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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.10.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-10-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971030016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897103001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897103001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-10
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Die Festtage, welche die Oberbürgermeister der zwölf größten Städte Rheinland-Westfalens sowie Elsaß-LctbringenS, .ie Vertreter der 48 größten Handelskammern dieser Pro vinzen und 16 Vertreter industrieller Verbände Rheinland- Westfalens in der alten Hansastadt an der Schelde, dem Welthafen Antwerpens, vereinigten, sind vorübergerauscht und man darf heute einen Rückblick auf diese für die deutschen Handelsinteressen überaus bemerkenswerthen Vor gänge werfen. Es ist daS erste Mal, daß die Hauptträger der rbeinisch- westfälischen Großindustrie in korporativer Form die Schelde stadt, ja Belgien überhaupt besucht haben, und sie folgten dabei der Einladung des deutschen Comitös zur Ausdehnung der Beziehungen zwischen Antwerpen und dem deutschen Hinter lande. In dieser Thatsache an sich spiegelt sich ein Stück Zeit geschichte. Noch vor 15 Jahren, ja noch vor 10 Jahren wäre ein solcher deutscher Besuch mit ausgesprochen deutscher Tendenz in Belgien kaum möglich gewesen. Die drei Be suchstage haben gelehrt, daß die deutschen Gäste nicht zu dem Eomilv in Antwerpen allein gekommen sind, sondern daß der deutsche Besuch vom gesammten belgischen Handels stande, von den belgischen Staatsbehörden, von der könig lichen Familie und von dem ganzen belgischen Volk als eine Thatsache von historischer Bedeutung aufgefaßt und mit einer — man darf es wohl sagen — unerwarteten allge meinen Antheilnahme und Begeisterung ausgenommen worden ist. Die durch den Telegraphen verbreiteten Einzelheiten können nur im geringen Maße ein Bild der wirklichen Bedeutung dieses Ereignisses geben. Der Empfang der deutschen Gäste in dem herrlichen Bau des Antwerpener Rathhauscs durch den Bürgermeister von Antwerpen und die Schöffen der Stadt, die Be grüßung in einer in den wärmsten Tönen klingenden deutschen Anrede deS Bürgermeisters Ryswyck, die Einleitung der musikalischen Darbielungen Lurch ras vom Chor in deutscher Sprache von Anfang bis zu Ende gesungene «Heil Dir im Siegerkranz rc.", die Veranstaltungen der Antwerpener Handelskammer zu Ehren der Gäste und ihre Begrüßungs worte, die Theilnahme des Prinzen Albert, des belgischen Thronfolgers, an dem zu Ehren der deutschen Gäste vom Generalkonsul von Bary gegebenen Diner — beiläufig bemerkt, der erste Fall, daß ein belgischer Prinz an einem derartigen Privatdiner theilnimmt —, die Anwesenheit von vier belgischen Staatsministern bei diesem Tiner, der Empfang der deutschen Gaste durch den König, der Umstand, daß der König mit jedem einzelnen der deutschen Gäste besonders sprach und eine geradezu überraschende Kenntniß der industriellen Der Kampf um die Ml. Eine Tragikomödie aus dem heutigen Schwarzwaldleben. Von Max Bittrich. Nachdruck vkrboiea. Der Baschibur war einer von den Alten. Er strich noch das deutsche Zündholz am Hosenboden an, wie sein Datei es gethan hatte; er rauchte kotum Optimum supter solem, den besten Tabak unter der Sonne, wie fein Vater, und war genügsam und fleißig — wie sein Vater. Daß er das Brod im Schweiße seines Angesichts essen mußte, scheerte ihn nicht viel; das kannte er ja nicht anders. Und daß so viele Herrelit (Herrenleute) tagaus tagein an seinem Hüttlein spazieren gingen, das Büdchen durch die Brillengläser betrachteten, es reizend fanden und doch um keinen Preis darin wohnen mochten, — daß sie ihm von Neid sprachen, weil er so viel in der schönen Natur leben dürfe, und doch nicht einen Tag wie er arbeiten und wie er essen mochten, — auch darüber hatte er „sim'lirt" wie sein Vater. Doch dabei hatte er kein sehnlicheres Verlangen, als daß seine Tochter abermals in den alten Fuß stapfen weiterschreiten, also wiederum auf seiner Scholle möchte sim'liren dürfen, — mit ihrem Manne. Der Baschibur wohnt dort, wo sich das Schwarzwaldbähnle schnaufend durch Tunnel um Tunnel windet, ein Katzensprung vom Gleis in die Höhe und ein paar hinunter, und man ist beim Baschibur. Doch um zum Bur zu kommen, hat's Keiner so eilig, als daß er Katzensprünge machte, es müßte denn ein besonderes Heil winken, etwa der guete Wi, der so roth ist wie die Laterne am letzten Bahnwagen und so feurig durch die Kehle geht, wie nächtlich der Feuerschein aus dem Schlot der Locomotive. Sie haben den Baschibur vor vier Jahren zum Gemeinderath gemacht, und seine Einzige — die Zäzl oder Cäcilie — war nach der Schulzeit gerade so weit, daß sie die Hand mit anlegen konnte, um zur Feier des Tages den Herrn Burgemeischter und alle Ge treuen im Rath mit einem guten Wickel (Imbiß) und einigen Schoppen zu bewirthen. Dem Baschibur, der früher ein stiller und beschaulicher Mann gewesen war, stieg jedoch die neue Würde zu sehr in die Krone: er konnte vorläufig weder volle, noch leere Gläser sehen und nicht mehr fröhlich sein ohne Morgensprache. Zwar schuf er daneben noch wie ein Schinderknecht; wie er aber auch zur Zeit der Saat und der Ernte umherpreschte: er konnte sich bald nicht mehr heraus rechnen. Die Lasten wuchsen und die Produkte galten eher we niger als mehr. Das war ihm nur ein neuer Anlaß, dem Schänkestündchen treu zu bleiben; wer sich so abarbeitet wie er, dachte er sich, würde sich doch auch einige Schoppen gönnen dürfen beim Verschnaufen. Der Büre, seinem treuen Weibe, ging die Gewohnheit trotzdem wider den Strich; sie meinte, sie werde sich noch zu Schanden ärgern, und sah doch keinen Erfolg. Den letzten Trumpf spielte sie an dem Tage aus, als er gegangen war, die Ochsen am Brunnen zu tränken. deutschen Verhältnisse entwickelte, es auch unverhohlen auS- sprach, einen wie außerordentlichen Werth Belgien auf diesen deutschen Besuch lege, die Begrüßung endlich der Gäste durch die Stadt Brüssel in deutscher Sprache; alles daS sind Momente, welche im höchsten Grade beachtenswerth sind, Momente, welche alle Deutschen mit Genugthuung erfüllen dürfen. Wir dürfen eS heule, in Ansehung der Tbatsachen aussprechen, daß der Einfluß deS deutschen HandelSstandes und der deutschen Schifffahrt in Antwerpen, der Einfluß der deutschen Industrie, welche Antwerpen als Ausgangspunkt für ihre überseeischen Beziehungen benutzt, ein so großer ge worden ist, wie wir ibn niemals noch vor 15 Jahren, selbst noch vor 10 Jahren hätten erwarten dürfen. Das große Entgegenkommen, welches die Einladung des Antwerpener Comitss bei den Städten, Handelskammern und industriellen Corvorationen Rheinland-Westfalens ge funden bat, die Anwesenheit aller Träger der größten, mit der deutschen Industrie verknüpften Namen beweist, welcher Werth in Deutschland selbst auf diese Einladung gelegt worden ist. Auf der anderen Seite hat, wie wir ebenfalls mit Genugthuung betonen dürfen, die Anwesenheit eben dieser Vertreter deutscher wichtigster Interessen zur Stärkung des deutschen Elementes in Belgien, zur Erhöhung des An sehens des deutschen Namens sehr wesentlich beigetragen. Die gesammte belgische Presse bat der Anwesenheit der deutschen Gäste ebenfalls die höchste Bedeutung beigelegt und dies unverhohlen ausgesprochen. Man wird sich billig nach den Ursachen fragen, welche zu einem solchen Anwachsen des deutschen Ansehens geführt haben. Borbereitet ist dasselbe durch die deutsche Schiff fahrt, welche seit der Wiedereröffnung der Schelde im Jabre 1796 in einer stetigen Entwickelung geblieben ist. Ein von Deutschland kommendes Schiff war daS erste, welches nach Wiedereröffnung der Schelde im Jahre 1796 in Antwerpen ankam. Im Jabre 1800 kamen von 82 auf der Schelde ein getroffenen Schiffen 72 aus deutschen Häfen; im Jahre 1801 war es Preußen, welches als erste von alle» Großmächten einen Consul in Antwerpen anstellte. Der Antbeil der deutschen Schifffahrt im Hafen von Antwerpen ist in den letzten Jahren abermals ganz außer ordentlich gewachsen. Ein überaus wesentlicher Anlheit an der Ausdehnung des deutschen Ansehens, an der Ver allgemeinerung der Ueberzeugunz von der großen Wichtigkeit des deutschen Handelsverkehrs ist die Errichtung und Aus dehnung der deutschen Reichspostlinien gewesen. Schiffscolosse, wie sie in Gestalt der deutschen Ncicbspost- Dampser im Hafen von Antwerpen verkehren, sind in der Geschichte der Schifffahrt dieses Hafens neu und mit ihnen verbindet sich von selbst der Begriff der Größe deutscher Schifffahrt. „Die Kaibe wellet nit sufe!" rief er ihr zu, als sie nicht die Zunge aus dem Maule bringen wollten. «Ha jo", schrie sie, „da gäbe es doch ein gutes Mittel: machet die Ochse nur zu — Gmcinderäth!" Auf das Wort begab sich der Baschibur still in sein Kämmer lein; der Vergleich war ihm an die Nieren gegangen. Fortan arbeitete er im Wirthshause weniger. Das Weib sah die Wir kung nicht mehr viel; sie schied bald nachher für immer vom Baschiburhof. Aber sie brauchte auch nicht mehr zu sehen, wie der Bauer künftig von Zeit zu Zeit „seinen Besuch" aus der Stadt erhielt, der sich längliche Papierchen unterschreiben ließ, denn der Bauer brauchte Geld. „Mit dem „feinen Besuch" aber kam dessen „Herr Sohn," wie ihn der Alte nannte, und dieser Sohn war — natürlich! — ein Genie. Sobald des Baschiburs Zäzl in die Stube trat, verdrehte er Augen und Schnurrbart und säuselte sanft das „reizende Mädel!' an. Sie war jedoch gar nicht gefügig, und der schrille Pfiff der Locomotive war ihr melodischer als alle Reden; sobald das Bahn-Zügle vorüberfuhr, war der in ihrer Nähe, dem ihr Herz gehörte. Wer genau Obacht gegeben hätte, würde auf dem Dampfroß manchmal eine von Kohlenruß geschwärzte Hand ge sehen haben, die grüßend nach dem Hause winkte. Wer angewiesen ist, tagtäglich an einem schnurrenden und surrenden, schnaufenden und ratternden Eisenkoloß zu stehen, dem bleibt nichts übrig, als sich die gefühllose Maste lebendig zu denken, damit er selber Leben um sich habe. So einer war der Peter und dem gehörte die geschwärzte Hand. Im Kinzigthal kennt ihn Jeder genau und weiß, daß in den zerklüfteten Händen gesundes Bauernblut rinnt. Der Peter hatte seine „Maria", das Dampfroß, gern wie ein lebendes Pferd; er kannte ihre Schwächen und unterhielt sich ordentlich mit ihr, wollte sie mal nicht recht vorwärts. Wann die ersten Kirschbäume blühten, steckten am Eingänge des Tunnels sicherlich einige schlohweiße Zweige, die von der schwarzen Hand flugs erwischt werden konnten, um dem schwarzen Ungethüm auf gepflanzt zu werden. Am Pfingstfest fehlten auch Birkenzweige und Kalmus nicht als Zierde. Ein paar klobige schwarze Hände nehmen die Frühlingsgrüße von der Pforte des Tunnels, — ein paar zitternde kleine Hände hatten sie gepflückt und an die Höhlung des Berges gesteckt. Warum hatten die schwarzen Fäuste den Dreschflegel mit der Kohlenschaufel vertauscht? Je nun, das kann der Schapbacher Meister der Schule er zählen, wie ich's aus einer Beichte herausgehört habe: „Du woisch, Peter," hatte der Kaibebur, sein Vater, eines Tages gesagt, ,,d' Modder isch dod, un mit fremde Wibrvölker huse (Hausen), isch en Unglück für en Hof. Wie stoht's, hesch Di (hast Du Dir) scho um eine umgseh, he? Aber sell sag i zum vorus: e rechte Buredochter mueß sin, so ischs allewil Bruch gsi (Brauch gewesen) uf em Hof!" „Vadder, i moin, Ihr sin no nit so alt, daß Ihr scho ins Usdingstüble z'hocke brucht —" „Scho guet; drüwe bim Bühlbur stoht eine, die wär grad gemacht für e rechtschaffne Kaibebüre." Der Peter widersprach selten, doch hier konnte er nicht ein verstanden sein: für den einen Vorzug, daß Bühlburs Stasi reich war, wollte er durchaus nicht alle ihre Untugenden in den Mit dem Anwachsen deS Schiffsverkehrs im Hasen von Antwerpen, der von 1486 Schiffen mit 239 165 Tonnen Gehalt im Jahre 1850 auf 4987 Schiffe (4480 Dampfer) mit einem Gehalt von 5 785 662 Tonnen im Jahre 1896 gestiegen ist, kaben die Bestrebungen der belgischen Behörden, dieser Schifffahrt und dem daran betbeiliglen Handel, bei den Deutschland in erster Linie siebt, alle Vorthcile zu verschaffen, welche moderne Technik und weitsichtiger Handelsgeist zu schaffen vermögen, gleichen Schritt gehalten. Es ist natür lich, daß das während des Besuches wiederholt von den Vertretern der deutschen Großindustrie mit Annerkcnnung hervorgehoben wurde. Mit der Anerkennung der außer ordentlichen Bedeutung, welche Antwerpen als Ausgangs punkt der überseeischen Beziehungen in Ein« und Ausfuhr für Westdeutschland und einen Theil SüddeutschlandS zu kommt, mit der Anerkennung deS außerordentlichen Ent gegenkommens der belgischen Behörden bat sich aber noch ein anderes Moment, welches in der Gegenwart eine be sondere Wichtigkeit für sich beansprucht, verbunden. Einer der Träger der ersten industriellen und kauf männischen Namen in Deutschland hat es officiell aus gesprochen und sich dabei zum Dolmetscher der Ansicht aller in Antwerpen versammelten deutschen Industrie- und Handels vertreter gemacht, daß die Reichspostlinien nach Ostasien und Australien, denen an der Entwickelung Antwerpens ein wesentlicher Theil zufällt, für die gesammte deutsche Aus- und Einfuhr-Industrie einen der wesentlichsten Faktoren bilden, daß aber auf der anderen Seite gerade mit Rücksicht auf den stetig wachsenden Verkehr die gegenwärtige Gestaltung der Reichspostlinien den Bedürfnissen der AuSsuhr- Jndustrie nicht genüge, daß vielmehr an Stelle der vier wöchentlichen Fahrten wenigsten auf der ostasiatischen Linie vierzehntägliche treten müßten, wenn nicht die in Ostasien errungene deutsche Position gefährdet und in dem gegenwärtigen Wettbewerb mit England, Rußland und Frankreich geschädigt werden sollte. In Ergänzung zu diesen iiir deutsche Schifffahrts-, Handels- und industrielle Jnrer- :ssen hoch bedeutsamen Ausführungen hat sich der zweite Präsident der Münchener Handelskammer unter Hervor hebung der Vorzüge Antwerpens für Beibehaltung dieses Hafens auch bei vierzehntäglichen Fahrten der ReichSpost- dampfer ausgesprochen. Das sind Kundgebungen, welche, wenn sie, wie hier, durch 48 der bedeutendsten Handelskammern Deutschlands unterstützt und auf fremden Grund und Boden in einem der bedeutendsten Seehäfen der Well aus berufenem Munde zum Ausdruck gebracht werden, als ein Moment von großer zeitgeschichtlicher Bedeutung betrachtet und gewürdigt werden müssen. Daß diese Aeußerungen zu Tage getreten sind, ist dem Umstande zu verdanken, daß einer der stolzesten, auf der Fahrt nach Australien begriffenen deutschen Neichspostdampfcr im Hafen von Antwerpen lag, daß an Bord desselben aus Einladung deS Norddeutschen Lloyd ein Frühstück für die deutschen Gäste aus dem Jnlande und die Spitzenjder Antwerpener Behörden statlfand, daß somit die beste Gelegenheit gegeben war, den Interessen der West- und süddeutschen Industrie und des Handels in dem Hafen, der für sie die größte Wichtigkeit besitzt, einen beredten Ausdruck zu verleihen. Mit Rücksicht hierauf ist der deutsche Besuch in Antwerpen für die Entwickelung deS deutschen UeberseehandelS und der deutschen Reichspost linien ebenfalls von einer erheblichen Bedeutung geworden und im Ganzen kann man daS Urtbeil über die Antwerpener Tage dabin zusammenfassen: Diese Tage bedeuten für Len deutschen Namen, für die deutsche Industrie und den deutschen Handel einen Triumph, sie bedeuten mit diesem Triumph eine Stärkung des Deutschthums nicht nur in Antwerpen, sondern in ganz Belgien. Sie haben neue, enge Bande zwischen der west- und süddeutschen Industrie und dem bel gischen Hafen geknüpft, sie bilden in der Entwickelung Deutschlands ein Moment, dessen Wirkungen nicht aus bleiben können. Die deutsche und die englische Dampserüotte. I-. Es ist interessant, die Entwicklung der deutschen und der englischen Dampferflotte im Laufe des letzten Halbjahr zehnts an einigen Zahlen darzulegen. Den nachstehenden Ausführungen sind die Angaben deS ClassisicatioiisbureauS „VeritaS" zu Grunde gelegt. Die englische Handelsflotte umfaßte: 1893 5694 Seedauipfer von 9 383 361 Br. N. T. 1897 5661 - - 10 552498 - - - Die deutsche Handelsflotte umfaßte: 1893 779 Secdampfcr von 1 144109 Br. R. T. 1897 846 - . 1462 530 - . - Die Zahl der englischen Dampfschiffe ging in dem Zeitraum 1893/97 somit um 33 Schiffe zurück. Las ist ein Rückgang von 53,56 Proc. auf 50,22 Proc. der Seedampfer der Erde überhaupt. Der Naumgehalt stieg allerdings um 1 169 137 Br. R. T., indessen ist diese Zunahme Lock so gering, daß sie einem Rückgänge von 62 Proc. auf 58,95 Procent des Raumgehaltes überhaupt gleichkommt. Umgekehrt betrug die Zunahme der Zahl der deutschen Seedampfer 1893/97 67. DaS ist eine Steigerung von 7,33 Proc. auf 7,50 Proc. und die Zunahme im Raum- Kauf nehmen, — und dann wollte er doch lieber der Zäzl die heimlich versprochene Treue halten. Ob sich auch der alte Kaibebur alle Mühe mit ihm gab, der Peter war und war nicht „iverchtanne" und die Gegensätze spitzten sich so zu, daß er zwar noch in altem Pflichtgefühl des Vaters Ernte bis auf das letzte Hälmchen unter Dach und Fach bringen half, dann aber die Soldatenmütze auf den Kopf stülpte und zu den Herren der Eisenbahn ging. Die Herren konnten einen so gesunden, forschen Jungen brauchen; endlich hatte er Lehrzeit und Probe hinter sich und durfte tagaus, tagein die Schwarzwaldbahn abfahren, und bewegte sich während der Vorüberfahrt am Fenster des Baschiburhofs etwas, so wurde er im Winter so roth, wie im Sommr von der glühenden Sonne. Ein glatter Bahndamm, ein grauer Weg durch Hügel oder ein Tunnel sind im Allgemeinen nichts Poetisches; die Liebe freilich schlägt aus Allem einen Funken Poesie. Im Winter, wenn Blüthenzweige den Tunnel nicht schmücken konnten, war Zäzl, das wieselflinke Mädel, nicht faul, ein Herz in den Schnee des Bahndamms zu kratzen, (das ein Anderer für eine Zwiebel angesehen hätte, aber die Liebe sieht ja scharf), und der Peter scheute bei Wind und Wetter eine freie halbe Stunde nicht, das zweite daneben zu zeichnen, damit am Morgen Freude herrsche bei seinem blonden Mädchen. Im strengsten Winter war ein Früh lingswehen in den beiden treuen Menschenkindern und das konnte zu stürmischem Verlangen wachsen. Inzwischen faßten die Arme des „feinen Besuchs" den Baschi bur so, daß ihm der Athem so ziemlich ganz ausging, während die Peiniger seinen Wald unsicher machten mit ihren Schieß prügeln. Es geschah aber in der Winterszeit öfter als sonst, daß Peter den Bahndamm abschritt, um die Zäzl doch wenigstens einmal selber zu treffen und sich unauffällig nach einem Herzens wünsche zu erkundigen; er wollte ihr doch einen schönen „St. Nicolaus" bescheeren. Daß Peter in die Nähe des Baschibur hofs kam, machte ihn natürlich beim „Herrn Sohn" sehr ver dächtig, und von nun an klebte der „feine Besuch" am Bahndamm wie die Fliege am Leimstock. Und als Peter gar ein Häslein, das vor der Locomotive Männchen gemacht hatte und für seinen Vorwitz gerädert worden war, neben das für die Zäzl gekratzte Schneeherz legte, da waren sich die Lauscher bald einig: dieser unbequeme Bewerber um die Zäzl war zugleich ein Wilderer. Sie wollten ihm fortan stark auf die Eisen gehen, und wenn in der Dämmerung ein Zweiglein im Walde fiel, standen sie still und — duckten sich hinter ein Gesträuch. Er werde ihnen schon ins Garn laufen, meinten sie, und bestachen obendrein den Nachtwächter, verdächtige Zeichen ihnen zu melden. Der nahm das Geld und kannte so gut wie vorher seine Pflicht. An einem Sonntag, schon spät in der Nacht, klopfte er aber die gewaltigen beiden Schützen aus dem Gasthause; er habe Einen gesehen, der habe etwas Verdächtiges unter der Joppe gehabt: „Wahrscheinli ischs der Stutze gsi!" Der „feine Besuch", der Alte und der Junge, ist „gli use" (gleich hinausgegangen), — nicht etwa allein, sondern mit drei handfesten Mannen. Die kannten jedoch ihre Kunden wie der Nachtwächter. Auf einmal hören sie rin Rauschen in den niedrigen Bäumen und der Patrouillenfllhrer ruft: „Das isch'nl DaS isch'nl" „Jetzt abeglege un fest ufpaßt!" raunt ein Zweiter. Der „feine Besuch", befurcyiend, ,^on ihn anlegen, hat ihm natürlich zuvorkommen wollen und bumm, dumm hat der Mann mit den länglichen Papierchen gleicy alle beide Läufe losgebrannt. Als aber alle fünf vorgingen, um den verwundeten Peter aufzuheben, fanden sie keinen. „Der ka nit wit chu si (er kann nicht weit gekommen sein); i mein, Ihr henn'n guat tröffe!" meinte Einer, und wieder horchte man, ob nichts wimmere und jammere. Vergebens! Nun war den Stadtleuten aller Muth geschwunden, und als sie auch am Bahndamm den Geschossenen nicht zu entdecken ver mochten, klopften sie den „Schandarm" heraus; der sollte nach forschen, ob Peter etwa in der Angst nach Hause gelaufen sei, zum Kaibebur. Der war zwar bisher auf seinen Sohn nicht gut zu sprechen gewesen, aber die jetzige Anschuldigung — meinte er sofort —: selle isch bigott Verlage. Wer etwa seinen Buben unglücklich gemacht habe, den werde er hinter Schloß und Riegel bringen — er, der Kaibebur. Da rannen dem alten und dem jungen Schützen aus der Stadt die Schweißtropfen wie Bächele übers Gesicht. Während die Dreimänner-Patrouille auf Weisung der Gendarmen aber mals auszog, mit Tragbahre und Laterne, um im Walde weiter zu forschen, dachten die Unglücksschützen schon an gütliche Eini gung: besser ein magerer Vergleich als ein fetter Proceß. Der Kaibebur dachte aber auch daran: er hatte es im ge gebenen. Augenblick faustdick hinter den Ohren. Sein Nachbar, der Rathschrciber, war der erste, den er herbeiholte zur Verhand lung mit den Schützen. Der Rathschreiber zog zu allererst die Stirn in Falten und erklärte, das Sicherste bleibe die freiwillige Zahlung eines entsprechenden Schmerzensgeldes für den Fall, daß man einen Schwerverletzten finde. Und heimlich fügte er für die Schuldigen hinzu, sie möchten das Eisen nur schmieden, so lange es warm sei; der Kaibebur werde oft wankelmllthig. Daß aus der Sache, wenn der Peter nicht gerade todtgeschossen sei, „nichts gemacht" werde, dafür verbürge er sich. Der „feine Besuch" hatte ja stets längliche Papierchen in der Tasche, daS war sein Geschäft; davon unterschrieb er nun selber eines quer zu Gunsten Peters, und das geschah auffällig schnell, denn vor dem Fenster schrie der Bläsibur laut und aufgeregt: „Jctz Henn sie den Schwerverwundet gesunde, 's isch e gefühlloser Kerli!" , Auf diese Kunde entfernte sich der „feine Besuch." E ge fühlloser Kerli — sollte Peter gar todt sein? Der Kaibebur hatte dgs werthvolle schmale Papier ruhig in die Tasche gesteckt, durch das seinem Sohn ein großer Theil dessen zufiel, was man dem Baschibur mit lächelndem Gesicht abge knöpft hatte, und Nehmer und Geber waren dieselben Leute. Na türlich waren sie nicht in der rosigsten Laune, als ihnen ihre For derung an den Baschibur zum Theil mit dem eigenen Wechsel be zahlt wurde. Sie konnteits jedoch nicht ändern, denn die Unter schrift war da und ein geschossener gefühlloser „Kerli" auch. Dieser Kerli war ein — Weidenbaum. Peter hatte während des großen Attentats gesund auf der Maschine gestanden. Dstnn aber ist er mit Hilfe des Wechsel- Profitleins ein gut gestellter und rechtschaffener Bauer geworden; er fährt auch indem Berufe gut, und in der Zäzl hat er sich eine tüchtige Schaffnerin für die Fahrt durchs Leben geholt.
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