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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.11.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-11-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971112021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897111202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897111202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-11
- Tag1897-11-12
- Monat1897-11
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Dieser Auftrag betrifft, streng genommen, nur die mit der Einberufung verbundenen Formalien; Fürst Hohenlohe wird aber hoffentlich auch nach Kräften dafür sorgen, daß recht zeitig die übrigen Vorbereitungen getroffen werden, unter denen die wichtigste die schleunige Fertigstellung aller d^er Vorlagen ist, die dem Reichstage in der letzten Session der Legislaturperiode zugedacht sind. Ze später sie dem Hause zugehcn, um so später können natürlich die Fractionen ihre Stellung zu ihnen sestlegen und um so später kommt Klarheit in die Stellung, die bei den Neuwahlen die Parteien zu einander nehmen werden. Daß von dieser Stellung der Parteien zu einander das Wahlergebnis ganz wesentlich abkänzt, wird sich auch der Reichskanzler sagen müssen, der mithin alle Veranlassung hat, die Fertigstellung und Veröffentlichung aller Vorlagen zu beschleunigen. Besonders gilt dies von der Militair- Strafproceßordnung und der Marinevorlage, über die noch die widersprechendsten Meldungen verbreitet werden, die Verwirrung in die Reihen der einzelnen Fractionen und mithin auch in ihr gegenseitiges Verbällniß tragen. Für die Wähler wird außer der Stellungnahme der Fractionen zu den einzelnen Vorlagen von besonderem Interesse die Frequenz des Reichstags in der bevorstehenden Session sein. Wahrscheinlich wird sie eine stärkere sein, als in den letzten Sessionen; denn trotz des Mangels an Diäten werden in der letzten Session vor den Neuwahlen voraussichtlich alle die Herren, die aus die Gefahr hin, auch später keine Diäten zu beziehen, wiedergewählt werden möchten, einen regen Eifer m der Elfüllnng ihrer Abgeordnetenpflicht entfallen. Daß die jenigen, die auch während der letzten Session der Legislatur periode daheim bleiben und zu der beschämenden Beschlußunfähig- keit des Hauses beitragen, xeden Anspruch auf eine Wiederwahl vertieren, ist selbstverständlich. Aber auch jene Herren wird man sich merken müssen, die jetzt erst entdecken, daß es ihnen weder an Zeit, noch an Mitteln fehlt, um ibre aus eigenem Entschluß übernommene Pflicht zu erfüllen. Daß ihnen diese Einsicht so spät kommt, beweist, daß eS ihnen weniger auf die Vertretung ihrer Wähler und weniger auf die Geltend machung ihres Einflusses bei der Entscheidung über wichtige Fragen, als auf das Ansehen ankommt, das mit einem Reichstagomandate verbunden ist. Solche Männer, die cS milverschuldel haben, daß daS Ansehen des deutschen Reichs tages bei den verbündeten Negierungen, beim deutschen Volke und im Auslände erheblich gesunken ist, gehören nicht in den Reichstag und sind nicht würdig, einen Reichstagswahlkreis zu vertreten. Diejenigen Wähler, denen es bei der Wahl nicht lediglich um eine Demonstration zu tbun ist, werden daher nur eine Pflicht gegen das Reich und sich selbst erfüllen, wenn sie nicht nur die Frequenz deS Reichstages in der bevorstehenden Session scharf ins Auge fassen, sondern auch mit ihr die der früheren Sessionen vergleichen und denjenigen Herren, die nach dem 30. November einen Eifer entfallen, den sie früher trotz aller Mahnungen und trotz allen Spottes des Auslandes vermissen ließen, bei der Wiederbewerbung um ein Mandat zu rufen: „Bleib Du nur immerhin, wo Du vor der letzten Session der abgelaufenen Legislaturperiode gewesen bist!" Die Leitung desBundeü der Landwirtbe giebt den Conservativen Direktiven für die nächsten Wahlen. Aus Anlaß deS Wahlergebnisses in der Westpnegnitz ordinirt die „DeutscheTageszeitung", „man (nämlich dieconservative Partei) wird darauf verzichten muffen, pflaumenweiche Männer auf. zustellen, die sich scheuen, Forderungen zu vertreten, die nicht dir Billigung der Regierung gefunden haben, die sich scheuen, auch der Regierung gegenüber ein offenes Wort zu wagen." Das ist eine Ausrede zur Entschuldigung des Bundes, der nach dem Zeugnisse der „Staalsbürgerzeitunz" dem Freisinn in der Westpriegnitz Wähler gestellt bat. Tue Forderungen, die daS Organ der Herren v. Ploetz und Or. Hahn meint, sind lediglich agrarische; politische Forderungen haben die Herrn überhaupt nicht erhoben, wenigstens nicht solche, die die Regierung nicht gebilligt hätte. Daß aber auf agrarischem Gebiete die preußischen Eonservaliven bei den extremen Treibereien der Bunbesleitung einmal versagt hätten, davon weiß die Geschichte nichts zu erzählen. Den Antrag auf Verstaatlichung ter Getreideeinfuhr verdankt der Bund dem conservativen Grasen Kanitz, der wahrscheinlich Bundesmitgl-eb ist, aber niemals als solches hervorgetreten ist; sämnuliche conservativen Neichsiagsabgeordneten haben für diesen An trag, der die Billigung der Regierung gewiß nicht gesunden hatte, gestimmt. Zn Bezug auf die Doppelwährung ist dem Bunde gleichfalls kein Wunsch von den Conservativen unerfüllt geblieben; dasselbe gilt vom russischen Handelsverträge. Was die oppositionelle Sprache der Partei und Fraclion anlangt, so darf man nur an die Haltung ter „Kreuz-Ztg." und daran erinnern, daß der preußische Landwirtbichafts- minister v. Hammerstein-Loxten keineswegs allein und nicht einmal in erster Linie den Leiter des Buntes im Auge hatte, als er von „sogenannten" Conservativen sprach, teren Ton an die Zeiten tes Bauernkrieges erinnere. Das Wort von ter „Pflaumenweichheit" enthält also einen ungerechten Vorwurf. Woran tie Conservativen kranken, ist nicht ein Widerstand gegen extreme Forderungen auf agrarischem Gebiete, sondern es sind die natürlichen Folgen des allzu bereitwilligen Mitgehens und Vorangebens. Der Schaden, den ihnen die Antisemiten zu fügen, weist auf denselben Fehler hin. Gouvernemental sind die Conservativen in der inneren Verwaltung Preußens ge wesen, wo Regiment und ConservatiSmus im speciellen FractionSsinn identisch waren und sind. Zm Reiche waren sie mit löblichen Ausnahmen radical „bis zum Schreien" und zu der Androhung deS Ueberganges zur Socialdemokratie, und such im preußischen Abgeordnetenbause, ja selbst >m Herrenhause konnten sich Conscrvative, sogar conservative Führer, wenn nicht neben einem Stadthagen, so doch gewiß neben Paul Singer sehen lassen, geschweige von den Fractions- mitgliedern, die Ablwartt begrüßt und gefördert haben. Es bat, wie der Partei oft genug vorbergcsagt wurde, nichts genützt, sie wird doch pflaumenweich genannt. Jetzt ent steht die Frage, ob die bitteren Lehren ter neueren und neuesten Zeit neben der Erkenntniß den Muth gezeitigt haben, mit den Elementen aufzuräuiurn, deren Herrschet die Partei in Preußen dahin gebracht hat, wo sie sich nun befindet. Kenner deS gewaltigen Euifh.sscS der „Kreuzztg.", in der die frühere Politik nur in besonderen Fällen, wie dem der West- priegnitzer Wabl, verleugnet wird, aber im Uebrigen Alles beim Alten geblieben ist, werden sich vor Vertrauensseligkeit nach dieser Richtung hin hüten. Der Zwischenfall in Haiti ist noch nicht beigelegt, da die Republik bislang noch eine ausreichende Genugthuung ver weigert. Diese Genugtkuung ist schon darum geboten, weil es im Interesse der auf der Insel wobnenden 700 Deutschen liegt, daß die deutsche Regierung den Haitianern Respect bei bringt, weil sonst auch diese Deutschen in ähnlicher Gefahr schweben, wie Herr Lüders, um so mehr, al- die Presse von Haiti in der gehässigsten Weise gegen die Deutschen hetzt. Hier nur einige Proben: Ja einem Artikel Les haitischen Blattes „Le Drapeau" heißt es: „Seit wann besteht die Gerechtigkeit nicht mehr in Berlin? Tie Geschickte der Heldenzeiten bezeugt den Wend uns den Muth unserer Waffen. Taß man nicht nur Gefühle aus reize und herausfordere, die uns veranlassen würden, alle Er wägungen zu brechen, die uns mit dem Geiste des Friedens und der Brüderlichkeit in den Beziehungen zu den Völkern der Welt verknüpfen' Daß man sich nicht täusche über den Charakter und die Tugenden der Leute, deren Nachkommen wir sind, der Leute, die dem Tode zu trotzen wußten, um dir großen Empfindungen zu bewahren, die aus der Vaterlandsliebe entstehen und die bewirken, daß wir heute wie morgen immerfort die würdigen Söhne der Dessalines, der Capois u. s. w. — es folgt hier noch ein halbes Dutzend von Namen haitischer Helden — lein werden; ja, wir sind und wir werden bleiben eine Raffe und ein Geschlecht von HeroenI" Am Schluffe deS Artikels versteigt sich Ser Verfasser zu folgendem klassischen Aufrufe: „Der feierliche Augenblick ist da, die Einigkeit und Eintracht der Nation anzurufen, der Augenblick ist da, wieder einmal unsere überwundenen Fehler abzufchwören und Golt zu bitten, daß er unsere Herzen und Geister vereinige, um zu kämpfen wie Titanen, um die Ordnung, die Achtung und die Freiheit ousrechtzuerhalien, ohne die unser haitisches Vaterland ein Erbe der Schande und Verachtung werden würde!" Solches Maulheldenthum der faulen Niggergesellschafl wirkt ja freilich in erster Linie zwergfellerschütlernd, aber man kennt ibre Rohheit und Brutalität, wenn sie sich in der Uebermacbt weiß und nichts zu befürchten braucht. Dringend zu wünschen ist es, daß Deutschland auS eigener Kraft die Republik zur Raison bringt, und daß es auf die freundlichst von England angeborene Vermittelung verzichtet. England lhut nicht gern etwas umsonst, und es würde sich gelegentlich auf die Deutschland erwiesene Gefälligkeit berufen. Auch die fort schrittliche „Vossische Zeitung" verlangt, daß die deutsche Regierung sehr ernsthaft auflrele,und mehrereKnegSschiffe nach Haiti enisende. Das Blatt bat aber selbst mit seinen Freunden der Regierung die Möglichkeit sehr erschwert, sür die Interessen der Deutschen im AuSlandr in genügend wirk samer Weise einzutreten. Heute handelt es sich um Haiti, morgen um Brasilien, übermorgen um China, dann wieder um Marokko, und um all diesen zahlreichen Aufgaben in so weit von einander entfernten Ländern zu genügen, muß man über eine umfangreichere Flotte verfügen können, als sie dev deutschen Marineverwaltung zur Verfügung steht. Der österreichische Finanzminister Or. v. BilinSki bat es im BudgetauSschusse klipp und klar herauSgesagt, daß die Regierung, falls das Ausgleichsprovisorium nicht auf parlamentarischem Wege zu Stande kommt — d. h. wenn die deutsche Opposition in ihrer Obstruction beharren und es ihr gelingen sollte, die zweite Lesung im Abegeordneten- bause zu verhindern — entschlossen sei, den ß 14 des Staatßgrundgesetzes in Anwendung zu bringen und aus Grund desselben den bestehenden Ausgleich mit Ungarn mit Hilfe einer kaiserlichen Verordnung zu verlängern. Aus dem parlamentarisch-staatsrechtlichen Jargon in gemeinverständ liches Deutsch übersetzt, bedeutet daS nichts Anderes als die Drodung mit dem Staatsstreich. Denn das im tz 14 des Grundgesetzes über die Reicbsvertretnng festgesetzte Noth- verordnungsrechl der Regierung ist, wie die „Mgdb. Ztg." bervorhebt, nach seinem unzweideutigen Wortlaute aus den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Wird er daher doch an ¬ gewendet, so ist dies nichts Anderes als ein Bruck der Ver fassung, ein Staatsstreich. Jener tz 14 lautet nämlich: „Wenn sich die dringende Notbwendigkeit solcher An ordnungen, zu welchen verfassungsmäßig die Zustimmung des Reichsrathes erforderlich ist, zu einer Zeit herausstellt, wo dieser nicht versammelt ist, so können dieselben unter Ver antwortung deS Gesammtministrriums durch kaiserliche Verordnung erlassen werden." Also nur, wenn die dringende Notbwendigkeit sick zu einer Zeit herausstellt, wo der Reichsralh nicht versammelt ist, stevl dem Gesammtministerinm das Notbveroi tnungßrecht zu. Die dringende Notbwendigkeit, ein Ausgleicksprovi- forium zu schaffen, liegt jedoch bereits gegenwärtig, liegt bereits feit Langem vor, und gegenwärtig ist der Reicksratb versammelt. Ein Nolhverordnungsreckt bei versammeltem Reichsratb kennt die Verfassung nicht. Freilich liegt eS auf ter Hand, daß die Regierung in dem Augenblick, Wo sie erkennen wird, daß das Ausgleichs Provisorium in zweiter Lesung im Plenum nickt durckzudrückeu ist, den Reichsrath vertagen und die Volksvertretung nach Hause schicken wird. Dann erst, wenn der Reicksrath nickt mehr versammelt sein wird, wird sie die betreffende Ver ordnung erlassen. Allein, ist das nicht eine Umgebung des Gesetzes? Bestimmt nicht überdies 8 14, wie schon er wähnt, daß sich die dringende N o l h w e n d i g k e i t von Anordnungen zur Zeit tes nicht versammelten Reichsrathes ergeben müßte ? Und kann die Regierung, kann irgend Jemand läugnen, daß die dringende Notbwendigkeit schon heute, da der ReichSrath noch lagt, vorhanden ist? Der Ausweg, der in jedem konstitutionellen Staat gesucht und gefunden werden muß, wenn ein Ministerium ein dringend notbwendizeS Gesetz im Parlamente nicht durchzusctzen vermag, ist ein ganz anderer. Das Ministerium mutz einfach gehen und einem ankeren Platz machen, dein vielleicht gelingen wird, was jenen mißlang. Warum thul mau in Oesterreich nicht desgleichen? Londoner Blätter stellen Betracktungen über den Ur sprung der Waffen-und Munitionsversorgung der indischen Bergvölker an, deren Niederwerfung der anglo indischen KriegSveiwaltung so große Opfer an Menschen und Geld auferlegt. Da so ziemlich jeder Afridi und Orakzai mit einem Präcisionsgewehr neuester Constructio» und dazu ge hörigem Patronenvorrath ausgerüstet ist, diese Artikel aber, wie ein Blatt in einer Anwandlung von Galgenhumor be merkt, doch nicht wild an den Wachhvlcerbüscken des Hoch gebirges wachsen, so entsteht die Frage, woher die Aufslän- diichen ihre Feuerwaffen bezogen haben mögen. Daß die in Calcutta ansässigen amerikanischen Geschäftsleute, welche mit manchen indischen Völkerschaften ganz lucrative Waffenliefe rungSgesckäfte machen, hierbei die Hand ini Spiele haben könnten, wird für wenig wahrscheinlich erklärt, auch auf dem Wege des Schmuggels könnten so massenhafte Quantitäten von Gewehren und die dazu gehörigen, nach Millionen zählenden Patronen nickt in die Hände der Bergstämme gelangt sein. Sie müssen also aus anderen Ländern herrükren. Russischer ober persischer Ursprung sei ebenfalls ausgeschlossen, da sämmllicke Waffen englstcke Fabrikmarken tragen, also bleibt nur noch eine Möglichkeit, daß vie Waffen über die afgha nische Grenze ringefübrl seien. Ter Emir von Afghanistan besitzt nämlich in seinem Staate Gewehrfabriken, die von englischen Technikern angelegt sind und geleitet werden. Tie B rgstämme bekämpfen also ibre englischen Gegner mit deren eigensten Waffen, die ihnen von afghanischer Seite zugesührt worden sind. Der Unmuth dec Engländer über diese Ent- FeurHetsn. Der Page. 14j Roman von A. Heyl. Nachdruck verboten. Die Herren nahmen Platz, bestellten sich Frühstück und Wein, belustigten sich dann am Anblick der wunder lichen Trachten, sowie der auffallenden Gestalten, die sich hier zusammengefunden hatten, und bemerkten nicht sofort, wie sich ein fremder Herr ihnen zugesellte. Dieser Fremde, eine elegante Erscheinung mit schwarzem Vollbart, hatte sich am Ende des Tisches niedergelassen und verzehrte mit Andacht ein gebratenes Huhn, das ihm mehr Interesse einzuflößen schien als seine Umgebung. Ob er hinter seiner blauen Brille nicht doch zuweilen einen forschenden Blick nach Dem oder Jenem fandte, konnte man nicht entdecken, da die Gläser zu dunkel waren, um die Augen erkennen zu lassen. So wenig sich der Fremde mit Anderen be schäftigte, umsomehr beschäftigten sich Andere mit ihm. Tockmann fixirte ihn scharf, er meinte, den Herrn schon einmal gesehen zu haben, konnte sich aber nicht erinnern, wo und unter welchen Umständen. Um für seine vagen Vermuthungen einen sicheren Anhaltspunkt zu finden, machte er verschiedene Versuche, den Herrn in die Unter- Haltung zu ziehen, doch es war vergebliche Mühe. Jener nahm keine Notiz von dem freundlichen Entgegenkommen und hüllte sich nach wie vor in Schweigen. „Mein bester Herr Tockmann, Sie haben mir Voll macht des Herrn von Monhardt vorgezeigt", wandte sich Brankowitz an seinen Gast. „Ich hoffe daher. Sie werden das Geschäft heute abschließend „Mündliche Verabredungen binden mir die Hände, Baron Brankowitz", antwortete Tockmann ausweichend. „Ich muß zuerst Bericht einsenden und dann Ent scheidung abwarten." „Dazu hatten Sie schon lange Zeit —* bemerkte Brankowitz pikirt. „Gewiß, mein Herr Baron, und ich habe das Meinige gethan, um die Sache einem ersprießlichen Ende zu zuführen", begütigte Tockmann. „So will ich denn hoffen, daß die endgiltige Ent scheidung nicht mehr lange auf sich warten läßt, Herr Tockmann. Es haben sich in den letzten Tagen mehr Kauflustige eingefunden." Aus diesen bedeutsamen Wink des Gutsherrn blieb der Jnspector die Antwort schuldig. Mißtrauisch schielte er nach dem Fremden, ob dieser wohl auch unter die Kauflustigen gehöre und, er wußte es selbst nicht recht, warum ihn dies sehr unangenehm berührt haben würde. Dabei gestand er sich zu, der Fremde habe ein scharf mar- kirtes, intelligentes Gesicht, ein Gesicht, das zu Erwartungen, mehr noch zu Befürchtungen Anlaß gäbe. Als ob er Tock- mann's Gedanken errathen und sich weiteren Beobachtungen entziehen möchte, erhob sich der Fremde, griff nach Hut und Stock, machte den beiden Herren eine kunstgerechte Verbeugung und verließ das Zimmer. „Das war wohl ein verkappter Trappist", spöttelte Tockmann. „Oder der steinerne Gast", meinte Herr von Bran kowitz lachend. „Uebrigens", fuhr er nach kurzem Be sinnen fort, „scheint es mir derselbe Herr zu sein, der mir vorgestern Abend in meinem Park begegnete. Vielleicht speculirt er auf mein Gut. Er sieht so aus, als ob er es bezahlen könne." Tockmann konnte nichts mehr darauf entgegnen, denn ein Kellner trat dicht an Baron Brankowitz heran und verhandelte mit ihm in polnischer Sprache, die Tockmann nicht verstand. Mit schlauem Lächeln bat der Baron um Entschuldigung, er müsse sich auf eine kurze Weile entfernen, werde sich aber beeilen, zu seinem Be gleiter zurückzukehrrn. Brankowitz folgte seinem Führer durch lange Gänge in ein Separatzimmer und fand dort zu seinem Erstaunen den fremden Herrn im schwarzen Boll bart, der ihm artig rntgegenging, ihn in französischer Sprache anredete und um Entschuldigung bat, daß er sich er laubt habe, den Herrn Baron zu sich zu bitten, um dem selben eine wichtige Mittheilung zu machen. „Ich bin erstaunt, unseren schweigsamen Tischnachbar in Ihnen zu finden, mein Herr", antwortete der Baron in ele gantem Französisch. „Darf ich fragen, mit wem ich die Ehre habe —?" Der Fremde überreichte seine Karte. „Monsieur Phi lippe, Gutsbesitzer aus Reims." Er sei Legitimist, die Ver hältnisse in Frankreich fingen an unerträglich zu werden, mit der republikanischen Regierungsform sei eine Aussöh nung nicht möglich, er ziehe es daher vor, sein Vaterland zu verlassen, um sich in einem Monarch.scheu Staate anzusiedeln. Die polnische Nation sei nicht weniger ritterlich als die fran zösische, sie ähnele derselben in vielen Stücken und in ihrer Mitte würde sich Monsieur Philippe am leichtesten acclimati- siren. Demzufolge beabsichtige er, seine Güter in Frankreich zu veräußern und ein schönes Rittergut in Galizien zu er werben. „Sie wissen wohl, daß ich Brankowitz zu verkaufen ge denke", warf der Baron ein. Der Befragte stellte dies nicht in Abrede; er war ab und zu in die Gegend gekommen, hatte davon reden hören und war in den letzten Tagen in Branko witz gewesen, um sich das Gut anzusehen. Da die Herr schaften an jenem Tage einen Ausflug in die Umgegend unternommen hatte, blieb ihm das Vergnügen versagt, den Herrn Baron zu sprechen. Letzterer erinnerte sich, daß man ihm bei der Heimkehr etwas von einem Fremden gesagt batte, der das Gut zu kaufen wünsche. Monsieur Philippe berichtete weiter, ein Verwalter habe ihn hrrumgeführt und dabei erzählt, daß ein Herr Tockmann aus Deutschland in gleicher Absicht da sei, sich schon einige Zeit im Schlosse auf halte, das Geschäft aber nicht zum Abschluß bringe. Da ich von diesem Herrn Tockmann schon viel Schlimmes gehört habe, so nahm ich mir vor, den Herrn Baron bei der ersten Gelegenheit vor diesem Menschen zu warnen —" fügte der Franzose bei. „Aber woher wußten Sie, mein Herr —?" „Daß Sie der Baron Brankowitz sind", ergänzte Jener die halb ausgesprochene Frage. „Ich sah Ihr vortreffliches Portrait im Schlosse, erkannte Sie sofort beim Eintreten und erkundigte mich, um ganz sicher zu gehen, beim Wirth nach Ihrem Namen, ehe ich mich an Ihrem Tische niederließ. Im Laufe deS Gespräches, das die Herren führten, wurden die Namen mehrfach genannt." „Das stimmt", gab der Baron zu, „aber was wissen Sie Schlimmes von Herrn Tockmann? Wenn er auch kein Ca- valier ist, so schien mir doch, man könne mit ihm verkehren. Er ist im Besitze guter Referenzen und verfügt über ge nügende Mittel." Der Franzose antwortete mit verschmitztem Lächeln: „daran hat es ihm nie gefehlt, wenn er einen Streich plante. Er ist schon auf verschiedenen Edelsitzen erschienen, hat sich das Vertrauen der Besitzer erworben, hat eine geraume Zeit splendide Gastfreundschaft genossen und ist dann eines schönen Tages spurlos verschwunden — mit ihm verschiedene Werthgegenstände. Seien Sie auf Ihrer Hut, Herr Baron!" „Alle Wetter", stieß Letzterer zornig hervor, „das ist eine verwünschte Geschichte. Ich werde den Kerl in Ihrer Ge genwart zur Rede stellen. Wollen Sie mich gefälligst in das Wirthszimmer zuriickbegleiten, Monsieur?" Der Fran zose sah zuerst auf die Uhr, überlegte einen Augenblick und willigte dann ein, dem Baron zu folgen. Im Gastzimmer angelangt, fanden die Beiden die Plätze, welche sie inne gehabt, von fremden Leuten eingenommen. Tockmann war nicht mehr anwesend. „Er hat sich aus dem Staube ge macht", lachte Monsieur Philippe. Seine weihen Zähne blinkten wie das Gebiß eines Raubthieres. „Vielleicht kehrt er zurück", meinte Brankowitz kopf schüttelnd Er wußte nicht, was er denken sollte. „Leider habe ich wenig Zeit", bedauerte der Franzose. „Ich will den Kellner fragen", sagte Brankowitz, „mög licherweise hilft er uns auf die Spur." Der Kellner sagte aus, Tockmann habe vor ungefähr zehn Minuten die Zeche für sich und den Baron bezahlt und sei dann mit einem Knaben, der ihn abgerufen habe, aus dein Hause gegangen mit dem Bemerken, er werde gegen Mittag wieder kommen. „Es ist mir unmöglich, den Herrn zu erwarten, ich habe nothwendige Geschäfte in der Stadt; Herr Baron, es hat mich unendlich gefreut, Sie kennen zu lernen und Ihnen einen Dienst geleistet zu haben", so verabschiedete sich Mon sieur Philippe von dem Baron von Brankowitz, der jenem noch eine Unzahl Liebenswürdigkeiten sagte und ihn drin gend einlud, recht bald auf seinem Schlosse vorzusprechen. Unterdessen durchschritt Tockmann die schmutzigen, win keligen Gassen des Städtchens an der Seite seines jungen Führers, mit dem er sich gerne in ein Gespräch eingelassen hätte, wenn der Knabe etwas zugänglicher gewesen wäre. Während er, der Rückkehr des Barons harrend, allein am Wirthstische gesessen und ärgerlich über dessen langes Aus bleiben ein ÄlaS Wein um das andere hinuntergestürzt hatte, war der unbekannte Knabe zu ihm herangetreten, sich unterwürfig verneigend, dann in gebrochenem Deutsch die
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