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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.12.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-12-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971215025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897121502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897121502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-12
- Tag1897-12-15
- Monat1897-12
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Die Morgen-AuSgabe erscheint nm '/,? Uhr, die Abeod-Au-gabe Wochentag- um 5 Uhr. Ne-aclion und Lrpeditio«: JohanneSgasse 8. Dir Expedition ist Wochentag- unnnterbroche» geöffnet von früh 8 bi- Abend« 7 Uhr. Filiale«: ktt» Klemm'- Eortim. (Alfred Hatz»), Uaiversität-strabe 3 (Paulinum), LoutS Lösche, ikatharinnrstr. 14, part. und König-plLtz 7. BezugS'PreiA der Hauptrxpedition oder de» t« Etadt» be»irk und den Bororten errichteten Au4- oabestellen ab geholt: vierteljährlich ^4 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in- Hau- 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich S.—. Direcre tägliche Kreuzbaadsendung iw- Au-laud: monatlich 7.50. Abend-Ausgabe. WpMr. Tageblatt Anzeiger. ÄElsölatt -es Höntglichen Land- und ÄmLsgerichles Leipzig, -es Raihes und NEzei-Ämkes -er Lta-t Leipzig. K3S. Mittwoch den 15. December 1897. Anzetgen'Prei- die 6 gespaltene Petitzeile «S Psß» Neclamea unter dem Redacttou-strich k-g» spalten) 50 vor den Famillennachrtcht« (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis» vrrzeichaiß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Extra-vetlage« (gefalzt), nur mit de» Morgen»Au-gabe, ohne Postbeförderun^ ^l SO.—, mit Postbeförderung 70.—. Rnnahmeschluß für Anzeige«: Abeud»Au-gab«: vormittag- 10 Uhr. Atorge n-Au-gabe: Nachmittag- 4 Uhr. bei de» Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stund« früher. An-et,e» find stet« an die Er-rtztti-» zu richten. Ornck »ad Verlag von L. Pol» in Leipzig Sl. Jahrgang- /Innern der siebenbürgisch-sächsischen Sache für die Zukunft die „sympathische Mitwirkung einflußreicher Persönlichkeiten gesichert." Wenn Herr Meltzl sich nur nicht täuscht. preußischen Ministerium einflußreichsten Manne, dem Finanz minister vr. v. Miquel, muß man auS seiner politischen Vergangenheit daS Gleiche schließen, und endlich ist es schlechterdings nicht zu bestreiten, daß diese einfache Aufhebung nicht der Socialdemokratie, sondern aus schließlich den sie bekämpfenden Parteien zum Vor» theile gereichen würde. Es kann also das Vertrauen zu dem verantwortlichen Leiter der deutschen und der preußischen Politik nicht erhöhen, sondern nur den Agitatoren, die vor festem Vertrauen auf die Regierung in der Flotten frage warnen, die Arbeit erleichtern, wenn Fürst Hohenlohe nicht seinen ganzen Einfluß einsetzt, um die in Preußen der einfachen Aufhebung deö CoalitionsverboteS widerstrebenden Einflüsse zu überwinden und dadurch einen Entschluß des BundeSrathS herbeizuführen, der von günstigem Einflüsse auch für die Lösung der Floltenfrage sein kann. Man wird ja bei der Berathung des von der nationalliberalen Fraction des Reichstags aufs Neue eingebrachten „Nothvereins- gesetzeS" erfahren, ob Fürst Hohenlohe sich im Stande fühlt, jenen Widerstand zu überwinden und dadurch den nichtsocialdemokratischen Gegnern des Flottengesetzes ein sehr wirksames Agitationsmittel zu entreißen. Wiewohl die ungarische Unabhängigkeitspartei im Kampfe gegen die die Aufrechthaltung des jetzigen Standes des Ausgleiches bezweckende Vorlage vereinzelt bleibt, steht dennoch kaum außer Zweifel, daß es ihr gelingen wird, das Zustandekommen des Gesetzes bis Neujahr zu verhindern. Die Kossuthmänner sind bemüht, auch in der Haupt stadt eine Bewegung hervorzurufen; sie wollen, da hier für derlei patriotische Kundgebungen das geeignete Publicum fehlt, sich mit den Socialdemokraten zu diesem Zwecke ins Einvernehmen setzen. Im Falle des NichtznstandekommenS des Ausgleichs tritt für Banffy ebenfalls die Zwangs lage ein, den bisherigen Stand schon am 1. Januar durch Verordnung aufrecht zu erhalten, wozu er weder Politische Tagesschau. * Leipzig, l5. December. Die CentrumSfractiou des Reichstags kann ver gnügt die Hände reiben, denn ihre Absicht, den Beginn der Commissionsberatbungen über das Flott enge setz binauS- zuschieben, wird von den übrigen Parteien begünstigt. Gestern wurde bei der Fortsetzung der Etatsberathung so gut wie gar nicht vom Etat und fast ausschließlich von Dingen gesprochen, die sich bei den Specialdebatten über die ein einen Etatspositionen ebensogut besprechen ließen und auch höchst wahrscheinlich bei dieser Gelegenheit noch- ma S werden besprochen werden. Und da nun die Budgetcommission, an die auch das - Flottengesetz ver wiesen worden ist, an dessen Berathung erst gehen will, wenn sie mit der Berathung des Etats zu Ende ist, so bedeutet eine weite Ausspinnung der ersten Etatsberathung im Plenum nichts Anderes, als eine weitere Hinausschiebung der Com- missionsberathungen über das Flottengesetz. Das Eentrum hat, wie gesagt, alle Ursache, darüber vergnügt zu sein; aber die überwältigende Mehrzahl der deutschen Wähler, die mit Ungeduld der Entscheidung über die Flottenfrage entgegen sieht, wird mit tiefem Unmuthe auf die Zeitvergeudung blicken, die im Reichstage auch von solchen Abgeordneten gefördert wird, die auf dem Boden der Vorlage stehen und deshalb allen Anlaß hätten, bei der ersten Etatsberathung ihre Redelust zu Gunsten einer baldigen Eommissionsberathung der Flottenvorlage zu zügel». Gestern bat daS Centrum sich schweigend verhalten; dafür erheben sich in der Presse dieser Partei Stimmen, die sehr lehrreich für den Reichskanzler und preußischen Minister präsidenten sind. Diese Blätter warnen nämlich die Eentrumswähler und -Abgeordneten davor, der Regierung in der Flottenfrage zu großes Vertrauen entgegenzubringen, und berufen sich dabei auf die Erfahrungen, die man in der Vereinsgesetzfrage habe machen müssen. So erklärt die „Köln. Votksztg." gegenüber dem neuerlichen Rechtfertigungs versuchen des Fürsten Hohenlohe wegen seiner Haltung in der letzteren Frage: „Hätte der Reichstag voraussehen könne«, daß dem preußischen Landtage eine Vorlage zugehen würde von dem Kaliber der Ver» cinsgesctz-Novelle, so wäre das Bürgerliche Gesetzbuch im Lommcr vorigen Jahres nicht zu Stande gekommen. Ter Vorgang beweist, was mau von amtlichen Erklärungen zu halten hat, und die Erinnerung daran kommt im jetzigen Augenblick, wo man vom Reichstage in der Flotten frage wiederum ein un begrenztes Vertrauen verlangt, gerade recht, um zur Vorsicht zu mahnen." In der Tbat hat die überwältigende Mehrheit des Reichs tags bei der Berathung deö Bürgerlichen Gesetzbuchs auS den damals bezüglich des CoalitionsverboteS abgegebenen Er klärungen des Reichskanzlers und des StaatSsecretairS Or. v. Boetticher geschlossen nnd schließen müssen, daß der Bundesrath in die Aufhebung dieses Verbotes willigen werde. Jetzt weiß man obendrein aus des Reichskanzlers eigenem Munde, daß er für Preußen, das nach der Behauptung des Herrn von der Recke durch sein Vereins gesetz schutzloser gegen umstürzlerische Bestrebungen ge lassen ist, als die meisten übrige» deutschen Staaten, die einfache Aufhebung deö CoalitionsverboteS wünscht und also auch für die besser geschützten Staaten wünschen muß. Von dem nächst dem Fürsten Hohenlohe im DaS neue italienische Ministerium ist nunmehr end- giltig wie folgt zusammengesetzt: di Rudini Präsidium und Inneres, Zanardelli Justiz, Visconti-Venosta Aeußeres, Br in Marine, Branca Finanzen» Luzzatti Schatz, di San Marzano Krieg, Gallo Unterricht, Pavoncelli öffentliche Arbeiten, Cocco Ortn Ackerbau und Sineo Post und Telegraphen. ES ist ein Glück für Rudini, daß die Vereinigung mit Zanardelli nun doch noch stattfindet, nachdem die Verhandlungen sich schon zerschlagen zu haben schienen. Denn wäre die Einigung nicht zu Stande gekommen, so hätte Rudini nicktS erreicht, als daß zu der Gegnerschaft der Linken noch das tiesbegründete Mißtrauen der Rechten hinzugekommen wäre. Dadurch, daß er mit Zanardelli überein gekommen ist, wird sich der italienische Premierminister wenigstens vor läufig im Amte erhalten können. Freilich beweist der Um stand, daß zwei für die innere Entwickelung des Lande- be- sonders wichtige Ministerien, das Justizministerium und daS Unterrichtsministerium radical besetzt worden sind (auch da» Ackerbauministerium ist in radicalen Händen), eine zu starke Nachgiebigkeit an den RadicaliSmuS. Die radikale Partei hat schon bei den letzten Wahlen einen starken Zuwachs erfahren, und wenn die wichtigsten Ministerposten auS de i Reihen dieser Parteien besetzt werden, so wird die Position der Partei noch mehr gekräftigt. Diese Stärkung deö RadicaliSmuS ist um so eigenartiger, als ein so durch aus conservativ gesinnter Mann, wie Rudini, dazu di: Hand bietet. Bei dem Gegensatz zwischen dieser Handlungs weise und den politischen Ansichten Rudini'S wird man den „Times" recht geben müssen, wenn sie da« bittere Urtheit fällen, daß Rudini nicht etwa um großer Principieu, sondern nur um deS Amte- selbst willen an seinem Am!.- festhält, so lange er nur kann. Zu besorgen ist nur, dag Rudini durch dieses Festhalten am Amte unter solchen Be dingungen sein Vaterland schädigt, denn die Zunahme des RadicaliSmuS in Italien bedeutet eine Gefahr, sowohl fü: die stetige Entwickelung deS Landes, wie sür den monarchischem Gedanken, der ohnehin in Italien noch nicht so feste Wurzel» gefaßt hat, wie in Ländern mit einer alt angestammte» Dynastie. UebrigenS ist weder die äußerste Rechte neck' die äußerste Linke befriedigt, jene ist nach der Ausschiffung Prinetti'S zur Opposition übergcgangen und diese kündig!, weil sie bei der Cabinetsbildung übergangen wurde (si: hoffte Cavallotti in- Ministerium zu bringen), bereit- eine» Enthüllungsseldzug gegen den Verräther Zanardelli an. Auä, Giolitti, der Leiter der piemontesischen liberalen Parteigruppe, der frühere Conseilpräsident und Widersacher Crispi'S, wird, weil er sich zurückgesetzt fühlt, mit Letzterem der Opposition angehören. Daß Sonnino, der frühere Schatzmeister, der im liberalen Lager als der kommende Mann gilt, der Regierung keinen ebenen Weg machen wird, kann nicht überraschen; er stand ihr bisher schon nicht freundlich gegenüber. Nach einer Petersburger Drahtmeldung der „Times" soll, wie wir miltheilten, der erwartete Personenwechsel in der Leitung deS russischen Kriegsministerium- bereits vollzogen, General WannowSky, der bisherige KriezSminister, unter Verleihung deS Grafentitels mit dem Sitze im Reichs rathe von seinem Posten enthoben und durch den bisherigen Truppenbefehlshaber deS Militärbezirks von Wilna, General Trotzkij, ersetzt sein. Peter Semenowitsch WannowSky, der am 6. d. M. seinen fünfundsiebzigsten Geburtstag gefeiert hat, bekleidete den Posten des russischen KriegS- ministerS seit dem 22. Mai 188l. Während dieser sechzehn Jahre hat er in der Verbesserung der Schlag fertigkeit der russischen Armee Hervorragendes geleistet. Ais Theilnehmer an dem ungarischen Feldzüge, an dem Krim kriege und au dem letzten russisch-türkischen Kriege kannte Wannowsty genau die Mängel in der Organisation der russischen Armee, und seine langjährige Ministerthätigkeit war der Behebung dieser Mängel gewidmet. Er formirte neue Cavallerie-Regimenler, schuf neue Iägerbataillone, er höhte die Zahl der Officiere in der Armee, führte die all gemeine Wehrpflicht im Kaukasus und im SemiretschenSk- Gebiete ein und erhöhte die MobilisirungS-Fähigkeit der Armee. Von niedriger Herkunft, liebte cs WannowSky nicht, die so genannten Petersburger politischen Salons zu besuchen; er erstrebte auch keinen Einfluß auf die Politik. Durch Letzteres soll er fick besonders die Gunst des Zaren Alexander HI. erworben haben. Der Nachfolger WannowSky'S, Vitalij Nikolajewitsch Trotzkij, ist im Jahre 1838 geboren, steht somit im sechzigsten Lebensjahre. Als Zögling der Karl S ch m i d t zunächst nach, daß sich die Vorlage im Wider spruch mit den bisherigen ungarischen Gesetzen und nament lich dem, wie man weiß, bloß auf dem Papier be stehenden Nationalitätengesetze befinde. UeberdieS verletze sie aber die Gefühle der in Ungarn lebenden- nicht ungarischen Nationalitäten. Die Sachsen hätten sich vor sieben und einem halben Jahrhundert in Ungarn niedergelassen, sie hätten ihre neue Heimath zu der heutigen Blüthe gebracht, sie hätten ihren Ortschaften die Namen ge geben und an jeden dieser Namen knüpfe sich eine Reihe von Sagen und Legenden, die man jetzt mit einem Schlage vernichten wolle. Wenn man aber die Liebe des Volkes zur Geschichte seiner Vergangenheit schwäche, so schwäche man das Volk selbst. In Frankreich habe man es zwei Jahrhunderte lang nicht für nöthig befunden» den elsässischen und lothringischen Gemeinden, wie Straßburg, Metz, Saarbrücken u. s. w. französische Namen zu geben. Auch in Russisch-Polen habe das despotische Rußland die Gemeindenamen nicht umgetauft. Die siebenbürgischen Abgeordneten nahmen in der Voraussicht, daß sie auf alle Fälle überstimmt werden würden, eine vermittelnde Stellung ein. Sie erklärten, sie würden mit Rücksicht darauf, daß die doppelte Benennung von etwa 2500 Gemeinden für die Verwaltung, namentlich für die Matrikelführung, den Post-, Telegraphen- und HandelSverkehr, sowie für die Anfertigung der Generalstabskarten und die Mobilmachung Unzuträglichkeiten ergeben könne, für die Vorlage unter der Bedingung stimmen, daß wenigstens auf dem Gebiet der inneren kommunalen Verwaltung, ferner in den Lehrbüchern der mit dem Oeffent- lichkeitsrecht auSgestatteten Schulen, sowie in den Veröffent lichungen dieser Anstalten auch andere als die amtlich fest gesetzten Ortsbezeichnungen gebraucht werden dürften. Der Minister des Innern Perczel erklärte sich damit einverstanden, das Plenum lehnte aber einen dahingehenden Antrag ab, woraus die Sachsen gegen das Gesetz stimmten. Zur Obstruction gingen sie nicht über. Nach einer Erklärung durch dieses, noch durch ein anderes Gesetz ermächtigt erscheint. ÖSkar Meltzl'S im „Siebenbürgischen Tageblatt" haben Die ungarische Verfassung besitzt keinen ß 14 über Noth- ! ste durch ihre gemäßigte Taktik und die bethätigte Verordnung,«^ Die Verfügung muß also einer nachträglichen ".Anerkennung für daS Entgegenkommen des Ministers deS Gutheißung durch das Parlament unterzogen werden und dabei --r- wird eS erst recht heiße Kämpfe setzen, die vielleicht um so be denklicher werden können, als daS herrschende Mazyarenthum sich ja den gegenwärtigen Moment recht paffend zu einer neuen Bedrückung der nichtmagyarischen Nationali täten durch das (schon erwähnte) Ortsnamengesetz aus gesucht hat. Einige der Siebenbürger Mitglieder des liberalen Clubs sind auS demselben schon ausgetreten, und die Erbitterung wächst von Tag zu Tag. Der am Freitag angenommene Gesetzentwurf, welcher sich dahin zusammen fassen läßt, daß hinfort jede Gemeinde nur einen, amtlich vom Minister deS Innern festgestellten (natürlich magya rischen) Namen führen darf und daß dieser Name aus schließlich in Anwendung kommen darf in allen staatlichen, municipalen, gemeindeamtlichen, „sowie anderen amtlichen" Schriften, auf den Siegeln und Signaltafeln, in den Schulen, in den Lehrbüchern, in de» notariellen Schriften rc., trifft sowohl die Slawen und die Rumänen wie die Deutschen. Was ihnen die Mehrheit zugestand, war lediglich die gleich zeitige Annahme deS Antrags PulSky, daß in den Schul büchern neben der amtlichen Benennung als Erklärung der ortsübliche Name des Ortes in Klammern beigesetzt werden dürfe. An der Schluß-Berathung betheiligten sich von den sächsischen Abgeordneten bloß zwei. Von ihnen wies FeitiHeton. Das Wahrzeichen der Herrendorss. 9j Roman von L. Mignla. Nachtruck verboten. Herr v. Herrendorf blickte ihm mit sichtbarem Bedauern nach. „Das ist wirklich ein liebenswürdiger, sehr angenehmer Mann, ich habe mich ganz vortrefflich mit ihm unterhalten," sagte er lebhaft, „aber weih der Kuckuck, er kommt mir so bekannt vor; ich muß das Gesicht schon einmal gesehen haben." Ingas Wangen färbten sich glühend roth, aber noch ehe sie antworten konnte, sagte Fritz ganz ruhig, indem er ihr einen warnenden Blick zuwarf: „Das ist wohl möglich, lieber Onkel, Du hast vielleicht einmal ein Bild von ihm in irgend einer Zeitschrift gesehen; man findet ja Portraits berühmter Künstler überall." „Nein, nein, er erinnert mich an ein lebendes Gesicht! Ich glaube fast — Inga, sieh' mich einmal an — ja, wahrhaftig, er gleicht Dir." Wieder kam Fritz einer Antwort Jnga's zuvor, die in heftigster Aufregung die Hände ineinander prehte. „Du hast recht, Onkel, ich glaube, es ist der Zug cigenthüm- lichen Stolzes, der Beiden eigen ist, auch die Farbe von Haar und Augen sind ziemlich gleich; darauf beschränkt sich wohl aber die Aehnlichkeit. Ich freue mich wirklich aufrichtig, daß er Dir ge fallen hat; ich muh gestehen, es hat mir oft leid gethan, dah sich gar keine Gelegenheit fand, ihn Dir vorzustellen, denn ich wußte im Voraus, Du würdest Freude an seiner Unterhaltung finden." „Du bist sehr mit ihm befreundet?" „Sehr, wir kommen fast täglich zusammen." „Ich würde mich freuen, ihn öfter sehen zu können, vielleicht begleitet er Dich einmal zu mir, obgleich ich ihm ein solches Opfer eigentlich nicht wohl zumuthen darf." Inga glaubte, man mühte ihr Herz schlagen hören, so unge stüm klopfte es, und auch Fritz' Augen leuchteten freudig auf, als er erwiderte: „Ich bin überzeugt, er wird es sehr gern thun, denn er liebt ein gemüthliches Zusammensein im Familienkreise weit mehr als glänzende Geselligkeit. Wie gefällt Dir seine Pflegetochter?" „Ein allerliebstes Kind! Wie ist er eigentlich zu der Rolle eines Pflegevaters gekommen bei seinem jugendlichen Alter; er kann doch höchstens Ende der Zwanzig sein." Fritz berichtete in kurzen Worten, was ihm Hans über jene Angelegenheit erzählt hatte. Der alte Herr sprach sich sehr günstig über den Edelmuth des Sängers auS und fügte hinzu; „Er wird übrigens wohl die längste Zeit Pflegevater gewesen sein, denn es sollte mich wundern, wenn ein so liebliches Geschöpf- chen nicht bald ernste Bewerber finden sollte." „O, was das anbelangt, so ist wohl schon ein sehr ernster da," warf hier Inga ein, „ich glaube, Fritz, Dein Freund Lehmann intereffirt sich außerordentlich lebhaft für Angela Norden; sieh einmal, wie eifrig er um sie bemüht ist." Fritz folgte dem Blicke Jnga's und bemerkte im Nebenzimmer Hugo Lehmann, der während der Unterhaltung zwischen Herren dorf und Hans Angela begrüht und entführt hatte, um ihr ein Heft mit Kupferstichen zu zeigen, über das sie kürzlich gesprochen und in das sie jetzt ganz vertieft hineinzublicken schienen. „Ja," meinte er lächelnd, „es sieht ganz so aus; er machte auch neulich einige sehr deutliche Anspielungen auf seine Wünsche, wie es aber mit ihr steht, das ist schwer zu ergründen; sie ist noch so vollkommen Kind." „Nun, wir wollen ihm den besten Erfolg wünschen," sagte Inga, „ein so tüchtiger Mensch wie Lehmann verdient gewiß, seine Hoffnungen erfüllt zu sehen." Das vertrauliche Gespräch wurde durch Bekannte unterbrochen, die herzutraten und den alten Herrn begrüßten. Die Unterhal tung wandte sich nun anderen Dingen zu. Inzwischen hatte Hans sich bemüht, so rasch wie möglich seinen Pflichten zu genügen, hier und da Bekannte begrüßt, aber jedes «ingehedc Gespräch vermieden, um wieder zu seinem Großvater zu rückkehren zu können. Allein diese Ansicht wurde von Asta ver eitelt, die ihm in den Weg trat und schmollend fragte: „Weichen Sie mir heut' absichtlich aus, Herr Roland, oder soll ich es als einen boshaften Zufall betrachten, daß Sie außer einer flüchtigen Begrüßung keine Notiz von meinem Dasein genommen haben?" „Verlangen Sie wirklich, daß ich diese Frage beantworte, gnä diges Fräulein?" erwiderte Hans und seine Stimme verrieth die Erregung, in der er sich heute befand, die aber von Asta falsch gedeutet wurde. „Nein, nein, ich verlange keine Antwort, denn möglicherweise würde ihre Ritterlichkeit Sie zu einer Unwahrheit verleiten und dies möchte ich nicht verschulden", scherzte sie und sah, mechanisch den Fächer auf- und zuschlagend, mit leuchtenden Augen verlan gend zu ihm auf. Roland war es gewöhnt, daß ihm die Frauen huldigten, manche gefeierte Schönheit hatte ihm ihr Herz geschenkt und er war völlig unberührt geblieben. Würde er seine Ruhe auch ihr gegenüber bewahren, die mit allen Mitteln ihrer ungewöhnlichen Schönheit ihm zu fesseln suchte? Ein eigenthümliches Lächeln zuckte um seine Lippen, als er, sich zu ihr beugend, mit gedämpfter Stimme entgegnete: „Sie erwarten jedenfalls, daß ich Ihnen jetzt irgend eine Schmeichelei sage, gnädiges Fräulein; aber ich bin ein Feind aller Phrasen, die hundertmal gesprochen werden, ohne daß irgend etwas dabei gedacht wird. Ich liebe es nicht, das nachzusprechen, was unzählige Andere Ihnen schon in jeglicher Variation gesagt haben, sondern ziehe es vor, Ihnen meine Ergebenheit auf andere Art zu beweisen." Er hielt einen Moment inne, und sein Blick schweifte über die bunte, wogende, schwatzende Menge hinweg, zu der Gestalt seines Großvaters, während Asta klopfenden Herzens in großer Span nung zu ihm aufsah. „Nun?" fragte sie endlich. „Ich hörte Sie neulich bei Excellenz Höning singen. Ihre Stimme ist voll und klangreich, es ließe sich viel daraus machen; aber obgleich Sie unverkennbar vorzügliche Lehrer gehabt haben, läßt die Ausbildung doch noch Manches zu wünschen übrig. Wol len Sie mir gestatten, Ihnen einige Stunden zu geben, so bin ich überzeugt, daß Sie die noch vorhandenen kleinen Mängel sehr bald überwinden werden." In Asta's Augen leuchtete es triumphirend auf.. Weshalb machte er ihr diesen Vorschlag, wenn es ihm nicht darum zu thun war, möglichst viel in ihrer Nähe zu sein? O welch' ein Triumph, diesen stolzen Mann zu ihren Füßen zu sehen! Hätte sie geahnt, daß Hans diesen Ausweg nur gesucht hatte, um nicht in ihre, son dern in die Nähe ihres Stiefvaters zu kommen, was leichter mög lich war, wenn er vertraulicher in ihrer Familie verkehrte, sie würde weniger freudig geantwortet haben: „Herr Roland, bedeNken Sie auch, welches große Opfer Sie mir bringen wollen? Ich bin keine angenehme Schülerin, und Sie würden sicherlich viel Geduld mit mir haben müssen." „Darauf kommt es mir nicht an; es fragt sich nur, ob Sie meine Anleitung annehmen wollen?" „O, ich würde stolz sein, Sie meinen Lehrer zu nennen, aber ich wüßte nicht, wie ich Ihnen danken sollte." „Das würde sich schon finden," meinte er mit demselben eigen- thümlichen Lächeln; „ich kann nicht glauben, daß Sir nicht wissen sollten, wie reich Sie belohnen können." „Ich denke, Sie verachten Schmeicheleien," neckte sie Lber- müthig. „Gewiß, das thue ich auch; soeben habe ich aber nur meine Ueberzeugung ausgesprochen." Sie lachte. „Das ist allerdings etwas Anderes und zum Dank für Ihre gute Meinung erlaube ich Ihnen, selbst den Lohn zu bestimmen." Er neigte dankend den stolzen Kopf und so entging ihr der spöttische Ausdruck, der momentan sein Gesicht überflog. Nach einer kurzen Pause fragte sie mit einer schüchternen Zaghaftigkeit, die sie entzückend kleidete: „Wollen Sie das Maß Ihrer Güte voll machen und mir eine große Bitte erfüllen? — Ich bitte, singen Sie ein Lied." „Wie können Sie fragen? Natürlich mit Vergnügen! Ich singe nicht gern in Gesellschaften und habe es bisher stets abgr- lehnt, allein Ihr Wunsch ist mir Befehl." Eine tiefe Verbeugung und er wandte sich dem Flügel zu, Asta folgte ihm langsam und ließ sich auf einem Sessel unweit des In strumentes nieder. Das einfache Vorspiel wurde nur von den zu nächst stehenden Personen gehört, als aber die ersten Töne dieser herrlichen Stimme erklangen, verstummte jedes Gespräch und Alles horchte lautlos. Man war erstaunt, den gefeierten Sänger im Salon zu hören, da er sich bisher jeder derartigen Aufforde rung entzogen. Auch Angela hatte betroffen aufgehorcht; sie kannte ihres Pflegevaters Eigenheit zu gut, um sich nicht über diese plötzliche Inkonsequenz zu wundern. „O, Onkel John singt, wie seltsam," hatte sie ausgerufen und dabei zu Lieutenant Lehmann aufgesehen, als müsse er ihr Be fremden theilen. „Weshalb seltsam?" fragte dieser unbefangen, „er ist eben ge beten worden und erfüllt nun diese Bitte." „Aber er hat es noch nie gethan! Er sagt immer: Wer mich hören will, mag ins Theater kommen; ich lasse mich nicht in Ge sellschaften laden, um die Leute zu amüsiren." „Stolz liebe ich den Spanier," scherzte Lehmann, „dieser Aus spruch sieht ihm ähnlich! Aber meinen Sie nicht, daß solche Grundsätze Schiffbruch leiden, wenn sie an Klippen stoßen wie die schwarzen Augen Fräulein Asta's v. Herrendorf?" Angela sah ihn so verständnihlos an, daß er ein Lächeln nicht unterdrücken konnte. „Sollten Sie wirklich nicht bemerkt haben, wovon ganz Zk. spricht, daß der kühle, stolze Sänger unserer gefeiertsten Schönheit zu Füßen liegt und diese — bisher gleich ihm „kühl bis ans Herz hinan" — durchaus nicht abgeneigt erscheint, die siebenzackige Krone vom Haupte zu nehmen und eine schlichte Frau Roland zu werden!" Angelas sammetdunkle Augen waren immer größer geworden, es schien, als ob Thränen in ihnen aufstiegen, aber plötzlich zuckte ein Lächeln um ihren lieblichen Mund und sie sagte, ungläubig ihr Köpfchen schüttelnd;
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