Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.10.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-10-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971012017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897101201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897101201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-10
- Tag1897-10-12
- Monat1897-10
- Jahr1897
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis ßtt hauptexpedition oder de» i« Ltodt. d»»irk und den Bororten errichteten Au«- «ab,stellen adgeholti »iert»ljährlich^4.5O, ort zwrimuliger tüglicher Zustellung ins Hau« >k 5.50. Durch die Post bezogen für »»»tfchlond und Oesterreich: viertel,«brlich Ü.^-. Direkte tägliche Krruzbandienduug ins Auslund t monatlich ^l 7.50. Di« Morgen-Au-gabe ^scheint UM '/,7 Uhr. di« Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Uedaction und Expedition: Ä»hanne«,afl« 8. Di« Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: Dtto klemm'» Lorttm. (Alfred Hahu), Univrrsitütsslrah» 3 (Paulinum), L»»i» Lösche, Aatharinenstr. 14, part. und Königsplatz 7. Morgen-Ausgabe. nMer TagMlck Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- nn- Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes und Nolizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg. Reclamen unter dem Redactionsstrich (4ge- spalten) 50^j, vor den Familtcnnachrichten (8 gespalten) 40/^. Größere Lchriften laut unserem Preis verzeichnis). Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Sxtra-Veilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbesördcrung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschlvß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Jahrgang. 52« Dienstag den 12. October 1897. Der Schluß des Mililairjahres. Von militairischer Seite wird un« geschrieben: Mit dem letzten Septenibertage bat daS militairische Zabr geschlossen; die ausgedienten Mannschaften sind an diesem Tage, der gleichzeitig der letzte Diensttag der Einjahrig- Freiwilligen war, zur Reserve, d. b. in die Heimath entlassen worden. Der Schluß des Militairjabreö kennzeichnet sich aber vor Allem durch die Abhaltung der Manöver, welche eine große Schlußpriisung am Ende des AuSbildungSjahre« darstellen und gewissermaßen die Bilanz zu ziehen gestatten. Diese drängt sich meist in einen kritischen Rückblick auf die Manöver zusammen, wo Führer wie Truppe ihr Können vor den höchsten Vorgesetzten earlegen müssen und wo in militairischem Sinne Herz und Nieren geprüft werden. Das deutsche Heer hat diese Prüfung in allen Tbeilen auf da« Beste bestanden, wobei es natürlich auch an Mängeln nickt gefehlt bat, sei eS in Bezug auf Befehls- und Truppenführnng, sei eS hinsichtlich der Unterbringung und Verpflegung. Diese Mängel werden gleich an Ort und Stelle besprochen und nötbigenfallS gerügt, trotz derselben aber bat sich unser Heer in allen seinen Conlingenten als völlig schlagfertig erwiesen. Die größte Aufmerksamkeit, man kann sagen der ganzen Welt, war diesmal auf die Kaisermanöver gerichtet; aber nickt der Besuch eines fremden Herrscher« üble eine solche Anziehungskraft ans, sondern der Umstand, daß zum ersten Male die beiden größten Kontingente de« deutschen Heeres, Preußen und Bayern, unter der Oberleitung deS Kaisers gegen einander manövriren sollten. Dazu trat noch das Aufgebot an Truppenmassen, welche« bisher eine solche Stärke noch nicht erreicht batte und sich aus über vier Armeecorps belief, von denen ein bayerisches und ein preußisches Corps je drei Divisionen anfzuweisen batten. Dabei gab es keinerlei Slelett- einheiten, sondern die Truppentheile waren durch Einziehung von Mannschaften auf die volle Friedensstärke gebracht Worden, so daß sich sowohl für den Aufmarsch als auch für das Gefecht den Verhältnissen de« Krieges möglichst nahe kommende Uebungen abhallen ließen. FrontauSdehnung.Tiefen- glicterung, Abstände und Geschwindigkeit beim Marsche, Feuerordnung und wie die Dinge alle heißen, kamen dabei in stärkerem Maße zum Ausdruck und daher zur Prüfung, als dies bei kleinen Manöver» der Fall ist, DaS gefährliche Moment de« Krieges, die Verluste durch die Kugel, kann selbstverständlich beim Manöver nicht zur Darstellung gelangen, und somit können auch gewisse moralische Factoren nicht in die Erscheinung treten. Trotzdem aber kann man auch von Manövrrsiegen sprechen, was von Manchem nicht für zu- treffend erachtet wird. Zm Kriege ist ein Sieg stets der Erfolg des Zusammenwirkens von Leitung, Führung und Truppe, wobei Eins ohne das Andere nicht gut zum Siege gelangen kann. Beim Manöver dagegen scheidet die Truppe mehr oder weniger für die Erreichung des Sieges au« dieser Drcizabl aus; Leitung und Führung sind die Factoren, welche Sieg und Niederlage auf Grund schiedsrichterlicher Ent scheidung berbeifübreu. Welche Taktik di« verschiedenen Waffen zur Anwendung gebracht haben und wie die Strategie auf den Gang der Manöver einwirkt, interessirl mehr den Fachmann und kann hier bei Seite gelassen werden. Nur sei bemerkt, daß bei den Kaisermanövern die große Schlackt dargestellt wurde, wie sie in einem zukünftigen Kriege sich bei de» Millionen heeren gleich von vornherein entwickeln wird. Weiteres Interesse bat eS aber, zu untersuchen, ob solche Massen manöver nur der Sucht nach Paradeglanz und der Renom misterei entspringen, wie in einem Theil der Presse behauptet worden ist. Beide« ist durchaus unzutreffend. Die Parade ist keineswegs Glanzstück allein, sondern sie ist ein wichtiger Prüfungsgegenstand der Frieden-auSbildung im Front- und Exercirdienst und in der Strammheit der Mannüzucht, auf denen allein der Felddienst sich aufbauen kann. Nur wenn die Grundmauern tadellos aufgesübrt und beschaffen, sind, verspricht der Bau Haltbarkeit. Auch in anderen Heeren verzichtet man aus den Prüfstein der Paraden nicht, wobei der Zeitpunkt ihrer Abhaltung — ob vor oder nach den Feldmanvvern — von nebensächlicher Bedeutung ist. Nach den Auffassungen in unserem Heere sind sie zweck mäßiger vor dem Manöver, weil aus VerwaltungSrücksichten sich die Milführung der Pararegarnitur alsdann leichter ge staltet. Also doch Pararegarnitur, also bessere Anzüge, mit hin nur Prunk und Glanz! Weit gefehlt! Was hier dem höchsten Vorgesetzten al« Parabekleidung vorgesübrt wird, dient bei der Mobilmachung als Kriegskteidung; hier wird ihm sein scharfer Blick sofort zeigen, ob dem wichtigen Factor der Bekleidungswirthsckaft die nötbige Aufmerksamkeit zugewendet wurde und in welchem Anzuge «eine Truppen ins Feld rücken können. Gar Mancher urtheiit abfällig, wenn er unsere Soldaten in ihren abgetragenen Alltagsröcken einher geben siebt, obne daran zu denken, daß für sie nur dadurch ein guter, tadelloser und dauerhafter Anzug für den Krieg gewährleistet ist. Diese wenigen Hinweise werden genügen, die Notbwendigkeit von Paraden zu erhärten, die nur in Ausnadmefällen, wie bei fremden Fürstenbesuchen, dem Glanz, aber auch zugleich der keineswegs bedeutungslosen Vorführung der bewaffneten Mackl dienen. Wenn man in rem Massenaufgebot bei dem Kaiser manöver nur ein Nenonimiren erblicken wollte, so würde man von der Sache nur wenig verstehen. Besser als durch ein Massenaufgebot kann die Führung solcher Massen, ihre Unterbringung, Verpflegung, Gesunderhaltung n s. w. nickt erlernt werden. Wohl dem Heere, welches dieses Alles nicht nur theoretisch erlernt und dessen Führer bis zum obersten Kriegsherrn binauf nicht nur vom grünen Tische her lehrten und lernten. Sie Alle gehören hinaus ins freie Feld mit ihren Truppen zusammen; dort wird im Frieden der.feste Verband der einzelnen Heereöthcile zusammengeschweißl, dort werden Strapazen ertragen und auferlegl, wie sie der Krieg aller^ dings meist nicht kennt, wie sie aber im Frieden gefordert werden dürfen, weil der Krieg im Frieden sich nur auf wenige Tage beschränkt. Mit Umecht wirb das Massenaufgebot der Truppen getakelt; al« Beweis für die Unzuläisigkeit dieses Tadels darf wohl angeführt werden, daß Frankreich im nächsten Jahre sechs ArmeecorpS für die großen Manöver aufbiclcn will. Ob dies zur Ausführung gelangt, ist eine andere Frage; aber der Absicht liegt keineswegs ein Ueberbieten unserer Leistung zu Grunde, sondern die erkannte Nothwendigkeit, auch bei Friebensnianövern mit starken Heeren zu operiren. Dies möchte als die wesentlichste Errungenschaft am Schluffe deS Militaitjahre« zu bezetchnen sein. III. Parteitag der deutsch-sociale« NeformMrtei. (Unberechtigter Nachdruck verboten.) 8. u. 8. Nordhauser», 10. October. Um 11 Uhr Vormittaas eröffnete Reichstacwobgeordneter Zimmermann in Gegenwart von etwa 100 Teleg.rieu die Verhandiungen mit einem Hoch auf den Kaiier. Daun erstattete er den Rechenichaftsberichl der aiittseiiittischeii Rcichstogefraction. Von den 14 Abgeordneten halten 8 un Plenum, und zwar im Gauzen 128 Mal, gesprochen. Die Fractiou habe demnach sehr viel geleistet. Die deutsch-sociale Fraktion sei auch die erste gewesen, welche die deutich-österreichische Frage im Reichstage zur Sprache gebracht habe. (Beifall.) Von den Jnmatwanträgen war der in Sachen des Schutzes der Bauhan^werker schon früher zur Erledigung gebracht worden. Die letzte Session brachte Anträge aus Wiedereinsührung der consessionellcn Eidesformel, die auch angenommen wurden, und ferner Anträge aus Einführung der allgemeinen Wahlpflicht, Berbok des Schachtens, Verbot der Consumvereine in den nämlichen Betrieben, Verbot der Einwanderung ausländischer Juden rc. Der letztere Antrag wird wiederum eingebracht werden, um die Ehr lichkeit antijenntischer „Ueberzeugunqen" bei den anderen Fraktionen zu prüfen. (Beifall.) In dieser Beziehung habe man trübe Er fahrungen gemacht, denn trotz vorheriger Versprechungen häiten z. B. die Abgeordneten von Levetzow, Hasse und Wamhoff bei der Ab stimmung gegen das Veibot gestimmt. Weiter geht der Redner auf die Tbätigkeit der Fraction in der Handwerkervorlage ein und ver- sucht die Behauptung zu widerlegen, als ob die Fraciion im Reichstage ihre parlamentarische Untbätigkeit und Unfähigkeit bewiesen habe- Er bezieht sich dabei insbesondere auf einen Artikel der „Nationalliberaleu Correspoudenz". Ter Referent bespricht dann den Ausirnt des Abgeordneten 5>r. Förster aus der Fraction und behauptet, daß die Veröffentlichung des Schriftwechsels zwischen Förster und der Fraciion nöthig gewesen sei, uin einer L-genden« bildung von vornherein enigegenzutreten. Die von Förster an geführten Gründe nänden mit den Thaisachen direct in Wider spruch. Deshalb habe der Austritt Förster'«, den man im klebrigen als den eines alten Vorkämpfers der antisemitischen Sache bedauere, einen nachtheiligen Einfluß aui die Partei selbst Nicht aus- g'übt (?). Der Referent reninim sich dahin, daß die Fraction in jeder einzelnen Frage ihr Programm bethäligt habe und daß dies auch fernerhin in ihrer Absicht liege. Aber nur wenn die periön» lichen Differenzen zurückgestellt und die Gememsamkei gewahrt werde, könne die Fraction ihre Ausgabe, der Erneuerung des deutschen Volksgeistes und des deutschen Volksthuins zu dienen, erfüllen. (Lebhafter Beifall ) Eine Besprechung über den Bericht wurde nicht gewünicht. Auf Antrag des Telegirten Jenzen- Cottbus sprach die Versammlung der Fraction ihren Dank und ihr Vertrauen aus. Der zweite Puuct der Tagesordnung betraf die Arbeiter frage, die bereits den vorjährigen Parteitag iu Halle beschäftigt hat. Damals wurde eine Comm ssion mit dem Auftrage eingesetzt, diese Frage für den diesjährigen Parteitag vorzubereiten. Es liegt dazu eine Reihe von Anträgen vor. Namens der Commission er stattet das Bürgcrsckastsmitglied Raab-Hamburg Len Bericht. Ter Redner schlägt dem Parteitage folgende Resolution vor: „Da das Programm der deutsch-socialen Resormpart.i bezüglich der Arbeiterfrage im Allgemeinen den berechtigten Wünschen der Arbeiter, sowie dem heutigen Staude der wirlh'chafilicheu Erkeiintniß ennpricht, Niiiimt der Parteitag Abstand von einer Programm- ändernng, bezeichnet jedoch als weiter zu erstrebende Ziele Folgendes: Der Zusammen Ichluß aller Arbeiter zur Erringung besserer Arbeite- und Lohnverhaltnisse ist zu fördern. An die Stelle des Eoalitionsrechtes ist die Condnionsp sticht zu fetzen, da erst nach ihrer Tuichsubrung der Uebersüllung einzeimr Berufe gesteuert und eine wirksame Versicherung gegen Arbeitslosigkeit geschaffen werden kann. Die heute bestehende Freizügigkeit ist inwsern ab zuändern, Laß zwar Jedem das Abzugsrecht gewährleistet bleibt, das Zuzugsrecht jedoch unter Umständen eiiie Einschränkung erfährt. Für alle größeren Betriebe sind stündige Arbeilerausschüise mizuordnen, deren Mitglieder gegen Maß regelungen geschützt sein müssen. Die Verarbeitung giftiger Stoffe ist zu verbieten, sofern iüc sie Ersatzmittel vorhanden sind. Arbeit geber und ihre Stellvertreter sind den Bestimmungen des 8 174 des Strafgesetzbuches zu unterstellen. Für die Haus industrie sind geeignete Bestinnnuuqe» zum Schutze der Arbeiter und ihrer Hausgenossen zu schassen." Es tritt dann die Mittags- pause ein. Zu Beginn der Nachmittagssitzung wählte der Parteitag zunächst die ParliivorsitzeuLen und zwar wurden die Abgeordneten Lieber, manu von Sonnenberg und Zimmermann, die diejes Amt bisher inne hatten, mit 100, bezw. 9t Stimmen (ll waren zer splittert) wiedergewählt. Sodann erstattete Or. Lindstrüm-Goslar das Eorreferat zu Lein Thema: „Die Arbeiterfrage". Redner em pfiehlt ebenfalls die Thesen des Referenten Raab. Es folgte dann eine sehr ausgedehnte Debatte über diese Thesen. Polster-Crimmitschau verspricht sich von der Behandlung der Arbeiterfrage durch den Parteitag Nicht viel. Tenn der Kampf zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer werde nie aufhören. Man herücksichtige bei der ausgedehnteren Arbelterfürsorge zu wenig den Arbeitgeber, der schließlich die ihm auserlegicn Lasten nicht mehr tragen könnte. (Beifall und Widerspruch.) Tie in den Thesen ge forderten Arbeiterausschüsse wurden das Hausrechl des Arbeitgebers beickneiden. Der Arbeitgeber würde, nicht mehr Herr in seinem Betrübe bleiben. Tie Forderung nach einem Beibot der Ver arbeitung gistiger Stoffe je» human, aber nicht durchführbar. Man werde bannt eine große Anzahl Betriebe lahmlcgeii. Tie Ver sicherung gegen Arbeitslosigkeit sei eine versau.,liche Forderung, La Arbeitslosigkeit und Arbeit«,cheu oft identisch seien. Aus allen diesen Gründen ersucht der Redner, die Thesen abzulehnen. (Beifall und Widerspruch.) Ajchendorss-Neusiettin bemerkt, daß der Referent den Unter schied zwischen städtischen und ländlichen Arbeitern zu wenig betont habe. So angebracht ein Verbot der Kinderarbeit in Fabr ken sei, so nothwendig und gesabrlos sei die Kluderarbeit aus dein Lande. Auch dieser Redner ist dec Ansicht, daß die Raab'scheu Thesen eine Verkürzung der Rechte des Arbengebers in sich schließen. ReichstagsabgeorbneterZimmermann berichtigt einige Angaben des Zieferenten in Bezug auf die Stellungnahme der früheren Partei tage jur Arbeiterfrage. Die positive uns größte Arbettersreundllchkeit liege in der Erhaltung eines geiunben und kräftigen Mittelstandes Tas habe man sich schon in Dresden gejagt und das w ederhole ec hier gegenüber den Raab'ichen Tkejeii. (Beifall und Widerspruch.) Nur ein gesunder und kräftiger Mittelstand schaffe dein Arbeiter auskömmliche Arbeitsgelegenheit uud entsprechende Löhne. Dl« Be folgung der Raab'scheu Thesen würde Len Ruin deS Mittel standes zur Folge haben. Die Arbeiter würden die Aibeils- ansschüsse zur Bekämpfung des Unteruehmers benutzen. Er bittet ebenfalls um die Ablehnung der Thesen, da ihre Annahme einen Bruch mit den Grundsätzen der Partei bedeuten würde. (Großer Beifall.) Im Schutz der Productivstände liege der beste Arbeucr- schuS. Rechtsanwalt Lotze-Dresden erblickt den Ursprung der Arbeiterfrage in der liberalen Gesetzgebung und ist ebenfalls der Ansicht Zimmermann's, Laß eine vcruünjttge Mittelslandepolilik am ehesten dem Arbeiter zu Gute komme. Auch Wenle-Goslar ist für die Ablehnung der Thesen, weil man mit ihrer Annahme die nationalen Elemente von sich absioßc und den Socialdeinokrateu eine Waffe gegen Las eigene Fleuch >n die Hand gebe. Was die Coudilion onlauge, so sei dieselbe bei Len Landarbeiieru unmöglich, bei den Jnduslrüorveilern bedenklich, La der kleinere Unternehmer durch sie ruiiiirt werde. Abgeordneter Jekraut ist der Ansicht, daß man sich auf d,e Forderungen des Erfurter Programms beschränken solle. Dort sei Alles gesagt, was für Len Arbeiter nolh- ' wendig sei. Tie Annahme der Raab'ichen Thesen würde ein Hiiiausgehen über den Rahmen bedeuten, der für die deutjch- lociale Resoruipartei uoihwendig und nützlich sei, und das sei der Rahmen, der ihr als Mstteistandspartei vorgezeichnet sei. (Beifall uzid Widerspruch.) Eventuell sei er dafür, eine Verbesserung der Thesen nach der Richtung hi» vorzunehmen, daß inan Len Saß von Recht aus Arbeit streiche, La derselbe ein juriillscher Unsinn sei. Ler Satz führe zu emcin Siaolsjocialismus, der jchliiliiner sei als der socialdciuokralische Zukuiiftsslaat. Mil dem Recht ans Arbeit solle aber auch die staatliche Versicherung gegen Aibeitslojigkeit. Specht (Zell in Baden) und ein anderer Redner machen eben falls Bedeuten gegen die Thesen geltend. Kuötle-Casjel ist für die Raab'ichen Thesen, da inan mit ihnen der Socialdemokratie schäiser cntgegentreten könne. Eine einseitige Betonung der MittelnanLsintcreijen hält er für verfehlt. Durch die Thesen erleiden seiner Ansicht nach die Interessen der Unternehmer keinen Abbruch. Weiter sprechen Heuu-Franksurt a. M. und Marr-Darmstadt für, bezw. gegen die Thesen Les Referenten. Darauf wurde die weitere Debatte über dielen Puuct ui» 8 Uhr Abends auf morgen früh vertagt. — Um 9 Uhr Abends begann in demselben Saale ei» Commers. Frurllets«. geschrieben den alten, anderer Thiere lebenden Geschöpfe wollen wir ein« heraus- I greife», Lessen Naturgeschichte besonders interessant und erst I in neuester Zeit und zwar von dein ausgezeichneten fran- rösische» Tbierkundige» Trouessart entdeckt worden ist. Dieser Parasit ist eine Milbe und findet sich aus dem roth- schenkeligen Wafferlästser (Dckuuns calickris), wahrscheinlich aber such noch auf anderen verwandteu Sumpfvögeln. Die Milben, eine Ordnung der Spinnenlbiere, stellen ein große« Contingent zu dem Heer der Schmarotzer. Sie finden sich bei Muichelihieren, bei land- und wasscrbewobnlen Insccten — die große», blauschwarzeo Mistkäser sind manch mal über und über mit ibneu bedeckt — man findet ihrer Decken) gelegentlich an Eidechsen, in der Lunge von Schlangru, in großer Individuen- und Artenzahl auf und in der Haut von Vögeln und Säugetbiereii, 2 Arten beherbergt gelegentlich auch der Mensch: die Krätzmilbe und eine winzig- kleiue, sehr merkwürdige Form io den mit den feinen Haaren besonder« der Nase verbundenen, entartete», al« „Mitesser" bekannten Talgdrüse». Nickt wenige Milben durchlaufen, sehr im Gegensatz zu den übrigen Spinulhiere», eine bisweilen reckt verwickelte Verwandlung. Im gu-gebildeten Zustande habeu sie ackt Beine, aber viele verlassen mit nur 3 Beinpaaren da« Ei und erhalten erst nach einer ober »ach mehreren Häutungen da« vierte hinterste, erleiden aber auch danach noch allerlei Beränderungea. Man unterscheidet bei vielen Larven, Nymphen und vollkommen ausgebildete Indi viduen oder Imagiue«. Diese drei Entwicklungsstufen finden sich auch bei der in Rede stehenden, auf dem rothscheukligcn Wasserläufer lebenden Art, di« den wissenschaftlichen Namen 8)rinLobj» cüolopus führt, d. h. auf deutsch die schildsüßige Federspulenbewohnerin. Schildfüßig beißt sie, weil sie an« den freien Enden ihrer Beine, wie viele andere Angehörige ihrer Sippe, breite Heftscheibeu trägt und der Grund der anderen Benennung wird sich au« dem Folgenden ergeben. Während de« ganzen Sommer« leben die Tbiere al« Larven uud Imagine«, obne Nymphenform aus dem Gefieder ihrer Wirrhe, von dessen feinste» Fedcrtheilchen nagend sie sich ernähren und sie vermehren sich auf gewöhnliche Art. Bevor nun (in jetziger Zeit) ter Rolhschenkel nach Süden wandert, mausert er sich vollständig, und da« veranlaßt «ine höchst merkwürdige Veränderung in der Leben«, und Fort- Eiu wun-erlicher Kostgänger. NaKdruck veröstcn. Wohl keine natürliche Einrichtung hat so merkwürdige Früchte gezeitigt wie das Schmarotzertbum, die Gewohnheit vieler Geschöpfe, auf Kasten anderer zu leben. Pflanzen schmarotzen hei anderen Pflanzen und bei Thieren, Thiere ihrer seits bei Pflanzen und bei anderen Thieren, es ist das selt samste Herüber und Hinüber, daS man sich denken kann, und Nicht- hat so wunderbar verändernd auf die Körperbeschaffeu- heit und auf Pie Lebensweise der Organismen ringewirkt. Wir kennen Parasiten aus allen Classe» der Tbiere, nur meine- Wissen« nickt au« per der Lurche, der Frösche und Salamander. Schmarotzende Infusorien sind zahlreich, auch in unseren Leibern Hausen deren — e« giebt parasitäre Ouallen — Seesterne suchen wenigsten« bei anderen Thieren Unterschlupf — unter Leu Würmern finden sich die be kanntesten und für uns Menschen wesentlichsten, in den Körpern unserer Haustbiere »uv iu unseren eigenen unter Umständen töptlich wirkende Gast« — in der «chaar der Kerbtbiere ist die Zahl dieser Feinde ihrer Milgeschöpfe Legion — unter de» Weichthieren fehlen sie nicht ganz — wir krönen Fiscke, die im Innern von See sternen, von Trepang oder Seewalzen Schutz finde», andere, Lik ^-f^an stärkere Fische nnd Seeschildkröten, an großen cr-cMk" nnd Hummern andrsten, um sich von ibneu trans- Bjxe» zu lassen, ja einen, de» Inger, der sich in da« ßaeArr vs» andere» Fischen, Dorschen, Kabeljaue», Butten »» rc. einwühlt uud hier schmaust — e« giebt Schlangen, X die Baute» tropischer Ameisen eindringeo, um da mit Löhnung wohl auch zugleich Nahrung zu haben. Die 1 ».«> Kuckucke sind Brutsckmarptzer, die anderen Vögeln beoLcÄmuckt ihrer N-ckkommen überlassen — Ratte» uud sind, wenigsten« bi« zu einem gewissen Grave, gleicb- ' «^Epastte» — und «e«u der Mensch sich auf ein Pferd 4 L» deffe« Kräfte zur OrlSbkweguoa zu benutzen, Grunde genommen andere« al« eia Trans- Aov««t>«r xvotzer? X ""^heuern Schaar dieser, irgendwie auf Kosten Blutresten und von Theilcn der Seele ernähren. Sind unter der eingewanderten Gesellschaft auch männliche Larven, so entwickeln sich die Thiere zu vollkommenen Imagines, die sich in normaler Weise unter Ablage hartschaliger Eier ver mehren. Nu» kann es aber sein, daß keine Mäunchcn, die seltener zu sein scheinen, in die Spule gelangen, soupcru nur Weibliche Larven. Diese verwandeln sich dann wohl in das 2. Stadium und werden Nympheu, aber keine ausgebildeten Weibchen. Gleichwohl wacvsen sie bis auf das Doppelte ihrer ursprünglichen Größe, verändern auch einigermaßen ihre Gestalt und nehmen die syriugobiale Form, d. h. die Form der spulenbewohuenden Nymphe au. Dann häuten sie sich noch einmal, pflanzen sich, nach ter bekannten Art der Blatt läuse, als sogenanulc Ammen ohne Gegenwart von Männchen parthenogenetisch fort uud legen schaleulose Eier. Die ans diesen hervorgeheuren Larven entwickeln sich gleichfalls nicht z» ausgebildeten Weibchen, sondern auck nur zu Ammen, und so gehl die Vermehrung während des ganzen Wiurers, da« ist also während der ganzen Wanderzeit des Vogels, auf parthenogenetischem Wege weiter vor sich. Kurz vor der Frühlingsmauser, bevor die bewohnte Schwungfeder ausfällt, erscheinen außer weiblichen auch männliche Larven, und alle wandern aus dem Spul oben wieder aus und verbreiten sich über das Gefieder. Bis zur vollendeten nächsten Hcrbstmauser und rem Erscheinen »euer Schwungfedern vollzieht sich dann die Vermehrung in nor- maler Weise. Die Ursache dieser gewiß ausfallenden Erscheinung, daß ein Schmarotzer auf ein und demselben Wirth seinen Aufenthaltsort wechselt, scheint in den veränderten Verhältnissen der Jahres zeit und der Temperatur zu liegen. Denn wenn die Rolb- schenkel auch wandern, so geschieht das doch sehr langsam und nicht weit nach Süden, ja, viele überwintern sogar an unseren Küsten. Daher würde sich sür die Milben doch der Einfluß des Winters bemerkbar machen und deshalb schlagen sie ihre Winterquartiere in jene» schützenden Spulen auf. Merkwürdig ist es, daß sie dieselben im Frühling zur rechten Zeit, bevor die Schwungfedern bei der Frühjahrmaufer auS- falleo, wieder verlasse». V öl- I pflanzungsweise unserer Milbe. Mit den andern Federn I verliert der Vogel auch die größien seines Gefieders, die Schwungfedern, und es wachsen ihm neue. Um nun das Folgende zu verstehen, ist es nöthig, daß wir uns einmal eine Schwungfeder etwas genauer anschen. Das war freilich früher, als noch allgemein mit Kielfedern wurde, die Ganse noch ungcrupft zum Verkauf kamen und die Piasavabesen und andere elegante Abstäuber ehrlichen Flederwisch noch nicht verdrängt batten, leichter als jetzt, wo sich vielleicht kaum in 10 von lOO Leipziger Haus haltungen noch eine Schwungfeder von einer Gans erhalten haben mag. Nun, dem sei, wie ihm wolle, ich muthe eben meinen wertben Lesern ohne Weiteres zu, sich eine solche Feder zu verschaffen, daS „Wie" ist seine Sacke, uud sie sich daraufhin auzusehen. Eine solche Feder bestehl wesentlich aus 2 Theilen, dem Kiel, gewissermaßen der Stamm, der den anderen Theil, Vie Fahne, die uns hier nichts an geht, trägt. Der Kiel besteht wieder auS 2 Untertheilen, einem oberen, dem Schaft, und einem unteren, ver Spule. Der Schaft ist außen bart und benebt innerlich auS einer bollunderuiarkartigcu Masse, seine Vorder- ober Oberseite ist glatt, während entlang der Mitte seiner Hinter» oder Unterseite eine Furche verläuft, die sich unten unter dem Oberranv der Spule in eine feine Oeffnung verliert. Vorn gebt die Spule ohne Unterbrechung in die Oberseite des Schaftes über. Unten an ihrer Spitze sehen wir eine kreisrunde, von einem Pfropf eines weicheren Gewebes ver schlossene zweite Ocffuung, und ihr Inncnrauni enthält eine eigentbümlichc hornigglasige, durchscheinende Masse, die Seele. Eine jede Feber, einerlei ob beim Erstlingsgefiever oder nach der Mauser, entwickelt sich (auf welche Weite, interessirt uns i hier nickt) aus oder auf einer Hautpapille, in der zu diesem . Bekufe eine gesteigerte Ernährung statifindet, so daß sie be deuten» an Größe zunimmt. Ist Vie Feder fertig, so wird sie kleiner und zieht sich wieder zurück, läßt aber Reste ihrer , Oberhaut al« Seele und übergetretenc« Blut io der Spule zurück. , Hat sich nun der Bogel im Herbst gemausert, dann dringt : eior Anzahl von Larven der Schmarotzermilben durch da« dann noch welchranbige und größere Loch am Ende der Schaflfurcke in die Spule, und in jede Schwungfeder niste» sich auf diese Weise 3—4 Individuen ein, die sich von den eingetrockneten
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite