen vierter Clasfe hatte, so mußten 40 Personen in dem Wagen zusammengepfercht werden. Der enge Raum nöthigte die Männer, in die Frauenabtheilung, in der nur wenige Frauen waren, zu gehen. Unter den Mitfahrenden befanden sich der deutsche Bolksschullehrer Max Grütter, der Photograph Julius Hansen aus Berlin und einige andere Deutsche, die überwiegende Mehrheit bestand jedoch auS polnischen Arbeitern. Ob Letztere etwas angeheitert waren, ist nicht festgestellt, jedenfalls soll die Stimmung etwas erregt gewesen sein und zwar, dem Ver nehmen nach, weil in der Stadt Schwetz bedeutend mehr Stimmen auf Len deutschen Candidaten gefallen waren, als bei der Hauptwahl. Die Unterhaltung drehte sich jedenfalls ausschließlich um die Reichstagswahl. Bei dieser Gelegenheit sollen die Polen in polnischer Sprache gesagt haben: „Wir brauchen keinen Holtz, die Deutschen betrügen bei den Wahlen" u. s. w. Grütter soll daraus versetzt haben: „Was sind wir, Betrüger?" „Das bist Du auch, beim Teufel", riesen die Polen. „Ich bleibe, was ich bin und Ihr bleibt Pollacken", soll Grütter geantwortet haben. Daraufhin soll der Maurer Grajewski dem Maurer Resmer einen Stoß versetzt haben, so daß Letzterer auf Grütter fiel und denselben zu Boden warf. Grütter soll sich dies energisch verbeten haben, darauf sollen jedoch Resmer und noch fünf andere haben, stock haben, letztere Zuge zugleich Zugführer gewesen sein. Hansen eilte zum Gepäck wagen, um von dort Hilfe zu holen; dieser war jedoch verschlossen. Als Hansen nun in das Couptz vierter Clasfe zurückkam, war Grütter verschwunden. Auf seine Frage, wo Grütter geblieben sei, antworteten die Polen: Der ist hinausgesprungen. Der Lokomotivführer des nächsten Zuges hat den Leichnam Grütter's, der an der Stirn mehrere blutunterlaufene Ver letzungen und Hautabschürfungen auswies, gesunden. Grütter war mit dem Gesicht nach unten ausgesallen. Letzteres hatte sich tief in den weichen Sand eingegraben. In dem Kehlkopf, aus der Zunge und an den Zähnen war Sand enthalten. Laut gerichtsärztlicher Feststellung hat Grütter die erwähnten Verletzungen lebend erhalten. Er hat auch, als er in den Graben fiel, noch gelebt. Der Tod ist durch Erstickung, wahrscheinlich in Folge des Abschlusses der atmosphärischen Luft von Mund und Nase, erfolgt. Ob Grütter gewaltsam auf die Plattform, von der der Absturz nur erfolgt sein kann, gedrängt, oder sich vor den Mißhandlungen der Menge auf die Plattform geflüchtet hat und von dieser herunter gestürzt ist, ist bisher nicht festgestellt. Die Anklagrbehörde scheint das Letztere anzunehmen, denn sie hat gegen die Maurer Josef Resmer, Anton Lewandowski, Franz Lewandowski, Josef Korczynski und Johann Grajewski und den Zimmermann Ignatz Matlinski Anklage wegen Betheiligung an einer Schlägerei, durch welche der Tod eines Menschen verursacht worden ist, und wegen Landfriedens bruches, und zwar gegen Resmer und Grajewski als Rädels führer, aus Grund der ZZ 227 und 125 des Straf-Geseybuches Anklage erhoben. Die Angeklagten, die sich zumeist schon feit Anfang April in Untersuchungshaft befinden, bestreiten sämmtlich ihre Schuld. Resmer und Anton Lewandowski sind 1871. Franz Lewandowski 1867, Korczynski und Grajewski 1865 und Matlinski 1862 geboren. Sämmtliche Angeklagte sind katholischer Consession. Resmeristwegen Mißhandlung mit lO^l, Grajewski wegen Sachbeschädi gung mit 3 Geldstrafe bestraft, die anderen Angeklagten sind noch unbestiast. Grütter, dessen wohlgelungenes Portrait in dem hier vor 14 Tagen erschienenen Familienkalender „Vater Freimuth", nebst einer von dem Chef-Redacteur Paul Fischer geschriebenen Biographie erschienen ist, ist am 30. März 1865 in Thorn geboren. Er war verheiralhet und Vater dreier unerwachsener Kinder. Ein in hiesiger Stadt gebildetes ComitS bat für die Hinterbliebenen >0000 gesammelt. Ter Bildungsgrad Grütter's soll sich weit über den eines Landlehrers erhoben haben. Er war ein sehr begabter Botaniker und wurde vom Botaniichen Institut der Berliner Universität zur Ersorschung der Flora Ost- und Westpreußens wiederholt aus Reisen geschickt. Es sind gegen 40 Zeugen zu der auf zwei Tage berechneten Verhandlung geladen worden. (Fort setzung folgt.) ; 6. 1 t4. ) 8. ) 8. ) 8. ) 0. 1,— 8 1.50 k 4.50 8. t 6. 1 14. )75 14. >,25 <4. >r LtUck >0'41ut.LlSv01 ti. > 0 10 <4 1 «. 1 ». 1 ». r » iO «4. tO 14. > <4. > ti. > lr. » <4. 1 » > «. >5 ti. > 14. >0 <4. 0 8. 5 8. durch tauserde von Meilen getrennt von Vaterland und Heimath, von Haus und Herd, von Weib und Kindern, die die wenigsten je wieder zu sehen bekommen. Aber fast alle europäischen Staaten mit colonialem Besitz haben ihre überseeischen Verbrecher-Colonie, und ihre Re gierungen denken nicht daran, sie aufzubeben. In der Tbal lassen sich mancherlei Gründe der Staatsraison für ihre Existenz geltend machen. Was bat es, so fragt man, für Zweck, den Auswurf der Menschheit, namentlich die immer und immer wieder rückfälligen Verbrecher daheim, in geschlossenen Zuchthäusern und Straffasernen, deren Ver mehrung von Jahrzehnt zu Jahrzehnt forlschreitet, fest zuhalten und zu ernähren und durch die Gesängniß- arbeit, von der uun einmal aus fiskalischen und anderen Gründen nicht abgesehen werden kann, dem an sich schon schwer bedrängten Handwerk eine empfindliche, den Volkswohlstand und damit baS Staatsganze schädigende Concurrenz zu machen, während draußen in den Colonien au» Mangel an Arbeitskräften die Schätze, welche das Land birgt, ungehoben bleiben und so ein großer Tbeil des kost spieligen Kolonialbesitzes todteS Capital darstellt? Dort ist die Hefe der Gesellschaft dock noch zu etwas gut, dort verzinsen sich die Kosten für ihren Unterhalt hundertfach, und die Arbeit der Deportirten, weit entfernt, irgendwem zu schaden, vermehrt den Reichthum deS Mutterlandes. Das ist gewiß ein beachtenSwertber GcsichlSpunct und man wird immer wieder auf ibn zurückkommen, wie auf den andern, von dem aus die Abschiebung besonders staatSgefähr- licher Elemente in weit entlegene, vom Verkehr möglichst ab- seitSIiegendc Erdenwinkel,namentlich auf einsam« Inseln, als eine StaatSnothwendigkcit bezeichnet wird. Dieser G-sicktSpunct ist neuerdings anläßlich des Wiederauflebens der anarchistischen Propaganda der That in den Vordergrund getreten und namentlich von Spanien aus, wo die jüngsten blutigen Attentate — die Ermordung de- Ministerpräsidenten Canovas del Castillo und die schwere Verwundung de» Polizeicom- Kürzlich caledonienS, dacht. Eine , .. . _ ständen der Cüdsee-Jnseln unzufriedene Gesellschaft aus aller Herren Ländern war auf dem Wege nach der englischen Kroncolonie Fttschi, wo sie ein socialistischeS Paradies gründen wollte, schiffbrüchig geworden und furchtbar decimirt, nach Numea verschlagen worden. Ein Paradies, nicht zwar von Menschenhänden, sondern von der Allbildnerin Natur geschaffen, fanden sie auch dort in dem wellentlegenen Eiland Caledonien, dessen Hobe Berge sich in den malerischen Buchten des Oceans spiegeln, besten herr liche- gesundes Klima die Flora der Tropen ebenso wie die gemäßigter Himmelsstriche reifen läßt, dessen Inneres noch ungehobene mineralische Schätze, Gold und Kupfer, Antimon und namentlich Nickel birgt und dessen Eingebornen-Stämme, noch vor Kurzem der Menschenfresserei huldigend, durch die Missionen sittlich und materiell geboben, ihren kriegerischen Charakter größtentheilS abgelegt haben und den Fremden freundljck, wenn auch noch scheu, zu begegnen pflegen. Allein welch düsterem Zwecke dient dies herrliche Stück Erde, welch' erschütternde- und zugleich abstoßendes Conglomerat von Elend und Verworfenheit liegt hinter jenen üppig grünenden Waldungen und sonnigen Orangenbainen versteckt! Verbrecher-Colonie! Man kann sich deS Gefühles lieson Mitleid» nicht erwehren, wenn man sich vergegen wärtigt, wie ungeheuer grausam die Strafe der Deportation auf den Betroffenen lastet. Auf lange Jahre, meist auf Lebenszeit, sind die Bedauern-werthen nicht nur ihrer Frei heit und Selbstbestimmung beraubt, loSgeriflen sind sie und DezugS-PreiS E» d« Hauptexpedition oder dru km Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich ^14.50, bri zweimaliger täglicher Zustellung tu» Haus 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertestährlich ^l S.—. Direkte tägliche Krruzbandieuduag in» Au-land: monatlich ^l 7.50. Deutsches Reich. LZ Berlin, 22. September. Die Veröffentlichung des Schreibens, das der Director im Reicksversicherungsamte Gäbel in Sachen des „Christlichen Zeitschriften vereins" erlassen, hat eine recht interessante Erscheinung hervorgerufen. Während der fromme „Neichsbote" Pech und Schwefel auf die die Empfehlung des „Christlichen Zeit- schriften-Vereins" tadelnde „Zeil" herabwünscht, möchte die noch frömmere, beinahe heiligmäßige „Germania" die Herren vom NeichSversicherungsamt dem Höllenpfuhl über antworten. Sie beschuldigt den Grafen Posadowsky einer „einseitigen konfessionellen Propaganda", für die es keine Absolution gebe, und kündigt als vorläufige irdische Strafe die Loslösung des Reichsversicherungsamtes vom Reichsamt des Innern und die Erhebung der zur Sünde verlockten erstgenannten Behörde zu einem selbstständigen NeichSamt an. Der Gedanke ist ja nicht neu und erörterungs fähig. Aber ihn mittels einer gesetzgeberischen Action, die den Anspruch auf den Namen „lex Hiille" Kälte, zur Ver wirklichung zu helfen, wäre doch wohl grotesk. Ein wenig Honig läßt sich aus dem Unkraut des Disputs zwischen „Germania" und „Reichsboten" übrigens saugen, und man wird ibn den Conservativen und Klerikalen vorsetzen, wenn sie wieder einmal, wie beim Zedlitz'schen Schulgesetz, die Congruenz ihrer Anschauungen vom Christenthum ent decken sollten. x Berlin, 22. September. Die „Nat.-Lib. Corr." schreibt : Ueber erfreuliche Fortschritte des deutschen Schul wesens im Auslande, insbesondere im Orient, sind in den letzten Tagen Mittheilungen durch die Blätter gegangen, wobei eine baldige Centralisation dieser Schulen unter Reichs unterstützung und Reicksaufsicht angeregt wurde, wie eine solche seit längerer Zeit in Italien bereits geübt wird. Zu gleicher Zeit wurde mitgetheilt, daß die evangelischen Pastoren im Orient auf der diesjährigen Synode zu Smyrna be schlossen haben, eine Eingabe an den Reichstag zu richten, worin sie für die Einrichtung einer Einjährigenprüfung an den deutschen Auslandsschulen eintreten. In dem letzten Winter ist dirseFrage eingehend von dem nationalliberalen Abg. Or. Hasse im Reichstag bei Beratbung des Etats des Aus wärtigen Amte» zur Sprache gebracht worden. Und die Antwort des Auswärtigen Amtes ging dahin, daß die Negierung wohl wollend dem Wunsche gegenüber stehe, den deutschen Schulen im Auslande in größerem Umfange als bisher die Befugniß zu ertheilen, Zeugnisse auszustellen, die in Deutschland zum einjährigen Dienst berechtigen. Die Entscheidung aber steht dem Reichsamt deS Innern zu, und zwar der unter seiner Leitung stehenden Reichsschulcommission. Infolge dessen, so schloß die Erklärung, werden die deutscken Schulen im AuSlande gut thun, ihre Anträge dorthin zu richten, und sie werden Aussicht auf Erfüllung ihrer Wünjche haben, wenn sie beweisen, daß sie in ihren Einricklungen und Leistungen im Wesentlichen den Anstalten gleichkommen, denen im In lands die Berechtigung zusteht. (-) Berlin, 22. September. (Telegramm.) Ein Unglücksfall, der im ganzen deutschen Reiche nicht nur, sondern in den Verbündeten Staaten schmerzliches Bedauern erwecken wird, hat unsere Marine betroffen. Heute Vor mittag ist bei dem ersten Feuerschiffe in Cuxhaven da» Torpedoboot 8 26 gekentert und gesunken. Der Commandant Herzog Friedrich Wilhelm von Mecklen burg, geboren am 5. April 1871 zu Schwerin, als ältester Sohn des verstorbenen Großherzogs Friedrich Franz und seiner dritten Gemahlin Marie, geb. Prinzessin von Schwarz burg-Rudolstadt, und sieben Mann sind ertrunken. Ein gehendere Nachrichten sind noch nicht zu erlangen ge wesen. (Wiederholt.) dem wegen seiner an- Bürgerlicken jetzt eben vielgenannten, als Ethnographen eines hervorragenden :en Erzherzog Franz Ferdinand ch-Este, der auf seiner in den Jahren 1892 und 1893 unternommenen Weltumsegelung auch Neukaledonien einen Besuch abgestattet und dort einen genauen Einblick in die französische Verbrecker- station gewonnen bat. Wir haben den ersten Band seines großangelegten hochinteressanten Werke- „Tagebuch meiner Reise um die Erde" (Verlag der H,s- und UmversitätSbuch- bandlung von Adolf Holder in Wie») seiner Zeit einer ein gehenden Würdigung unterzogen. Den unlängst erschienenen zweiten Band, der die Erlebnisse deS boben Reisenden in Australien, Japan, China und Nordamerika zum Gegenstand bat, glauben wir nicht besser empfehlen zu können, al- daß wir auS seinen Mittheilungen über Neukaledonien, speciell dessen Hanpiorl Numea das Wissenswerldeste weiteren Kreisen zugänglich machen. Sckon vom Schiff au- kann d:r Ankommende die Be stimmung der Statt Numea al- Strascolonie wahrnebmen, da der Bucht entlang Gruppen kleincr zur Station gehöriger Häuser und von hohen Mauern umgebene Gefängnisse liegen und Sträflinge, in Zwilliganzüze gekleidet und durch große Strohbüte gegen die Sonne geschützt, kolonnenweise gewöhn lich am Strande arbeiten. Recht seltsam contrastirt mit der Bestimmung der Colonie die in dem Garten des Gou verneursgebäudes errichtete Statue der Freiheit. Die Straßen der Stadt schneiden sich im rechten Winkel, die Häuser sind klein, unansehnlich und sichtlich in aller Eile erbaut. Das Gesammtbild der Stadt ist im Wesentlichen ein recht Melancholisches, da man allenthalben den langen Zügen der paarweise zur Arbeit oder von derselben marschirenden Sträf- linge,deren so manche wegen Fluchtversucks/DiSciplinarvergekcn und dergleichen Ketten tragen, begegnet. In den Straßen herrscht wenig freies Leben, nur einige Europäer und hin und wieder Eingeborene sind sichtbar. Längs der nach dem Innern der Insel führenden Hauptstraßen sindct man überall kleine Gendarmeric-Casernen und Posten, deren Besatzung die Ordnung unter den arbeitenden Sträflingen aufrecht zu er halten bat, sowie die Häuser resp. Hütten der Polizisten, welch Letztere auS der eingeborenen Bevölkerung recrutirt werden. Im Ganzen weilen auf der Insel etwa 8000 Sträflinge, die hauptsächlich beim Straßenbau, aber auch beim Berg- werkSbelrieb in den großen Nickelminen verwendet werden. Man kann die Sträflinge in drei Arten eintheilen: die auS Frankreich oder an- den Colonien unmittelbar kommenden, welche sofort zu Arbeiten an den verschiedenen Punkten der Insel berangezogen werden; ferner jene Deportirten, welche sich auf der Insel neue strafbare Handlungen zu Schulden kommen ließen und als Unverbesserliche im eigentlichen Hauptdepot auf der Insel Duborzet oder Nu untergebracht sind; endlich die sogenannten L>bsr4S, welche zwar ihre Strafe bereit- abgcbüßt haben aber noch nicht in die Heimath zurückkehren dürfen. Sie genießen ziemliche Freiheit, sieben aber unter polizeilicher Aufsicht und müssen sich an be stimmten Tagen bei der Behörde melden. Sträflinge, welchen 8 8. > 8. - ti m.Lp.bb - ». w.6p.^ ) 8. ) t>,8. - ti. w.Op r > 8. >,— 8. L. > 50 0. > 75 8. > 50 8. d-6. > 50 8. 25 6. > 25 8. 25 8. 50 6. 4— 8. tvn. -r Stück 51L Die „Jnitiativ-Anträge" zum sociat-emokratischen Parteitage. L2 Der „Vorwärts" veröffentlicht, wie schon mitgetheilt, die „Jnitiativ-Anträge" zum socialdemokratischen Parteitag in Hamburg, d. h. diejenigen Vorschläge, die auS den Reiben der „Genossen" hervorgegangen sind und die, wenn sie zur Berathung gelangen wollen, vor der Eröffnung deS Parteitages angemeldet sein müssen. Die Befolgung dieser statutarischen Vorschrift führt jedoch sehr häufig nicht zum Ziele, da alljährlich die Versammlung geschlossen wird, ehe die sämmtlichen Anträge verhandelt worden sind. DaS Geschick des ständigen Prä sidenten Singer erprobt sich da regelmäßig. Vielfach erwirbt er sich damit den Dank fast aller Parteigenossen wie auch Len der zum Lesen der Verhandlungsberichte verurtheilten Leute. Es kommt nämlich Jahr für Jahr eine lange Reibe derselben Anträge zum Vorschein, da etwas Neues absolut nicht vorzubringen ist. Zu diesem Unsterblichen gehört beispielsweise der Vorschlag, den Parteitag im Interesse der abseits der Parteikrippe ihre Nahrung Findenden zur Pfingst- oder Weihnachtszeit, also unter Berücksichtigung der Verhältnisse der wisera xlebs coutiidueu8, abzuhalten. Es wird den die Mehrheit bildenden Mitgenießenden niemals gestattet, den verständigen Antrag anzunehmen. Denn in den Wochen l erkömmlicher Arbeitslosigkeit könnte sich so mancher wirkliche Arbeiter, mancher Unabhängige zum Parteitag wählen lassen, dem seine Verhältnisse im October die Betheiligung an der ungefähr eine Woche Zeit nehmenden Veranstaltung nicht gestatten. Dem Parteitag muß der Charakter einer „LandratHs-Kammer" unbedingt gewahrt werden, und bisher hat er diese Bezeichnung auch wirklich noch redlicher ver dient, als das gegenwärtige preußische Abgeordnetenhaus, dessen Mehrheit damit nichts Gutes nachgesagt werden soll. Ein anderer Ladenhüter, der zwar auch unverkäuflich bleibt, aber vermöge seiner proletarisch werbenden Kraft doch wenigstens immer die Niederlegung auf den Ladentisch er zwungen hat, ist der Antrag, die Höchstgehälter der Partei angestellten auf 3000 zu normiren. Die Betheiligung einzelner Personen mit sechs, sieben und mehr tausend Mark an den Arbeitergroschen will den Hunderttausenden, die den zukuuftSstaatlickcn Gleichheits-Verheißungen Glauben entgegen bringen, noch immer nicht einleuchten. Aber dieser „gewerbs störende" Antrag fällt regelmäßig erst reckt unter den Tisch. Er richtet sich vornehmlich gegen den Herrn Liebknecht, der und dessen „Vorwärts" auch diesmal wieder recht schlecht weg kommen sollen. ES liegt ein Antrag vor, demzufolge die Partei genossen in Berlin eine Preßcommission zu wählen hätten, die daS „Centralorgan" einer fortgesetzten Controle „in finanzieller und localer Beziehung" zu unterziehen, sowie bei allen Anstellungen in Redaction und Expedition mit zureden haben soll. Daß dieser Antrag orthodox demo kratisch ist, wird die Parteileitung nicht in Abrede stellen tonnen, und daß er den hauptstädtischen Parteigenossen einen Vorzug einräumt, dürfen die deutschen Lobredner der Pariser Commune von 1871, deren Vorverfechter Herr Bebel ist, i och weniger beanstanden. Dennoch ist gewiß, daß der Parteitag, den die Herren Bamberger und Singer, die Len „Vorwärts" „finanziell, local und in Bezug aus die Anstellung" beherrschen, und zwar absolutistischer Weise, nicht gestört werde. Aus den „Vorwärts" gemünzt, wenn auch nickt auf diesen allein, ist ferner ein Antrag ans dem 5. sächsischen Reichstags wahlkreise, der von dem Parteitage nicht mehr und nicht weniger v.rlangt, als daß dieser dahin wirken möge, daß „Polemiken zwischen Parteiblättern, welche einen persönlichen und beleidigen den Charakter tragen, in Zukunft unmöglich gemacht werden". Tas ist eine Forderung an die socialdemokratische Publicistik, tie grausam zu nennen wäre, wenn ihr die natürliche Un- nsüllbarkeit nicht die Spitze uäbme. So ein profaner „Ge nosse" aus dem 5. sächsischen Wahlkreis hat keine Ahnung davon, welchen Alp in Gestalt Druckerschwärze heischenden Papieres er schlafenden socialbemokratischen Redacteuren mit'31. März 1897 fand°im Kreise Schwetz eine Reichstagsnach missars Portas alle Welt mit Schrecken erfüllt bat, wird angeregt, daß sämmtliche Staaten, in denen die Apostel des allgemeinen Umsturzes ihr Wesen treiben, sich zur Deportation dieser unheimlichen Verschwörer gegen Leben, Besitz und Ordnung, als dem einzigen Mittel, sich ihrer zu entledigen, entschließen möchten. Noch ist es bei dieser Anregung geblieben und eine Ein- mülhigkeit hat noch nickt erzielt werden können. Wohl aber ist es möglich, daß eS über kurz oder lang geschieht und so wird die Arage der Deportation voraussichtlich noch eine Weile auf der Tagesordnung der allgemeinen DiScussion bleiben, und die Beschreibung einer der bereits und ihrer Organisation dürfte Interesse sein. Wir verdanken eine solche geblichen Vermählung mit einer ' - - - Rufes sich erfreuend von Oesterreich .55 br >.55 br .40 8. !.10N. 1006)1028. .10 U >60 >4 .10 8. ' 10 8 ,60 14 >.20 <4. .20 8. .70 <4. .25 8. .75 14 .25 8. ,— 8- L. dem Verbote des Beleidigens von Mitstrebern auf die Brust legt. Lediglich mit dem Beschimpfen von Bourgeois und selbstverständlich BiSmarck'S können die Herren ihre über 3000 normirten Gehälter doch unmöglich verdienen, und vor Allem Herr Liebknecht müßte sich insolvent erklären, wenn ihm die interne persönliche Kränkung untersagt wäre. Da loben wir uns die gutmüthigen Hastedter „Genossen", die nur verlangen, daß alle von der Socialdemokratie ausgehenden Schriften in der neuen Orthographie gedruckt sein sollen. DaS gebt wenigstens nicht gegen die socialdemokratische Natur. Unbedenklich ist eS aber auch nicht, weil wir in Deutschland verschiedene „neue Orthographien" haben und es z. Ä. dem um die Gunst deS bayerischen Bauernbundes buhlenden Herrn v. Voll mar zuzutrauen ist, daß er den Herren Wieland und Gäcd zu Liebe wegen der stummen e und h der Lutz'schen Recht schreibung als berechtigter und unveräußerlicher Eigentüm lichkeiten der bayerischen Nation den „verputtkamerten" Preußen unangenehm kommt. Sonst steht Herr v. Vollmar nicht auf der Tages ordnung, da an der „Agrarfrage" diesmal nicht gerührt werden soll. Ein Jnitiativ-Antrag ist allerdings mit diesem Quietismus nicht einverstanden. Er will beschließen lassen, daß die Agrarfrage den Parteitag des Jahres 1898 be schäftigen und daß jetzt — dies ein heißes Eisen sckon für die Hamburger Versammlung — eine Commission für die Vor nahme der Vorarbeiten eingesetzt werden soll. Daraus wird selbstverständlich nichts. Noch weniger aus dem Verlangen von Mainzer „Genossen", im nächsten Jabre die Frage desganzen Programms aufzurollen, nämlich die „theoretischen Grund lagen des Parteiprogramms" durch die Herren Kautsky und Conrad Schmidt als Referenten bezw. Correferenten be handeln zu lassen. Man wird fick hüten, aus die „Mauserungen" der Socialdemokratie näher einzugehen. Vor Allem die Un bequemlichkeit, die Grund- und Hauptwahrheit von der „Verelendung der Massen" zu erörtern, dürste ab schrecken. Den Antrag, eine klärende DiScussion der be stehenden Meinungsverschiedenheiten über die Zollpolitik für daS künftige Jahr zu beschließen, haben wir schon früher erwähnt. Ebenso den auf Cassirung des Maifeiertag- Schwindels gerichteten. Dem letzteren stehl ein Vorschlag gegenüber, im Jahre 1898 eine „allgemeine einheitlich ge regelte und umfassende Agitation für das ganze Reich zu bewerkstelligen, die außer der gesetzlichen Einführung des Achtstundentags die Einführung der Arbeitsruhe am 1. Mai bezwecken soll." Den Machthabern der Partei dürften beide Anträge gleich papierkorbbedürftig erscheinen. Noch wäre zu erwähnen ein Antrag, der die Erörterung des Proportional wahlsystems, und ein anderer, der den Solinger Personen streit betrifft, sowie ein dritter, der ein weites aber nicht verwunderliches Entgegenkommen gegenüber den Polen be kundet. Der letztgenannte Antrag schreibt vor, daß in Wahl kreisen „mit überwiegend polnischer Bevölkerung" nur Reichs tagscandidaten, die des dortigen slawischen Idioms mächtig sind, aufgestellt werden dürfen. Zur Frage der Betheiligung an den preußischen Landtagswahlen sind die meisten Anträge beigebracht. Es ist aber überflüssig, sie heute zu er wähnen, da die Erörterung gerade dieser Angelegenheit durch den Parteitag gesichert ist, was bis jetzt von keinem der aufgezählten Jnitiativ-Anträge mit voller Bestimmtheit gesagt werden kann.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite