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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.11.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-11-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971103019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897110301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897110301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-11
- Tag1897-11-03
- Monat1897-11
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Professor Erich MarckS läßt in seiner jungst erschienenen Biographie „Kaiser Wilhelm I." nicht unerwähnt, daß der verewigte Monarch den Bevölkerungen besonders da weit ent gegenkam, wo es galt, die Sympathie seiner neuhinzu gekommenen Unterthanen für sein Preußen und für seine Person zu werben: „Er verschaffte den Hessen, Hannove ranern , Frankfurtern Vertretung ihrer Wünsche und pecu- niäre Borthcile, auch im Widerspruche mit seinen eifersüchtig grollenden altprcußischen Conservativen und mit seinen eigenen Ministern. Er erklärte diesen wie jenen — in seiner körperlich-geistigen Frische, seinem Selbstbewußtsein durch 1866 erhoben und verjüngt — mit scharfen Worten öffentlich, waS sein persönlicher Wille bedeute; er sei ge sonnen, ihn geltend zu machen und die Versehen Anderer auSzugleichcn." Auf die hier erwähnten Verhältnisse bezieht sich ein von Professor Horst Kohl in den morgen (Donnerstag) erscheinen den Lieferungen I und II des fünften Bandes des Bismarck-Jahrbuches*) veröffent ichter Brief, den Geh. Legaiionsralh Abeken an Bismarck gerichtet bat. Dieser Brief ist aber nicht nur wegen der concreten Verhältnisse, die er berührt, von Bedeutung, sondern be ansprucht besondere Beacblung deshalb, weil er anläßlich eines einzelnen Falles die Stellung Wilhelm's I. zu seinem verantwortlichen Ministerpräsidenten im Allgemeinen hell beleuchtet. Der Brief lautet im Wesent lichen wie folgt: Ems, den 23. Juli 1867. Ew. Excellenz drängt es mich vor Allem Dank zu sagen für den großen Beweis des Vertrauens, welchen Sie nur durch Ihren gütigen Brief vom 17. d. M. gegeben haben. Ich hoffe dieses Vertrauen nicht ge- mißbraucht zu haben, wenn ich die Indiskretion begangen, S r. Majestät dem Könige diesen Brief vorzu legen, wozu übrigens Allerhöchstderselbe mich selbst aufforderte als ich ihm von dem Inhalt sprach. Es war mir umso er wünschter, dies thun zu dürfen, als Se. Majestät mir bereits bei früheren Vorträgen hier wiederholt seine Unzufriedenheit mit dem Gange der Dinge in den neuen Provinzen und Sein Bedauern ausgesprochen hatten, vor dem Erlaß der unmittelbar vor Seiner Abreise gezeichneten Verordnungen nicht noch Jhrenpersön- lichen Vortrag darüber entgegengenommen zu haben. Die Unterredungen, die Er hier mit den Herren v. Möller, Diest, Madai gehabt, hatten ihn vielfach stutzig gemacht, und Er war unwillig, daß man auf deren Ansichten und Remonstrationen in Berlin nicht gehört, sondern daß „die Näthe in den Ministerien immer Alles besser wissen wollten". Namentlich hatte ihn die Aufhebung der Frankfurter Lotterie und die ostensible Ueber- fiihrung des hessischen Staatsschatzes geärgert, welche ganz unnöthiger Weise einen üblen Eindruck gemacht habe. Am Freitag und Sonnabend war Herr von derHeydt hier — ich habe nicht erfahren können, ob auf Anforderung des Königs oder auf eigenen Antrieb, um sich zu rechtfertigen. Am Sonnabend Nachmittag gab ich Sr. Majestät Ihren kurz .uvor erhaltenen Brief und sandte Tags drauf sofort das Schreiben aus Hersfeld nach, welches ich, da Ew. Excellenz es mir 8ud leza rsmissiouis sandten, ganz gehorsamst wieder beifüge. *) Die beiden Lieferungen, 192 Seiten stark, enthalten wieder eine Fülle werttwollsten und interessantesten Materials; nämlich: 33 Briefe Bismarck's an LegationScatb Wentzel, 116 Briefe des LegationSratdcS Wentzel an Bismarck, einen Brief Edwins von Manteuffel an Bismarck, 6 Briese des Staatsraths H. Fischer an Bismarck, 2 Briefe deS Generals L. von Verlach an Bismarck, 5 Briefe des UnterslaatsfecretairS Gruner an Bismarck, einen Aries Bismarck's an König Wilhelm 1., einen Brief BiSmarck's an den Grasen F. zu Eulenburg, einen Stimmnngsbericht auS Holstein, einen Brief Bismarck's an A von Roon, einen Brief deS Geh. Legationsraths Abeken an Bismarck. — Der Preis der Lieferung iBerlag dec G. I. Göschen'schcn VerlagShandluug in Leipzig) beträgt wie bisher 2 Aeber -en Ocean im Loot. Nachdruck verbot«;. Man wird sich der beiden kühnen Schiffer erinnern, die im vorigen Jahre den Atlantischen Ocean in ihrem kleinen Boote durchquerten. Ein näherer Bericht wurde damals nicht gegeben, weil beide Männer, Norweger von Geburt, sich in den Haupt städten des Continents mit Vorträgen etwas verdienen wollten. Der nachstehende Bericht dürfte daher viel Neues enthalten. Die Beiden, F. G. Samuelson und G. G. Harro, stachen Sonnabend, den 7. Juni 1896, um 5 Uhr Nachmittags von New Uork aus mit ihrem kleinen Ruderboot in See. Eine Menge neugieriger Zuschauer, die sich an dem Ufer versammelt hatte, sandte den beiden kühnen Männern ein Lebewohl nach, Sa- muelson's jugendliche Schwester stand am Dock und weinte, als das winzige Fahrzeug für seine lange Reise hinausfuhr. Diese beiden Männer, von denen keiner ein Riese, jedoch Beide stark und erfahren im Seemannsberuf, versuchten den Atlantischen Ocean in einem kleinen muschclartigen Schiffchen zu durchkreuzen. Dasselbe war rin alltägliches Ruderboot mit rundem Boden, achtzehn Fuß lang und fünf Fuß breit. — Es befand sich kein Segel an Bord, das einzige Mittel zur Fortbe wegung bestand im Rudern. Ihre Freunde hatten ihnen für immer Lebewohl gesagt, denn Niemand außer ihnen selbst wagte an ein glückliche» Ende des Unternehmens zu denken. Harbo und Samuelson hatten sich jedoch ihr Wagestück reiflich überlegt und sich möglichst für unvorhergesehene Vorfälle vorbereitet. Ihr Boot hatte an beiden Enden luftdichte Abteilungen, um dasselbe in allen Fällen vorm Sinken zu schützen. Sie waren mit einem Anker, einem schirmartigen Segeltuche, um sich gegen hohe See zu schützen, zwei Gallonen Signalöl, einem Dutzend Auf das kurze Begleitschreiben, mit welchem ich es überreichte, hatte Se. Majestät folgendes Marginal mit Bleistift gesetzt: „Ich weiß nicht ein nicht aus! Alle mir in den letzten Tagen in Berlin vorgelcgten Verordnungen, also noch während der Anwesenheit Bismarck's in Berlin, mußte ich annehmcn, seien in seinem Beisein und mit seiner Zustimmung in Staats mini st erial- Conferenzen discutirt und gutgeheißen worden. Nun kommen Klagen von allen Seiten! Wie und wer soll da helfen? W. U. 21/7. 67. Gestern, am Montag 22. ließ S. Majestät mich wieder zum Vortrag befehlen, und sprach sich nun weitläufig im Sinne dieses Marginals aus. Er sagte mir zunächst. Er habe in Folge JhresBriefes sofort eine Ordre an alle Ministerien in Be treff der Personalfrage ergehen lassen, und befohlen, man solle ihm schleunigst eine Liste aller nach den neuen Provinzen versetzten Beamten mit Bemerkungen über ihre Persönlichkeit und Angabe darüber, ob auch eine Proportionelle Zahl aus den neuen Provinzen nach den alten versetzt sei — vorlegen. „Aber das werde man nun wieder hinzuziehen wissen, und es werde wohl einen Monat dauern, ehe Er das bekomme." „Er halte diese Personenfrage für eben so wichtig, wie Sie es thäten; und wolle, daß gerade die tüchtigsten Männer nach den neuen Provinzen ge sandt würden, und man nicht die Mißgriffe begehe, wie früher in Hohenzollern, wohin man z. B. den Oberbürgermeister von Coblenz Becker habe senden wollen, weil er am letzteren Orte nicht zu brauchen und ein Demokrat sei. Auch wolle Er, daß Beamte aus den neuen Provinzen in gute Stellungen nach den alten gezogen und befördert würden." In der Personen frage also sei wenigstens ein Schritt geschehen; aber was in den andern, organisatorischen Fragen noch redressirt werden könne, sei schwer zu denken. Er habe so oft alle einzelnen Minister gefragt, ob auch bei diesen neuen Organisationen die Provinzen selber gehört, ob Sein ausdrücklich gegebenes Versprechen, daß ihre Eigenthllmlichkeiten nicht ohneNoth verändert werden sollten, beachtet sei? Man habe Ihn versichert, daß mit den Reichstagsdeputirten Alles durchgesprochen, und daß man in der Provinz ganz zufrieden sei; und nun finde Er, daß nicht einmal die Ansichten der preußischen Verwalter dieser Provinzen beachtet worden! Er habe eigentlich gewollt, daß in allen Provinzen Vertrauens-Männer gehört würden! nun habe Er das nur noch mit Mühe wenigstens für Hannover durchgesetzt; und Er wolle, daß den Vertrauens-Männern nicht etwas Fertiges vorgelegt werde, was sie dann kaum ohne Opposition ablehnen könnten, sondern daß man sie wirklich höre. Er müsse nun die Ihm gemachten Berichte für sehr oberflächlich und einseitig halten; namentlich sagte Er dies von den Berichten des Herrn Finanzministers über die Frankfurter finanziellen Verhältnisse. Alle die Berichte und Verordnungen, die meist das Datum des letzten Tages vor Seiner Abreise von Berlin trügen und für die man offenbar die letzte eilige Zeit benutzt habe, seien ihm m i t den Unterschriften des ganzen Staats-Mini- steriums vorgelegt, und wenngleich der Name Ew. Ex cellenz meist nur offen gelassen oder mit Bleistift vorgezeichnet gewesen, so habe Erdoch annehmen müssen, daß es nicht ohne Ihr Wissen, sondern mit Ihrer Zustimmung geschehen. Jetzt erhalte Er nun Zu schriften von allen Seiten, anonyme Briefe, die ihm doch den Eindruck machten, als seien arge Mißgriffe und viel Unnöthiges geschehen. Dem Finanzminister habe Er bei dessen vorgestriger Anwesenheit hier ernsthaft ins Gewissen geredet, und derselbe sei „wie man zu sagen pflege, etwas in den Bohnen gewesen." Graf Eulenburg sei ja fähig genug, aber faul und daher in den Händen seiner Räthe. Se. Majestät sprachen darauf die Absicht aus, selbst an Ew. Excellenz zu schreiben, autorisirten mich aber. Ihnen diese Seine Aeußerungen einstweilen mitzutheilen. Wenn Ew. Excellenz hieher oder nach Wiesbaden kommen, was jedenfalls vor einer weiteren Reise des Königs von letz terem dringend gewünscht wird und mir sehr noth- wendig scheint, werden Sie das Terrain für einen mündlichen Vortrag reichlich vorbereitet finden. Der Aufenthalt des Königs in der neuen Provinz war dazu sehr nützlich... Cartonlichter, einem Dutzend rother und grüner Signallichtrr, fünf Paar Ruder, einem Kompaß und einem Sextanten ver sehen. — Alles war gut befestigt, um sie beim Kentern vor Verlusten zu bewahren. Ihrer Berechnung nach erwarteten sie, 60 Tage unterwegs zu sein, und diesem entsprechend, hatten sie sich vorgesehen. — Ihr Proviant bestand aus 250 Eiern, 100 Pfund Seezwieback, 9 Pfund Kaffee, einer großen Quantität Corned-bref und Schinken in Büchsen und SO Gallonen Suh-Wasser, welche» in Blechgefäßen im Kiele mitgeführt wurde. Im Bug war ein Petroleumofen angebracht. — Tabak und Spirituosen fehlten gänzlich Vor ihrer Abfahrt hatten sie sich eine Tageseintheilung ent worfen, indem sie nämlich ihre Arbeit Morgens um 8 Uhr be gannen, sollten Beide bi» zur Mittagszeit zusammen rudern, und wenn das Wetter es erlaubte, wollten sie sich dann eine Stunde Ruhe gönnen. Hieraus setzten sie ihre Arbeit zusammen fort bis 8 Uhr, nur um 6 Uhr durch eine kurze Pause fürS Abendbrod unterbrochen. — Danach lösten sie sich aller drei Stunden ab, indem abwechselnd bis Morgen» um 7 Uhr Einer ruderte, während der Andere sich schlafen legte. Dann wurde Frühstück eingenommen. ES vergingen Tage; das Wetter war herrlich und die Seebrise belebend. Täglich nahmen sie zwei Quart Wasser zu sich und entsagten sich nichts an Nahrung. Mit dem Oelofen hatten sie jedoch keinen Erfolg, da e» unmöglich war, denselben am Brennen zu halten, selbst bei schwachem Winde. Al» rauhe» Wetter kam, war er ganz un brauchbar, gerade, wo sie am meisten der warmen Nahrung bedurften. Sie mußten sich somit des Kaffee» ganz entsagen und konnten auch nicht einmal Eier kochen. SS blieb ihnen nicht» anderes übrig, al» diese roh zu verzehren. Da» erste Abenteuer erlebten sie am vierten Tage. Die Finsternih war eingetreten, während Samuelson sich an den Rudern befand und Harbo schlief. Plötzlich kroch Letzterer hervor und fragte ganz erregt: „Wa» war da»? Wir sind auf Soweit der Brief. Er bestätigt aufs Neue, daß Wil- belm keineswegs auf eigene Information und eigene Initiative verzichtete, daß er aber trotzdem daran festhielt, der oberste verantwortliche Staatsmann müsse auch der thatsächlich leitende sein, wie die bekannte Cabinetsordre vom 8. September 1852 es bestimmt. In die Aushebung dieser Cabinetsordre einru- willigen, hat sich Fürst Bismarck dem Verlangen Kaijer Wilbelm'S H. gegenüber nicht bereit gefunden. Er bat damit im Sinne seines Heimgegangenen Herrn gebandelt, unter dem die beute nur allzu munter plätschernde Quelle allgemeiner Unsicherbeit und Verworrenheit verstopft blieb, im Sinne seines Heimgegangenen Herrn, den der kaiserliche Enkel al» „den Großen" ehrt. Werthe Parteifreunde! In wenigen Wochen wird der deutsche Reichstag zu neuer Tagung rnsammentreten. Der Umstand, daß es die letzte vor den im Laufe deS nächsten Jahres stattfindcnden allgemeinen Neuwahlen ist, legt uns mehr noch als sonst die Pflicht auf, die kommenden Wintermonate zu eifriger politischer Arbeit auszunutzen, die Reiben der Partei fester zu schließen, zu organisiren, aufzuklären und zu belehren, kurz, nichts zu ver säumen, was geeignet ist, den bevorstehenden schweren Wahl kampf mit Aussicht auf Erfolg und in Ehren zu bestehen. Früher als sonst rüsten sich die Parteien. Wir dürfen nicht zurücksteben; nickt um unser selbst willen, sondern im Dienst und im Interesse des Vaterlandes. Wer der Ent wickelung unserer innerpolitischen Verhältnisse während der letzten sieben Jahre aufmerksam gefolgt ist, wird sorgenden Herzens mit uns der Ueberzeugung sein, daß es so nicht weiter gehen darf. Eine ultramontan-freisinnig-socialdemokratische Mehrheit im Reichstage ist mit dem Wohl und den unabweisbaren Lebensbedürfnissen deS Reiche- auf die Dauer ebensowenig vereinbar, wie diese- eine in sich geschlossene, von der Hand in den Mund lebende, plötzlichen Veränderungen ausgesetzte Regierung zu ertragen vermag. Wenn wir sobin nach der einen Seite fordern, regiert, und zwar im Sinne eines konstitutionellen Regiment- gut regiert zu werden, müssen wir nach der andern Seite darauf bedacht sein, nicht nur die eignen Parteifreunde fest zusammen- zufassen, sondern die sämmtlicken in reichem Matze vorhan denen nationalen Kräfte wieder zu sammeln, die in der Hand des Fürsten Bismarck schon einmal dem Reiche unvergängliche Dienste geleistet haben. E- ist hohe Seit, über die wirthsckaftlichen Interessen kämpfe, über die scharfen Gegensätze der Erwerbs- und Berufsstände, über den unfruchtbaren Hader binweg zu einer Verständigung zu gelangen, nicht gegen die vorhandenen großen politischen Parteien, sondern mit ihnen, al- denjenigen achtunggebietenden Gebilden, in denen die den einzelnen Productivständen gemeinsamen Interessen zum Wohle deS Ganzen anSgleichende Berücksichtigung finden. ES ist höchste Zeit, sich die alten Gegner des Reiche- und seiner Macht und Herrlichkeit genau anzusehen, da- in stiller Minirarbeit an dessen Fundamenten unablässig tbälige, ultramontan beeinflußte Centrum, eine in sich fest organifirte, internationale, revolutionaire Socialdemokratie und Neu bildungen bedenklichster Art, die durch ihre zersetzende Agitation bewußt oder unbewußt den unversöhnlichen Wider sachern des Reiches die Wege bereiten. Ze klarer die Gesabr erkannt wird, die in einem Streit um wirthschaftliche, keineswegs unversöhnliche Interessen fragen liegt, um so rber wird sie zu beseitigen sein; je höher wir Vie mit einem solchen Streit recknenvrn Gegner einschätzen, um so bisher werden wir die Entfaltung der eigenen Kräfte zu bemessen haben. Zn der eigenen Stärke liegt die sicherste Gewähr des Erfolge». Arbeite darum jeder an seinem Tdeil daran, di« Partei zu stärken und ihr auS den Reihen alter Freunde gefahren oder etwas ist in uns gerannt." Beide horchten, und dann vernahmen sie da» Geräusch wieder, rin Stotzen und Kratzen am Kiel. Plötzlich tauchte etwas aus dem dunklen Wasser empor, hell glänzend. — Ein kolossaler Schwanz durchschnitt dir Wasseroberfläche und berührte eine Seite de» Boote», die In sassen bespritzend. ES war rin immenser Haifisch. Trotzdem begab sich Harbo dann wieder zur Ruh«, obgleich er wußte, daß, nur durch dir dünnen Bretter de» Fahrzeugs von ihm getrennt, ein Ungeheuer auf ihn lauerte, das mit Leichtigkeit diese kleine Muschel umwrrfen könnte, die nur 8 Zoll Tiefgang hatte. Samuelson ruderte ruhig weiter durch die Dunkelheit der Nacht, während der Haifisch von Zeit zu Zeit wieder erschien. Zwei Tage lang verfolgte sie diese» Thier beständig. Manchmal, wenn sie dachten, er habe sie endlich verlassen, tauchte er plötzlich wieder auf, kaum 2—3 Meter entfernt. Die beiden Fischerleute be trachteten ihn schon al» Begleiter. — Angenehmere Gesellschaft war ihnen jedoch der Schooner „Jessie", dem sie eine Woche nach ihrer Abfahrt begegneten. Es war ein Canadier, auf dem Wege nach New Aork. Sie ruderten heran und baten zur großen Verwunderung der Mannschaft, nicht ausgenommen zu werden, sondern nur, daß man an Land von ihrem Wohlbefinden be richte. — Die Mannschaft ersuchte wiederholt Samuelson und Harbo, an Bord zu kommen, jedoch ohne Erfolg, und besorgt sandte man ihnen Blicke nach, bis da» Schiffchen mit dm kühnen Unternehmern außer Sicht war. Am 14. Juni machten sie die ersten Erfahrungen mit schlechtem Welter. Ein heftiger Sturm erhob sich, direct vom Osten, und hielt fast 12 Stunden an. Die Beiden zogen an den Rudern mit allen Kräften, kamen aber nicht vorwärt». — Die Wellen wurden höher und höher und begannen über das Boot hinwegzuspülen, und dasselbe wäre sicher gesunken, wenn e» nicht dir luftdichten Abthrilungen gehabt hätte. Don S Uhr Morgen» bi» 5 Uhr Abend» war e» den Beiden unmöglich, weiter zu rudern, und sie waren gezwungen, den Anker auszuwersen, der an einer 60 Klafter langen Leine befestigt war und sehr neue Mitglieder zu gewinnen. Ueberall trete man der Orza nisation näher und prüfe und vervollständige das so wichtige Netz der Vertrauensmänner; keine Ortschaft in einem Wahl kreise darf obne einen solchen Vertrauensmann sein. Je frühzeitiger und thatkräftiger die Wahlvorbereitunaen in Angriff genommen werden, um so sichenr wird der Er folg sein; treten wir also mit frischem Muthe nur fioouwer Zuversicht in die Arbeit ein für Kaiser und Reich, für König und Vaterland! Der Vorstand deS nationalliberalen Landesvereins. Deutsches Reich. * Leipzig, 2. November. Zu den bevorstehenden Reichs tag-Wahlen haben sowohl der conservative Landes verein, wie auch der Bund der Landwirthe für das Königreich Sachsen durch Beschlüsse Stellung genommen, die wir mitgetheilt und gewürdigt haben. Tie „Corresp. des nationallib. Vereins für das Königr. Sachsen" bemerkt dazu: „Ueber die Notbwendigkeit eines Zusammengehens mit der conservativen Partei bei den ReichstagSwablen wird, nach Erledigung unerläßlicher Vorfragen, in den Reiben unserer Parteifreunde nahezu Einmütbigkeit herrschen. Ist koch auf irgend welche Erfolge gegenüber der in Sachsen am stärksten organisirten und entwickelten Socialtcmokratie nur zu rechnen, wenn die staatsbürgerlichen Elemente sich fest zusammenschließen und den Wahlkampf mit ver einten Kräften führen. Um deswillen begrüßen wir auch die von den Vertretern der Landwirthsckaft be kundete Absicht, sich den politischen Parteien anzugliedern und nicht gegen dieselben, sondern mit ihnen den in mehr wie einer Beziehung bedeutungsvollen Kampf anfzunehmen. Wenn auf dieser Seite unter „ausreichender Fürsorge für die Landwirthschaft" nicht Mittel und Maßnahmen verstanden werden, über die eine Einigung, zumal in dem überwiegend industriellen Sachsen, von vornherein ausgeschlossen ist, wäre der Boden für eine Verständigung geschaffen, den zu betreten und zu festigen die natioualliberale Partei in loyalster Weise bereit ist." Berlin, 2. November. Die Rechtshilfe der Militärbehörden gegenüber den Civilgerichten wurde vor einiger Zeit in Folge einer auffälligen Anzeige behandelt. Bei einer Ehescheidungssache war vom Ober- lanbeSgericht in Celle gegen einen Officier in Metz eine vierwöchige Haft angeordnet, um ibn zur Heraus gabe eines KindeS an die mit ihm in Scheidungsklage stehende Ehefrau zu veranlassen. Die Militairbehörde batte, wie eS weiter hieß, die Vollstreckung abgelebnt. Inzwischen hat der „Fall" insofern seine Erledigung gefunden, als der Officier seine Haslstrafe in der Form eines Stubenarresls angetreten hat. Immerhin bleibt von Znteresse eine Dar stellung deS Rechtsstandes, wie ibn die „Deutsche Juristen- Zeitung" giebt, zumal da sie einige Zrrthümer berichtigt, die in verschiedenen Blättern gestanden. In bürgerlichen Rechts streitigkeiten sind Militairpersonen der Jurisdiction der Civil- gerichle unterworfen; nur insofern haben sie eine Ausnahme stellung , al- Vie Vollstreckung der vom Civilgerichte ungeordneten Haft auS dienstlichen Gründen durch die Militairbrdörde zu erfolgen hat. TaS Civilgerichl hat vir vorgesetzte Militairbehörde um Vollstreckung der Haft zu ersuchen. Militairbehörde ist bei einem Officier regel mäßig der Divisionscommandeur, bei einem Artillerie- officier der commandirende General. Die Mililair- brhörde hat einfach Rechtshilfe zu leisten und die Haft zu vollstrecken. Verweigert nun die Militairbebörde Vie Vollstreckung, so findet nach den allgemeinen Rechts grundsätzen die Beschwerde an die höhere Instanz statt. Formell legitimirt dazu ist nur das Civilgericht auf Antrag der Partei, welche ihr Recht verwirklicht sehen will; eS muß dann aber die Beschwerde auch einlegen. lieber die Be schwerde gegen den ablehnenden Bescheid deS Divisions kommandeurs entscheidet der commandirende General. Von schnell Boden faßte. Jetzt mußten sich die Beiden ans Aus schöpfen halten, denn einmal nach dem andern schlugen die Wellen über sie hinweg und füllten da» Boot bi» zum Rande. Endlich gegen Sonnenuntergang ließ der Sturm nach und nun waren sie im Stande, abwechselnd das Rudern fortzusetzen, jedoch ohne große Fortschritte zu machen. Am 18. Juni sahen sie den ersten großen Dampfer, den sie bald al» den „Fürst Bismarck" erkannten. Er steuerte gerade auf sie zu, und al» die zwei Fahrzeuge noch ungefähr eine viertel Seemeile voneinander entfernt waren, hißte der kleine „Jox" da» Sternenbanner. Man bedurfte einiger Minuten aus dem Dampfer, um die Bedeutung des Zeichens eines so kleinen Ocean-Befahrer» zu entziffern. Dann ging die deutsche Flagge zum Gruß in die Höhe. Harbo bemerkte, daß die Fahr schnelligkeit de» Dampfers allmählich nachließ. — „Wahrscheinlich nehmen sie an, wir sind in Gefahr und wollen uns zu Hilfe kommen", sagte Samuelson, worauf er sich alle Mühe gab, den Capitain durch Zeichen zu bewegen, weiterzufahren, da der „Fürst Bismarck" Post an Bord hatte, die dadurch Verzögerung erlitten haben würde. Die Deutschen mißverstanden die Zeichen und die Matrosen beschäftigten sich damit, Vorbereitungen zu treffen, um das kleine Boot aus Deck zu ziehen. Eine Menge Passagiere versammelte sich hierdurch an Deck, deren Aufregung schon von Weitem erkenntlich war. Al» sie in Hörweite gelangten, riefen Harbo und Sa muelson, daß sie nicht ausgenommen werden wollten. Dem Ca pitain war das Benehmen räthselhaft, und er fragte, ob sie Schiffbrüchige wären und wohin sie zu fahren beabsichtigten. Al» er die Antwort „nach Europa" erhielt, suchte er ihnen noch mal» die Unmöglichkeit ihre» Vorhabens klarzumachen; doch die Beiden ruderten davon durch die bewegte See und die Passagiere riefen ihnen rin kräftige» Lebewohl nach. — Grgen Ende de» Monat« blte» starker West- und Südwest - Wind, und sie bemerkten, daß sie weiter nach Norden kamen, al- ihre Absicht war. Da- Wetter
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