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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.10.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-10-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971011015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897101101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897101101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-10
- Tag1897-10-11
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Grüßen Schriften laut unserem Preis- verzetchuiß. Tabellarischer und Zisfernsav nach höherem Tarif. Extra »Beilagen (gefalzt), n ur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Äunahmeschlnß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anreisen sind stet- an die Ex-edition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 518. Montag dm 11. October 1897. 91. Jahrgang. Die alten Verkehrsftraßen des Erzgebirges.*) Bon Herrn Postverwalter Niemann in Crottendorf. (Aus dem Archiv für Post und Telegraphie.) Das Erzgebirge gehört zu den Gebieten, die am spätesten durch allgemeine Ansiedelungen und Verkehrsanlagen in den Bereich der deutschen Cultur einbezogen worden sind. Seine drrite Wäldermaffe auf der Grenze zwischen Sachsen und Böhmen schreckte lange Zeit den Volkerverkehr ab. Von den alten Handelswegen kam ihm am nächsten die wichtige fränkische Straße, die an seinem Fuße entlang lies. Sie zog im Westen de- Gebirges durch das Vogtland und führte einerseits nach Franken mit dem Handelscentrum Nürnberg, andererseits nach Schlesien und den Ländern im Osten. Auf der anderen Seite hatte die Lausitz ihren Verkehr mit Böhmen, während weiter östlich durch die Pässe der Karpathen und de« Riesengebirges nach den Ländern des Mittelmeeres jene wichtigsten aller allen Straßen Nordeuropas führten, auf denen der Bern stein nach Süden, etruskische, phönicische und römische Maaren nach Norden gelangten. Obwohl alle diese größeren VerkehrSstraßen das Erz gebirge umgingen, müssen doch schon in alter Zeit Ver bindungswege vorhanden gewesen sein, die, über den GebirgS- kamm führend, Sachsen und Böhmen zu einander in Verkehr brachten. Denn es bestanden schon frühzeitig enge Beziehungen zwischen beiden Ländern, und auch den Heereszügen der ersten Eroberer war das Erzgebirge keine unübersteigbare Schranke. Für Böhmen war das Bestehen solcher Verbindungswege geradezu eine Nothwendigkeit. Dieses fruchtbare uud reiche Land hätte wenig Veranlassung gehabt, sich durch Handel in den Besitz fremder Erzeugnisse zu fetzen, wenn ihm nicht das wichtige Salz gefehlt hätte. Wie das viel- begebrte Gewürz von jeher einen regen Verkehr unter den Völkern ins Leben gerufen hat, so zwang es auch die Bewohner des salzarmen böhmischen BergkesselS, sich Wege über das unwirtbliche Erzgebirge nach den altberühmten Soolqurllen bei Halle zu bahnen. In Sachsen waren in günstiger VerkebrSlage schon früh zwei Städte entstanden: Zwickau und Chemnitz, beide in fruchtbaren, weit ins Gebirge eingreisenden Thalebenen. Sie lagen an der großen fränkisch-schlesischen Handelsstraße. Hier sammelten sich Handel und Verkehr der Nordseite de» Gebirge« und des vorgelagerten Flachlandes und trafen sich mit dem am Gebirge entlang betriebenen Durch gangshandel. Beide Städte dehnten ihr Absatzgebiet all mählich auch zum Gebirge hin aus und kamen so dem böhmischen HandclSbedürfniß entgegen. Damit wurden Zwickau und Chemnitz die Haupt - Ausgangspuncte für den Verkehr mit Böhmen; später traten die ebenfalls an der fränkischen Straße gelegenen Städte Dresden und Freiberg hinzu. I. Straßen von Chemnitz. Das jetzt zur Großstadt emporgewachsene Chemnitz war schon in slawischer Zeit ein bedeutender Handelsplatz, und sein Cultureinfluß beherrschte den ganzen centralen Theil des Erzgebirges. Als Stapelplatz für den Handelsverkehr mit Böhmen und als alleinige Inhaberin des SalzhanbelS wurde die Stadt für die Regierung zu einer wirksamen Handhabe, den Böhmen in Streitfällen durch Borenthaltung deS Salzes mancherlei Zugeständnisse abzuzwingen. Chemnitz hatte für seinen Güteraustausch mit Böhmen eine der wichtigsten Verkehrsstraßen über das Erz gebirge. Diese stand im Norden mit Leipzig und Alten burg in unmittelbarer Verbindung, lief südlich zunächst *) Benutzte Quellen: Kohl, die natürlichen Lockmittel des Bölkerverkehrs; Schuetz, die Passt des Erzgebirges: Chroniken ver schiedener Orte; „Glückauf!", Organ des sächsischen Erzgebirgs vereins; Erzgebirgs-Zeitung, Organ des böhmischen Erzgebirgs- Vereins. bis Zsckopau und theilte sich nach Ueberschreitung deS Zschopauflusses in zwei Züge, von denen der eine den Gebirgskamm durch den Paß von Reitzenhain, der andere durch den Paß von Preßnitz überstieg. Die Reitzenhainer Straße, in Zürner'S Postkarte (vergl. Archiv von 1892, S. 1-15 ff.) die „große Hauptstraße" genannt, stellte eine directe Verbindung nach Prag her, mit einer Abzweigung nach Saaz. Sie berührte die größeren Ortschaften Zschopau, Marienberg, Reitzenhain, SebastianSberg, Komolau^ und ging bei Postelberg über die Eger. Die Preßuitzer Straße ist urkundlich nur von Wolkenstein ab nachweisbar; sie lief von da über Mildenau, Jöhstadt und Preßnitz ins Egerthal nach Kaaden. Schurtz schließt aus einer Urkunde von 1402, daß eine darin erwähnte Ersenschlager Straße nichts anderes als eine Fortsetzung der Straße Preßnitz - Wolkenstein nach Chemnitz gewesen sei. Ist das richtig, dann hätten wir es hier nicht mit einer Abzweigung der Reitzenhainer Gebirgs straße, sondern mit einer direkten Straße Chemnitz-Preßnitz zu tbun. Die erste Kunde von dem Bestehen dieser Straßenzüge verdanken wir dem Bischof Thietmar von Merseburg, der über die Ermordung eines christlichen Priesters aus der Land straße von Chemnitz nach Bödmen berichtet. 1004 unternahm Kaiser Heinrich II. einen Einfall nach Böhmen und zog mit seinem Heere über die Chemnitzer Straße bis Saaz. Wolken stein diente ursprünglich zur Deckung der Preßuitzer Straße, und eine jetzt nicht mehr vorhandene Burg in der Nähe von Reitzenhain bewachte den Engpaß von Reitzenhain. Für den Verkehr mit Brüx und anderen Städten deS frucht baren Bielatbales stand Cbcmnitz ein östlicher gelegener Ueber- gangSweg, Zöblitzer Straße genannt, zur Verfügung. Sie zweigte ungefähr eine Stunde südlich von Zschopau von der Reitzen hainer Hauptstraße ab, überschritt bei Zöblitz die schwarze Pockau, bei Rüdenau die böhmische Grenze und erreichte unweit Görkau die Ebene. Zöblitz mit seinen Burgen charakterisirt sich als eine jener Slraßeubescstigungen, die wir bei Flußübergängen alter Straßen öfter finden. Da schon im 11. Jahrhundert erwähnte Schloß RothenhauS scheint eine Befestigung am Ausgangspunkte der Straße ge wesen zu sein. II. Straßen von Zwickau. Zwickau war in slawischer Zeit Mittelpunkt eines Gaue» und stand mit den Nachbargauen Plisoi (Altenburg) und Doöna (Plauen) in enger Verbindung Di' Entwickelung der Stadt hat mit Chemnitz viel Gemeinsame», indem beider Aufgaben fast die gleichen waren, und die Lage an der fränkischen Straße ihrem Handels verkehr und ihrer gewerblichen Thätigkeit die gleiche Richtung anwies. Bei Zwickau überschritt die große Handelsstraße die Mulde; die Brücke bot Gelegenheit zur Anlegung einer nicht zu umgehenden Zollstätte; rin Stapelplatz für Waaren war also von selbst gegeben. Gleichwohl hatte der Ort für daS Erzgebirge nicht die Bedeutung wie Chemnitz, und mit Böhmen bestand kein wesentlicher Handelsverkehr, weil Zwickau keinen Salzhandel treiben durste. Aber Zwickau lag in einer fruchtbaren Gegend und am Eingangöthor zu dem der Ent wickelung fähigen und bedürftigen Gebiet des reich bevölkerten westlichen Erzgebirges; es brauchte also Straßen, die weniger dem Handel mit Böhmen, als vielmehr dem Verkehr mit den Gebirgsbewohnern selbst zu dienen hatten. Eine solche Straße lies von Zwickau über Kirchberg und Hundshübel nach der schon in slawischer Zeit stark besiedelten Gegend von Eibenstock und setzte sich von da fort über Frühbuß zur Eger nach Karlsbad. AtS Endpunkt der Straße kommt Karlsbad wohl erst seit seinem Aufblühen im 14. Jahr hundert in Frage; früher wirb Falkenau der Endpunkt ge wesen sein. lieber den genauen Lauf der Straße bietet sich uns ein unanfechtbares Zeugniß erst in einem Reisebericht vom Jahre 1752 und in Zürner'S Postkarte; der Name des Städtchens Frühbuß bestärkt unS aber in der Ansicht, daß ihr ein viel höheres Alter zukomme. Aehnliche Ortsnamen findet man in altslawischen Gebieten öfter, und daß diese Orte fast immer an alten Verkehrswegen liegen, ist kein bloßer Zufall, denn der Name wird von prSvor -°° Transit abgeleitet. Danach hätte die Straße schon in slawischer Zeit bestanden. Weniger auf den Einfluß Zwickaus als aus denjenigen der tiefer im Erzgebirge liegenden Ortschaften ist das Entstehen einer Straße im Muldentyal zurückznfübren. Sie ging von Zwickau an der Mulde entlang bis Schwarzenberg; hier spaltete sie sich, wie die meisten Erzgebirgsstraßen im höheren Gebirge, in zwei Linien, deren eine zwischen der Pöhla und dem Schwarzwasser über Breitenbrunn, Platten und Bärinzen nack Karlsbad lief, während die andere, über Raschau und Crottendorf führend, den zur Chemnitzer Straßengruppe ge hörigen Preßuitzer Paß aufsuchte und nach Kaaden leitete. Diese beiden Straßen nach Böhmen werden vorwiegend von Schwarzenberg benutzt worden sein. Die dritte Zwickauer Straße nach Böhmen zog sich über die erzgebirgischen Vorböhen hinweg und suchte ebenfalls den Preßuitzer Paß auf. In der Schneeberger Chronik und in Albin»»' Bergchronik (1590), wo sie als die große Straße von Thüringen nach Böhmen bezeichnet ist, wird uns ihr Lauf ziemlich genau nachgewieseu. Sie schloß sich zunächst unterhalb Aue den übrigen Zwickauer Straßen an, verband die beiden Orte Lößnitz und Schneeberg und setzte sich einer seits über Hundshübel zum Vogtlande fort, während sie andererseits über Grünhain, Elterlein, Schlettau, Cranzahl weiterlief und bei Weipert die Preßuitzer Straße erreichte. Es ist charakteristisch für den östlichen Zwickauer Verkehr, daß er sich nicht eigene Wege über da» Gebirge bahnte, sondern die vorhandenen Uebergänge der Chemnitzer Straßen benutzte, welche mitten in das Herz von Böhmen führten. Entweder hatte Zwickau keinen sehr brauchbaren Paß — der Paß von Frühbuß kommt hier nicht in Betracht — oder der Verkehr auf diesen Straßen war so geringfügig, daß die Schaffung eigener Uebergänge nicht lohnte. Außer dem sollen die Straßen nach den Berichten der Chronisten in sehr schlechtem Zustande gehalten worden sein, so daß der größere Durchgangsverkehr von ihrer Benutzung abge balten wurde. III. Straßen von Dresden (Elbthal) und Freiberg. Während Chemnitz und Zwickau als alte Cultur- und VerkehrSmittelpuncte sich selbst ihre Straßen haben schaffen müssen, fanden Dresden und Freiberg bereits gute Wege verbindungen mit Bödmen vor, als sie zu Bedeutung ge langten und das BerkehrSbedürfniß sich dort regte. Auf der breiten Aue deS ElbthaleS führte in früher Zeit eine belebte Straße heran zum Elbsandsteingebirge; sie und die Elbe wurden seit Alters von dem Verkehr benutzt, der sich zwischen Deutschland und dem östlichen Böhmen bewegte. Eine vortheilhaste und rasche Beförderung von Reisenden und Waaren auf der Elbe war aber wobl nur bei der Thalfabrt möglich, denn im Elbsandsteingebirge verengt sich das Flußtbal zu steilwandigen, erst neuerdings wegsam gemachten Felsufern. Wer somit stromaufwärts nach Böhmen wollte, suchte da, wo das Thal sich verengte, seitwärts auS- zuweicheu und betrat einen kürzeren und bequemeren Landweg über die östlichen Ausläufer deS Erzgebirges. An zwei Stellen sehen wir denn auch Verkehrswege aus dem Elbthal abzweigen, zunächst an der Müglitzmündung, bei der die Tbalebene sich stark verengt, und dann bei Pirna, wo schroffe Bergwände die Flußufer einnehmen, — es sind dies die Straßen von Dobna und Pirna. Aus historisch beglaubigten Thatsachen ist zu entnehmen, daß die Dohnaer Straße zuerst die wichtigere von beiden war. Kaiser Heinrich III. benutzte sie 1040 zu seinem Ein fall in das böhmische Bielathal, und nach woblverbürgten Angaben über spätere böhmische Kriegszügc (1107, 1113 und 1126) war sie für die Truppenbewegung von großer Dc deutung. Die Straße bat in ihrem Anfänge sicher das breile Mügliythal benutzt, erstieg dann in der Gegend bei Bur! hardtSwalde die Höbe und zog über Liebstadt, Börners dorf, Fürstenwalde zum Geiersberg und von da durch verschiedene Pässe nach Kulm und Teplitz. Am Anfangs puncte diente die Burg Dohna dem Schutze und der Zollausbeute der Straße, während am Endpunkte, beim Gebirgsabfall, den Schlössern Graupen und Kapellenberg die gleichen Aufgaben zufielen. Hier aufgefundene Urnen, Knochen, Geräthschaflen rc. zeugen von einer frühen Besiedelung der Straßenübergänge. Interessant ist der Name des Ortes Birkwitz an der Elbe gegenüber der Straßenausmündung; er deutet auf eine alte Zollstätte hin (dzorüa — Steuer einnehmer). Die frühere Burggrasschaft Dohna verdankte allein der Straße ihren Ursprung. Tie Burggrafen verstanden die ihnen durch die Beherrschung der Straße in die Hand ge gebene Macht derart auszunutzen, daß sie um ihre zur Deckung des Gcbirgsübergaugeö angelegte Burg nach und nach ein großes Landgebiet in Besitz nehmen und schließlich zu einer selbstständigen Grafschaft umwandeln konnten. Mit dem Falle von Dohna (1402) verlor auch die Straße ihre Bedeutung. Die Gegner zerstörten die Brückenübergänge und verlegten den Weg über Pirna. Die wahrscheinlich früher schon als Nebenweg vorhandene nunmehrige Hauptstraße deS östlichen Erzgebirges verließ bei Pirna das Elbthal, führte eine Strecke am Seidewitzer Bach entlang und erstieg in der Gegend von Zehista die Hoch fläche. Nach Ueberschreitung des Gottleubatbales bei Berg^ gießhübel lief sie über Cratza und Peterswalde weiter nach Nollencorf; hier theilte sie sich nach Aussig und nach Teplitz. Dieser Richtung entspricht in der Hauptsache noch die heutige Landstraße nach Böhmen. Auf der Pirnaer Straße ent wickelte sich mit der Zeit ein schwungvoller Handelsverkehr. In Pirna wurden die von Norden kommenden Schiffe viel fach auSgelaven und die Waaren, besonders auch Salz, auf dem Gebirgswege nach Böhmen gebracht. Kninitz, südlich von Nollenvorf, war die Zvllstätte rn Böhmen. Allmählich machte sich aber der wachsende Einfluß Dresdens geltend; eS entwickelte sich bald zu einem hervorragenden VerkehrSmittelpuncte und erhielt 1455 daS NiederlagSrecht für die stach Böhmen gehenden Güler. Dresden schaffte sich nun eine besondere Straße, die dem Elbthal auswich und die Stadl unmittelbar mit Böhmen verband. Sie ging von Dresden nach Dippoldiswalde, führte von da am Thale der Rothen Weißeritz hin bergaufwärts nach Allenberg und stieg durch den sogenannten Seegrund nach Böhmen hinab. Eine besondere Wichtigkeit erhielt diese Straße durch den bei Altenberg betriebenen umfangreichen Zinnbergbau. Freiberg kommt für die Entwickelung der Gebirgsstraßen erst seit, der Entdeckung der dortigen Silbererze in Betracht. Die Stadt wuchs überaus schnell empor; es kam ihr die günstige Lage an der großen fränkischen Straße zu Statten. Mit kräftiger Unterstützung der Landesfürsten hatte die reich gewordene Bergstadt bald allen Handel an sich gezogen. In der Bestätigung des Handelsmonopols von 1318 heißt es, daß nirgends Waaren nach Böhmen fahren sollten außer über Freiberg, und daß auch das Theilen und Messen nur dort zu geschehen habe. Nach Freiberg führten aus der Ebene herauf verschiedene Wege für die Salzfuhrleute aus Halle, für die Kaufleute aus Leipzig u. s. w., und schlossen sich an die Gebirgsstraße an. Diese zog merlwürdiaerweise nicht direkt nach Böhmen, sondern aucr über das Gebirge nach Osten; sie ging von Freiberg über Frauenstein, Bärenstein, Lauenstein und den Mückenberg, die Dresdner Uebergänge benutzend, nach Graupen und Teplitz. Von Frauenstria ah Haden wir es hier mit einem alten Straßenzuge zu thun, der lange vor Freibergs Gründung bestand und sich ursprünglich nördlich in anderer Auf -er Gleiche. Skizze von C. Biebig (Berlin). Nachdruck verboien. Al» ich auf meiner Bleiche Ein Stückchen Garn begoß — (Altes Volkslied.) Doctox Erich Wühler war ernstlich verstimmt. Er hätte nicht geglaubt, daß seine kleine Frau so eigensinnig sein könnte. Ungeachtet seines Gegenredens beharrte sie darauf, morgen, trotz ihrer heftigen Erkältung hinaus auf die Bleiche zu gehen und die Wäscherinnen selbst zu controliren. Er wies zum Himmel hinauf: „Es wird gießen, stürmen, Anna — siehst Du nicht die drohenden Wolken — und Du auf der feuchten Wiese?!" „Ach, ich ziehe feste Schuhe an." „Die nützen nichts! Du kennst doch Deine Empfind lichkeit; ich ängstige mich, Du bekommst Fieber." „Nein, meine ganze schön», neue Tisch- und Bettwäsche ist Inaußen, die muß tüchtig gebleicht in den Winter hinein gehen. Alle ordentlichen Hausfrauen bleichen im Herbst noch mal — was denkst Du eigentlich von mir?" ^.Jch denk«, eS ist besser, Du gehst unverschnupft in den Winiter, als die Wäsche gebleicht — ich bitte Dich, Herz, bleib^zu HauS! Hast Du mich denn gar nicht lieb?" „Pft Sonne scheint immer, wenn gebleicht wird. Und ich gehe doch!" sagte sie mit der bekannten merkwürdigen Frauetnlogik. W« gesagt, Doctor Wühler war verstimmt, ordentlich trauri« und schlenderte in tiefen Gedanken durch die Gaffen der altem Stadt. Der Wind, der von den Bergen jenseits der Mosel um die Ecken blieS und welke Blätter vor sich hkrtrieb.oLer frühe Abendschein, melancholisch auf die grauen Dächer sinkend, das stumpfe Brummen der Domglocke, das unausgesetzte Beiern von den anderen Thürmen und Thürmchen machten ihn nervös. Was sollte das werden? Schon um solche Kleinigkeiten ehelicher Zwist?! Zornig polternd war er weggestürzt und hatte sie in Thränen auf gelöst zurückgelaffen. Und noch kein Jahr verheirathet! Wie sollte das werden, wenn der Jugendreiz verblaßt und die Leidenschaft verschwunden war — was blieb da übrig? Befürchtungen, Zweifel, Angst stürmten auf ihn ein. Alles paßte zu seiner angebitterten Stimmung. Dieser verwünschte Hausfrauentick, der sich nirgendwo breiter macht, als in der kleinen Stadt! Weil Frau Nach barin Linzen bleicht und Frau Nachbarin Schulze muß auch Frau Schmitz bleichen u. s. w. Und da die Bleiche der Reihe nach vermiethet wird, so geht schon wochenlang vorher das Buch herum und man schreibt sich ein. Früh morgens, gleichviel ob's paßt oder nicht, ob's Regen oder Sonnenschein, frühmorgens um fünf rumpelt der Karren vor; die Waschweiber, diese Eumeniden, die sich an die Fersen des unglücklichen Hausherren heften, laden die Körbe auf. Hinaus geht's zur Olewig, dem grünen Wiesenthälchen zwischen Weinbergen, das ein Bach durchströmt. Und am Nachmittag treten die Hausfrauen an, bringen den Wasch weibern Kaffee und Gebäck — wehe der „Madam", die keinen Kuchen spendirt! — in der wackligen Bretterbude mitten auf der Bleiche entwickelt sich ein Gelage, Kaffee töpfe rauchen, aufgeweicht« Fäuste strecken sich begehrlich danach aus; man hort das Geschwätz den ganzen Bach ent lang. Während dessen spaziert die Hausfrau über die Wiese, hochgeschürzt und stolz, hantirt ungeschickt mit der schweren Gießkanne und gießt die Füße nasser wie die Wäsche. So ist es seit hundert Jahren im guten, alten Trier gewesen, so wird'S nach hundert Jahren auch noch sein; man ist eben konservativ in der Mosrlcapitalr. Potz Donner, da fiel ihm ein Tropfen auf die Nase, dick wie eine Erbse — noch einer! Der Wind schnob ihn kühl an und schlug ihm den Mantelkragen flatternd auf. Natür lich, ein Herbstschauer im Anzug! Der junge Rechtsanwalt beschleunigte seine Schritte, noch eine Gaffe rechts, eine Gaffe links; nun stand er vor dem Gitterpförtchen, und hinter den von buntem Weinlaub umrankten Scheiben tauchte ein weiß- behaupter Alt-Frauenkopf auf und nickte zu ihm herunter. Das war seine Freundin; zu der wollte er. Sie saß in der altmodischen Stube auf dem Tritt am Fenster. „Ich halte Dunkelstunde", klang ihm ihre weiche Stimme entgegen, als er ins Zimmer trat, „seien Sie herzlich will kommen! — Nun, was bringen Sie Gutes, Sie Junger? Ei, Falten auf der Stirn?!" Ihre kühle Hand strich ihm die verwehten Haare zurück; ein Duft ging von ihr aus, ein welker linder Duft aus ihren Kleidern wie aus der ganzen altmodischen Stube. Er kannte diesen Duft schon, als er noch ein Knabe war — richtig, dort auf der Servante standen die beiden großen blaublumigen Potpourrivasen; jeden Herbst füllten sie sich mit Lavendel und Rosenblättern. „Was haben Sie, lieber Freund?" Stimmt nicht Alles zu Hause — was macht Anna?" Wie eine Erlösung berührte ihn diese Frage. Nun konnte er ja seinem schweren Herzen Luft machen! Und den Stuhl dicht neben den ihrigen auf den Tritt zwängend, sprudelte er hastig Alles hervor, was ihn bedrückte und schloß endlich mit einem Seufzer und mit der Frage: „Giebt das nicht Anlaß zu ernsthaften Befürchtungen? Ist das nicht sehr traurig?" Da lächelte sie, so fein ironisch, so liebenswürdig, daß ihr eingesunkener Mund wird«r hübsch wurde, wie in ver gangenen Tagen. „Lieber Freund, Sie nehmen eS ein wenig heiß, so heiß, wie man'S eben in der Jugend nimmt! Sitzen Sie nur erst so still wie ich, und sehen Sie Ihre Rosenblätter welk werden, wie die da in der Vase, dann lächeln Sie über all' so etwas. Es ist mir gerade so gegangen, wie Ihrer Anna — sich was in den Kopf setzen, dann mit dem Kopf durch die Wand, auf keinen Vernunftgrund hören — ja, ja, so machen wir's, dafür sind wir eben Frauen! Gefährlich wird c- ja nicht gleich mit Ihrer Anna werden, ein Schnupfen, der ihr die Nase roth macht und die Augen trüb — halt, halt, sitzen Sie nur still, junger Freund, ich will Ihnen eine Le schichte erzählen, die können Sie Ihrer Frau wieder zum Besten geben. Die ist selbst erlebt!" Ein Schatten ging über daS liebliche Altfrauengesich), das feine Roth der Wangen verschwand, und die Stimm: erhielt einen warnenden ernsten Klang, als sie fortfuhr: „Ich habe meinen Mann sehr lieb gehabt; immer gleich lieb ohne Wanken; und jetzt, wo er nur noch im Geiste mil mir lebt, ebenso lieb wie in der ersten Stunde. Und er hat mich auch geliebt. Aber verschiedener Meinung sind wir darum doch gewesen, mitunter sogar sehr: ich hatte einen furchtbar harten Kopf — „krause Haare, krauser Sinn", sagte meine Mutter selig . . . Damals bleichten sie schon in der Olewig, grade wie jetzt; und der Bach kam wie heut, von den Matheiser-Weihern her und floß ringedämmt zwischen den Weinbergen zu Thal. Da spreizte sich die Wäsch«, weiß wie Schnee, rechts und links auf den grünen Wiesen, und das Herz lachte den Hausfrauen bei dem An blick im Leib. Es war etwas früher im Jahre wie jetzt, ein sehr trockner, sehr heißer Herbst, die Trauben fanden kaum Schutz unter den welken Blättern mehr, das Laub fiel von den Bäumen. Ich erwartete mein erstes Kind, unsren armen Heinrich." Sie machte eine kleine Pause und strich sich mit der Hand die welken Backen entlang. Und dann mit einem Seufzer: „Da zankte ich mich mit meinem Mann. Ich wollte in die Olewig zum Bleichrn, und er wollte mich nicht lassen; er zeigte mir am Himmel daS drohende Schwarz, er sprach von
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