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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.12.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-12-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971203010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897120301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897120301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-12
- Tag1897-12-03
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Größere Schriften laut unserem Przi-' Verzeichnis Tabellarischer und Aiffirnsatz »ach höherem Tarif. vxtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne PostbesSrderung .Ni M—, mit Postbrförderung 70.—. Anvahmeschlvß für Anzeigen: Abrnd-AuSgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde frühe*. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richte». Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Die See-Interessen des deutschen Reiches. Wenn man Hu einem sicheren Urtbeil darüber gelangen will, was zur Verstärkung unserer Wehrkraft zur See getban werden muß, dann hat man die Forderungen der Marine verwaltung nicht nur für sich zu betrachten, sondern im Zu sammenhang mit den gesammten Seeintrressen des deutschen Reiches und den Bemühungen der anderen Seemächte um Berstärkung ihrer Wehrkraft. Tbatsachen allein können über zeugen, Tbatsachen allein die leere Phrase überwinden. Auch in dieser Beziehung hat eS die Marineverwaltung an nichts fehlen lassen. Sie bat auf Grund amtlicher Drucksachen und Statistiken, wissenschaftlicher Publikationen und einer Reihe von Handelskammerberichten eingehende zahlenmäßige Nach weise zusammengestellt und damit zum ersten Male zu einem einheitlichen Bilde Alles vereinigt, was unS lehrt, welchen Antheil die deutsche Bevölkerung mittelbar am Seeverkehr hat, welche Interessen die Fischerei und Schifffahrt wabr- zunehmen und welche Riesensummen deutschen Volksvermögens, welche Leistungen deutscher Intelligenz, welche Fülle deutscher Bolkskraft im Ueberseeverkehr und im Auslande fest gelegt sind. Wir vergleichen die Jahre 1873 und 1896 bezw. 1897. Denn auch die Marinevorlage stellt diese Zeilen gegenüber. In dieser Zeit hat sich die deutsche Bevölkerung vermehrt um 12,3 Millionen; sie belief sich 1897 auf 53,3 Millionen Köpfe. Tie Zunahme betrug 30 Procent. Die Auswanderung selbst in der stärksten Zeil der Zunahme von 1880—1890 hat nicht ein Viertel des Geburtenüberschusses abgefübrt, im letzten Jahrfünft nickt einmal ein Siebentel mehr. Zu con» statiren ist also zunächst ein konstantes Steigen der Volks- trafl; ferner steht zahlenmäßig fest, daß die einwanderungs feindliche Politik der Vereinigten Staaten schon jetzt die deutschen Auswanderer zum Tbeil in Länder lenkt, wo sie dem Deutschtbum erhalten bleiben und nicht mehr auf gesogen werden. Der Specialhandel deS deutschen Zollgebiets betrug 1873 6,7 Milliarden, 1896 schon 8,3 Milliarden. Der Werth des deutschen Außenhandels ist um 36 Procent böber als im Jahre 1874. Und von diesem deutschen Specialhandel kommt, wie zahlenmäßig nachweisbar ist, über drei Fünftel, wahrscheinlich nabe an zwei Drittel auf den Seebandel. Dazu kommen die nickt festzustellenden Mengen, mit denen direkt oder indirect der deutsche Generalhandel am Seehandel interessirt ist. Und mit dieser Zunahme des deutschen See verkehrs ist Hand in Haud gegangen eine steigende Aus schaltung des englischen Zwischenhandels und die gleich mäßige Zunahme direkter, unmittelbarer Verbindung mit überseeischen Ländern. Welche Stellung bat nun der Außenhandel für Pro duction und Konsumtion? An Rohstoffen, lebenden Thieren und Material der Metall-, Holz-, Scknitz- und Flecht industrie gingen ein 1881/3 durchschnittlich 2,07 Milliarden Mark, 1894/6 jährlich durchscknittlich für 3 Milliarden. Die Ausfuhr von Fabrikaten stieg in derselben Zeit von 2,2 Milliarden auf 2,4, also um 234 Millionen Mark. Die Einfuhr an Fabrikaten stieg in derselben Zeit um nur 70 Millionen Mark. Und in diesen Summen stecken die gestiegenen Löbne, welche bewirkten, daß beispielsweise der Zuckerverbrauch der Bevölkerung von 7,7 kg auf 12 k^ pro Kopf in den letzten zehn Jahren stieg, der Bierconsum von 84 auf 115 Liter, der Bedarf an Baumwollsabrikaten von c:wa 3,3 kg auf nahezu 5 kg. Der Kohlenconsum ist von 1445 kg auf 2088 kg gestiegen. Ebenso bedeutsam ist die Zunahme des Gebrauchs an ausländischen Gewürzen, Heringen, Kaffee, Cacao, Südfrüchten, Thee, Reis. Es tritt darin zu Tage eine erhebliche Besserung in der Lebens haltung breiter Volksschichten und eine beträchtliche Steigerung de- deutschen Wohlstandes. Weiter er- giebt sich, daß an der Ausfuhr mit rund einem Sechstel die Landwirthschaft und landwirtbschastlichen Gewerbe und demgemäß auch am Srehanvel unmittelbar betbeiligt sind. Landwirthschaft, Industrie und Handel sind also in außerordentlichem Umfang auf den Seeverkehr angewiesen. Ferner kommt in Betracht, in welchem Maße sich gegen 1873 die deutsche Seeschifffahrt gehoben bat. In dieser Zeit hat sich die Zahl der Dampfschiffe, die in deutschen Häfen aus- und eingingen, um 48 900 vermehrt; sie ist nahezu viermal so groß geworden. Der Tonnenzehalt ist auf 25 Millionen in demselben Verhältniß gestiegen. Einen Rückgang hat die Segelschifffahrt erfahren; sie geht rapid zurück, denn eS bandelt sich jetzt um einen schnellen Welt verkehr, der unabhängig ist von Wind und Wetter. Die Zabl der Schiffe in der Küstenschifffahrt ist um 84 Proc. an Zahl, um 223 Proc. an Tonnengebalt gewachsen. Der Antbeil der deutschen Handelsflotte daran und ihren Zuwachs geben folgende Zahlen wieder: 1871 hatte sie 150 Dampflchiffe mit 82 000 und 4350 Segelschiffe mit 900 000 t; im Jahre 1897 1125 Dampfer mit 900 000 t und 2550 Segelschiffe mit 600 000 t. Die thatsäckliche Leistungsfähigkeit der deutschen Handelsflotte stellte sich am 1. Januar 1897 — eine Dampfsckiffstonne gleich drei Segelschiffstonnen gesetzt — auf 3,4 Millionen Tonnen. Der Buchwertb der deutschen Handelsflotte wird 400 Millionen Mark reprasentiren, eine Neubeschaffung würde 500 Millionen Mark kosten. Das wäre der unmittelbarste Verlust an Nationalvermögen, wenn eS einer feindlichen Ucbermacht gelänge, die Handelsflotte zu zerstören. Dazu kommen die Kosten für Werften, Docks, Hafenanlagen. Weiler kommt noch hinzu die Hochseefischerei, die an Fahrzeugen für 12 Millionen Mark auf der See schwimmen läßt und deren Jahresertrag von der englischen Statistik auf 20 Millionen Mark pro Jahr geschätzt wird. Es treten ferner hinzu der Verkehr nach den Colonien, die Vertretungen, Niederlassungen und Factoreien in Amerika, Ostasien, Australien, an der Küste von Westafrika, in Westindien und Java; die deutschen Plantagen in Mittelamerika, Guatemala, Mexiko, Euba, Porto Rico und Trinidad; das in ausländischen Unter nehmungen, Eisenbahnen, Fabriken und Wertben angelegte Capital, sowie endlich die im binnenläodischen Besitz befind lichen auswärtigen Papiere. Zählt man diesen Tbeil >; Nationalvermögens zusammen, nur soweit er sich feslstellen läßt, so ergiebt sich eine riesengroße Summe von vielen Milliarden, die im Dienste der einheimischen Production zu erhalten nur möglich ist durch Erhaltung des Landheeres und durch Stärkung der Wehrkraft zur See. In Betrackt kommen dabei die Flotten Englands, Frank reichs, Rußlands, Italiens, der Vereinigten Staaten und Japans. ES kann sich nicht darum bandeln, mechanisch die Ziffern gegenüberzustellen. Zu vergleichen ist, wie Deutsch land jenen Mächten noch 1883 gegenüberstand und wie eS jetzt ihnen gegenübersteht, wie sich also das Stärkeverbältniß verschoben bat. Und da ergiebt sich, daß alle diese Staaten imVerhältniß das deutsche Reick weit überflügelt haben, mit Ausnahme der Vereinigten Staaten, die zwar in den Linienschiffen Deutschland weit überflügelt haben, an Kreuzern hingegen etwas zurückgeblieben sind. So steht es um Das, waS Deutschland zu verlieren bat und verlieren muß, wenn eS nicht auch zur See stark genug wird. DaS sind That- sachen, die keine Dialektik wegdeuteln kann. Deutsches Reich. -Q- Dresden, 2. December. Die o ativn al liberale Fraktion der zweiten Kammer hat aus Anlaß des HinscheidenS Heinrich v. Marquardsen'S an ressen Wittwe nach Erlangen folgende Beileidsdepesche gesandt: Frau Professor v. Marquordseu, Erlangen. Die nationalliberale Fraction der zweiten sächsischen Kammer spricht Ihnen, schmerzlich bewegt durch das Hinscheiven de« langjährigen treuen Führer« und BeratherS der Besammtpartei Heinrich v. Marquardsen, ihr auf richtigste« Beileid an dem unersetzlichen Verlust aus, der Sie, hoch geehrte Frau, getroffen bat. I. A.: Niethammer. 6. H. Berit», 2. December. Schon lange ist es die Ab sicht der Marineverwaltung gewesen, höhere Schiffsbau beamte an Bord der im Dienst befindlichen Geschwader als schiffsvautechnische Berather des Geschwader chefs zu unterhalten. Bis jetzt mußte leider aus Mangel an den nölbigen Beamten hierauf verzichtet werden, jetzt aber wird diese Absicht wohl durchgeführl werden, denn bei der schnellen Entwickelung des Kriegsschiffsbaues, sowie wegen der bei jedem Geschwader nicht nur im Kriege, sondern auch im Frieden dauernd zu lösenden rein technischen Aufgaben sind diese Beamten unentbehrlich, von besonderem Werthe aber bei vorkommenden Havarien und bei Ausführung von Schiffsreparaturen im AuSlande. Auch höhere Jntendanturbeamte sollen an Bord ins besondere der im Ausland befindlichen Schiffe, commandirt werden, um diesem Personal die zur sachgemäßen Fort entwickelung des Marine-Verwaltungsdienstes unerläßliche Vertrautheit mit den ökonomischen Bedürfnissen des Dienstes an Bord und mit den Verhältnissen des Auslandes dauernd zu erbalten. * Berlin, 2. December. Zu der Meldung, daß in dem Wahlkreise Dramburg-Schivetdein die Antisemiten den RedacteurS ed latz e ck aufstellen wollen, bemerkt die „Deutsche Tageszeitung": „Dieje antisemitische Sondercandidatur wäre wohl unterblieben, wenn der Kreis »inen entschiedenen Confrrvativen auf den Schild gehoben hätte." Die „Kreuzztg." entgegnet hierauf in gereiztem Ton: „Worauf die „Deutsche Tageszeitung" diese Annahme gründet, ist uns vollständig rätbselhaft, wo dock jeder Tag von Neuem die Thatsache bestätigt, daß die Antisemiten es auf die Vernichtung der conservativrn Partei abgesehen haben und sie auch die Eonservaliven, die den Beifall der „Deutschen Tageszeitung" finden, nicht zu schonen gewillt sind. Zudem ist aber unseres Wissens in dem Wahlkreise Dramburg Schivelbeiu überhaupt noch kein konservativer Candidat aufgestellt worden. Wozu also die Beschönigung der Candidatur des Herrn Sedlatzeck, für den die „Deutsche Tageszlg." doch unmöglich Sympathien haben kann, und die Bemerkung über die Eonservaliven? Wer auch immer, sei es in Dramburg-Schivelbein oder in anderen Wahlkreisen, als Candidat der Eonservaliven auf gestellt wird, steht auf dem Boden des Tivoli-Programms und das sollte auch der „Deutsch. Tagesztg." genügen. „Ent schiedene" und unentschiedene Conservative giebt es in diesem Sinne nicht und die „Deutsche Tageszeitung" thäte im Interesse deS Bundes der Landwirthe wahrlich besser, der artige Schnüffeleien zu unterlassen." Berlin, 2. December. (Telegramm.) Der Kaiser körte heule Morgen die Vorträge deS Kriegsministers und des Cbess des MilitaircabinetS. Zur Früdstücketasel bei dem Kaiserpaar war Prinz Albrecht, Regent von Braun schweig, geladen. (-) Berlin, 2. December. (Telegramm.) Der Eotanial- rath setzte die Beralhung der Ausschußvorlage über die Strafrechtspflege der Eingeborene» fort. Hierbei kam insbesondere zur Sprache, welche Verbrechen als lodeSwürdig zu betrachten ieien. Von einer Seite wurde dabei unter Hin weis auf ähnliche, in anderen Colonien bestehende Bestim mungen geltend gemacht, bei jeder Handlung, die gegen die deutsche Herrschaft gerichtet sei, sowie bei jedem Angriffe eines Eingeborenen gegen einen Weißen in der Absicht, ihn zu schädigen, müsse der Richter wenigstens die Möglichkeit haben, auf Todesstrafe zu erkennen. Nach längerer Debatte wrrrdc beschlossen, daß neben den sckweren Verbrechen, wie Mord und Todtschlag, einigen gemeingefährlichen Delikten, dem Landesverrath und dem Aufstande gegen die deutsche Herr- K1K. Freitag den 3. December 1897. St. Jahrgang. sckast, auch wegen Unterstützung oder Vorbereitung eines solchen Angriffs, und wegen Aufruhr auf Todesstrafe erkannt werden könne. Auch war der Coloniajrath dafür, daß bei gewissen gegen Weiße Frauen gerichteten Sittlickkeitsverbrecheu Todesstrafe einzutreten habe. Schließlich äußerte der Colonial rath seine Ansicht für den Höchstbetrag der Freiheitsstrafe dahin, Laß deren Dauer 15 Jahre nicht übersteigen dürfe. — Nach den vom kaiserl. Statistischen Amt veröffentlichten vorläufigen Ergebnissen der vorjährigen Criminalstatistik für das deutsche Reich sind wegen Verbrechen und Vergehen gegen Reichsgesetze 456 939 Personen verurtheilt gegen 454211 im Jahre 1895 und 446110 im Jahre 1894. Die Zunahme gegen das Vorjahr war also gering; sie betrug 2728 Personen oder 0,6 v. H. und war damit nur ungefähr halb so groß, wie die allgemeine Bevölkerungszunahme. Die Zahl der wegen Ber brechen und Vergehen gegen die Person Verurtheilten ist gegen das Vorjahr um 6688 gestiegen, wogegen die wegen Verbrechen und Vergehen gegen das Vermögen Verurtheilten einen Rückgang um 6111 zeigen. Erfreulich ist, daß die Zahl der verurtheilten Jugendlichen etwas (von 44 384 auf 44 212) zurückgegangen ist. — Im Reickseisenbahnamte finden, der „Allg. Z." zufolge, Conferenzen statt, welche die zur Erzielung größerer Sicherheit im Eisenbahnverkehr erforderlichen Maßnahmen zum Gegenstand haben. — Der Gefammtoorstand des Verbandes deutscher Kriegs Veteranen hat neben seinen an den Reichstag und den Reichskanzler gerichteten Petitionen jetzt auch ein Jmme- diatgesuchandenKaiser abgesandt und darin in kurzen Zügen alle die Klagen und Bitten vorgebracht, welche in der an den Reichstag gerichteten Petition ausführlich behandelt werden. — Nack dem vorgestrigen Mommsen-Commers wurde folgende Depescke abgesandt: ,.An die Studentenschaft der Universität Wien, zu Händen des Herrn Rectors. Vom Commerse zur Feier von Momm'en'S achtzigstem Geburtstage entbieten viele hundert Studenten der Universität Berlin Len Commilitönen in Wien, Len mannhaften Bertheidigern deutschen Votkslhnms, deutscher Cullur und Freiheit brüderlichen Gruß und wärmsten Glückwunsch." — Der Verein der Tabakinteressenten für Berlin und Umgegend beschäftigte sich gestern Abend in einer Versammlung mit dem von einer hiesigen Firma unter der Devise ,,kro katria'' angestrebteu militairischen Cigarrenverkaufs-Monopol. Nach lebhafter Debatte gelangten Resolutionen zur Anuahme, in welchen das Vor gehen der Firma „?ro katria", Cigarren-Magazin für Heer und Marine unter Aussicht des königlich preußischen Generals a. D. v. Baczko, die den gejammten Cigarreueinkauf der Casinos und Cantinen an sich zu ziehen sucht, auf das Schärfste verurtheilt wird. — Premierlieutenant vr. Hartmann ist nach Südwestafrika »lrückgekehrt und hat mit dem stellvertretenden LaudeShauptmann Regierungsrath von Lindequist Unterhandlungen wegen Abgrenzung des Gebietes der South West Afrika Co. eingeleitet. * Curtzavrn, 1. December. Der „Hamb. Corr." erhält von hier folgende unklare Meldung: „Laut Befehl des Ober- commantoS der Marine reisen nächsten Freitag von der diesigen Abtbeilung der Matrosen-Artillerie eiu Ober feuerwerker, fünf Unterosficiere und 40 Mann nach Haiti ab; sie werden mit den anderen Cowmandirungcn eine l60 Mann starke Abteilung bilden. Nähere Bestimmungen fehlen noch." * Harum, 1. December. Die Diamantschleifer be schlossen in ihrer heutigen Versammlung, den Streik be dingungslos zu beenden. (Frkf. Z.) * Nentz, 1. December. Bei der gestrigen Stadtver- ordnetenstickwahl in der ersten Elaste unterlag das Ceutrum mit zwei Stimmen, weil, wie wir der „Voss. Ztg." entnehmen, der Landrath v. Schort em er, der Sohn des bekannten verstorbenen EentrumSabgeordnelen, der diesmal Feuilleton. Georg Herwegh's Flottengedicht. Wie im Gegensätze zu dem kurzsichtigen Wahlpolitiker Eugen Richter das ältere Geschlecht der Liberalen, Demokraten und Re publikaner über die befreiende Macht des Meeres und der Flotte dachte, dafür legt Georg Herwegh, wie die „Köln. Ztg." in Er innerung bringt, beredtes Zeugniß ab. In einem schwungvollen, nach der Seite der Weltmachtpolitik etwas phantastisch ausschwei fenden Gedicht „Die deutsche Flotte" gab er dem dunkeln Sehnen seines Volkes poetischen Ausdruck. Dieser dichterische Sehnsuchts schrei nach einer meerbeherrschenden Flotte, die bei aller poetischen Licenz mehr politischen Menschenverstand und Blick für weltwirth- schaftliche Nothwendigkeiten athmet als ihn das gesammte Zwerg geschlecht unserer heutigen innerlich verarmten radikalen Volks schmeichler aufzutreiben vermag, wird auch heute noch den Weg zu begeisterungsfähigen deutschen Herzen finden. Das Flottenge dicht des Freiheitssängers Georg Herwegh lautet: Erwach', mein Volk, mit neuen Sinnen! Blick' in des Schicksal» goldne» Buch, Lies au» den Sternen dir den Spruch: Du sollst die Welt gewinnen! Erwach', mein Volk, heiß' Deine Töchter spinnen! Wir brauchen wieder einmal deutsches Linnen Zu deutschem Segeltuch. Hinweg die feige Knechtsgeberde: Zerbrich der Heimath Schneckenhaus, Zieh muthig in die Welt hinaus. Da sie dein eigen werdtl Du bist der Hirt der großen Dölkerheerde, Du bist das große Hoffnungsvoll der Erde, Drum wirf den Anker aus! War Hellas einst von befl'rem Stamme Als du? von befl'rem Stamme Rom? Daß Hermann, dein gcpries'ner Ohm, Mein Volk, dich nicht verdamme: Hinaus ins Meer mit Kreuz und Oriflamme! Sei mündig und entlaufe deiner Amme, Wie seinem Quell dein Strom! Wohl ist sie dein, die schönste Flotte, Die je ein sterblich Äug' entzückt: Der Münster Schiffe, wie geschmückt Hast du sie deinem Gotte! Du lächelst ob der Feinde schwachem Spotte, Wenn sie auf schwankem Brett, die freche Rotte, Die Frucht der Erde pflückt. Auch diese Frucht sollst du ersiegen, Wenn erst das Salz dein Ruder netzt. Und all' die Sterne, dir sich jetzt Stolz über'm Haupt dir wiegen. Gleich schmucken Sclaven dir zu Füßen liegen; So zwischen zweien Himmeln hrnzufliegen — Dies Ziel ist dir gesetzt! O blick' hinaus ins Schrankenlose! Bestürmt drin Herz nicht hohe Lust, Wenn, wie an einer Mädchenbrust Die aufgeblähte Rose, Die Sonne zittert in des Meeres Schooße? Und rauschen nicht der Tiefe tausend Moose Dir zu: du mußt! du mutzt!? Gleicht nicht das heil'ge Meer dem weiten Friedhof der Welt, darüber hin Die Wogen Decken von Rubin Und grüne Hügel breiten? Um deiner Tobten Asche mußt du streiten! Ha! schlummern nicht aus deiner Hansa Zeiten Auch deutsche Helden drin? Wiegt sich nicht auf krystallnem Stuhle Im Meer der Nereiden Schaar, Die sich ihr Schicksal Jahr um Jahr Abspinnt von goldner Spule? Lockt sie dich nicht, der Becher nicht von Thule, Das wilde Meer, der Freiheit hohe Schule, Lockt dich nicht die Gefahr? — Das Meer wird uns vom Herzen spülen Den letzten Rost der Tyrannei, Sein Hauch die Ketten wehn entzwei Und unsre Wunden kühlen. O laßt den Sturm in euren Locken wühlen. Um frei wie Sturm und Wetter euch zu fühlen; Das Meer, das Meer macht frei! Kühn, wie der Adler kommt geflogen. Nimmt der Gedanke dort den Lauf, Kühn blickt der Mann zum Mann hinauf. Den Rücken ungebogen. Noch schwebt der Geist des Schöpfers auf den Wogen, Und in den Furchen, die Columb gezogen, Geht Deutschlands Zukunft auf. Wie dich die Lande anerkennen, Soll auch das Meer dein Leben sein, Das alle Zungen benedein Und einen Purpur nennen. Er soll nicht mehr um Krämerschultern brennen - Wer will den Purpur von dem Kaiser trennen? Ergreif' ihn, er ist dein. Ergreif' ibn, und mit ihm das Steuer Der Weltgeschichte, fast' e» keck! Ihr Schiff ist morsch, ihr Schiff ist leck. Sei du der Welt Erneuer! Du bist des Herrn Erwählter und Getreuer; O sprich, wann lodern wieder deutsche Feuer Von jenes Scaffes Deck? Hör', Deutschland, höre deine Barden: Dir blüht manch lustig Waldrevier — Erbaue selbst die Segler dir. Der Freiheit beste Garden, Mit eignen Flaggen, eigenen Eocarden; Bleib nicht der Sclave jene» Leoparden Und seiner schnöden Gier! Wen bittrer Armuth Noth erfaßte, Und wer verbannt die See durchwallt, Daß heiße Sehnsucht nicht zu bald Die Seele ihm belaste: Dem sei's beim Schwanken einst der deutschen Maste, Als ob er träumend noch zu Hause raste Im kühlen Eichenwald. Es wird geschehn! sobald die Stunde Ersehnter Einheit für uns schlägt, E i n Fürst den deutschen Purpur trägt, Und Einem Herrschermunde E i n Volk vom Po gehorchet bi» -um Sunde; Wenn keine Krämervaage mehr, wie Pfunde, Europa» Schicksal wägt. Schon schaut mein Geist das nie Geschaute, Mein Herz wird segelgleich geschwellt, Schon ist die Flotte ausgestellt. Die unser Volk erbaute; Schon lehn' ich selbst, ei» deutscher Lrgonaute, An einem Mast uud kämpfe mit der Laute Um» goldne Vließ der Wett.
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