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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.11.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-11-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971101015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897110101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897110101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-11
- Tag1897-11-01
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In Leipzig abonnirt man für 3 mit Bringcrlohn 3 75 für beide Monate und nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedition: Johannesgaffe 8, die Filialen: Katharinenstratze 14, Königsplatz 7 und Universitätsstratze 3, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstraste 3» Herr L. V. LMel, Colonialwaarenhandlung, Ranftsche Gasse 6 Herr Rrleär. Reeller, Colvniallvaarenhandlung, Beethovenstraste 1 Herr Roter, Colonialwaarenhandlung, Ranstädter Steinweg L Herr 0. LiiAelmaiin, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Straste (Tbomasiusstraßen-Ecke) Herr Ottok'ranr, Colonialivaarenhandlung, Schützenstraste 5 Herr «iul. 8e!iüiili< I»en, Colonialwaarenhandlung, Löhrstraste 15 Herr Llluurll UetLer, Colonialwaarenhandlung, Westplatz 33 Herr ll. vlttriol», Cigarrenhandlung, Nürnberger Ttraste 45 Herr U. L. 4.1breellt, Colonialwaarenhandlung, Äorkstraste 32 (Ecke Berliner Straße) Herr ü. üürllolü, Colonialwaarenhandlung, Zeitzer Straste 35 Herr V. 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Daß unser mit wcrthvollen Steinbriichen reich gesegnetes Vaterland Sachsen auch einen schwarzen Marmorbruch mit oben drein denkwürdiger Vergangenheit besitzt, ist wenigen bekannt. Sein schönes, ehedem hochgeschätztes Material, das freilich mit vielen ausländischen Marmorarten nicht mehr in Concurrenz treten kann, hat noch in jüngster Zeit königliche Bauten schmücken helfen. Der in naturwissenschaftlicher, industrieller und historischer Beziehung interessante Steinbruch liegt zwei Kilometer nordwestlich von Fährbrücke (Station der Zwickau-Schwarzenberger Eisenbahn) am oberen Ende des Dörfchens Grünau. Sein Gestein ist der in manchen Ländern überaus weit verbreitete Kohlenkalkstein, bei architektonischer Verwendung schwarzer Marmor genannt. Derselbe streicht in der dortigen Culmformation hauptsächlich in folgenden sechs größeren Lagern zu Tage aus: Der königliche Bruch, nord östlich von diesem der Winter'sche Bruch, weiter nach Nordosten die Kalkbrüche an der Neumühle, ferner ein Lager am Wilden-' fclser Friedhöfe, an der Schönauer Obermühle und eines ober halb der Schönauer Kirche. Neben dem Kohlcnkalkstein weist die Gegend von Grünau, Wildenfels und Schönau noch einen weit größeren Reichthum an dem Oberdevcn zugehörenden röthlich-grauen Kalkstein auf, der schon seit alter Zeit in zahl reichen Brüchen abgebaut und wie der Kohlcnkalkstein an Ort und Stelle zu Kalk gebrannt wird. Aus letzterem gewinnt man den sogenannten Weißkalk, während ersterer den weniger werth vollen Graukalk liefert. Ueber diese Kalkstcinindustrie schreibt bereits Petrus Albinus in seiner „Meißnischen Land- und Berg- Ehronica" vom Jahre 1689 (ll. Theil, Seite 169): „Kalcksteins haben wir in Mehsscn auch keinen mangel. Umb Wildenfels in derselben Herrschafft (zwischen Schneberg und Zwickaw) hat man des Kalcksteins die menge daraus der beste Kalck gebrannd wird." Thatsächlich lassen der königliche Bruch sowie die meisten anderen Brüche in ihrem Abbau und ihren Halden ein hohes Alter erkennen. WaS dem Gestein des königlichen Bruches seinen industriellen Werth verleiht und es bei Weitem von allen übrigen Kohlen kalksteinen jener Gegend unterscheidet, ist zunächst die Art seiner Absonderung. Während in den übrigen obengenannten Lagern der schwarze Kalkstein stets mehr oder weniger en dünnen Lagen oder Platten, bisweilen schieferartig bricht, weist jener schwarze Marmor in seinen oberen Schichten mächtige Bänke auf, die bis 80 Centimeter stark sind; nach der Tiefe hin wird das Gestein noch massiger, sodaß eine Schichtung nicht mehr zu unterscheiden ist. Während ferner in den übrigen Brüchen Stücke von z bis 1 Kubikmeter Inhalt schon eine Seltenheit sind, können in dem königlichen Bruche Blöcke von 3 bis 4 Kubikmetern Inhalt und einem Gewicht von 200 Centnern gebrochen worden. Letztere Eigenschaft ermöglicht daher ihre Verwendung zu größeren archi tektonischen Arbeiten. Wenig tauglich zu solchen ist der oben genannte röthliche Kalkstein, der eine sehr ausgeprägte, durch dünne Membranen eines grünlichen Thonschiefers gebildete Kra- menzelstructur aufweist und nie in großen Blöcken bricht. Um Wildenfels und Grünau findet man zahlreiche alte Grenzsteine, Zaunsäulen u. dergl. aus diesem röthlichgraucn Kalkstein, an bereit verwittcrwn Flächen d:c Thonschö'ferflasern sehr deutlich maschenartig hcrvortreten, da dieselben der Verwitterung länger trotzen, als der sic ausfüllende Kalkstein. Eine weitere Besonder heit des Kohlcnkalksteins ist, daß er nicht wie der oberdevonische Kalk weithinstreichende Lager bildet, sondern in einzelnen dicken Linsen auftritt, wie aus der geologischen Specialkarte des König reichs Sachsen — Section Kirchberg — zu ersehen ist. Der massige Kalkstein des königlichen Bruches ist im Gegen satz zu den schieferigen oberdevonischen Kalken sehr dicht und hart, .Härte etwas über 3. Auf frischem Bruche hat er ein krystallinisch- körniges Aussehen. Betrachtet man einen Dünnschliff jenes schwarzen Marmors unter dem Mikroskop, so sieht man, daß etwa die Hälfte des Gesteins aus kleinen Kalispatkörnchen gebildet wird. Aus diesem Mosaik treten allenthalben größere Körner hervor, die im polarisirten Lichte zahlreiche Zwillingslamellen zeigen. Außerdem gewahrt man eine Menge organiscber Formen, von welchen später die Rede sein soll. Als Seltenheit sei erwähnt, daß in den weißen Kalkspatadern, welche das schwarze Gestein durchziehen, winzige Körnchen und Schmihchcn von Quarz sitzen. Das Gcbundcnsein derselben an die obenerwähnten Adern und be sonders die Art ihrer Umgrenzung kennzeichnet sie als letzte Jn- filtrationsproducte in jene Spalten. Beim Schlagen mit dem Hammer und beim Reiben entwickelt der Griinauer Marmor einen unangenehmen Geruch, der mehreren Arten von Kohlenkalkstein eigenthiimlich ist und wahrscheinlich durch kohlige bituminöse Substanzen hervorgerufen wird. Bouösnel erklärt diese Erscheinung durch Anwesenheit von etwas Schwefelwasserstoff. In einem sehr grobkörnigen, bläulichgrauen Marmor von Cintra in Portugal konnte E. Laar thatsächlich lreiwerdenden Schwefelwasserstoff nachweisen. (S. Zirkel, Petro gr. HI, Seite 459.) Die schwarze Farbe des Kohlenkalksteins rührt nach Bouesnel von Kohlenstoff her. Dies gilt auch von dem Marmor des königlichen Bruches. In Dünnschliffen sieht man, daß das schwarze Pigment keineswegs gleichmäßig durch das ganze Gestein vertheilt ist, sondern vorzugsweise in Form dünner Membranen einzelne Kalkspatindividuen sowie die Wände ein zelner Spalten überzieht. Nur selten finden sich die schwarzen Flocken mitten in den Krystallkörnern. Löst man eine Menge des Marmors in verdünnter Salzsäure, so bleibt ein schwarzer Schlamm zurück, der nach dem Auswaschen unschwer auf einem Platinblech über der Flamme des Bunsen'schen Brenners ver glüht. Dies Verhalten sowie die Art des Auftretens im Dünn schliff spricht für einen dem Anthracit oder Graphit nahestehenden Kohlenstoff, von dem bei der Politur des Marmors nochmals die Rede sein soll. Neben der Mächtigkeit der Bänke ist es das Auftreten von Adern weißen Kalkspates, das den Marmor des königlichen Bruches so geschätzt macht Naumann sagt darüber in seiner „GeognostischenBeschreibungdcs Königreichs Sachsen" Seite 299: „Kalkspatadern von haarfeiner Dünne bis zu mehreren Centi- metern Stärke durchschwärmen, sich vielfältig verzweigend, das Gestein nach allen Richtungen und zwar oft so dicht und zahlreich, daß es das Ansehen gewinnt, als fei die schwarze Gestcinsmasse in lauter fuß- bis zollgroße Fragmente zerstückelt, dieses Hauf werk von Bruchstücken durcheinander gerüttelt und wiederum durch Kalkspat zu einem Ganzen verbunden worden." Diese Durch- trümerung mit weißem Kalkspat gicbt der Masse das „mar- morirte" Aussehen; auf Palleten Flächen heben sich die blendend weißen Adern sehr fchön von dem blauschwarzen Gestein ab. An Reinheit der Masse übertrifft der Marmor des könig lichen Bruches die übrigen Kalksteine ebenfalls. Eine von G. Wunder ausgeführtc Analyse ergab, daß er fast keine Magnesia und nur 1,2 Proc. Thonerde, Eisenoxyd und unlöslichen Rück stand enthält und im Uebrigen aus reinem kohlensauren Kalt besteht. Für den Naturforscher ist der Griinauer Marmor insofern von Interesse, als er, wie fast aller Kohlenkalkstein, sehr reich an thierischen Ueberresten ist. Besonders sind es Stielglieder von Crinoiden, die er in außerordentlicher Menge beherbergt und die oft mehr als die Hälfte des Gesteins ausmachen. Auf frischem Bruche erkennt man dieselben als glänzende Kalkspatscheiben. Diese in Kalkspat umgewandelten Erinoidenstielglieder sind es, die dem an und für sich feinkörnigen Marmor krystallinisch- körniges Gepräge verleihen. Leider bestehen sie, wie jeder Dünn schliff zeigt, jetzt aus einem, oder wenn sic groß sind, aus zwei bis drei Krystallindividuen von Kalkspat. Diese Art der Ver steinerung aber bedingt, daß alle feineren Details der organischen Struktur vernichtet sind. Selten einmal zeigen sich kleine Par tien von netzartigem Bau, welche an ein Zellengewebe erinnern. Dagegen erkennt man deutlich den axialen Canal der Stielglieder, welcher von einer Menge kleiner Kalkspatkörner erfüllt ist und nicht selten auch hineingespülte Foraminiferen enthält. Neben Oberstlieutenant v. Gutbier sind es besonders Geinitz und Nau mann gewesen, die auf jene Versteinerungen aufmerksam gemacht und diesbezügliche Forschungen angestcllt haben. Charpentier, der in seiner bekannten „Mineralogischen Geographie der chur sächsischen Lande" vom Jahre 1778 eine eingehende Schilderung des Griinauer Kalklagers giebt (cf. Seite 290), erwähnt bereits „cylindcrförmige Stücke von verschiedener Größe in dem schwarzen Marmor", erkennt sie aber nicht als Versteinerungen an, sondern als besonders gebildete Theile des Marmors. Seite 399 sagt er: „In unserem Marmor findet sich nicht die geringste Spur einer Versteinerung oder irgend ein anderes Merkmal von orga- nisirten Körpern. Es ist auch nicht wahrscheinlich, daß, wenn dergleichen, und sollten es auch nur wenige fein, darinnen vor- handcu wären, sic nicht schon vorlängst in der Menge Kalkstein, der seit Jahrhunderten aus so vielen Brüchen ist gewonnen worden, sollten entdeckt sein, sondern ganz unfehlbar würde man Stücken davon als Seltenheiten aus dem Erzgebürge aufweisen, oa ohnehin die Versteinerungen von jeher eine Menge Liebhaber gehabt haben." Nach dem damaligen Standpunkte der paläonto logischen Wissenschaft und der Methode der Gesteinsuntersuchung darf dieses Urtheil des berühmten Freiberger Bergrathes nicht überraschen; neuere Forschungen haben indeß — wie bereits ei wähnt — ergeben, daß die cylinderförmigen Stücke Charpentier's Versteinerungen nämlich in Kalkspat umgewandelte Crinoiden stielglieder sind. Zahlreiche Querfchnitte, mitunter auch tadellose Längsschnitte solcher Stiele treten auf polirten Flächen mehr oder weniger deutlich hervor, am besten jedoch lassen sich diese Cri noidenreste an alten Steinbruchswänden beobachten. Da der Kalkspat der Verwitterung länger trotzt als der dichte Kalkstein, so ragen an den Wänden die Stielglieder in allen Größen, von mikroskopischer Kleinheit bis zu einem Centimeter Durchmesser, zu Tausenden hervor. Der die obersten Lagen des Marmors be deckende Grauwackenschiefer des königlichen Bruches enthält ebenfalls reiche Reste von Crinoidenstielgliedern und zwar — in ganz verwitterten Stücken — in Form von schraubenartigen Höhlungen, deren Abdrücke gute Säulenstücke darstellen und in denen oft einzelne Stielgliedchen, mitunter schadlos erhaltene ganze Stielstücke (Schraubensteine) lose inneliegen. Freunde von Versteinerungen seien auf diese Erscheinung aufmerksam ge macht. Als Curiosum seien endlich die kleinen, bereits von Naumann beobachteten Verwerfungen einzelner Stielgliedchen erwähnt: es kommt vor, daß dünne, Weiße Kalkspatadern die Stielglieder durchschneiden und beide Hälften verschieben. — Das prächtigste, an Versteinerungen überreiche Stück Marmor des Zhr Ideal. Humoreske von E. Ritter. Nachdruck verbaten. „Also Tantchen, es bleibt dabei, ich darf mir alle Mühe geben, aus Deinem Neffen Dein Schwiegersohn -u werden. Wie dankbar bin ich Dir für Deine Einwilligung." „An der Du wohl nie gezweifelt hast. Du weiht, daß es mein sehnlichster Wunsch ist, auS Euch Beiden ein Paar zu machen. Ja, wenn ich das erlebe, daß Lina und Du glücklich zusammen seid, dann bleibt mir kein Wunsch mehr. Doch mit Zureden ist da nichts gethan. Ich bin überzeugt, sie ist Dir gut, aber sie hat ihre romantischen Ideen, will keinen Landwirth, schwebt immer in höheren Regionen. — Lieber Melchior, Du wirst einen schweren Stand haben mit der Kleinen, aber hof fentlich geht's gut auS. Gott maa's geben! Na, und nun sei fo freundlich, im Vorbeigehen mu nachzusehen, wo die Lina eigentlich fleckt. Sie soll Butter formen in der Milchkammcr, aber wer weiß, was sie statt dessen treibt. Sobald sie fertig ist, soll sie zu mir kommen." — Lina, ein rosige- Jungfräulein, war so vertieft, dah sie den eintretenden Vetter gar Nicht bemerkte. Dor sich hatte sie eine Schüssel mit Butter, in der Hand die Form, auf einer Platte lagen verschiedene bereits geformte Stücke, aber augen blicklich ruhte die Arbeit. Lina deklamirte mit glühenden Wanaen und glänzenden Augen: „Du Heilige, rufe Dein Kind zurück. Ich habe genossen da- irdische Glück, ich habe gelebt und geliebet!" Mit schwärmerischem Pathos kam eS von ihren Lippen, und al« sie geendet, seufzte sie aus tiefstem Herzens grund. Da hörte sie fröhliche- Lachcn hinter sich — erschrocken fuhr sie herum und erblickte den Vetter. „O, wie abscheulich. Du hast gelauscht, und nun lachst D>' mich aus." „Verzeih, Linchen, gelauscht habe ich nicht; Tante bat mich. Dich zu ihr zu schicken, sobald Du fertig seist, und daß ich lachte — nun, es klang zu komisch, die tragischen Verse —" „Meinetwegen, lache nur — ich kann nun einmal kein Ge fallen finden an der Prosa des Lebens, welche Dein Element ist, und dann, bitte, nenne mich nicht Linchen — das klingt so ent setzlich nüchtern — so —" „So wie cs sich für »ine künftige Landwirthsfrau gehört. Nicht, da- wolltest Du doch sagen?" „Nein, das wollte ich durchaus nicht sagen, Vetter. Ich wollte sagen, nennt mich doch — da Karoline noch gräulicher ist — Karlo." „Um Gotteswillen, Linchen, verzeih', aber Karlo, nein, das geht nicht. Wenn ich Dich so ansehe mit Deinem niedlichen Figürchen, Deinem hübschen Gesichtchen, dann bist Du für mich eben so'n recht herzige- Linchen. Aber Karlo — puh — das klingt so ernsthaft, da stellt man sich eine imposante Persön lichkeit darunter vor. Nein, nein. Du bist und bleibst mein liebe-, gutes Linchen. Allenfalls Linnig, um mit Onkel Bräsig zu reden —" „Nun schweig' aber still; mit Deinem Onkel Bräsig laß mich aus — das ist auch so ein alter ekliger Oeconom, der für nichts Sinn hat, als für seine dummen Späße. Deine Begeisterung für Fritz Reuter ist mir überhaupt unbegreiflich!" „Du bist eben noch zu jung, Kleines, kannst ihn noch nicht verstehen. Später, wenn Du erst meine liebe kleine Frau bist, dann lesen wir ihn zusammen. Sollst mal sehen, wir lieb Du den alten Onkel Bräsig noch gewinnst." „Was Du Dir einbildest l DaS laß Dir nur vergehen — «inen Landwirth nehm' ich nun und nimmermehr, noch dazu »inen, der Melchior Sauermann heißt." „Wie hart das klingt. Wenn es Drin Ernst wäre, müßte ich sehr unglücklich sein. Komm! sieh mich mal an und sag' Mir aufrichtig: bist Du mir nicht ein bischen gut?" „Ach, laß doch, Gott ja, ich mag Dich ja sehr gern, aber zum Heirathen gehört mehr —" „Ach wa-, ich bin Dir gut, Du bist mir gut. Komm, liebe Maus! laß uns zusammen zur Mutter gehen und sie um ihren Segen bitten. Siehst Du, Herz, ich möchte Dir Alles zu liebe thun. Nicht wahr, Du formst sehr ungern Butter?" „Sehr, eS ist mir eine schreckliche Beschäftigung." „Du wirst sie nicht mehr nöthig haben. Höre und staune: wir verkaufen vom Ersten ab unsere Milch an die Molkerei zu M." „Wirklich, oh, da- ist herrlich — Du bist ein lieber Vetter. Aber Dich heirathen, dazu kann ich mich doch nicht entschließen — wir passen nun mal nicht zusammen." „Da- ist nicht Dein letztes Wort, aber jetzt will ich nicht weiter in Dich dringen. Ich muß aufs Feld. Vergiß nicht, daß die Mutter wartet." Damit ging Melchior, ganz befriedigt trotz de- halben Korbes, den er sich geholt. Er hoffte auf die Zukunft. — Das junge Mädchen blieb in tiefen Gedanken. Der gute Vetter Melchior! Brrr! nein, schon der Name — Melchior Saurrmann! Melchior! Wie könnte man einen Melchior hei rathen? Wie konnte man überhaupt ein Kind Melchior taufen? Einer der heiligen drei Könige hatte so geheißen, aber das war kein Milderung-grund. Andere Zeiten, andere Sitten! Mel chior Sauermann. Frau Karoline Sauermann, geb. Bürger. O Gott, wie prosaisch! — e- kann nicht- daraus werden. Ach, wenn er Stolzenfels hieße — Arno Stolzenfels, wie er, der Herrliche, den sie im letzten Winter al- Max Piccolomini be wundert hatte auf den Brettern, die dir Welt bedeuten — ja, und wenn er ein Künstler wäre, dann, ja dann Ach, jene köstlichen Abende, an denen die Wallensteintrilogie vor ihren Augen sich abaespielt! Nie würde sie die vergessen, nie ihn, Arno Stolzenfels! „Du Heilige, rufe Dein Kind zurück. Ich habe genossen da- irdische Glück, ich habe gelebt und ge liebet!" — „Linchen", sagte die Aintsräthin zu dem Töchterchen, welches eben mit einem Buch in der Fensternische verschwinden wollte, „Du könntest morgen mit Melchior in die Stadt fahren. Er muß zur Controlloersammliing. Es ist so vielerlei zu besorgen, und ich kann mit meinem Catarrh die Fahrt nicht riskiren. Wenn Du Deine Gedanken zusammen nimmst, wirst Du hoffentlich meine Aufträge ausführen können." „Gewiß, Mama, gern — da- heißt, e- ist mir etwa? peinlich, mit dem Letter zu fahren, seit — Du weißt —" „Ja, leider weiß ich'-. Nun aber, wenn Du Deinen Vetter durchaus nicht zum Manne willst, dann kannst Du doch ganz un befangen mit ihm Verkehren. Seit der neulichen Aussprache wird er auch keine Lust mehr haben, Dich zu seiner Fra machen. Mir thut'S leid genug. Ich rede kein Wort mehr da-,? doch da der Vetter natürlich bei un- bleibt, so bitte ich mir an» daß Du wenigsten- ohne Ziererei mit ihm verkehrst. Also hal,H Dich morgen früh bereit zur Fahrt, Tante Marie wird Dtv §,„1 bei den Einkäufen behilflich sein." / Es war eine prächtige Fahrt. Melchior war so heiter, wie lange nicht, und Linchen konnte sich auch dem Zauber, den die Landschaft in ihrer Morgenfrischr und der Vetter in seiner netten Uniform au-übten. nicht ganz entziehen. So waren die beiden jungen Menschen in bester Stimmung, bis unglücklicher Weise es Melchior einfiel, zu fragen: „Wann warst Du eigentlich zuletzt in M.?" „Zur Wallensteintrilogie", war die Antwort, und dann begann Linchen zu schwärmen vom Theater im allgemeinen, von Arno Stolzenfels im besonderen — e» war zum Rasendwerden! Sic hörte gar nicht wieder auf, und Melchior war froh, al- die Stadt erreicht war und man vor Tante Marie'» Wohnung hielt. Er half dem Coustnchen auSsteigrn, sagte, er müsse sich im „Eng lischen Hof" noch fertig machen, Nachmittags würde er sie dann bei der Tante aufsuchrn, und mit ihr wegen der Heimfahrt sprechen. Dann nahm er wieder Platz im Wagen und fuhr dem Hotel zu. Als er in das Gastzimmer eintrat, sprang ein Herr, der im Begriff war, zu frühstücken, lebhaft auf mit dem Ruf: „Tauer mann, altes Hau-, bist Du's wirklich, nein, die Freud« — kennst mich wohl gar nicht mehr, mein Junge?"
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