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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.09.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-09-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970923010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897092301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897092301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-09
- Tag1897-09-23
- Monat1897-09
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6V42 (-) Berlin, 22. September. (Telegramm.) In dem am 21. December v. I. zwischen dem deutschen Reiche und den Niederlanden unterzeichneten Au SlieserungS vertrage war Vorbehalten, den Gegenstand für die deutschen Schutz gebiete besonders zu regeln. Demgemäß ist gestern im Auswärtigen Amte mit dem niederländischen Gesandten ein Vertrag zur Regelung der Auslieferung zwischen den deutschen Schutzgebieten und den Niederlanden, sowie deren Colonien unterzeichnet worden. lD Berlin, 22. September. (Privattelezramm.) Zn 12 Maschinenfabriken streike» jetzt sämmtliche Arbeiter und in weiteren 12 Fabriken nur die Former. Die ArbeitS- sperre ist dementsprechend ausgedehnt worden. Die Nachricht der „Voss. Ztg." betreffs der Einigungsversuche des Gewerbe gerichts bestätigt sich nicht. (Wiederholt.) L. Berlin, 22. September. (P r i v a t t e l e g r a in m.) Wiederholt sind in letzter Zeit Nachrichten über den Erwrrb eines ostchinesischen Hafens durch Deutschland behufs Er richtung einer Flottenstation durch die Presse gegangen, jedoch ist stets bald daraus mitgetheilt worden, daß an amtlicher Stelle davon nichts bekannt sei. Die officiöse „Mar. Pol. Corr." hat trotz der bisherigen Demcntirungen „guten Grund" anzunehmen, daß die Nachrichten über den Erwerb einer solchen Station in den ostasiatischen Gewässern an und für sich zutreffend sind, wenngleich in Einzelheiten noch ungenau. * Königsberg, 21. September. In der Privatklagesache Les RegierungSasscssors Volkmann gegen die Mitglieder der Börsen balle» directiou und den Cbcfredactcur der „Hartunq'jchcn Zeitung", Walter, hat das Lberlaudcsgericht die Revision des Privat- Hägers gegen das Berusuugsurlhcil des Landgerichts bezüglich der Herren Alexander, Cahn, Fuhrmann und Lange verworfen, da gegen bezüglich Les Herrn Walter und der Widerklage des Amts gerichtsraths Alexander a» das Landgericht zurück verwies en. In der Berufungsinstanz waren alle Angeklagten, auch Herr Volk mann, sreigesprochcn. * Dortmund, 21. September. Kürzlich fand hier eine große Bergarbeiter-Versammlung statt, in welcher Protest erhoben wurde gegen die massenweise Ein führung fremder Arbeiter. Die Verwaltung der Zechen „Kaiserstuhl" habe Agenten nach Fünfkirchen in Ungarn gesandt, welche daselbst mehrere 100 Arbeiter an geworben hätten. Die Leute behaupten, cs sei ihnen gesagt worden, sie könnten für die Sckicht hier 5 bis 0 verdienen. Der Lohn steht hier aber für Kohlenhauer durchschnittlich nur auf 4,50 und das kann nur ein mit den Verhält nissen und der Abbaumelhode vertrauter Bergmann ver dienen, einem Fremden ist das bei gleichen Accordsätzcn gar nicht möglich. Zu der Versammlung beleuchtete der frühere „Kaiserdelegirte" Bunte die Angelegenheit und führte aus, daß für diejenigen Zechen, die gute Löhne zahlten, ein wirk licher Arbeitermangel nicht bestehe. Die Einführung der fremden Elemente geschehe nur, um die Löhne zu drücken. Die fremden, mit den Wettcrverhältnissen in der Grube nicht vertrauten Bergleute bedeuteten auch eine große Ge fahr für die hiesigen Bergleute, namentlich bei den mit Schlag wettern behafteten Gruben. tfl. Jena, 21. September. Es ist bekannt, daß die frei sinnige Partei des Wahlkreises Jena-Neustadt schon seit langer Zeit mit Herrn Eugen Richter und seiner Haltung in verschiedenen Fragen nicht zufrieden ist. Nun mehr scheint man sich zu einer Trennung entschlossen zu haben, wenigstens bringt heute das Organ des hiesigen frsisinnigen Vereins und der freisinnigen Partei des Wahl kreises einen Artikel, in dem mitgetheilt wird, daß der Verein trotz entsprechender Aufforderung den Parteitag in Nürnberg nicht beschickt hat, weil auf eine Aenderung der Stellung der Partei in socialer Hinsicht nicht zu rechnen war. Der Verlauf der Verhandlungen habe dies bestätigt, man habe in Nürnberg über alles Mögliche ge sprochen, nur nicht über die Nothwendigkeit socialer Reformen. Eine Partei ohne sociales Programm sei heute nicht mehr existenzfähig. Die paar Wahlsiege, welche die freisinnige Bolksparter bei den Nachwahlen erzielt, habe ihren Matadoren dey Kopf verdreht. Ein nochmaliger scheinbarer Erfolg der Fvtlksinniaen bei den nächsten Wahlen — vielleicht sogar ein äußerlich sehr guter — sei nicht ausgeschlossen. Aber die Partei verdanke ihn nur der zufälligen politischen Con- stellation. Hundert beunruhigende Gerüchte, die im Lande umherschwirren, allerlei zweideutige Drohungen der sich officiöS geberdenden Presse, die anmaßende Haltung der sich im Oberwasser fühlenden Junker, die Unterdrückung jeder freien Meinungsäußerung in Verbindung mit den tausend Majestäts beleidigungsprocessen — alles das habe der freisinnigen Volkspartei als einer vorwiegend politischen noch einmal einen Schimmer von Leben gegeben. Wenn sie aufstehe, werde sie ein galvanisirter Leichnam sein, weiter nichts. * Breslau, 22. September. (Telegramm.) Der Kaiser ist Mittags 12^ Uhr hier eingetroffen und am Bahnhofe von der Kaiserin begrüßt worden. Außerdem hatten sich zum Empfange eingefunden: der commandirende General des VI. Armeecorpö, Erbprinz von Sachsen- Meiningen, Oberpräsident Fürst Hatzfeld, Polizeipräsident Dr. Bienco, die Generalität und das Gefolge der Kaiserin. Der Kaiser nahm verschiedene Meldungen entgegen und fuhr alsdann mit der Kaiserin nach dem königlichen Schlosse. Um 2 Uhr 15 Minuten fuhr der Kaiser nach der Kürassier-Caserne in Kleinberg, vor welcher das Ofsicier- corpS deS Leib-Kürassier-Regiments mit den directen Vorgesetzten Les Regiments Ausstellung genommen hatte. Nachdem der Regiments-Commandeur Oberstlieutenant von SzymonSki Meldung abgestattet und die noch nicht vor- aestellten Officiere vorzestellt hatte, begab sich der Kaiser unter den Klängen der Fanfaren des Trompetercorps in den Speisesaal, woselbst das Frühstück eingenommen wurde. * Frankfurt a. M., 21. September. Selbst der „Frank furter Zeitung" gebt eS „über die Hutschnur", daß die Münchener Hetz presse mit der Preußcnhetze in der von unS mitgetbeilten Art Quartalsreclame macht. DaS genannte Blatt schreibt nämlich: „Wir möchte» nicht, daß solche Legenden unwidersprochen ins Land hinauSgehen. Bayerische Theil- nehmer der Manöver haben wiederholt versichert, sie seien über die ihnen „im Preußischen" entgegengebrachten Sym pathien völlig überrascht gewesen, sie wären den Preußen gegenüber sogar von der Bevölkerung bevorzugt worden. Eü ist nach unserer Kenntnis; der Sachlage ganz ausgeschlossen, daß die Legende des Münchener Blattes auf wirkliche Vor kommnisse zurückzuführen ist." * Würzburg, 21. September. Eine Versammlung der hiesigen Socialdcmokraten beschloß, auS finanziellen Gründen von der Entsendung eines Telegirten zum Ham burger Parteitag Ab stand zu nehmen und die Vertretung der Würzburger Genossen dem Nürnberger Delegirten zu übertragen. Dieser Beschluß zeugt ebenso wenig von großen Fortschritten der „Genossen" im hiesigen Bezirk, wie das Ein gehen des bisherigen Parteiorgans in Würzburg. (F. Z.) * Nürnberg, 21. September. In der heutigen Schluß sitzung der Jahresversammlung des Verbandes deutscher Gewcrbevcrcine wurde nach einem Vortrag von Geh. Hof rath Hcinzerling auö Aachen über die Förderung des Ge- werbevereinswcsens folgende von Prof. Gießler-Stuttgart befürwortete Erklärung angenommen: „Der Verband wolle dahin wirken, baß zur Förderung von Handel und Gewerbe Centralstellen, wie solche in Süddcutschland bereits be- tehen, auch in Norddeutschland innerhalb bestimmter Bezirke errichtet werden". Als Ort der nächsten Jahresversammlung wurde Erfurt, als Vorort wieder Köln, als erster Vor- itzender wieder Berghauscn, als zweiter Romberg, Beide in Köln, gewählt. Die übrigen Vorstandsmitglieder wurden wiedergewählt und Director Moser in Köln neu hinzu gewählt. * München, 21. September. Wie mitgetheilt, ist die bayerische Regierung mit der preußischen wegen der Fort- ührung der M a i n c a n a l i s i r u n g von Offenbach bis Aschaffenburg in Verbindung getreten. Hierzu bringt die „Corresp. des Vereins für Hebung der Fluß- und Canal- chifffahrt in Bayern" eine bcmerkenswerthe Auslassung, in der es heißt: „In der Person des deutschen Kaisers ... hat der bayerische Canatvereiii eine» neuen cinfluyreichcn Freund und Gönner go Wonnen. Der hohe Herr bat auf einem Gebiete, welches im besten Sinne volkSthümlich ist, gezeigt, Latz er nicht nur König von Preußen, sondern auch deutscher Kaiser ist. Abermals ist es die in der Geschichte der deutschen Einhcitsbestrebuugen so wichtige „Mainlinie", welche in Frage steht. Nachdem dieselbe durch Be- ciligung territorialer Zollschranken, durch Eisenbahnen und Tele- graphen längst überschritten ist, kommt nun zuletzt Las Element der „Mainlinie" selbst, die Wasserstraße des Mains zur Befreiung von dem wirthschaftlichen Particularismus, der Deutschland jo lange geschwächt, dessen Beseitigung erst die mächtige industrielle und commcrzielle Entwickelung unseres Vaterlandes ermöglicht hat Dec ganze bayerische Main ist verkehrspolitisch zur Sterilität vcr- urtheilt, so lange Preußen nicht durch Canalisirung seiner Main strecke von Frankfurt bis zur bayerische» Grenze Bayern die Hand reicht und in dein Maße, als es selbst durch seine Städte Hanau rc. an dem Werke intercssirt ist, dasselbe unterstützt. Die Devise des verfallenden alten deutschen Reiches: „Jeder für sich und Keiner für das Ganze" muß in dem aussleigenden neuen deutschen Reiche dem Grundsatz weichen: „Jeder für sich in dem Maße, als es sich mit dem Ganzen verträgt". In diesem Sinne sind die Worte Kaiser Wilhelms über die Fortführung der Maincanalisirung auf- zusassen. Sie haben in Bayern Gefühle der Dankbarkeit erweckt und die Hossuung, daß noch vor Ablauf dieses Jahrhunderts bis zum letzten Rest überwunden fein werde die Nord- und Süddeutschland trennende Mainlinie." Oesterreich-Ungarn. Zur innere» Lage. * Wien, 22. September. (Telegramm.) Alle Meldungen stimmen in der Hervorhebung der unbehaglichen Stimmung der Rechten überein, die 24 Stunden vor Eröffnung des Parlaments nicht einmal noch über die Be setzung deS Präsidiums schlüssig geworden ist. Man bestätigt, daß einflußreiche Führer der Rechten der Opposition Entgegenkommen bekunden, ihr auch eine Stelle im Präsidium überlassen wollen, die der Abg. Graf Attems, der frühere Landeshauptmann von Steiermark, erhalten soll. Eine hierauf bezügliche Anregung blieb von der Linken unerwidert. Die Opposition will der Wahl des Präsidenten nicht mit Obstruction begegnen, würde aber gegen die Wiederwahl der beiden bisherigen Viccpräsidenten Abrahamovicz und Kramarz entschieden Stellung nehmen. Der Vollzugsausschuß der Rechten ver handelte mit Or. Kathrein neuerlich wegen Uebernahme der Präsidcntenstelle. Bezüglich des Verhaltens zur Frage der Dclegationöwahlen wird die deutsche Opposition erst schlüssig werden. Sie hat bereits zahlreiche Anträge vor bereitet, darunter wieder eine Reihe Ministeranklagen. AuS Kreisen der Rechten verlautet, daß das Parlament, falls die Obstruction fortdauert, nach Vornahme der Delegations wahlen und Annahme der Nothstandsgesetze wieder geschlossen würde. (Voss. Ztg.) * Wien, 22. September. (Telegramm.) Gestern Abend fand eine große Protestkundgebung der Wiener Lehrerschaft gegen die Entlassung von fünf Wiener llnterlehrern statt. Der Ausschuß des deutsch-öster reichischen LehrerbundeS sandte eine Zuschrift, in welcher das Vorgehen gegen die Entlassenen als ein Gewaltact dem moralischen Richterspruche der gesammten gebildeten und rechtlich denkenden Bevölkerung Oesterreichs unterbreitet wird. Zugleich wird erklärt, die. deutsche Lehrerschaft werde jedem Versuche, sie mit List oder Gewalt ihren frei- S»1L> so dksusr als Sprungfederböde» sind im Gebrauch ?a1sn1-8prinAf6ckor-llla1rLlr6n °°» MIM! L klllillllil,»«-»» -i. dabei unverwüstlich, elastischer und gesunder. Lieferung jeder Größe für alle Arten Bettstellen. Ueberall erhältlich. Man schütze sich vor Nachahmungen. beitlichen Grundsätzen untreu zu machen, den entschiedensten Widerstand entgegensetzen. Nachdem eine Reihe von Lehrern, ferner die Abgg. Funke, Bendel, Heeger und Hannich (letzterer Socialdemokrat) gesprochen, ncxhm die Versammlung eine Entschließung an, die der christlick-socialen und der klerikalen Partei die tiefste Verachtung ausspricht und versichert, die österreichische Lehrerschaft werde allen Opfern der klerikalen Rachsucht treu zur Seite stehen. (Voss. Ztg.) * Prag, 21. September. Das Executiv-Comits der verfassungstreuen Großgrundbesitzer, bestehend aus dem Grafen Oswald Tbun, dem Fürsten Rohan Auersperg rc., beschloß in feiner heutigen Berathung, von der bisherigen Haltung nicht abzuweichen und einträchtig mit der deutschen Opposition vorzugehen. (Frkf. Ztg.) Nachklänge zmu Kaiserbesnch. * Prst, 22. September. Die Illumination der Stadt, die nach der glänzend verlaufenen Galavorstellung in der Oper stattfand, machte einen großartigen Eindruck. Die ganze Stadt schwamm in einem Lichtmeer. Abweichend von dem ossiciellen Programm, unternabmen die beiden Kaiser nach der Vorstellung keine Rundfahrt, sondern begaben sich direkt zum Bahnhof, wo um lOUHrdieAbreiseerfolgtc.DieVcrabschiedung der beiden Monarchen war überaus herzlich. Zu dem Bürger- meislerMarkuS sagte der Kaiser Wilhelm: „Die in Pest verlebten Tage werden mir unvergeßlich bleiben!" Bei der Ab fahrt ricf Kaiser Franz Josef: „Reise gut!" Die Reise geht, gegen das ursprüngliche Programm, über Galantha, Silein, Oderberg, Breslau — Während der Illumination, die etwa 400 000 Menschen besichtigten, ist eö zu wiederholten cstör ungen gekommen. Die Polizei mußte etwa 15 Ver haftungen vornehmen. Im Gedränge sind auch 40 Ohnmachtsanfälle vorgekommen. Ei» Mädchen wurde von Polizisten niedergeritten. (Frkf. Ztg.) * Pest, 22. September. (Telegramm.) Gestern Nach mittag besuchte der Botschafter Graf zu Eulenburg den Ministerpräsidenten Baron Banffy und überreichte dem selben das Bild des deutschen Kaisers mit der eigen händigen Unterschrift Kaiser Wilhelm's als Andenken an die in Pest verbrachten Tage. — Der „Budapester Correspondenz" zufolge verlieh der deutsche Kaiser dem SectionSchef v. Doczi den Rothen Adler-Orden II. Classe mit dem Stern. * Pest, 22. September. (Telegramm.) Der Eindruck des Trinkspruches, welchen der deutsche Kaiser bei dem gestrigen Festmahle auf den Kaiser Franz Josef ausbrachte, ist ein über wältigender. Der „Egyetertes" schreibt: Wäre der Trinkspruch nur eine Stunde früher dem großen Publicum bekannt geworden, so hätte sich die Abreise des deutschen Kaisers zu einer Kund gebung ganz außerordentlicher Art gestaltet. Wenn wir aber auch der Person des Kaisers nicht mehr huldigen können, so bewahren wir Loch in unseren Herzen die dankbaren Gefühle, die er erweckte und in uns mächtig werden ließ. Der „Pest er Lloyd" schreibt: Wir erwarteten einen Verbündeten der österreichisch ungarischen Monarchie und haben in ihm einen echten Freund der ungarischen Nation gefunden. Die Politik des Dreibundes und der F r i ed e n s e rh a l t u n g ist für Ungarn die nationale Politik. Das läßt uns ihr so begeistert an hängen, das macht uns den thatkräftigen Mitverfechter dieser Friedenspolitik, den Kaiser Wilhelm, schon längst lieb und Werth, und so ruft man ihm aus Ungarn zu: „Aus häufiges, vor Allem aber auf baldiges Wiedersehen!" Ter „Budapesti Hirlap" schreibt: „Mit unübertrefflicher Freude empfangen wir die gestrigen Toaste und danken für dieselben. Der Trinkspruch des deutschen Kaisers verpflichtet uns, Lein mächtigen Beherrscher Deutschlands sür die Anerkennung und das Lob, welche er mit fürstlicher Hochherzigkeit und bezaubernder Rednergabe über uns ergießt. Wir find ein treues dynastisches Volk, wir liebten stets die Freiheit. Wenn der deutsche Kaiser uns ver steht, dann verstehen auch wir ihn; wenn er mit uns Magyaren „Lljeu u lciral/' ausruft, dann rusen wir ihm mit himmel stürmender Begeisterung (!) zu, daß man cs auch in Berlin höre: „Lljeu a uemet erasrccr! — Es lebe der deutsche Kaiser!" „Nemzet" schreibt, wie groß immer unsere Begeisterung, wie heiß unsere Liebe auch für den lieben Gast unseres Königs war, wir bleiben noch immer Schuldner dem großen Hoheuzollern, weil er unser Selbstvertrauen befestigte (!), er hat unser Herz, unsere Seele auf ewig an sich gefesselt, da er in einer Sprache zu uns redete, welche wir verstanden und wofür wir ihm Dankbarkeit bewahren. * Wien, 22. September. (Telegramm.) Das „Fremden blatt" führt weiter aus: Ein starkes Gefühl rückhaltloser An« erkennung und aufrichtigen Lobesbedürfnisses durchwehte den Trink spruch des deutschen Kaisers, der biS in ferne Zeiten als ein stolzes Ruhmeszeichen des großartigen nationalen Auf- schwunges im Gedächtnisse des ungarischen Volkes fortleben wird. Nicht nur innerhalb der Monarchie werden die Trinksprüche eine machtvolle Wirkung ausübc», in alle Lande wird die Kunde von Leu bedeutungsvollen Fürstenworten dringen, die dem Frieden gegolten haben und denselben verbürgen. Die Trinksprüche sind eine vollgiltige Bestätigung Les Fortbestehens des Dreibundes, wie sie kräftiger nicht gewünscht wer den können. In den Seelen der Ungarn und der mit ihnen fühlenden Oesterreicher wird es als eine unverwüstliche, schöne Erinnerung sortleben, in welch edler Begeisterung der deutsche Kaiser Las Vcrhältniß zu seinem väterlichen Freunde schilderte, und hinreißend mächtig muß es alle Anwesenden gerührt haben, als er zum Schluss e gewissermaßen sich der ungarischen Nation zugcsellte, um mit ihr den theuren König hochleben zu lassen. Ter von solch' hoher Ge sinnung durchglühte Monarch kann das Bewußtsein aus Pest mit- nehmen, daß die Verehrung, die er unserem Kaiser gezollt, ihm unsere Herzen zugewandt hat. Durch ihn haben wir gelernt, uns von Deutschland derselben Treue zu versehen, wie sie von Jedermann in Oesterreich-Ungarn dem Bündnisse entgegengebracht wird. Dieser Treue hat Kaiser Franz Joses, in dessen Hand die Leitung unserer äußeren Politik liegt, stets den kräftigsten Ausdruck verliehen. Keinerlei Strömung des Tages vermag die ruhige Sphäre der Krone zu stören. Um so ge wichtiger klingt von dorther jede Äleußerung. Wir sprechen nochmals die hohe Genugthuung aus, daß dieses Mal die kaiserlichen Kund gebungen eine volltönende Friedensbotschaft gewesen sind." — Auch fast sämmtliche andere Blätter besprechen die Trinksprüche und beben die große Bedeutung derselben hervor, die uns die Festigkeit und Unerschütterlichkeit deS Dreibunds bekunden und jeden Zweifel an das friedliche Ziel desselben ausschließen. Frankreich. Urlaub »ach Deutschland. * Paris, 22. September. (Telegramms Ei» ver trauliches Rundschreiben des KriegSministerS Billot an die Corpsbefehlshaber schärft diesen ein, zu Urlauben nach Deutschland nur solche Officiere zu empfehlen, deren Feingefühl und Vorsicht ihnen bekannt sind; sie müssen sich ausdrücklich verpflichten, keine militairischen Beobachtungen anznstellen, ihre Eigenschaft nirgend wo zu verheimlichen, in festen Plätzen, KriegSHLfen und Grenzstädten nicht länger als vier Tage zu verweilen, und eS wird ihnen empfohlen, sich bei der deutschen Bot schaft in Paris einen Paß zu verschaffen, wenn sie behufs Erlernung der deutschen Sprache einen längeren Aufenthalt in Deutschland planen. (Voss. Ztg.) Gegen England. k. Paris, 22. September. (Privattelegramm.) Ein Artikel „WistS" im „Figaro" kritisirt in scharfer Weise die Nolle, welcheEngland während der Friedensverhandlungen gespielt hat. England, das anderwärts keineswegs rasche mili- tairische Räumung liebe, hätte besser gethan, die Aufgabe der Botschafter ehrlich und ohne Hintergedanken zu unterstützen das würde den Gang der Verhandlungen beschleunigt und Griechenland Illusionen erspart haben. Vor Jahresfrist habe Salisbury durch das Programm der Zerstückelung der Türkei in Griechenland unsinnige Erregungen hervorgerusen. Was 'jat Griechenland von dem phantastifchen Programm geerntet? General Bourbaki * General Bourbaki ist, wie gemeldet, laut telegra phischer Mittheilung aus Bayonne gestorben. Am 22. April 1816 als Sohn eines Obersten griechischer Herkunft zu Pau im südlichen Frankreich geboren, wurde Bourbaki in de, ranzösischen Militairschule von St. Cyr ausgebildet. Nach dem er dann zumeist in Algerien gedient hatte, zeichnete er ich im Krimkricge mehrfach auS. Im Juli 1870 mit dem Commando der Garde betraut, nahm er an den Schlachten der Rheiuarmee um Metz Theil und ward mit eingeschlossen. An- ang October wurde er dann mit Genehmigung der deutschen Behörde aus Metz entlassen, um Verhandlungen mit der Kaiserin Eugenie anzuknüpfen. Anfang December an die Spitze der Loire-Armee gestellt, erhielt er Anfang 1871 den Befehl, Belfort zu entsetzen. Als sein Plan scheiterte, ver- uchte er sich am 22. Januar durch einen Pistolenschuß zu tödten, was jedoch mißlang. Während seine Armee den Rück zug nach der Schweiz antrat, schwebte Bourbaki längere Zeit in Todesgefahr. Im Juli 1871 erhielt er nach seiner Genesung das Commando eines Armeecorps und wurde im Jahre 1879 zur Disposition gestellt. (Fortsetzung in der 1. Beilage.) Fernspr. 1998. ^uer Olükkörper N. 1.—. Patente vr. Auer v. Welsbach. Apparat 5 ./L, Ersatzkörpcr 1 kieu. »ul<ii>lvx-t!«8seliiriii«ler. Im Betrieb Ausstellung Halle für Gas n. Wasser Spiritus- u. Petrolenmglnhlicht. ^V. L»r»ui»1»Ln8vr, Wcfistraße 12. Fernspr. 2053. Instandhaltung im Abonnement. „Lxvolsior" VssßMKUM, Goldene Medaille mit Diplom Berlin 18SV, Vlüdkörpor 7» Pjg., st« Hm W Psg., billig Königsplatz 4, L. Telephon-Amt LV, 37VZ. ein Strafmaß von acht Jahren zuerkannt worden ist, dürfen den heimathlichen Boden nie mehr betreten; diejenigen, deren Strafmaß weniger als acht Jahre beträgt, dürfen nach der doppelten Anzahl von Jahren nach Hause zurück kehren. Das größte Contingent an Deportirten stellen i-atürlich die Franzosen, dock finden sich auch zahlreiche Araber aus Algerien, sowie Tongkingesen. Als Wächter werden ausgediente Unterofficiere der französischen Armee verwendet. Stattet man der Hauptstrafanstalt aus der Insel Numea einen Besuch ab, so trifft man zuerst auf eine kleine Militair- caserne, welche durch eine Abtheilung von 100 Mann Marine- Infanterie unter dem Commando eines CapitainS belegt ist, und sodann auf eine Anzahl Werkstätten, in welchen Sträf- inge verschiedene Handwerke betreiben, wie Bäckerei, Schlosserei, Tischlerei u. dgl. m. Die Häuser, in welchen die Gefangenen NachlS untergebrackt werden, liegen in langer Reihe neben einander und sind mit hohen Umfassungsmauern umgeben. Ä Die Mitte deS Gebäudecomplexcs nimmt der Richtplatz ein, auf dem gegebenensallS die Guillotine errichtet wird; den Hinrichtungen müssen alle Sträflinge knieend beiwohnen, während hinter ihnen Soldaten mit geladenen Gewehren stehen. Hier wurde dem Erzherzog und seiner Begleitung dieses Rüstzeug irdischer Gerechtigkeit in Function gezeigt, d. h. der Scharfrichter, ein ehemaliger Sträfling, ein recht widerlicher Kerl, dcmoustrirte das Anbinden deS Delinquenten an das schauerliche Brett, erklärte Len Mechanismus der Maschine und ließ endlich daS Fallbeil aus ein Bündel Schilf berabfallen, welches durch Las wuchtig nicdcrsausende Richt schwert scharf durchhauen wurde. Hierzu mackle das Sche'usa in Menschengestalt recht cyniscke Witze und überreichte dem bohen Besucher schließlich lachend seine Photographie, unter welcher der Name des Contcrscilen sowie die Worte standen: „Lxöeuteur ckes flaute» oeuvres". Die erste Zelle, welche den Reisenden geöffnet wurde, war die eines sechsfachen Mörders, der schließlich auch nock einen Mordversuch an einem Wärter begangen hatte. Als der Gouverneur in Gegenwart der fremden Gäste an den dem Tode geweihten Sträfling einige Fragen richtete, legte dieser ein höchst freches Benehmen an den Tag und gab die un verschämtesten Antworten. Der Missethäter war an einem Fuße gefesselt; das andere Bein, welches bei dem letzten, von ihm unternommenen Attentate durch einen Rcvolverschuß ver letzt worden war, stak in einem Verband. Ein noch junger Mann von kräftigem, fast herkulisch erscheinendem Körperbau, batte der Deportirte seine Verbrecherlaufbahn mit der Er mordung seiner Geliebten begonnen. Auch die Insassen der übrigen Zellen zeichneten sich durch unverschämtes Verhalten aus, welckeS in ihren Antworten zum Ausdruck kam, wahre Galgeuphysiognomien, von welchen Verbrechen und Laster herabzulesen waren, traten aus dem Rahmen heraus. Sie alle verriethen, daß man eS mit dem Abschaum der Menschheit zu thun batte. Zweifellos reift ein Tbeil der Bewobner dieses Hauses der Guillotine entgegen. Oberhalb der Gesängnißbäuser erhebt sich ein mächtiges fensterloses Gebäude, in welchem kleine, zur Ausnahme der schwersten Verbrecher u»d namentlich der Rückfälligen be stimmte Zellen angcvrdnit. sind; diese enthalten hölzerne, mit je einer Decke ansgelegte^ Lagerstellen, an welche die Sträf linge mit Eisenbarren gefesselt werden können. Einige Kilo meter von der Anstalt entfernt liegt das Spital, welches unter Aussicht barmherziger Schwestern stehend, etwa 150 Kranke faßt und in sckoner gesunder Lage am Rande deS Meeres erbaut, musterhaft gehalten ist. An daS Spital schließt sich eine Anstalt für Geisteskranke mit einem großen Garten, in welcher für diese unglücklichen Menschen so gut wic möglich gesorgt zu sein scheint. Auch in Montreal, in der weiteren Umgebung der Stadt, ist ein großes ZwangshqnS errichtet, in welchem die in der Stadt ober deren Weichbild arbeitenden Sträflinge Nachts campiren. Je 50 Mann bewohnen hier ein Haus, in welchem jedem Sträfling eine Hängematte angewiesen ist; auf einem Brett oberhalb dieser Lagerstätte sind die Habseligkeiten des Sträflings verwahrt. Zwischen den zwölf Häusern sind kleine Gemüsegärten angelegt und abseits hiervon die Behausungen der Wächter mit der Küche erbaut. Entweicht ein Sträfling in die unermeßlichen Wälder der Colonien, was ziemlich häufig vorkommt, so sind es die eingeborenen Polizisten, die mit ihrem feinen Spürsinne den Flüchtling finden und — freilick zumeist als Leiche — einbringen. Flüchtige Sträflinge fallen in der Reget entweder dem Hungertod oder der mordenden Hand der Eingeborenen anheim; denn die Negierung zahlt für ieden, sei eS lebend oder todt eingebrackten Flüchtling, eine Prämie von 25 Frc?., und daß die Eingeborenen es viel bequemer finden, den abgescknitlenen Kopf eines entwichenen Sträflings als diesen selbst in lebendem Zustand einzuliefern, liegt auf der Hand. So unglaublich eS bei der etwa 1600 Seemeilen betragenden Entfernung der Colonie von dem nächsten Puncte deS Festlandes erscheint, sind doch einige, allerdings sehr wenige Fälle zu verzeichnen, in welchen eS Sträflingen gelungen ist, von Neu-Caledonien glücklich zu entweichen. Die Behandlung der Sträflinge ist eine ziemlich humane, ja sie ließ bisher vielfach die nöthige Härte und Strenge vermissen. So erhalten die Deportirten z. B. eine recht reichlich be messene Kost, nämlick Morgens Kaffee, Mittags Fleisch mit Gemüse und Abends abermals Gemüse. Sie werden also nicht schlechter gehalten als die Soldaten, mit denen sie auch bezüglich der Wohnräumc auf gleicher Stufe stehen. Nicht wenig erstaunt war die Reisegesellschaft, als plötzlich eine 40 Mann zählende, auS Sträflingen gebildete Musikcapelle erschien und den Erzherzog mit einem flott gespielten Walzer von Strauß begrüßte. Mit dem eigentlichen Zweck der Deportation verträgt sich eine solche Verwendung der Sträf linge, welche dadurch der gebührenden barten Arbeit entzogen werden, natürlich ebenso wenig, wie die Gepflogenheit, leichtere Verbrecher zu festlichen Gelegenheiten in tadellose Livreen zu kleiden und bei den Gastmählern des Gouverneurs be dienen zu lassen. Unter dem früheren Gouverneur führten die Sträflinge sogar ein recht behagliches Leben, da dieser äußerst nachsichtig war und von dem Grundsätze auSging, man solle die Depor tirten nicht zur Arbeit zwingen! Das hatte, wie man sich denken kann, zur Folge, daß die Meisten sich weigerten, zu arbeiten und eine Reihe von Mißbräuchen einriß. So konnte es z. B. geschehen, daß die Verbrecher dem früheren Gouverneur, wenn er zu Jnspicirungen erschien, Triumphpforten mit der Aufschrift: „ä. notrv pöre" errichteten. Sie entwöhnten sich aller Arbeit und als der jetzige, etwas strengere Gouver neur sein Amt antrat, kam eS vor, daß einzelne Deportirte sich selbst beide Augen ausstachen, nur um nicht arbeiten zu müssen. M. Picquis wußte sich aber zu helfen, indem er Jene, welche sich des Augenlichtes beraubt hatten, in die Berge sandte, um die Selbstverstümmler dort in der Sonnen hitze täglich 10 Stunden Steine klopfen zu lassen, ein drastisches Mittel, welches heilsam auf die Uebrigen wirkte. An eine erfolgreiche Meuterei der 8000 Deportirten ist nicht zu denken, da Numea zwei Caserneu besitzt, von denen die eine mit einem Regiment Marine-Infanterie, die andere mit Artillerie belegt ist. Einen netten Eindruck machen die Ansiedelungen der LibörsS, doch sind Niederlassungen europäischer, freier Colonisten, trotz allen Bemühungen der französischen Regierung, diese Art der Besiedelung zu förden, äußerst spärlich auf der Insel vertreten, da sich begreiflicher Weise jeder Unbescholtene scheut, auf dieser dem Verdrecherthum gewidmete Insel seinen dauernden Wohnsitz aufzuschlagen. —p
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