01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.11.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-11-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971108019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897110801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897110801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-11
- Tag1897-11-08
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Sie bleiben immer nur kurze Zeit modern, dann verfallen sie der Vergessenheit und nur der nimmt sie wieder einmal zur Hand, der sich Jahrzehnte zurückversetzen will, nm zu sehen, „wie wir's dann so herrlich weit gebracht." Wir sprechen heute mit berechtigtem Stolz vom „neuen Leipzig". Aber ganz denselben Stolz fühlte man in der Zeit, in welcher Fer dinand Stolle, der gemüthvolle Volksdichter, dem jetzt hoch oben im Stadtwalde des benachbarten Grimma ein schlichtschönes Denkmal errichtet wurde, sein Buch „Das neue Leipzig" schrieb. Es erschien im Jahre 1834 als erster Theil eines humoristisch politischen Panoramas der sächsischen Hauptstädte, und ist mit jenem feinen Humor geschrieben, den Stolle als „Dorfbarbier", — so nannte man ihn scherzweise, wegen des von ihm heraus gegebenen gleichnamigen Blattes — in so reichem Maße ent wickelte. Die Ansicht Leipzigs gewährt nach Stolle's Schilderungen damals weder in der Ferne, noch in der Nähe einen großartigen Eindruck. „Bürgerlich einfach und protestantisch nüchtern liegt die Stadt auf der flachen Ebene ausgebreitet. Weder aristokra tische Paläste noch hierarchische Dome treten in die Augen. Vom Kuhthurm aus, einem Thurm L la Walter Scott, mit einem ganzen Neste hübscher Mädchen, dermalen eine Fischerwohnung, gelegen an der Straße nach Frankreich, ungefähr eine Viertel stunde von Leipzig, hat man die freundlichste Ansicht der Stadt. Im Gebüsch neben der Försterwohnung liegt ein uralter, steinerner Trog. Diesen soll Karl der Große benutzt haben, um die Heiden daraus zu taufen. Die Leipziger Archäologen sind trotz vieler schlafloser Nächte darüber nicht recht im Klaren. Wo Schiller gewohnt hat, der Versifex? Narrenspoffen; aber der Heidentrog, der Heidentrog!" Heute macht uns der Trog keine Kopf ¬ schmerzen mehr. Als Plagen von Leipzig bezeichnet Stolle die Mücken, das kalte Fieber und die Grippe (Influenza), welche in der Ostermeffe 1833 das gesammte handelnde und nichthandelnde Leipzig der maßen anfiel, daß sie ordentlich zum guten Ton gehörte, und wer sie nicht gehabt hatte, über die Achseln angesehen wurde. Zur Zeit von Epidemien durfte damals Niemand die Stadt passiren, der nicht einen Passirschein gelöst hatte, der eine rothe Farbe trug. Dieselbe Farbe aber hatten die Tabakspacketchen von Weinich L Co. auf der Petersstraße und der findige Leipziger schnitt sich aus der entleerten Tabaksdiite seinen Passirschein zurecht, da die Controle sehr human ausgeübt wurde. Stolle kennt dem Namen nach noch fünf äußere und vier innere Thore nebst diversen Pförtchen. Wer direct aus Paris kommt, fährt zum Ranstädter herein, wer von Moskau kommt, zum „Grimm'schcn Thor". Das bayerische Bier und der „Oester- reichische Beobachter" passiren zum „Spittelthor" herein, die preu ßische Staatszeitung aber und die pommerschen Gänsebrüste zum Halle'schen oder Hälleschen, während die Staatsbürger aus den Monarchien Reuß, Greiz, Schleiz und Lobenstein vermittelst des Petersthors eingebracht werden. In Wirklichkeit steht auch in den dreißiger Jahren nur noch das 1723 unter August dem Starken erbaute Petersthor, welches den Zugang zur Peters- straße sperrt. Vom Grimmaischen Thore stand damals noch der kleine schwarze Thurm, der ehemals Schuldthurm gewesen. „Die Thore sind wir los, die Thoren sind geblieben", meint Stolle. Die inneren Thore führten dieselben Namen, nur fehlte ein inneres Hospitalthor. Mit dem Fallen der Thore hörte auch der Thorgroschen auf, den die himmelblaue Stadtmiliz eincassirt hatte, ein Ereigniß, das durch einen fröhlichen „Thorgroschen- walzer" gefeiert worden war. Leipzig hatte zur Zeit, da Stolle schreibt, 43 000 Einwohner. Die Haupteigenschaft der Leipziger Feriillvtsn. Vie Seemacht -es Großen Kurfürsten. Bon H. Horn. Nachdruck verbal«». I. Als der unentschlossene und zaghafte Kurfürst Georg Wilhelm von Brandenburg 1640 starb, hinterließ er seinem Sohne Frie drich Wilhelm seine Länder in einem trostlosen Zustande. Kein Land hat unter den Greueln des dreißigjährigen Krieges mehr gelitten, als die Kurinark, welche widerstandslos den hin und her wogenden Soldatenmassen der Kaiserlichen und ManSfeldrr, der Schweden und Sachsen überlasten war und von Allen ausgesogen und verheert wurde. Preußen diente den Schweden und Polen als Tummelplatz ihrer Kämpfe; die rheinischen Provinzen wurden unter dem Vorwande einer unbezahlten Schuld von den Hollän dern occupirt; Pommern, das auf Grund von Erbverträgen an Brandenburg fallen sollte, wurde von den Schweden eingezogen. Obwohl das ganze Kurfürstenthum in Auflösung begriffen schien, ergriff Friedrich Wilhelm mit starker Hand die Zügel des Regiments. Er suchte Handel und Gewerbe zu beleben und da er bei seinem Aufenthalte in Holland die Bedeutung des Welthandel kennen gelernt hatte, so ist eS begreiflich, daß er seine Lande daran bethriligrn wollt». Schon 1647, also noch vor dem Abschluß de- wrstfälischen Friedens, ließ er sich mit einem aus dem Dienste der holländisch-ostindischen Handelsgesellschaft verabschiedeten Ad miral Liers und einigen reichen holländischen Kaufleuten ein, die unter kurfürstlichem Schutze und brandenburgischer Flagge eine ostindischc Handelsgesellschaft zu errichten gedachten. Aber da er den für den Seehandel am besten geeigneten Theil Pommern» an Schweden abtreten mußte, da er in dem ihm allein gehörigen Hafenorte Königsberg bei den Kaufleuten keinen genügenden Un ternehmungsgeist fand, so konnte er die nöthigen Geldmittel nicht aufbringen. Er konnte auch die Veste Tranguebar, die ihm Dänemark 1650 zum Kauf angeboten hatte, indem r» der bran denburgischen Flagge im Sund» die gleichen Rechte zugestand wie der holländischen, wegen Mangels an Geld nicht kaufen. Erst im schwedisch-französischen Kriege kam der Kurfürst auf den Gedanken, eine Seemacht zu gründen und den Seehandrl Straßen ist die Krummheit, worin denn die Fleischergasse, welche in ihren kühnen Wendungen ein sichtbares Streben nach der Hogarth'schen Schönheitslinie verräth, als Meisterbild und Ideal allen übrigen voransteht. Die Grimmaische Straße heißt noch die „Grimmsche Gaffe", und führt in „Wellenform" nach dem Markte. Schiefllber von Johann Ambrosius Barth am „Grimmschen Thore" befindet sich ein Säulengang en miuiatuio, woselbst Bonbons, Brusttüchlein, Haarpomaden, Kaffeemaschinen, Poesien „gedruckt in diesem Jahr" u. s. w. zu haben sind. Diesen PorticuS nennen die Leipziger — ihre Kolonnaden. Auch Petersstraße und Hainstraße werden als „wellenförmig" be zeichnet. Auf der ersteren setzt sich der Gemüsemarkt fort. Als der Rath den Verkäufern einen anderen Platz anweisen will, er hebt ganz Leipzig feierlich Protest. Wenn die Leipziger etwas Gedränge nicht scheuen, meint Stolle, so haben sie allesammt auf ihrem Markt Platz, denn derselbe fast 40 000 Menschen. „Dem alten Rathhause, in welchem seit Jahrhunderten das Wohl und Wehe der guten Stadt Leipzig berathen worden ist, sieht man's an, daß aus ihm nicht viel guter Rath mehr zu erwarten ist, denn es ist gar sehr caduc und wenn noch ein paar Jahrzehnte über seinen graue Scheitel dahingehen, fällt es ganz zusammen: Das ist das Loos der Weisheit auf der Erden!" Stolle hat sich hier als falscher Prophet erwiesen, denn nach über sechs Jahr zehnten kommt noch guter Rath aus Lotter's Bau. Die schönste Straße der Vorstädte ist „die Quergasse, woselbst Herr Brock haus mit einem ganzen Generalstabe allgewaltiglich regiert." „Hier wurde Ernst Schulze gekrönt, an dessen bezauberter Rose sich das gläubige Deutschland zehn Jahre lang krank und dumm roch." Stolle theilt das Leipzig der dreißiger Jahre folgendermaßen ein: „1. Der Rath und die Universität haben das a l t e Leipzig in Besitz. Die Raths- und Universitätsgebäude sind die ältesten der Stadt. Daher auch die Vorliebe der genannten Kor porationen für die gute alte Zeit. 2. Die hohe Aristokratie be herrscht die ersten und zweiten Stockwerke des Marktes, der Grimmaischen Gasse, der Peters-, Hain- und Katharinenstraße. 3. Das freie Bürgerthum beherrscht die Häuserfronten diesseits und jenseits der Promenaden. 4. Das von Armuth gedrückte Bürgerthum seufzt in den finsteren Gäßchen. 5. Das Buchhändlerviertel umfaßt den alten und neuen Neumarkt, die Grimmaische Gasse, Ritter-und Nicolaistraße. 6. Das Judenviertel: der Brühl und die Mün dungen der Ritter- und Nikolaistraße. 7. Das Schauspieler viertel: die Mündungen des Brühls, der Hainstraße und Fleischer gasse nach dem Theaterplqtze zu. 8. Das Schneider- und Stu dentenviertel: Sämmtliche erste Etagen, vom Himmel aus ge rechnet: die geist-, licht- und luftreichste Region. Hier sitzen und schwitzen, nähen und studiren, garniren und exerciren, paspeliren und contempliren sie, erhaben über dem gemeinen Leben da unten. Die Moden und die Musen wandeln hier Hand in Hand. 9. Der Leipziger Faubourg St. Antoine und Marceau: die Sand gasse und die Straßenhäuser. Die Post befindet sich noch im Amtshaus auf der Kloster gasse. Das Posthaus ist rings von Hotels, Italienern und Wein handlungen, Speisehäusern, Schwcizerbäckern und Bierhäusern blockirt, so daß sich der ankommende Fremdling über die Leipziger Gastfreundlichkeit nicht wird beschweren können. Im Posthause befindet sich sogar gleich ein Bethaus. „Neuerdings denkt man sehr an die Verlegung der Post in ein passenderes Local. Es ist darüber schon viel Streit gewesen. Man fürchtet eine insur- rectionelle Bewegung unter den beteiligten diversen Restaura teuren." Die Neukirche war Blaufarben-Niederlage und ist erst neu zur Kirche umgewandelt. Im Parterre des Gewandhauses finden alltäglich lärmende Auktionen statt, die Peterskirche dient noch zum Kalklöschen, kurz, es sieht ganz anders aus in dem „neuen Leipzig" Stolle's als heutzutage. Als besondere Sehens würdigkeit für die Fremden gilt der alte Kirchhof mit den Gräbern von Christian Felix Weiße, Gellert, Rosenmüller, Tzschirner rc. Das öffentliche Leben Leipzigs spielt sich auf seinen Boulevards, zu fördern, wieder zurück. Anfang des Jahres 1675 machten einige holländische Kaufleute, an dern Spitze der Schöffe und Rath der Stadt Middelfahrt, Benjamin Raule, stand, dem Kur fürsten durch dessen Gesandten im Haag den Vorschlag, Kaper briefe gegen die Schweden an sie auszutheilen. Der Kurfürst ging darauf ein und bald kreuzten auf Grund brandenburgischer Kaperbriefe die Schiffe der bezeichneten Holländer in der Nord see gegen schwedische Schiffe. Als jedoch mehrere schwedische, mit Salz beladene Schiffe nach Seeland aufgebracht wurden, erregte dies große Unzufriedenheit in Holland, weil auch hollän disches Eigenthum auf den gekaperten Schiffen war. Man wollte Raule als Seeräuber behandeln und, obwohl der Kurfürst an Stelle der Kaperbriefe einen Vertrag ausfcrtigte, wonach er zehn Schiffe Raule's und seiner Mitrheder zum Kriegsgebrauch ge heuert habe, bestritt man Raule als holländischem Unterthan daS Recht zum Abschluß solcher Verträge mit auswärtigen Mächten; er mußte aus dem Lande flüchten, seine Güter wurden mit Be schlag belegt; die 19 gekaperten schwedischen Schiffe im Werthe von 1500 000 Gulden mußten herausgegeben werden. Der Kurfürst beschloß nun die Einrichtung einer eigenen See macht. Er schloß mit Raule einen Vertrag auf Stellung von vier mit Geschütz und Mannschaft versehenen Schiffen; zwei Fre gatten sollten mit 16 bis 20 Kanonen und 50 Matrosen besetzt sein, zwei kleinere Schiffe sollten 20 bis 25 Mann Besatzung haben. In den Niederlanden wurden 550 Mann Seesoldaten angeworben. Die Heuer nebst Löhnung für die Mannschaft wurde für vier Monate auf 135140 Gulden berechnet und ange wiesen wurde diese Summe auf die von den Generalstaaten an Brandenburg zu zahlenden, vertragsmäßig versprochenen Unter- stühungsgelder. Den Oberbefehl über diese Seemacht erhielt Oberst Bolsey, der aber seinen ersten Auftrag, die von den Schweden im Stifte Bremen angelegte Beste KarlSstadt zu zer stören, nicht ausführen konnte, weswegen er im Herbste nach Ostende ging und von dort au» unter brandenburgischer Flagge Kaperei trieb. Für 1676 wurde mit Raule ein neuer Vertrag auf fünf größere Schiffe und sechs Schaluppen geschlossen; die Heuer auf vier Monate in Höhe von 40400 Thaler wurde wieder auf spanische und holländische HilfSgelder angewiesen. Raule hatte sich inzwischen nach Brandenburg begeben; sein Bruder Jacob Raule wurde zum Kommandeur der in der Ostsee gegen Schweden den Promenaden, ab. „Jndeß steht nur ein Theil der Promenade in Gunst, das ist die Strecke vom Barfuhpförtchen bis zur Bürgerschule, und wenn's hoch kommt, vom Halle'schen bis zum Grimmaischen Thore, in der Richtung nach Süden." „Inner halb der Promenade befindet sich der Part, eine freundliche Partie im englischen Geschmack, nebst Schneckenberg und Wasser fall." Nicht minder angestaunt sind Leipzigs Gärten. Löhr's Garten an der froschgesegneten Parthe, Reichenbach's- oder Gerhard's-Garten, in welchem Legationsrath W. Gerhard, Kaufmann und Dichter, Poniatowsky's Grab für 4 Groschen sehen läßt (Preußen zahlen 5 Silbergroschen), Reichel's Garten mit der mineralischen Trinkanstalt von vr. Struve, Rudolph's Garten, der Weißenburg gegenüber, der hauptsächlich von Buch händlern besucht wird, und in dem Jean Paul mit Vorliebe verkehrte, der botanische Garten mit großem Teiche und Bosen's Garten, am Ende deS Roßplatzes, waren damals alles noch beliebte Erholungsstätten. Den Letztgenannten verglich ein Leipziger Lokalpoet, Nitzsche, sogar mit seinem Liebchen: „Mein Liebchen ist wie Bosen's Garten, Ein ausrrles'nes Blumenseld, Tas hier und da viel tausend Arten Willkommner Schönheit in sich hält; Ein AuSzug vieler Seltenheiten, Ein Meisterstück von Artigkeiten!" Die Kaufleute theilt Stolle in die alten und jungen ein. Ihre Insignien sind bei der alten Kaufmannswert: Praktischer Zahlensinn, Speculations- und Krämergeist, Geldstolz, Egois mus, im Allgemeinen politischer Jndifferentismus; bei der jungen: Elegante Kleidung, meist flache Gespräche, Cigarrenauf wand, geschmackvolle Westenzeuge; gefälliges Aeußere, Umgang etwas süßlich; demungeachtet ist Interesse für politische Gegen stände vorhanden. Bei den Studenten heißt es: „An eine Einheit ist unter ihnen nicht zu denken." Vom Bürger- und Handwerkerstand damaliger Zeit urtheilt der Verfasser: „Ist stolz und demüthig, je nach den Umständen. Sein politisches Interesse erstreckt sich selten über den regierenden Bürgermeister hinaus. Wer außer der Leipziger politischen Zeitung noch Journale liest, heißt ein excentrischer Kopf. Vom Cbarakler deS Leipzigers im Allgemeinen wird das Urtheil gefällt: „Trotz des häufigen Verkehrs mit der halben Welt nicht frei von Krähwinkeln." Die beliebtesten Biere sind in den dreißiger Jahren das Gers- dorfer, Freiberger, Bayreuther, Nürnberger, Bamberger, Sah- User, Kirchberger. Geraer und Bornaische Lagerbier. Daneben Raster und Gose! Und auch Breihan! „Die Leipziger Biere scheinen es darauf angelegt zu haben, alle Wirkungen der Cholera hervorzubringen." „Der theuerste Bierwirth ist der Pachter des Burgtellers, welcher den Krug Bier für drei Groschen sechs Pfennige verkauft, dagegen man an anderen Orten nicht ganz untrinkbaren Wein schon für vier Groschen erhält. Champagner kann man für fünf Groschen erhalten und wer sich das Recept für zwei Thaler acht Groschen kauft, kann sich ihn selbst noch wohlfeiler aus Birkensaft fabriziren." „Das Essen ist im Verhältniß weit wohlfeiler als das Bier. Für drei Groschen wird man satt, für vier Groschen kann man mit der Mahlzeit zufrieden sein, für fünf Groschen speist man gut, und acht Groschen tostet das Couvert in den Hotels. Freitags ißt halb Leipzig katholisch, nämlich Klöße." Als bedeutende Hotels werden Hotel de Pologne, früher „Der Birnbaum", Hotel de Baviöre, Hotel de Saxe, Hotel de Russie, Hotel de Pruste, Der große Blumenberg, Stadt Berlin, Stadt Hamburg, Das blaue Roß, Das deutsche Haus, Das goldne Einhorn, Die goldne Säge u. s. w. genannt. Besonders frequentirt waren damals wie in Berlin die vielen Bier- und Weinkeller, sowie die teil weise berüchtigten „Jtalienerhandlungen". Von den Weinstuben war die von Gotthelf Kühne besonders gerühmt. Es heißt vom Wirth: „Ein junger, jovialer Mann, liberal, unverheirathet, daher seine beste Laune seinen Gästen allein zu Gute kommt. kreuzenden Flottille ernannt. Er brachte auch zwei schwedische Kriegsschiffe, ein größeres mit 22 Kanonen und einen Brander mit 4 Kanonen auf. Beide Schiffe wurden ausgerüstet und unter preußischer Flagge in Dienst gestellt. Für 1677 wurde abermals ein neuer Vertrag geschlossen: drei Fregatten zu 24, 20 und 18 Stücken, zwei Gallioten zu 6 und eine Jacht zu 2 Stücken sollten gestellt werden für 27 000 Thaler auf vier Monate; sie sollten auf der Ostsee kreuzen und Stral sund, Greifswald und Rügen blockiren. Für das frische Haff wurden noch 7 Schiffe mit 57 Kanonen, 74 Soldaten und 225 Matrosen vom Kurfürsten ausgerüstet, außerdem trieb Raule auf eigene Rechnung mit fünf Schiffen Kaperei gegen Schweden. Im August 1677 erhielt ClauS von Bevern den Befehl, mit drei Schiffen nach der Elbe zu gehen, um theil» dort alle französischen Kaper und Schiffe. theilS hamburgische Schiffe aufzubringen. Gegen Hamburg nämlich wollte der Kurfürst mit Gewalt ver fahren, um die 100 000 Thaler einzutreiben, die ihm vom Kaiser auf diese Stadt angewiesen waren. Als nach der Einnahme von Stettin 1678 ernstlich an eine Landung aus Rügen gedacht wurde, erhielt Raule den Auftrag, möglichst viele Frachtschiffe susammenzubringen; er brachte auch deren 300 zusammen, die bei dem später im September bewerk stelligten Uebergang benutzt wurden. Auch 1678 kreuzten wieder drei Schiffe in der Elbe gegen hamburgische Schiffe. Mit der Einnahme von Stettin sollt«, nach den Wünschen deS Kurfürsten, ein Aufschwung de» Handels beginnen. Er ordnete daher 1679 einen allgemeinen Handelsrath in Stettin an, dessen Mitgliedern er auS jedem Hafenort einen Kaufmann zugesellte. Um im Besitz einer ordenUichen Kriegsmacht zu sein, der Kurfürst am 1. Januar 1679 einen Vertrag für sechs aufeinander folgende Jahre ab wegen der Gestellung von sechs Fregatten mit 40, 34, 30, 20 und 16 Kanonen nebst einem Brander und einem Postboot zu je 4 Kanonen. Die Schiffe kreuzten in der Ostsee, um die Verbindung zwischen Schweden und Livland zu stören; die Hamburger vertragen sich mit dem Kurfürsten, da sie dessen Ernst und ihn im Stande sahen, ihnen großen Schaden zuzufügen. Da kam der FriedenSschluß von St. Germain. Don seinen Bunde»aenoffrn verlassen, versuchte Friedrich Wilhrm wenigstens enge Fühlung mit Frankreich zu gewinnen; er bot einen HilfS- Liebt die Opposition. Bei alledem ein tüchtiger Kaufmann, der seinem Geschäft mit Geschick und Umsicht vorzustehen weis». Das ziemlich beschränkte Local faßt oft die Menge der Gäste nicht, zumal noch die Lieblinge des Prinzipals, ein paar freund liche, schmeichelnde Kätzchen, Symbole der Häuslichkeit, mir darauf Anspruch machen." Unter den Konditoren wird Kintschn ein Lobeshymnus gesungen. „Schon der Name Kintschy ist ein auf der Zunge zergehender Baiser." Kintschy beherrscht mit der „kalten Madame", Frau Exter, das Rosenthal. Kintschy sieht in dem Rufe, daß cs regnet, wenn er ein Extraconcert ankündigt. Im Theater führt Ringelhardt die Direction. Dem Personal wird nicht viel Gutes nachgesagt. Auch dem Repertoire nicht. „Zu erwarten ist die erste Oper eines jungen Componisten Richard Wagner." Im Parterre geht es gemüthlich zu. „Oft tritt man in das Parterre, es ist noch ganz leer, und gleichwohl erhält man keinen Sitz, weil die akademischen Schneuztüchlein ihre abwesenden Herren repräsentiren." Director der Gewcrndhaus- concerte ist Pohlenz, Concertmeister Matthäi. Daneben bestehen die Extraconcerte der Stadtpfeifer unter Barth noch, die !m großen Kuchcngarten, Thonberg, Gohliser Oberschenke u. s. w. für vier Groschen blasen. Als Pianistin bildet „Clara Wieck" daS Tagesgespräch. Zwischen den Leipzigerinnen und Dresdnerin- nen wird folgende Parallele gezogen: Die Dresdner Damen tragen sich einfach und geschmackvoll, die Leipziger geputzt und geschmackvoll. Man sieht in Dresden mehr kleine Damcnfüße; in Leipzig einen graziösen Gang, woran vielleicht das gefährliche Pflaster Schuld ist. In Gesellschaft sind die Dresdener in tereffant, die Leipziger liebenswürdig. Die Dresdner reißen hin durch ihre gebildete Conversation, die Leipziger amüsicen durch eine oft kindische, muthwillige Heiterkeit. Die Dresdner sprechen von Kunst und Literatur, und erfreuen dadurch auch den männlichen Theil der Gesellschaft, die Leipziger sprechen von Ball, Mode und Dienstmädchen untereinander. Die Dresdner hören gern ein geistreiches Gespräch, eine interessante Vorlesung, und wünschen sie, die Leipziger hören theilnahmvoll zu, wenn Gespräch und Vorlesung zufällig erfolgt, sie rufen sie aber nie herbei. Die Dresdner sprechen verständig, die Leipziger schwatzen liebenswürdig. Die Dresdner haben mehr Geist und Sentimentalität, die Leipziger mebr Gcfübl und Unbefangenheit. Die Dresdner lieben ernster, die Leipziger glühender. In der Ehe sind die Dresdner zurückgezogen und häuslich, die Leipziger sehen gern ihre Freundinnen. Die Dresdner wollen mehr die Frau im Hause sein, die Leipziger mehr die Frau außer dern Hause spielen. Die Dresdner machen als Mädchen mehr Prä tensionen, die Leipziger als Frauen. Jene behandeln den Lieb Haber, diese den Gatten kälter. Die Dresdner sind bessere Mütter, die Leipziger bessere Frauen. Die Dresdner zeigen vor Fremden die Gattin, die Leipziger die Frau. Jene urtheilcn, diese tändeln mehr. Jene fragen, diese sprechen mehr. In Dresden thun sie vornehm und sagen es nicht; in Leipzig thun sie auch vornehm und sagen es auch; in Dresden quälen sie sich mit Charaden und Kunsturtheilen ab, in Leipzig schäkern sie über Stadtneuigkeiten. In Dresden heirathen sie aus Neigung und Reflexion, in Leipzig aus Reflexion und Neigung. In Dresden lieben sie einmal mit Tiefe und Be sonnenheit, in Leipzig mehrmal mit Leidenschaft. In Dresden kümmern sie sich um die ernsteren männlichen Angelegenheiten, in Leipzig lassen sie sich dieselben gern erzählen. Jene prunken gern mit ihren Männern, diese mit ihren Kindern. Bei den Dresdnern macht der geistreiche Mann mehr Glück, bei den Leipzigern der angenehme Gesellschafter." Wir überlassen es unseren Leserinnen, zu erforschen, wer bei dieser Parallele besser wegkommt, ob die Plcißathenerin oder die Elbflorenzerin? Die Leipziger Journalistik besteht damals aus etwa 20 Zeit schriften. Genannt werden die „Blätter für literarische Unter haltung", „Zeitung für die elegante Welt", „Jahrbücher für und Handelsvertrag an, wünschte Unterstützung zur Beitreibung der von Spanien und den Niederlanden nicht gezahlten Hilfs gelder, wollte auch eine Ostseeflotte im Dienste Frankreichs unter halten. Allein Frankreich ging nicht darauf ein. Da er Stralsund und Stettin verloren hatte, wandte der Kur fürst sein Augenmerk auf Königsberg. Das unter polnischem Schutze stehende Danzig war der Hauptstapelplatz des Handels mit Frankreich, England und den Mittelmeerhäfen. Brandenburgische Schiffe hatten vom Papste, vom Großmeister von Malta und vom Äroßherzog von Florenz gleiche Rechte mit den niederländischen und englischen erhalten. Eine in Königsberg zu gründende Han delsgesellschaft sollte den Handel nach dem Mittelmeer unter nehmen; zehn Handelsschiffe sollten gebaut werden; man mus :. die Schifssbauer und sonstigen Schiffshandwerter, auch die Mn trosen auS den Niederlanden verschreiben. Es kamen aber in.: untergeordnete HandelSunternehmungen zur Ausführung. In dessen sollten die dort vorgenommenen Schiffsausrüstungen sü. spätere Zeit von großer Bedeutung werden. Als der Kurfürl 1674 dem Bündniß gegen Frankreich beigetreten war, hatte Spa nien sich anheischig gemacht, ihm monatlich 32 000 Thaler Hilfs gelder zu zahlen. Obwohl der Kurfürst allen seinen Verpflich tungen nachgekommen war, war Spanien mit seinen Leistungen im Rückstände geblieben; die Schuld hatte sich bi- auf 1800 00O Thaler angehäuft. Friedrich Wilhelm wollte nun entweder di.- Schiff« der westindischen Silberflotte oder die spanischen Schiffe, welche regelmäßig zwischen Ladix und Ostende verkehrten, kapern lassen und sich auf diese Weise bezahlt machen. — Ferner war aber von Raule in einer ausführlichen Denkschrift „Vorstellung einer neu aufzurichtenden Guineischen Compagnie in Seiner Churfürstlichen Durchlaucht zu Brandenburg Landen" schon 1679 der Gedanke einer Colonialgründung angeregt worden. Unter dem 17. Juli 1680 waren den Lapitainen Joris Bartelsen und Philipp Pietersen Blonck Seebriefe für eine Fahrt nach d.r Guineaküste ausgestellt. DaS größere mit 22 Kanonen besetzte Schiff „Wappen von Brandenburg" hatten die Holländer weg genommen; auch da» kleinere Schiff, den „Morian", zwang:., sie, die afrikanischen Gewässer zu verlassen; eS war aber dem Capitain Blonck bereit- gelungen, mit drei Häuptlingen Verträge abzuschließen, worin sie di« Oberhoheit de- Kurfürsten aner kannten und di» Anlegung eine- Forts gestatteten. Blonck hatte versprochen, im nächsten Jahre zur Erbauung der Befestigung wiederzukommen.
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