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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.12.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-12-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971216017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897121601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897121601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-12
- Tag1897-12-16
- Monat1897-12
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Morgen-Ausgabe Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Jahrgang. Donnerstag den 16. December 1891 68»r- Fenillrtsn Die Morgrn-AuSgabe erscheint um '/,? Uhr. d>r Abend-Ausgabe Wochentags um b Uhr. der Komödie und seine Neigung für die Dichtkunst eröffneten ihm aber auch den Sinn für die Schönheiten der griechischen und römischen Dichter, und selbst der Versuch, in griechischer und lateinischer Sprach« zu dichten, trug dazu bei, ihn zur erhabenen Lertüre der Classiler zu führen und Gewinn für seine Phantasie und seinen Geschmack daraus zu ziehen. Noch Vortheilhafter für seine Bildung wirkte die Bekannt schaft, die er einige Jahre zuvor, ehe er die Universität bezog, mit dem damaligen Amanuensi» des Vr. Viehweg, eines Arztes in Altenburg von großem Ansehen, machte. Jener, Namens Königsdörfer, war ein sehr gelehrter, in der alten und neuen Literatur wohl bewanderter junger Mann, der auch durch Schriften, namentlich durch eine Uebersetzung der akademisch-me- dicinischen Schriften von Edinburg, bekannt geworden ist. Durch ihn wurde Weihe manche bessere neue Schrift in die Hand gegeben, z. B. die Bodmer' schen und Haller' schen Gedichte. Er lernte durch ihn mehrere Uebersetzungen aus dem Englischen und Französischen kennen und ward aufmerksam gemacht und ange wiesen, wie man alte und neue Dichter mit Vortheil lesen müsse. Da auch zu dieser Zeit durch die „Belustigungen des Verstandes und Witzes", welche einige junge Gelehrte Herausgaben, di« deutsche Poesie und Kritik einen besseren Gang gewann, und Weiße diese Zeitschrift mit großer Aufmerksamkeit las, so kam er gut vorbereitet zu Ostern 1745 auf die Universität Leipzig, und es war die hohe Achtung für die großen Schriftsteller Roms und Griechenlands, die ihn zu diesem Entschlüsse gebracht hatte, sich hauptsächlich der Philologie zu widmen und dereinst ein Schulamt zu suchen. Weihe war in dürftigen Umständen, als er die Universität be zog; seine Mutter war völlig unvermögend, ihn dort zu erhalten. Hätte er nicht von ihrer Familie ein paar Stipendien zu genießen gehabt und wäre ihm nicht von einem Schulfreund« die Stube freigegeben worden, so würde er sich durch Unterrichten einen kümmerlichen Unterhalt baden erwerben und die Zeit dem Stu- diesrm Sinne zu d«n Aunahmeschluß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Nedaction und Expedition: Johannesgafse 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. diren abdarben müssen. Durch diese Unterstützung war er bei einer sparsamen Lebensart und bei der Kunst, sich Vieles zu ver sagen, im Stande, sich ungestört den Wissenschaften zu widmen. Von nicht geringem Vortheil für ihn war die Bekanntschaft mit einigen vortrefflichen jungen Leuten, die ein Jahr später als er die Universität bezogen hatten. Der erste derselben war Jo hann Heinrich Schlegel, nachmaliger dänischer Historio graph; durch diesen ward er mitL«ssing bekannt. Auch fand Weiße noch die meisten Verfasser der „Bremischen Beiträge" in Leipzig: Cramer, Gärtner, I. A. Schlegel, Giesel e, Gellert, Rabener, Kästner, anfangs auch Mylius u. A., die glücklicher Weise in Leipzig zu sammengetroffen waren und durch die genannten Beiträge mehr Kritik und Geschmack in deutschen Schriften, als bisher gewöhnlich war, zu verbreiten anfingen. Auch Klopstock und Gellert, wie auch Kleist, Gleim und Ramler hatten Beziehungen zum Bunde. Dir meiste Anhänglichkeit zeigte Weiße an Lessing. Mit diesem hatte er sich so innig vereinigt, daß sie keinen Tag ohne einander verlebten; und da Lessing schon mit vorzüglichen, zumal philologischen Kenntnissen ausgerüstet, von der Meißner Fürsten schule gekommen war, so gewann Weiße nicht wenig Nutzen an dessen Umgang. Es waren glückliche Stunden, die sie mit einan der verlebten, an die Weiße nie ohne frohe Empfindungen zurück gedacht hat. Das höchste Vergnügen für Beide war das damalige Theater in Leipzig unter der Neuberin. Sie aßen lieber trockenes Brod, als daß sie es einmal versäumt hätten. Da sie den Aufwand nur schwer bestreiten konnten, so sannen sie auf ein Mittel, sich Frei- billets zu verschaffen. Sie übersetzten also gemeinschaftlich ver schiedene französische Stücke, z. B. den Hannibal des Marivaux in gereimten Alexandrinern, den Spieler des Reignard u. A. und erreichten dadurch ihre Absicht. Nach und nach versuchten sie sich in eigenen Autarbeitungen. Lessing verfertigte den jungen Gelehrten, und sein Freund Weiß« die schon auf der Schule in Angriff genommenen Matrone von Ephesus und ein neues großes Stück: „Die Leichtgläubigen". Mit Lessing wetteiferte er auch bisweilen in kleinen anakreontische» und anderen lyrischen Gedichten, die er in der Folge unter dem Namen „Scherzhafte Lieder ", wie Lessing die seinigen unter dem Titel „Kleinigkeiten" herauSgab. Zu seinem großen Leidwesen ward Weiße zu Ende des Jahres 1749 von Lessing getrennt, do dieser Leipzig verlassen mußte, weil er das Geld für ein paar Schauspieler nicht schaffen konnte, für die er sich verbürgt hatte und die nach Wien gegangen waren. Lessing berichtete seinem Freunde Weiße von Wittenberg aus über die Gründe seiner Entfernung von Leipzig. Lessing's Entfernung störte keineswegs Weiße's Freundschaft mit ihm; ihre enge Ver bindung erneuerte sich in der Folge bei den wiederholten Besuchen Lessing's in Leipzig, und er gab seinem zurückbleibenden Freunde bei jeder seiner Veränderungen von Zeit zu Zeit schriftlich Nach richt. Weiße hatte sich durch seine Liebe zum Theater und durch die Versuche in der deutschen Dichtkunst keineswegs von dem Studium römischer und griechischer Dichter abhaltcn lassen. Sein Vorsatz war unverändert geblieben, sich dem Schulstandc zu wid men. Er übte sich daher auch unter den Professoren Ernesti und Christ im Schreiben und Sprechen des Lateinischen und trieb andere zu den Humanioribus gehörige Wissenschaften. Auch wohnte erGottsched's Redeübringen bei. Von diesem Manne war er übrigens kein großer Bewunderer; er brachte ihn auch bald gegen sich auf, da er an seinen schriftstellerischen Unternehmungen keinen Antheil nehmen wollte. Ein einziges Mal trat Weiße als Mitglied seiner Gesellschaft als Redner auf, nämlich bei dem Tode des Grafen von Manteuffel. Diese Rede ist auch gedruckt worden. Im Jahre 1749 hielt sich der berühmte Schauspieler Eckhof ein« Zeit lang bei der Koch'sch«n Truppe in Leipzig auf. Er AnzeigenPrelS d?e 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reclamru unter demRedactionksrrich t-ge spalten) 50/H, vor den Familiennachrichtra (6 gespalten) -O/H. Größere Schriften laut unserem Preis« verzeichntß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. >4«)8. 200 6. s«s sso 8. 405 6. 7 SO 8. 14S N. 470 8. »400 8. 855 8. >500 8. >1306' »8584 «8 ssss .25 S. .SS 8. ,25 8. .50 6. — 8. — 8. 50 8. 7» 8. so d>6. so 6. — 6. S0 6. Christian Felix Weiße (geb. 28. Januar 1726^ gest. 16. December 1804). Leine Leipziger Bekanntschaften. Zum Grdächtniß seine- Sterbetages. Nochtrulk verbale«. ChristianFelixWeiße empfand von frühester Jugend an großes Wohlgefallen an Gedichten und reimte selbst nach Herzenslust schon auf der Schule allerliebste Sachen. Eine vor zügliche Freude sand er an der Komödie, von welcher er die erste Vorstellung bekam, als er in seiner Kindheit seinen Großvater in Chemnitz mit Mutter und Geschwistern besuchte. Die Schule daselbst führte gerade eine biblische Komödie von dem Rector Christian Weiße auf, wobei er gegenwärtig zu sein Erlaubnis! erhielt, und die- brachte ihm eine solche Lust bei nach Allem, was Ihrater hieß, daß von nun an selbst eine Marktschreierbühnr mit dem Doctor und Hanswurst für ihn großes Interesse hatte, und er begierig Alles aufsucht« und las, war nur Komödie hieß. Noch in späteren Jahren erinnerte er sich mit vielem Vergnügen des Eindruck-, den eine gewisse Müller' sche Truppe auf ihn machte, die schon vor der N eu b e r i n' s ch e n in Leipzig eine Bühne hatte und nach den Entwürfen des G h e r a r d i e für das italienisch« Theater Stücke aufführte. Sir hatte sich in dieser Gattung einigen Ruf erworben und bestand so lange, bi- sich die Neuberin mit Gottsched'- Beistand erhob, den deutschen Harlekin au» Leipzig verbannte und regelmäßige, durch die Gott- sched'sche Schule übersetzte und weiterhin von dieser selbst und ihrem Stifter verfertigte Stücke zur Aufführung brachte. Sie spielte in Altenburg einen Landtag über vor dem Hofe und brachte dem jungen Weiße höchst glücklich« Tage. Sein Vergnügen an nWM.TllgMalt Anzeiger. Amisvlatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes nnd Volizei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. )7S 8. T- 6. SS 6. 6 6. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen.Ausgabe, ohne Postbesörderung .^i 60.—, mit Postbeförderung .« 70.—. 84,80 6. 01,— 8 58,35 6. 08,7S 6. 87,7S 6. 01,25 8. 01, M 8. OS,— 8. 01,SO 6. 03,— 8. Filialen: ktta Klemm'» Sortim. (Alfred Hahn), UniversitätSscraße 3 (Panlinum), Louis Lösche, Katbarinenstr. 14, Part, und König-Platz 7. — 6. — 8. SS t»8 —S. LI.1S4.SVL. — br8. — 8. 10 6. SS b. — 6. SS 6 Deutsche- Reich. * Berlin, 15. December. Der StaatSsecretair des Innern Graf PosadowSky hat jüngst im Reichstage angekündigt, daß die Regierung eine Vorlage zum Schutze schulpflich tiger Kinder gegen übermäßige Ausnutzung ihrer Arbeits kraft vorbereite. Der Reichskanzler hat nun, wie der Tele graph schon kurz meldete, zur Durchführung diese« Plane- zunächst statistische Ermittelungen über den Umfang der gewerblichen Thätigleit von Kindern unter 14 Zähren außer- balb der Fabriken angeordnet. Er verweist in einem Schreiben an die verbündeten Regierungen, daß die Berufszählung von 1895 45 375 Kinder als gewerblich tbätig nackgewiesen habe; außerdem sind in der Land- wirthschast 135 175 , und als häusliche Dienstboten Bezugs-Preis kn der Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Bororten errichteten Aus- aabestellen abgebolt: vierteljährlich^4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins LauS^tSDO. Durch dir Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertrhäbrlich > 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandsendung in- Ausland: monatlich ./L 7.50. Aus dem 9. sächsischen Wahlkreise schreibt man uns unter dem 14. Ls.: Unsere Bündler haben es eilig? Am Montag war bereit- eine zweite Vertrauensmänner-Bersammlung durch den Herrn Bürger meister vr. Schröder nach Freiberg einberufen worden, um in der Eandidatenfrage zu einem Abschlüsse zu kommen. Zur Erleichterung diese- Beschlusses war Herr vr. G- Oertel aus Einladung deS Bundes der Land- wirthe persönlich erschienen, obgleich ihm auS den Er örterungen in der Oeffentlichkeit nicht unbekannt geblieben sein konnte, daß sich in weiteren Kreisen namhafter Wider stand erhoben hatte, nicht sowohl gegen die Art und Weise, wie seine Candidatur dem Freiberger Wahlkreise aufzudrängen versucht worden war, sondern vor allen Dingen auch wegen der politisch und wirthschastlich extremen Ansichten, die ge nannter Herr seit Jahren in rücksichtslosester Weise und selbst mit bedenklichen Mitteln in der Oeffentlichkeit vertreten hat und noch vertritt. Dafür waren seine Ausführungen in der gestrigen Vertrauensmänner-Bersammlung trotz aller Glätte der Form und Gewandtheit deS Ausdrucks ein neuer sprechender Beweis, und alle Dialektik vermochte den unbefangen prüfenden Zuhörer darüber nicht zu täuschen, daß dieser in Slöcker'schen Anschauungen völlig befangene Politiker als einseitigster Jnterefsenvertreter schlimmster Art der allerungeeignetste Candidat für unfern Wahlkreis ist. Seine auf Befragen abgegebene gewundene Erklärung in der Jesuitenfrage mußle diesen Eindruck in gleichem Maße verstärken wie seine Auskunft in der Frage der Flotten- verstärkung, die er um deswillen der Regierung weigern zu sollen glaubte, weil dieselbe sich in ihrer Vorlage gegenüber einer möglichen Obstruction eines künftigen Reichstages nicht genügend gesichert habe; in einer solchen wichtigen Frage müßten klare Forderungen formulirt und erhoben werden, und es ginge nicht an, daß der Regierung in irgend einem der nächsten Jahre die Mittel zur Durchführung deS Flottengründungs planes versagt werden könnten. Diese Auslassung desselben Herrn vr. G. Oertel, der seit länger als einem halben Jahre in schärfster Weise die Kräftigung unserer nationalen Macht zur See in seiner „Deutschen Tagesztg." so heftig bekämpfte, daß er noch unlängst, wohl nicht ganz freiwillig, erklären mußte, daß dies die private Ansicht der „Tagesztg." und nicht die deS Bundes der Landwirthe sei, dürfte ange- Theorie und Praxis des preußischen Cullusminisiers. Q Wir leben in Tagen, da die schwungvolle, unverbind liche Beredsamkeit auf der „Höhe der Menschheit" blüht. Es muß schwer sein, sich diesem Zuge der Zeit zu entziehen, und der preußische CultuSminister vr. Bosse kann nicht mehr zu den Widerstandsfähigen gerechnet werden. Er hat bei einem Bankette, daS die Berliner Schriftsteller zu Ehren eines ihrer Besten und Würdigsten (Karl Frenz el) ge geben, eine Rede gehalten, in der sich der sonst ziemlich kühle Beamte vom Boden der königlich preußischen Wirklichkeit auf Len Rücken des Raum und Zeit nicht achtenden Dichterrosses schwang. Wenn wir seinen Trinkspruch auf die „Freien Arbeiter des Geistes, das freie Schriftsteller- ihum", einen unverbindlichen nannten, so schwebte uns nicht daS Gegentheil einer verbindlichen Sprache, sondern der Sinn vor, in dem ein früherer College des Redners, Frhr. v. Berlepsch, das Wort einmal amtlich gebrauchte, als er der Oeffentlichkeit eia die Regierung zu nichts ver pflichtendes gesetzgeberisches Elaborat unterbreitete. Was Herr Bosse über die Bedeutung der schriftstellerischen Arbeit und gerade der unabhängigen schriftstellerischen Arbeit sagte, Ivar mehr al- schmeichelhaft, geradezu überschwänglich. Er sagte u. A.: „Es ist bei unS nicht allzuhäufig, daß die Minister und selbst der Minister, zu dessen Ressort das geistige Leben unseres Volks, die Wissenschaft und die Kunst gehören, lebendige und persönliche siühlung gewinnt mit den freien und, wenn der Ausdruck erlaubt ist, nicht zünftigen Arbeitern des Geistes. Gewiß gehören auch Sie dem Staate an und haben ein Recht an ihm. Aber umgekehrt hat der Staat kein Recht und keine Macht über Sie, wenigstens nicht über Sie in Ihrem Berufe als freie und unabhängige Schriftsteller. Frei und unabhängig stehen Sie ihm gegen über. Gott Lob, daß es so ist! Es giebt nur eine Atmosphäre, in der die wurzelechte Arbeit des Geistes gedeiht, selbst die staatliche, geschloffene und zünftige, das ist die reine öergluft der Freiheit und volle Unabhängigkeit. Und wenn unser hochverehrter Jubilar auch Professor ist, so thut das doch seiner Freiheit und Unabhängigkeit keinen Eintrag. Es ist Las nur der sehr bescheidene Ausdruck der Würdigung, die der Staat, diese Organisation der Eulturausgaben, für die Meisterschaft im Reiche de- Geiste- hat und haben muß. ES ist ein bescheidener Ausdruck des Tanke- für alle die reichen Gaben, die der Meister in seinen Schöpfungen unserem Volke geschenkt hat, und für alle Förderung auf der Bahn der Wahrheit, der Schönheit und alles Guten, die wir alle von ihm erfahren haben, die er ausgestreut hat über alle gebildeten Kreise unseres Volkes, über zünftige und un zünftige, Beamte nnd Nichtbeamte, Männer und Frauen, Alte und Junge, über Jeden, der Theil hat und haben will an dem allge meinen Bildungsschatze unserer Zeit und unseres Volkes. Die Sache liegt einfach so, daß Sie, meine Herren, der staatlichen Hilf» und Organisationen für Ihren speciellen Beruf wenig oder gar nicht bedürfen. Wir aber bedürfen Ihrer desto mehr. . . Die staatliche Organisation oder gar die Regierung, das Be- amtrnthum, als dessen Vertreter Sie uns hier unter sich sehen, lritt dabei weit zurück hinter die eigentlich schaffenden Kräfte. Als (Meder unseres Volkes sind wir auf diesem Gebiete im Wesentlichen nur Empfangend«, nicht Gebende. Und dennoch? Sie, die wesentlich Schaffenden und Gebenden, ganz werden Sie uns nicht los. Denn auch für den schaffenden Geist ist es nicht gleichgiltig, für wen er schafft, ob er offene Hände findet, die dankbar seine Guben hinnehmen und sie verständnißinnig aufnehmen und würdigen. Ist ja doch keiner von Ihnen an-schließlich ein Schaffender. Jeder, der schafft, muß auch von Anderen empfangen. Gehören also uuch Sir, die Schaffenden, in ' ) "" . 7 Empfangenden, nun dann, meine Herren, dürfen wir als solche auch bescheiden an Ihre Seite treten. Dann aber können auch wir an unserem Theile wohl ein klein wenig mithelfen an der großen Arbeit de- geistigen Lebens. Wir freuen uns dieser Gemeinschaft mit Ihnen. Wenn eS uns auch nur beschieden ist, Len bescheidensten Dienst dabei zu thun, nur etwa hier und da ein Sandkorn oder einen Stein auS dem Wege zu räumen, um die Bahn de- Geiste- frei zu machen, so ist auch da- ein Gewinn für Alle, und wir dürfen unS glücklich preisen, wenn wir dazu ein Wenige- mithelfen dürfen .... Wir sind Menschen und wollen e- sein, wollen eS ganz seial Die Endlichkeit de- menschlichen Leben- und menschlicher Kraft ver schränkt unS aber immer wieder den Zugang zu der Fülle aller Wahrheit, zu der vollen und ungetrübten Schönheit, zur ganzen Fülle alles Guten, Hohen und Höchsten. Und es giebt nur einen Schlüssel, der diese geheimnißvolle, hemmende, irdische Schranke ein wenig öffnet, das ist die Freiheit unserer unvergänglichen Ideale und die Freiheit in dem Streben, sie zu er reichen, zu verwirklichen." Solche Complimente hat die Literatur in Preußen von oben herab wohl noch niemals zu hören bekommen. Es klingt so hübsch, daß man es am liebsten schweigend hätte genießen und dann — vergessen mögen. Aber ein Theil der Presse reißt uns durch Betrachtungen, die der Rede des CultuSminister- einen praktischen Werth zumessen, den Lethe becher von den Lippen weg. Es ist daS vielleicht nicht schon von den Zeitungen; denn waS die Stimmung des Festsaales und der Wunsch, freundlichen Gastgebern Angenehmes zu sagen, hervorgebracht haben, sollte nicht auf ernstere Absichten hin geprüft werden. Da daS aber doch geschehen, so muß Herr vr. Bosse gegen die Unterstellung geschützt werden, als habe er den Beginn einer großen ministeriellen Action auf dem Gebiete der freien geistigen Betbätigung verkünden wollen. ES läßt sich auch gar nicht vorstellen, wie diese be schaffen sein sollte. Einem Berliner Blatte erwecken die Worte des Ministers die Hoffnung auf eine „That" in Gestalt der Einsetzung einer Abtheilung für Literatur im Unterrichtsministerium, deren Aufgabe es wäre, „den Minister über die literarische Bewegung und ihre Träger, d. h. über die literarischen Erscheinungen und deren Verfasser, auf dem Lausenden zu erhalten." Wir unsererseits trauen Herrn vr. Bosse vor Allem die Einsicht zu, daß in solchen Dingen nur der Augenschein ein Urtheil ermöglicht, am wenigsten aber ein Literarisches Bureau", wie das preußische Ministerium deS Innern eins besitzt, ohne davon, wie man kürzlich genauer erfahren hat, etwas Er kleckliches zu profitiren. Wenn Herr Vr. Bosse die Bemerkung machte, daß es selbst dem Vorstände seine- Ressorts schwer werde, „lebendige und per sönliche Fühlung mit den nicht zünftigen Arbeitern des Geistes" zu gewinnen, so war dies wohl nur der Ausdruck eines persönlichen Bedauerns; denn daß der Staat der unabhängigen Literatur im Allgemeinen nichts sein kann, ist von dem Minister mit starkem Nachdruck hervorgehoben word-n. Vielleicht könnte die Existenz eine- vortragenden RatheS für Literatur die Folge nach sich ziehen, daß künftig mehr Schriftsteller als bisher durch Titel oder Orden ausgezeichnet würden. Aber auch das hat Herr Bosse ausdrücklich als etwas außerhalb des Rahmens der Förderung der Literatur Fallendes bezeichnet, und dafür wird ihm das unabhängige Schriststellerthum auf richtig dankbar sein. Was in einer bureaukratischen „Heim stätte der freien Literatur" für diese bezweckt werden könnte, ist unerfindlich. Wie dort unter Umständen Manches gegen sie geschehen könnte, läßt sich schon eher auSdenken. Nun hat aber Herr vr. Bosse das Unvermögen deS Staates, daS unabhängige Schriftthum zu unterstützen, nur im Großen und Ganzen anerkannt. „Hier und da ein Sandkorn oder einen Stein aus dem Wege zu räumen, um die Bahn des Geistes frei zu machen", dazu fühlt er sich im Stande. Wie weit diese staatliche Thätigkeit zu Gunsten einzelner Schriftsteller geübt wird, entzieht sich der Kenntniß, jedenfalls der Erörterung. WaS aber die gesammte Literatur betrifft, so wird eS Herr vr. Bosse nickt für „klein und kleinlich" erachten, wenn man ihn beispielsweise an die Zu stände der Berliner Staatsbibliothek erinnert, die der artig geworden sind, daß die Leitung mit dem Gedanken umgeht, alle „nichtwissenschaftlich Forschenden", allo die „Nichtzünftigen", von der Benutzung der Anstalt fernzuhalten. Ein Schriftsteller, der etwa zu einem historischen Romane Studien machen will, forscht nicht wissenschaftlich und wird wahrscheinlich bald von der preußischen Regierung einen Stein mehr auf seinen Weg gewälzt sehen. Hier beginnt schon dir „Unverbindlichkeit" deS Bosse'schen Pathos. Doch diese Ausstellung ist materieller Natur. Wie aber steht es mit der Bethätigung der geistigen Gemein schaftlichkeit zwischen Regierung und Literatur, die so begeistert gepriesen wurde? Positiv, das haben wir mit dem Minister messene Heiterkeit erregen. Er wird auch auf Gottes weiter Well keinen Gläubigen für seine Behauptung finden, daß er nicht im Dienste des Bundes der Landwirthe stehe, sondern lediglich Angestellter des „Deutschen Tageszeitung" und deren Curatorium sei, in dem allerdings führende Mit glieder des Bundes der Landwirthe überwögen. Die „Tagesztg." ist das officielle Organ de- Bunde- der Landwirthe und steht sohin mitsammt ihrem RedactionS- stabe, Herrn vr. G. Oertel an der Spitze, in Lohn und Brod des Bundes. Die nach der Rede des Herrn vr. Oertel und in seiner Abwesenheit einsetzcnde Aussprache zeitigte denn auch einen in dem Maße wachsenden Wider spruch, wie von bündlerischer Seite versucht wurde, den Herrn über den Schellenkönig hinaus zu loben. ES wurde ebenso nachdrücklich auf die einseitige „Mache" dieser Candi datur, wie daraus verwiesen, daß man anscheinend einen Compromißcandidaten, der doch allein im Freiberger- Kreise Aussicht auf Erfolg habe, gar nicht wolle, sondern unter Nichtachtung der doch recht erheblich inS Gewickt fallenden industriellen Kreise einen Weg zu betreten im Begriff stehe, der nimmermehr zu einem guten Ende führe. Es wurde denn auch von angesehenen conser- vativen Männern gerathen, erneut in Verhandlungen über die Eandidatenfrage einzutreten und anderweitige Versuche einer Einigung zu machen, die als Vorbedingung eines Erfolges doch unerläßlich sei. Der von den Vertrauensmännern Hainichens gestellte Antrag, ein Comitv mit weiteren Verhandlungen über die Eandidatenfrage zu betrauen, erlangte mit 16 gegen 20 Stimmen keine Mehrheit, wobei bemerkt sein mag, daß die Herren aus Hainichen sich wegen Abgangs des Zuges bereits vor der Abstimmung entfernt hatten. Die immerhin recht erhebliche Minorität aber sollte die eifrigen Verfechter einer mehr al« unglücklichen Candidatur doch stutzig machen. Ihnen allein würde eS zur Last fallen, wenn der Kreis an die Socialdemokratie fiele, die sich in der That keinen günstigeren Gegner wünschen könnte, als den Leiter der „Dentschen TageSztg." mit seinen breiten Angriffsflächen. Im klebrigen sind wir in unserem Kreise denn doch noch nicht so weit, daß wir eS nöthig hätte», uns die Karten in Berlin und Dresden mischen und von der Kurzsichtigkeit eines Herrn Oswin Schmidt, der von Berlin aus dirigirt wird, irgend einen Candidaten aufdrängen zu lassen. Stößt doch das Auftreten dieses Geschäftsführers de- Bundes in den Kreisen der eigenen Berufsgenossen auf Widerstand, deren besonnene Klarheit diktatorische Zu muthungen ablehnt und weitere Conseguenzen ziehen wirv, falls das so weiter fortgeht. Ju der Annahme, daß in Folge deS gestern zu Tage getretenen wohlbegründeten Wider spruchs recht maßgebender und in ihrem Einfluß nicht zu unter schätzender Männer der Gegenstand deS Streite- zu einem recht naheliegenden Entschlüsse kommt, möchten wir wünschen, daß er neute Verhandlungen zu einem baldigen, allseitig befriedigenden Abschlüsse führen. Sollte zu diesem Zwecke eine neue Ver sammlung einberufen werden, so möchte doch von Seiten der Einberufer mit den Einladungen viel weiter und in ganz andere Kreise noch als bisher gegangen und damit der Ein druck beseitigt werden, als ob sie unbewußt die Geschäfte des Herrn Oswin Schmidt besorgten. anerkannt, kann er nur wenig leisten. Aber er läßt auch nur zu oft gebotene Gelegenheiten, Kunst und Schriftthum vor mächtigen, aber verderblichen Einflüssen zu schützen, mit einer seiner gesprochenen Begeisterung ebenbürtigen Consequenz ungenützt verstreichen. Wenn, WaS wir nicht bezweifeln, Herr vr. Bosse Theil hat an dem Hauch eines Geistes, der Männer, die einen Karl Frenzel auf richtig verehren, durchweht, dann muß er eS verspürt haben, wie es jenem Geiste widerstrebt, daß während seiner Wirksamkeit als verantwortlicher Verwalter der „geistigen" Angelegenheiten der gute und nothwendige Grundsatz (.aesar nou supra grawwatiE an Geltung verloren hat, wie kaum jemals vorher in Preußen. Herr vr. Bosse ist StaatS- minister, nicht Minister des königlichen Hauses, aber trotzdem bätte die edle Gluth, von der er sich auf dem Schriftsteller- Bankett dnrchloht zeigte, ihn zwingen müssen, Vorstellung zu erheben wegen der Herabdrückung der Hoftheater, deren vor nehmstes jetzt bei „Llsckruim sanz zöus" anlangt, wegen der Züchtung einer höfischen After - Dichtkunst, wie sie durch die Namen Lauff und „Willehalm" gekennzeichnet wird, und nicht am wenigsten, als man daran ging, ein Denkmal Schiller's in die Rumpelkammer zu ver weisen. In diesem Falle und in vielen ähnlichen hat der Minister geschwiegen, ja er hat selbst die ihm amtlich unter stellten höheren Unterrichtsanstalten, die Pflanzschulen für die künftigen freien Arbeiter des Geistes, nicht vor dem Ein dringen eines Geistes geschützt, der nicht der ist, dessen er nach seinen eigenen Worten einen Hauch verspürt. Herr vr. Bosse scheint zu wünschen: „Richtet mich nach meinen Worten und nicht nach meinen Unterlassungen." «,S0 6. « 30 6. »AO 6. X.S8 dr X).8O 8. »,— 8. »2 — 8. 18.50 8. )8^- 6. L8A0 8. 11,— 6. 12.20 ft. 18.— S. 12.30 6. 38.80 S. 87.75 6. 01.— 8. 02,20 6. 38.75 6. r»r.v87. — lM,bO6. 38,10 6. 38.— 8. » 80 8. 38.50 8. 01,«0 6. 33 — 8. 38.50 6. ».SO 6. 35,— 8. 02,80 6. 17.— 8. 14.20 6. 10.20 6. 10,— 6. 14.50 8. 01,— 8. OS,— 6. 04,— 8. 88.80 8. 10.80 6. 0S,75 8. 00,50 6. 0125 6. 02,— 8. 02,80 8. 87,75 6. 00,50 6. 03,25 6. 01,75 8. 00,25 8. 01,50 6. 03,45 8. 01,— 6. 04.— 6. 03,— 6. 02,— 6. 00,— 6. 02,— 6. 02,— 6. 07,— 8. 00.— 6. 04.75 6. 03,75 6. 03,50 6. 01,— 8. 04,— 8 00,80 6. 01,50 6. 04,- 6- p«r Stllelr llrrk (75 6. «0 6. - 8 »0 8. 0 6. - 8. 5 8. 0 8. - 8. - 6. 5 8. .0 6. >0 6. w.Cp.55 W.6P.L4 >0 8. - 6. 15 6. w.ei>p.s? 15 8. — 6. — 6. — 8. — 8 >70 8. >70 6. >75 6. >70 6. ZSä 78 »0 8. io kroeeot 82,— 8. - .62,75 6. 08,75 6. 44— 8. ,45— 6. i17,75 8. (OS,— 6. 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