01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.11.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-11-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971129016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897112901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897112901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-11
- Tag1897-11-29
- Monat1897-11
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Die Morgen-As-gab« «scheint um '/,? Uh^ dir Abend-Ausgabe Wochentag» nm b Uhr, Ledartir« «ad Lr-edMim r Aotzanuesgaffe 8. Li« Expedition ist Wochentag» unnnterdrocheN geöffnet von früh 8 bi» Wend» 7 Uhk, Filialen: ktto Klemm'» Eortim. (Alfred Hahn), Universitätsstraße 3 (Paulinum), Laut» Lösche, Satbarinrustr. 14, pari, und Sönig»platz 7. Bez«gS-Prett d« Han-tqpedition od« den l« Lta8^ beeirt mch de» Vororte» errichteten Ao»- aabestrlle» abgehalt: vterteljahrlich ^4^0, bei poedaaltzer tögNcher Zustellung k« Han» Ü^L Dmch dir Post bezoaen für Deutschland und Oesterreich: vierteliäbrltch >g S.—. Dtrecte tägliche Kreuzbaadsendung in» Au»laad: monatlich 7.S0. «V8. Morgen-Ausgabe. MpMer, TaMatt Anzeiger. Amtsöktt -es Aöniglichen Land- im- Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes un- Notizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Montag den 29. November 1897. Auzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem RedactionSstrich (4 g«. spalten) bO-H, vor den Familirnnachrichtea (6 gespalten) 40/H. Größere Schriften laut uns«em Preis- verzeichiliß. Tabellarischer und Ziff«usatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbeförderung 60—, mit Postbesördrruug 70.—. Annahmeschlnß für Anzeigen: kbeud-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen »Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck uud Verlag von E. Polz in Leipzig. 91. Jahrgang- Die Gustav-Ädolph-Schlacht bei Lützen am 6. November 1632. Nach dem Bericht eine» Zeitgenoffen von Otto Moser. In Folge des vom Kaiser Ferdinand H. am 6. März 1629 erlassenen Religionsedicts sollten alle nach dem Passauer Vertrage vom Jahre 1552 cingezogenen mittelbaren und unmittelbaren geistlichen Güter zurückgegeben, die katholischen Landesfürsten in Gegenreformationen nicht gehindert und nur die Protestanten geduldet werden, welche sich zur unveränderten Augsburgischen Konfession bekannten. In dieser ihrer Noth hatten sich die Protestanten an den König Gustav Adolph von Schweden ge wendet. Noch ehe jedoch der König diesem Hilferufe Folge leisten konnte, gestalteten sich die Verhältnisse für die Protestanten um ein Namhaftes günstiger. Nicht nur, daß ein großer Theil der deutschen Fürsten, Katholiken wie Protestanten, unterdessen gegen Kaiser Ferdinand, der Allen seine Obergewalt nur zu sehr fühlen und seine Feldherren, namentlich Wallenstein, rück sichtslos im Lande schalten und walten ließ, mißgestimmt wurden, so drangen auch die deutschen Fürsten einstimmig auf Wallen stein's Absetzung, daß der Kaiser endlich diesem Begehren Folge leisten mußte. Auf der einen Seite also von einem ihrer kräftigsten Gegner befreit, auf der anderen durch die in Aussicht stehende Hilfe Gustav Adolph's frisch ermuthigt, konnten die Protestanten wohl mit Recht neue Hoffnung fassen. Gustav Adolph landete in Pommern am 24. Juni 1630 mit 14 000 Mann, und sah sich gleich bei seinem Erscheinen in Deutschland vom entschiedensten Glück begünstigt. Während die Kaiserlichen von der Ostsee verjagt, die vertriebenen Herzöge von Mecklenburg wieder eingesetzt wurden, drang er, seine Feinde immer vor sich her treibend, in raschem Siegesfluge bis Brandenburg vor. Leider wurde er hier von dem Kurfürsten Georg Wilhelm und dem Kurfürsten Johann Georg von Sachsen, welche allerhand Schwierigkeiten erhoben, mit ihm gemeinschaft liche Sache zu machen, so lange aufgehalten, daß währenddem die Kaiserlichen einen Schlag ausführen konnten, der jedenfalls als der entsetzlichste des ganzen dreißigjährigen Glaubenskampfes zu bezeichnen ist. Das war die Zerstörung Magdeburgs am 10. Mai 1631 durch Tilly. Nach diesem fürchterlichen Blutbade zog Tilly in das Land Sachsen, wo er, gleich als sei er im Feindesland«, weiter hauste. Dies bewog endlich den Kurfürsten Johann Georg, sich mit Gustav Adolph zu verbinden, und vereint rückten nunmehr Schweden und Sachsen gegen Leipzig vor. In dessen Nähe, bei Breitenfeld, kam es am 7. Sep tember 1631 zu einer Schlacht, in lvclcher die Schweden den alten Tilly, welcher von sich selbst zu sagen pflegte, daß er nie eine Schlacht verloren und nie ein Weib berührt habe, total aufs Haupt schlugen. Seit diesem Siege war Gustav Adolph der gefeierte Held des Tages, und wer vorher von den Protestanten noch zaghaft gewesen war, fühlte sich erfüllt mit neuem Muthe und neuem Gottvcrtrauen. In einem wahren Triumphzuge zog Gustav Adolph von Leipzig durch Sachsen, Franken, Bayern — wo Tilly bei Donauwörth in der Schlacht fiel — und eroberte München, mußte aber, da Kaiser Ferdinand in seiner Bedrängniß Wallenstein wieder zu Gnaden angenommen hatte, und dieser inzwischen mit einem Heere in Sachsen eingefallen war, dahin zurückkehren. Am 6. November 1632 erfolgte darauf die Schlacht bei Lützen, welche Gustav Adolph mit glorreichem Siege auch den Tod brachte. Wir geben in Nachstehendem eine eigenartige Darstellung sowohl dieser Schlacht als auch der Charakteristik König Gustav Adolph's, wie sie uns in seiner Niederschrift ein Zeitgenosse aufbewahrt hat. Es war dies der kurfürstlich sächsische Rath und Assessor des Stifts Meißen, Heinrich Anshelm von Ziegler, Besitzer des Rittergutes Kötiz bei Oschatz. Er sagt von seinen historischen Forschungen, daß sie ihm unglaubliche Muhe und Arbeit verursacht hätten, so daß anzunehmen ist, er muffe dabei sehr gewissenhaft gewesen sein. . . Dem treuen Bundesverwandten war die Noth der dergestalt zu Herzen gegangen, erzählt der Bericht, »"v der König mit Herzog Bernhardten von Sachsen-Weimar nach Thü ringen und Meißen zog. Bei Arnstadt ließ der König die Armeen, welche Tag und Nacht marschiert, ein paar Tage aus ruhen, und hielt daselbst General- Rendezvous, wobei er die Armee 20 000 Mann befand. Er ließ seine königliche Gemahlin, nachdem er sie gesegnet, Hierselbst und marschierte sodann in guter Ordnung auf Buttstädt. Jnmittelst eroberte Wallenstein die Stadt Leipzig, und als er sich mit dem General Pappenheim conjugiret hatte, wurde Halle der Kaiserlichen Raub, da in- mittelst der König sich der Stadt Naumburg bemächtigte. Am 30. October frühe Morgens setzte die schwedische Reiterei bei dem Dorfe Altenburg über die Saale, das. Fußvolk ging zu Kessel über die Brücke. Als aber der König erfahren, wie der ?xeind zu Weißenfels stünde, faßte er den Beschluß, gleiches Weges auf den Feind loszugehen, wozu ihn bewog, daß seine Vortruppen eine Compagnie Kroaten ruinirt hatten, von denen Gefangene aussagten, daß Pappenheim mit einigen Regimentern wo anders hin detaschiret wäre. So wurde auch bei dieser Action eine Standarte erobert, darinnen der römische Adler und die Fortuna gesticket stund, so für ein gutes Zeichen gehalten wurde. Als nun Wallenstein des Königs Ankunft erfahren, setzte er sich bei Rippach fest, woselbst verschiedene scharfe Rencontren vor gingen, bis die Nacht Friede gebot. Beide Armeen blieben die Nacht in voller Bataille und der König wollte den Feind noch vor Aufgang der Sonne angreifen, wenn nicht ein starker Nebel ihn gezwungen hätte, bis auf den Tag zu warten. Hierauf verrichtete der König sein Gebet, zog ein neues ledernes Kleid an und verweigerte, den Oberharnisch anzulegen, sagend, „Gott und die Gerechtigkeit seiner Waffen sei ihm Schutz genug." Diesemnach setzte er sich auf einen schönen schwarzbraunen Hengst, den er ehemals vom General Baudiß bekommen, und auch in der Schlacht vor Leipzig gebraucht hatte, dabei es bedenklich aus gefallen, daß das Pferd im Fortgehen zweimal in den Vorder beinen eingeknickt, so man nie an ihm erblickt. Man hat auch in des Königs Antlitz einige Traurigkeit wahrgenommen und hat er diesen Morgen seine Diener, dic ihm mifwarten wollten, von sich gewiesen, »vie sich denn auch noch andere wunderwürdige Vorzeichen seines traurigen Todesfalles kundgegeben haben. Die schwedische Armee wurde, wie voriges Jahr bei Leipzig, in zwei Treffen aufgestellt, von welchen der König den rechten und Herzog Bernhard von Weimar den linken Flügel comman- dirte. Das Corpo bestund in acht Brigaden zu Fuß, und zwischen den Regimentern zu Pferde stunden Musketiere, vor der In fanterie aber waren zwanzig große und vor der Cavallerie vierzig kleine Stücke aufgepflanzt. Wallenstein hingegen hatte auch nichts unterlassen, was von einem klugen General in For- mirung der Bataille konnte erfordert werden. Als er sähe, hier mußte gefochten sein, schickte er einen Courir nach dem andern nach dem Pappenheim und ließ ihn eiligst zurückfordern. Weil der König bei dem dicken Nebel, der das ganze Feld bedeckte, nicht so früh als er sich vorgenommen, auf den Feind avan- ciren konnte, hatte Wallenstein unterdessen seine Armee bis Lützen zurückgezogen, rechter Hand im freien Felde hinter der Land straße seine Truppen in gute Ordnung gesetzet, und den Floß- graben tiefer gemacht, darein auch Musketiere geleget waren. An diesem Graben standen vier große Stücke und vierzehn andere auf einem Hügel bei der Windmühle, die Bataille aber erschien der schwedischen ziemlich gleich, außer daß die Infanterie in vier große Bataillone abgetheilt war. Nachdem die Sonne den Nebel etwas vertrieben hatte, redete der König erst seine Schweden und Finnen und dann die deutschen Truppen an und mahnte sie, für Ehre und Freiheit tapfer zu streiten. Da antworteten Alle mit freudigem Ruf, „sie wären entschlossen, zu siegen oder zu sterben!" Mittlerweile hatte der Feind Lützen angezündet, damit ihm die Schweden nicht in den Rücken kommen möchten. So war es elf Uhr Mittags geworden, als die Schlacht ihren rechten Anfang nahm. Zuerst setzte es bei dem Graben vor der Straße heftige Stöße, aus dem die Wallenstein'schen Musketiere grau- samlich feuerten. Sie wurden aber totaliter niedergemacht und verloren auch ihre sieben Stücke. Die zweite schwedische Brigade, welche aus den Leibregimentern bestund, kam hurtig über den Graben und schlug zwei feindliche Bataillone tapfer in die Flucht. Wie sie sich aber auch an das dritte wagten, verstärkte sich dieses mit Flüchtlingen und als cs überdies von zwei Es kadronen Reitern secundirt wurde, zogen die Schweden den Kürzeren und büßten die eroberten sieben Stücke wieder ein. Die vierte schwedische Brigade, welche sich im ersten Treffen befand, wurde von den feindlichen Stücken bei der Windmühle so warm gehalten, daß sie sich hinter diese zurückziehen mußte, allwo sie ihre Stücke wieder aufpflanzte, die dem Feinde sattsam antworteten. Dies war das erste Treffen mit der Infanterie. Was die Cavallerie betrifft, so hatte diese noch mehr zu thun, um über den Graben zu kommen, und es ging sehr hart her, ehe einer dem anderen folgen konnte, also daß die Ordnung nicht so hurtig von Statten ging, als der König cs wohl ge wünscht hätte. Da stellte sich der König vor die Smaländer, welche der Oberst Sternbock commandirte, und als es Zeit zur Attake war, rief er den Soldaten zu: „Nun wohlan, ihr ehr lichen Kameraden, jetzt ist es Zeit, nun müssen wir anfallen. Fallt an in Gottes Namen! Jesus! Jesus! Jesus! helfe mir heute ritterlich streiten und segne mein Recht!" Darauf gab er dem Pferde die Sporen und war mit etlichen Wenigen der Erste über den Graben, da er denn gleich eine Escadron Cürassiert vor sich fand, die er mit großer Tapferkeit angriff, indem die Anderen noch um den Graben herumzauderten. Und hier ge schah nun der mit blutigen Thränen zu beweinende Fall des Königs, dessen eigentliche Umstände wahrhaft darzustellen noch Niemand vermocht hat, indem der Nebel dazumal gar zu stark gewesen. Die glaubwürdigsten Nachrichten besagen, daß sein Heldengeist den König zu zeitig gegen den Feind getrieben habe, ehe ihn die Seinigen secundiren konnten. Die erste Attake war sehr hitzig und die Stücke donnerten ft> entsetzlich, daß die Erde erbebte, als eine verdammte Kugel dem Könige den linken Arm gänzlich zerschmetterte. Es war aber der König so hochherzig, daß, als die nächsten so bei ihm waren, und das Blut sahen, erschrocken rüsten: „Der König ist verwundet!", solchen Ruf sehr ungnädig aufnahm, auch alle Schmerzen möglichst verbarg und den Fechtenden mit fröhlichem Angesicht zurief: „Kameraden, es ist nichts daran, fasset Muth und fechtet brav!" Darauf baten ihn die vornehmsten Cavaliers, ihnen doch die Gnade zu erzeigen und sich verbinden zu lassen, und seine hohe Person zu schonen. Allein die Furcht, die Seinigen dadurch verzagt zu machen, und die Begierde, zu siegen, hielten ihn zurück, also daß er nochmals die Truppen anführte und man ihn noch lange Zeit an der Spitze fechten sah, als es der zer schmetterte Arm erlaubte. Als er aber durch das heftige Bluten und die großen Schmerzen merklichen Abgang seiner Kräfte ver spürte, bat er den ihm zur Seite haltenden Herzog Franz Albrecht von Sachsen-Lauenburg, ihn aus dem Gefecht zu bringen. Dieser erklärte sich dazu bereit, als er aber mit dem verwundeten König fort ritt, stießen einige feindliche Kürassiere auf sie, von denen einer zum König sagte: „Haha, seid Ihr da, ich habe Euch schon lange gesucht!" Mit welchen Worten er den König ein Pistol in den Rücken setzte und ihm dergestalt eine Kugel durch Schulter und Brust jagte, daß der ohnehin schwache Verwundete mit dem Aus rufe: „O, mein Gott!" vom Pferde stürzte. Hier meinen welche, es habe diesen Schuß ein katholischer Obrist-Lieutenant vom Götzi'schen Regiment, der aus dem Paderbornischen gebürtig und den König genau gekannt, Namens Falkenberg, gethan, und sei derselbe von den Schweden vom Pferde geschossen worden. Gleich wohl blieb der halbtodte König im Sattel und bemühte sich, davon zu kommen. Allein der Feind war zu scharf hinter ihm drein und die starke Bewegung beraubte ihn aller Kräfte, daß er vom Pferde fiel und eine Zeit lang im Steigbügel hängen blieb. Da er nun in solch elendem Zustande von den Feinden umgeben war, fragte ihn einer, wer er wäre. Und als er zur Antwort gab: „Er sei der König von Schweden", machte ihn dieser bügellos und bemühte sich eifrigst, ihn als Gefangenen fortzubringen. Als aber des Königs lediges, mit Blut besprengtes Roß unter die schwe dische Reiterei gelaufen kam, erregte dies eine solche Rachewuth, daß sie aufs Neue einen verzweifelten Ausfall thaten und da durch demjenigen, der den König fortschleppte, so nahe auf den Leib kamen, daß, da er ihn nicht fortzubringcn vermochte, er demselben eine Kugel durch den Kopf schoß und davon eilte, wo rauf Andere den entseelten Helden bis aufs Hemd entkleideten und noch zweimal mit Degen durchstießen. Gleichwohl war die be ständige Rede und der Argwohn beseelt noch bis diese Stunde viele Gemüther, daß genannter Herzog Franz Albrecht von Sach se» - Lauenburd dem Könige nach empfangener Armwunde den tödtlichcn Schuß durch den Rücken beigebracht habe. Dies wird dadurch bestärkt, daß er einer Zeit vom Kaiser nach Sachsen ver schickt worden war, um dieses von der schwedischen Allianz ab zuziehen, und daß er sofort nach der Lützener Schlacht die Schwe den verlassen hatte und in sächsische Dienste getreten war. Ge wiß ist, daß, als er als Volontair zum Könige ins Lager vor Nürnberg kam, der kluge Orenstierna von ihm gesagt hatte: „Er zweifle, daß ihm zu trauen sei." So war auch seine Antwort sehr verdächtig, als er gefragt wurde: „Weshalh denn, da er so nahe beim König gewesen, er unverletzt davon gekommen?" er daraus geantwortet, daß er solches seiner grünen Leibbinde zu danken ge habt hätte. So hat dieser Herzog auch nach der Zeit das mit Blut bespritzte königliche Kleid Vielen gewiesen und sich auch in anderen Dingen sehr verdächtig gemacht. Nach des Königs Fall durchdrang die schwedische Armee eine solche Wuth, daß jeder Streiter den Entschluß faßte, auf Leben und Tod seinen König zu rächen. Am meisten waren die Schwe den und Finnen erbittert, welche im Treffen auf dem rechten Flügel standen. Sie fielen den linken Flügel des Feindes so grausam an, daß er nicht länger stehen konnte und die Flucht er griff. Die Kroaten umgingen jedoch den rechten schwedischen Flügel und fielen in die Bagage ein, doch währte die Freude nicht lange, indem die Regimenter Herzog Wilhelm, Bulach und Gold- stein aus dem anderen Treffen herbeieilten und sie wieder zurück drängten. Gleiche Tapferkeit erwies Herzog Bernhard von Wei- War, der wie ein ergrimmter Löwe mit ungemeiner Furie des Feindes rechten Flügel durchbrach, und ungeachtet er am linken Arm stark blesirt war, zurückschlug und alle an der Windmühle aufaepflanzten Stücke eroberte. Als auch zugleich zwischen der Windmühle uno dem Galgen kaiserliche Pulverwagcn Feuer fingen und mit einem furchtbaren Schlage großen Schaden anrichteten, brachte dies solchen Schrecken unter die Kaiserlichen, daß es dem Herzog Bernhard leichter wurde, Alles in Flucht und Verwirrung zu bringen. Zu gleicher Zeit drang auch Kniphausen so tapfer in den Feind, daß er die sieben Stücke, deren sich die Schweden schon einmal bemächtigt hatten, abermals eroberte, wendete und auf die Kaiserlichen richtete, worauf die Kaiserlichen auch hier die Flucht ergriffen. Es war um drei Uhr Nachmittags, als die siegenden Schweden nur mit Verfolgen und Nachhauen beschäftigt waren und Herzog Bernhard noch einen mit dreitausend Pferden besetzten Posten attalirte, als plötzlich von Halle General Pappen heim mit acht Regimentern eintraf, und als Mann von hurtiger Faust und wenigem Federlesen möglichst viele der Fliehenden Feuilletsn. Die Vollendung von Meyer's Conversationslerikon. Mit dem soeben erschienenen siebzehnten Bande liegt Meyer's Konversationslexikon in fünfter Auflage vollendet vor. 147100 Artikel und Verweisungen auf 18100 Seiten Text mit mehr als 10 500 Abbildungen, Karten und Plänen im Text und auf 1088 Tafeln, darunter 164 Farbendrucktafeln und 286 Karten beilagen — das sind die Zahlen, die die diesmal geleistete Arbeit illustriren. Aber die Vollendung des Conversationslexitons ist nicht blos deshalb ein Ereigniß, weil das deutsche Buchgewerbe damit ein Werk fertig gebracht hat, das nach Größe des Umfangs, Reichthum des Inhalts und Schönheit und Zweckmäßigkeit der Ausstattung seinesgleichen sucht, sondern auch aus, ich sage dirrct, kulturellen Gründen. Wenn ein Buch, so ist daS Kon versationslexikon das Buch der Zeit, daS Buch des Jahrhunderts, es stellt unsere Gesammtcultur, soweit eS möglich ist, objectiv dar, ist der große Spiegel, in dem wir unsere Zeit nach ihren Leistungen und Bestrebungen erkennen, die große Schatzkammer, in der all die errungenen Werthe aufbewahrt und so geordnet sind, daß Jeder, der an der Bildung seiner Zeit Antheil hat oder Antheil nehmen will, sie be-uem mustern und sich daS, was er für sich gebraucht, obne große Mühe aneignen kann. Dabei ist daS Konversationslexikon kein bloS registrirende» todteS Buch, eS lebt sozusagen das Leben unserer Zeit selber mit, zeigt die Dinge im Fluß und sucht die Strömungen der Zeit, wenn auch nicht zu lenken, so doch zu klären, und der großen Menge, die e» benutzt, zum Berständniß zu bringen. E» ist also Culturspiegel und Kulturträgerin und -erweckerin zugleich, allseitig, wissenschaftlich, vor Allem aber praktisch. Nicht der Gelehrsamkeit, die sich selbst Zweck ist, nicht der Bildung, die zu scheinen strebt, dient eS, sondern dem Leben. DaS beweist deutlich der „Meyer", dessen fünfte Auflage da» Ideale, das man sich von einem gleicherweise wissenschaftlichen und praktischen Werke dieser Art bilden kann, «reicht hat. Nimmt man eins der älteren Lexika au» der ersten Hälfte unsere» Jahrhundert» zur Hand, so findet man, daß die Artikel, wie e» bei den damals vorherrschenden literarisch-künstlerischen Interessen auch gar nicht ander» sein konnte, einen wesentlich raisonnirenden Charakter tragen; da» Lexikon war damal» wirklich Kon versationslexikon, d. h. Lexikon für Unterhaltungsstoff. Dann änderte sich die Zeit, die Herrschaft der naturwissenschaftlichen und technischen Interessen setzte ein, und eben dadurch, daß er dies begriff und dem neuen Leben in jeder Beziehung Rechnung trug, gewann der Meyer Boden und ward, was er ist. Nun durfte nicht mehr Raisonnement cko vmnidus redus et qui- dusclam nliis gebracht werden, nun galt es, eine wirklich wissenschaftliche Encyklopädie zu schaffen, ein höheres Ganzes, an das die Einzelwissenschaften ihr Eigenstes in gesteigert« Concentration abzugeben hatten, das jedem Gebildeten die über sichtlichen Puncte und Endresultate auf allen Gebieten mit- theilte. Das war keine leichte Aufgabe, und ist es auch heute noch nicht: Unsere moderne Wissenschaft ist wesentlich Thatsachen- wissenschaft, so große Bedeutung bestimmte Theorien und Hypo thesen auch für sie haben, und alle Thatsachen kann ein Werk wie das Konversationslexikon trotz des gewaltigen Raumes, den es zur Verfügung hat, doch nicht bringen. So muß etwas wie ein Gemälde im verkleinerten Maßstabe geliefert werden und daS bietet, da den Thatsachen keine Gewalt angethan werden darf, große Schwierigkeiten. Gerade der Umstand ab«, daß diese Aufgabe, so weit es menschenmöglich, gelöst erscheint, hat meiner Ansicht nach Meyer's Konversationslexikon den großen Erfolg verschafft, darauf beruht seine eigenthümliche Bedeutung. Möglich wurde eS vor Allem durch die Wahl der ausgezeichnetsten Mitarbeit«, dann aber auch durch die vortreffliche Organisation, die große und weise Anlage des Ganzen, die rin Verdienst de» Verlags und seiner Redaktion ist. Hat der „Meyer" seine wissenschaftlichen Vorzüge aus der naturwissenschaftlichen Periode bewahrt und sie nach und nach auch auf da» Gebiet aller eigentlichen Geisteswissenschaften über tragen (wo ja freilich da» Urtheil immer seine Rolle spielen wird, nur daß aber ein wirkliche» Urtheil erstrebt werden muß, nicht leeres Raisonnement gegeben werden darf), so hat er in den neuesten Auflagen denn noch viel intimere Bezüge zum Leben gewonnen. Wieder einmal, etwa um da» Jahr 1880 herum, änderten sich die Zeitintereffen, an die Stelle d« natur- wissenschaftlichen traten, um es mit einem Worte zu sagen, die gesellschaftswissenschaftlichen. Die» ist natürlich nicht so zu ver stehen, als ob sich um jene Zeit Jedermann auf die VolkS- wirthschaft geworfen hätte, sich« aber ist, daß sich, nachdem die moderne Technik im Gefolge der Naturwissenschaft die Welt umgestaltet hatte, und wir Deutschen u. A. auch mit unserem Reichsbau fertig geworden waren, die socialen Fragen un» und allen Völkern wichtiger als jemals aufdrängten und ihre Lösung — so weit eine möglich — forderten. Was aber hat nicht alles seine sociale Seite? Wer hier blos an hohe Socialpolitik und Nationalökonomie dachte, würde damit darthun, daß er unsere Zeit nur wenig verstände; social ist heute so gut die Medicin, die sich als Hygieine und prophylaktisch« Bekämpferin der verbreitetsten Krankheiten darstellt, wie die Baukunst, die ungefährliche Theaterbauten, praktische Krankenhäuser und ge sunde Arbeitcrwohnungen schafft, social ist die Geographie, indem sie sich in den Dienst des Handels stellt und der Co lonisation die Wege weist, social ist die Technologie, indem sie die Verkehrsmittel vermehrt und vereinfacht und die Gegenstände des täglichen Gebrauchs verbilligt und praktischer gestaltet. Kurz, wir haben den großen Fortschritt gemacht, alle Dinge unter dem Gesichtspunkte der Volkswohlfahrt zu sehen — früher sah man sie meist nur unter dem bestimmter Berufsklassen —, und das Konversationslexikon als das Buch der Zeit ist nicht zurück geblieben. Man durchforsche einmal die neue Auflage des Meyer auf diese Dinge hin, und man wird erstaunen, wenn man sieht, was er da leistet. Es giebt kein Gebiet des öffentlichen Lebens, das ja heute viel mehr als politisches Leben besagt, wo er nicht zu Hause wäre und heimisch machte. Der Staats bürger, nein, geravezu der moderne Mensch findet da Alles, was sein Interesse erregt und einmal eine Lebensfrage für ihn werden kann, einerlei, ob er sich über eine sociale Theorie, einen Rechts grundsatz orientiren oder ob er die elektrischen Beleuchtungssysteme oder die neuesten Nähmaschinen kennen lernen will. Hier also steckt die eminent praktische Bedeutung des Conversationslexikons, sein unmittelbarer Werth für das Leben, und es ist kein Wunder, daß der neue „Meyer", der zu Allem, was die Gegenwart bewegt, Standpunct nimmt, ohne deshalb zur Liebedienerei gegen die Zeit herabzusinken, so rasche Verbreitung erlangt. Es ist seit dem Beginn seines Erscheinens schon sehr viel zu seinem Lobe gesagt worden, von den berufensten Federn, und er verdient es auch. Obwohl kein Buch für die Gelehrten, sondern für die gebildeten Laien — das sind ja aber auch fast alle Gelehrten irgendwie, da es Universalgenies, die alle Wissen schaften beherrschen, nicht mehr giebt —, ist er doch ein wissen schaftliche» Werk, wissenschaftlich dem Gehalte nach, wissen schaftlich in der Form; denn eben die klare, jedem Gebildeten verständliche Form ist ja doch die wahrhaft wissenschaftliche. Auch hier ist bei der neuen Auflage ein groß« Fortschritt zu ver zeichnen: Nach und nach ist der „Meyer" ein lerbare», d. h. ein einen ernsthaften Menschen unterhaltende» Buch geworden und dabei von allem Dilettantismus frei. Man Lbrrlege wohl, Wa das heißen will, bei zweckbewußter Concentration auch noch die Lesbarkeit zu erreichen! Die Zeit, wo man das Conversations lexikon als bloßes Nachschlagebuch benutzte und dann wohl hoch müthig von „Conversationslexikonsweisheit" redete, ist endgiltig vorbei. Endlich noch: Das Conversationslexikon wendet sich heute nicht mehr blos an den Verstand und das Gedächtniß, es giebt nicht nur Wissen, es giebt auch Anschauung. Nachdem es schon lange so etwas wie eine univeisita8 liUeruruw für den Ge bildeten gewesen, ist es nun auch noch zum nrbis pictus ge worden, mit jeder neuen Auflage zu einem vollkommeneren. In der That, die Illustration des neuen „Meyer" sucht ihrer gleichen, wohl nie ist das Bild zu Erläuterungszwecken so um sichtig und zielbewußt verwendet worden. Ist es im Allgemeinen die Tendenz unserer Zeit, dem Worte durch das Bild, der abstracten Darstellung durch Anschauungsmaterial zu Hilfe zn kommen, so hat Meyer's Conversationslexikon in die bildlicb: Darstellung nur noch das Princip der historischen Entwickelum und natürlichen Gruppenbildung hineingetragen und ist bestreb:. durch Versinnbildlichung des Werdeprocefles der dargestellten Dinge und Nebeneinanderstellung verwandt« das gegenwärtige Lcben und die gegenwärtige Cultur erst recht verstehen zu lehren. Nicht um zufälligen Bilderschmuck handelt es sich, sondern um systematische Darstellung erstens deS ungeheuren Reiches der Natur in der Fülle seiner Erscheinungen und, wo es angeht, seiner gesetzmäßigen Entwickelung, und zweitens des nicht weniger ungeheuren Gebietes des Menschen und seiner Cultur, von der höchsten, der künstlerischen herab bis zu Gewerbe und Tracht. Sowohl dem Umfange nach, wie vor Allem auch in Bezug auf die Güte der Illustration hat der neue „Meyer" Bewunderungs würdiges geleistet. Nun, da das große Werk wieder einmal vollendet ist, tritt für Jeden, der es sich erworben, erst die wahre Besitzfreude in ihr Recht, wie denn ja auch jetzt erst der Gebrauch des Buche- auf kein Hindcrniß mehr stößt. Und wahrlich, die Freude an dem Besitz eines solchen Werkes ist berechtigt, nicht blos, weil e ein umfangreiches Werk ist, das jeder Bibliothek zur Zierde gereicht, vor Allem wegen der Dortrefflichkeit alle» Einzelnen, die man immer wieder erkennt, welchen Band man auch auf schlagen mag. Möge denn der neue „Meyer" für jeden Bc sitz« der treue, zuverlässige Freund und Führer werden, dec er ist, möge sich das Werk auch in späteren Auflagen seine Vorzüge und damit die Gunst aller Gebildeten deS deutschen Volkes bewahren. Adolf Bartel».
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