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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.12.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-12-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971216027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897121602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897121602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-12
- Tag1897-12-16
- Monat1897-12
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Abend-Ausgabe. riMgrr TaMM Druck »ad Verlag vo» E. Polz tu Leipzig 20,70 91. Jahrgang. Donnerstag den 16. December 1897. 215,85 92.1O F»«rllston lolt. Vou L»Ii Nir 8»u>» uack 581 408 482 Lt» Morgen-AuSgabe erscheint nm V,? Uhr. hie Abend-Ausgabe Wochentags nm b Uhr. 107,so 87.70 102.50 88,40 81.10 b8,40 75,— 84,— 88,— NoNtLN tvtisll tum « kitt« V«cU»«i VovNuol u» iou lltuotou lll»»r«o 7ucd» 0,28). k» 0,SS>. 102 — 130,25 160,30 130,00 88'» SO»m 20->k SSI. 2^ 202.40 130,10 86.50 178.40 185,90 180,— 205.— 104.40 111,50 75.50 6»»SL- rior. Uio.Lol. to. cko. »lckrellt« i-oueur. ur. Xlll. ii.ud-kr kseiSc Idkrio». Li-.-kr. in innigem Verkehre und guter Freundschaft, zu festem Schutze der heimischen Interessen gegen Jeden, der dru Deutschen zu nahe treten will. Da« ist Dein Berus und da« ist Deine Ausgabe. Möge einem jeden Europäer, dein deutschen Kaufmann draußen und vor allen Dingen dem Fremden draußen, aus dessen Boden wir sind oder mit dem wir zu thun haben werden, klar sein, daß der deutsche Michel seinen mit dem Reichsadler geschmückten Schild festaufdeuBodengrstellthat, umDen, derihnumSchutz an geht, rin für alle Mal diesen Schutz zu gewähren, und mögen unsere Land-leute draußen die feste Ueberzeugung haben, seien sie Priester oder seien sie Kaufleute, oder welchem Gewerbe sie obliegen, daß der Schutz des deutschen Reiches, bedingt Lurch die kaiserlichen Schiffe, ihnen nachhaltig gewährt werden wird! Sollte rS aber je irgend einer unternehmen, uns an unserem Gute kränken oder schädigen zu wollen, dann fahre drein mit ge- panzerter Faust! Und so Gott will, flicht Dir den Lorbeer um Deine junge Stirn» den Niemand im ganzen deutschen Reiche Dir neiden wird! In der festen Ueberzeugung, daß Du, nach gutem Vorbilde handelnd — Vorbilder sind, Gott sei Dank, in unserem Hause genügend vorhanden —, meinen Gedanken und Wünschen entsprechen wirst, erhebe Ich Mein Glas und trinke auf Dein Wohl mit dem Wunsche für eine gute Fahrt, für eine glückliche Ausrichtung Deiner Aufgabe und für eine fröhliche Heimkehr. Se. kgl. Hoheit der Prinz Heinrich Hurrahl" Prinz Heinrich erwiderte: „Durchlauchtigster Kaiser, großmächtigster König und Herr, er lauchter Bruder! Als Kinder wuchsen wir zusammen auf. Später war es uns als Männern vergönnt, einander iu die Augen zu schaue» und einander treu zur Seite zu stehen. Ew. Majestät er- blühte die Kaiserkrone mit Dornen. Ich habe versucht, in meinem engen Kreise und mit meinen schwachen Kräften als Mensch, alS Soldat und alS Staatsbürger, Ew. Majestät zu helfen. ES kam eine größere Epoche, eine für die Nation be- deutend« Epoch«, eine für Ew. Majestät Marine bedeutende Epoche. Ew Majestät haben dir große Gnade und Entsagung gehabt, mir diese« Commando anzuvrrtrauen, ich danke die« Ew. Majestät au« treueste» brüderlichen und untertbänigster» Herzen. Ich kenne sehr wohl die Gedanken Ew. Majestät. Ich weiß, wie schwer da« Opfer ist, indem Ew. Majestät mir ein so schönes Eommando anvertraut hab«», und das ist, Ew. Majestät, was mich am Tiefsten bewegt und weshalb ich Ew. Majestät auf richtig danke. In zweiter Reihe bin ich Ew. Majestät tief verbunden für LaS Vertrauen, waS Ew. Majestät in meine schwache Person setzen. DaS Eine versichere ich Ew. Majestät, mich lockt nicht Ruhm, mich lockt nicht Lorbeer, mich zieht nur EineS, das Evangelium Ew. Majestät geheiligter Person dem Auslände zu verkünden und zu predigen, Jedem, der es hören will, und auch Denen, die es nicht hören wollen. Dies will ich auf mein» Fahne geschrieben haben und will es schreiben, wohin ich immer ziehe. Dieselben Gesinnungen, mit denen ich hinauSzirhe, theilen auch meine Kameraden. Ich erhebe dieses GlaS und fordere Jene auf, die mit mir in der glücklichen Lage sind, hinausziehen zu dürfen, diese« Tage« zu gedenken, sich die Person unseres Kaisers einzuvrägen und den Ruf erschallen zu lassen weit in die Welt hinanS: Unser durchlauchiigster, großmächtigster, geliebter König und Herr, immer und ewig Hurrah, hurrah, hurrah!" Bei der „gründlichen und gewissenhaften" Prüfung, welche das Ecutrum mit seinen Anhängseln ter Flottenvorlage angedeihen lasten will, werden wohl auch die Depeschen berücksichtigt werden müssen, die nach einer telegraphischen 258.50 58,80 103.25 100,— 223.50 217.80 464,— 78.50 142.75 288.25 251.75 118.10 132 — 186.10 245.25 188.75 163.25 203.75 184,— 220,— 265.50 68.50 146.50 108,60 105,70 136,60 88,— 83.25 4-1« 4'1-"/o Eptra-Beilagen (gefalzt), nur mit de» Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderuoz M.—, mit Postbesörderung 70.—» AnzeigerrPreiS die 6 gespaltene Petitzeile SO Pf-, Nrclamea uatrr dem Redactio»«strich (4 g— spaltru) üOxj, vor d«n FamilieanachNchte» (6 gespalten) 40 Größere Schriften laut uujerem Preis- verzeichuiß. Tabellarischer und Ziffernsatz »ach höherem Tarif. AnnttiMkschluL für Anzeigen: Abeud-AuSgabe: vormittags 10 Uhr. Dtorge n-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei deu Filialen und Annahmestelle» je eia« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die -rpedttian zu richte». Redaktion «nd Lrvedition: Aahannesgaffe 8. Vie Expedition ist Wochentag« ananterdrochiN geöffnet vo» früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. /Male«: Vit» Klemm'« Lortim. (Alfred Hahn), Universitätsstraß» 3 lPauliuum), Lani« Lösche, Katharineastr. 14, »art. »ad KSulgsplich 7» aber. kerlill, vuter it I 1066 ll. 1520. H»o»«ck»wpr«r aack Nawdarx, mticds Naue» la Nr«w»a, r io >2) ta 8r«w«r eia»- (14/1» 8t. rartl. »dedar«- (1412 lU. 1. Lw. usv.Uckl. Ooiu. 8. «Utrcklsl. eesa »ll-V!«o >xa.-1r. sr d»nio i7.8t.-kr. Itto irodea !I I-Iovck ?«ckstt. k»eiüe 0: Still. oräoetd. aiood. iUiooald e«rd»do mploll ieooot es Oslck »vp.-L.- II, VIII .r.ttotds saU idsösad Anzeiger. Ämlsvratt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Notizei-Amtes der Stadt Leipzig. !.L.-3dsr.t Id'ls satr.-L.et.s 108 loa 7L/1L Bezugs-Preis M A» Hanptrxpeditioa oder deu Ml Gtads- iesirk md de» Vororte» errichtet»» Au» »»«stellen abg«holt: vierteljährlich^4^0, vei zwrimaligtt täglicher Zustellung tu« Ha»« ÜLO. Durch die Post bezog«» für Deutschland und Oesterreich: viertelsährlich 6.-- Liren« tägliche Kreuzbandsenduag Mg Ausland: uwnaUich «M 7.Ü0. Das deutsche Reich und Ostafien. * Kiel, 16. December. (Telegramm.) Bei der Tafel im königl. Schlosse brachte der Kaiser folgenden Trink spruch au«: „Mein lieber Heinrich! Da Ich heute nach Kiel hineinfahr, überdachte Ich, wie Ich schon so oft mit Freuden diese Stadt be treten habe, sei eS, um dem Sporte obzuliegen, sei eS, um irgend einer militairisLen Unternehmung an Deiner Seite und aus Meinen Schiffen beizuwohnen. Bei dem heutigen Eintritte in di« Stadt hat Mich ein ernstes Gefühl bewegt, und Ich bin Mir vollkommen bewußt der Aufgabe, die Ich Mir gestellt habe, und der Ver antwortung, die Ich trage. Ich bin mir aber zugleich bewußt, daß Ich die Verpflichtung habe, daS auSzubauen und weiterzuführen, waS Meine Vorgänger Mir hinter lassen haben. Die Fahrt, dir Du antreten wirst, und die Aufgabe, die Du zu erfüllen hast, bet lugen an sich nicht« Neue«, sie sind dir logischen Consequenzen dessen, was Mein hochseliger Herr Großvater und sein großer Kanzler politisch ge- stiftrt, und was Unser herrlicher Vater mit dem Schwerte auf dem Schlachtfeld« errungen hat. Es ist weiter nichts wie die erste Bethätigung des neu geeinten und neu erstandenen deutschen Reiches in seinen überseeischen Aufgaben. Dasselbe hat in der staunenswerthen Entwickelung seiner Handels interessen einen solchen Umfang gewonnen, daß »S Meine Pflicht ist, der neuen deutschen Hansa zu folgen und ihr den Schutz angedeihen zu lasten, den sie vom Reiche und vom Kaiser verlangen kann. Die deutschrn Brüder kirchlichen Berufs, die hinausgezogen sind zu stillem Wirken, und die sich nicht gescheut haben, ihr Leben einzusetzen, um unsere Religion auf fremdem Boden bei einem fremden Volke heimisch zu machen, haben sich unter Meinen Schutz gestellt und es gilt, diesen mehrfach ge- kränkten und auch ost bedrängten Brüdern für immer Halt und Schutz zu verschaffen. Deswegen ist dir Unternehmung, die ich Dir übertragen habe und die Du in Gemeinschaft mit den Kameraden und den Schiffen, die bereit» draußen sind, zu er füllen haben wirst, wesentlich die eine« Schutzes und nicht die des TrutzeS. Es soll unter dem schützenden Panier unserer deutschen Krirgsflagge unserem Handel, dem deutschen Kaufmanne, den deutschen Schiffern daS Recht zu Theil werden, was wir beanspruchen dürfen, das gleiche Recht, was von Fremden allen anderen Nationen gegenüber zugestanden wird. Neu ist auch unser Handel nicht. War Loch die Hansa in allen Zeiten eine der gewaltigsten Unternehmungen, welche je di« Welt gesehen, und es vermochten einst dir deutschen Städte, Flotten auf zustellen, wie sie dis dabin der breite Meeresrücken wohl kaum ge- tragen hatte. Sie zerfiel aber und mußte zerfallen, weil die eine Bedingung fehlte, nämlich die des kaiserlichen Schutzes. Jetzt ist es anders geworden. Die erste Bedingung, das deutsche Reich, ist geschaffen. Die zweite Vorbedingung, der deutsche Handel, blüht und entwickelt sich, und er kann sich nur gedeihlich und sicher entwickeln, wenn er unter der Reichsgewalt sich sicher fühlt. ReichSgrwalt bedeutet Seegewalt, undSeegewalt »nd ReichSgrwalt be- dinsgen sich gegenseitig, so daß die eine ohne die andere nicht bestehen kann. Als ein Zeichen der Reichs- und See gewalt wird nun LaS durch Deine Division verstärkte Geschwader auszutreten haben, mit allen Kameraden der fremden Flotten draußen hängen, das Asta wahrscheinlich soeben betrachtet und bei ihrem Eintritt auf das Tischchen neben sich gelegt hatte. Es war ein vorzüglich getroffenes Bild Rolands, das man in jeder Kunst handlung haben konnte. „Was soll diese Spielerei?" fragte sie zornig darauf deutend. Asta erhob sich schweigend und schloß das Portrait in ihren Schreibtisch, worauf sie ohne ein Wort der Erwiderung ihren Platz wieder einnahm. „Deine Rücksichtslosigkeit ist wirklich bewunderungswürdig. Asta! Was sollte ein Fremder denken, wenn er dieses Benehmen Deiner Mutter gegenüber ansähe?" „Was ihm beliebt; Gedanken sind zollfrei!" war die gelassene Erwiderung. „Uebrigens sehe ich nicht ein, weshalb Du Dich beklagst; warum hast Du mich nicht besser erzogen?" Frau von Herrendorf hielt es für gerathen, dieses Thema fallen zu lassen; sie kannte ihre Tochter und hatte zu oft erprobt, daß sie in jedem Streit mit ihr den Kürzeren zog. „Du beharrst also wirklich bei Deiner Weigerung, die Hand des Fürsten anzunehmen?" „Allerdings." „Willst Du dann nicht wenigstens die Güte haben und mir einen Grund dafür angeben?" „O, hundert für einen! Ich denke aber, ich Hobe Dir schon vorhin erklärt, daß mir dieser verblendete, eilte, alte Thor völlig gleichgiltig ist." „Liebes Kind, Du willst mir doch nicht glauben machen, daß Du eine Verbindung aus Liebe zu schließen beabsichtigst?" be merkte Frau von Herrmdorf spöttisch. „Ich will Dir gar nichts glauben machen, und wenn ich wirk lich auS Liebe heirathen wollte, so wäre es ganz allein meine Sache." Nun, ich meine, die Mutter hätte doch auch noch ein Wort mit drein zu reden. Hüte Dich, Asta, ich kenne Deine Absichten sehr wohl, obgleich ich bisher nicht angenommen habe, daß Du aus dem leichtsinnigen Spiel diesmal Ernst zu machen beabsichtigst. Ab«r ich sagt Dir, ich werde nie dulden, daß Du so unverant wortlich thöricht handelst: eine Herrendorf — und — dieser Sänger!" Flammende Nöthe übergoß bei diesen verächtlich gesprochenen Worten AstaS schönes Gesicht, und heftig aufspringend rief sie mit blitzenden Augen: „Dieser Sänger! — Weißt Du denn, wer dieser Sänger ist, ob er nicht auS edlerem Geschlecht stammt, wie Du und ich? Glaube nicht, daß ich Dir irgend welchen Einfluß in dieser Be ziehung gestatten werde, denn ich bin mir zu klar bewußt, daß zeug ihrer Launen betrachtend, das sie nach Gefallen wechseln und bei Seite werfen konnte. Und nun war es geschehen, daß ihre kühle Ruhe sie verlassen hatte, so völlig verlassen, daß ihr Herz ungestüm zu klopfen begann, wenn sie seinen Schritt hörte, daß Röthe und Blässe auf ihrem Gesicht wechselte, sobald sic ihn er blickte, und dies seelische Leben, das ihr bisher so ganz gefehlt hatte, gab ihr einen neuen bestrickenden Reiz. Sie fühlte dies selbst und zweifelte keinen Augenblick daran, daß es ihr gelingen würde, auch diesen Mann, der für so stolz und kalt galt, zu ihren Füßen zu zwingen. O, wie herrlich mußten diese Augen sein, wenn sie in Liebe aufflammten! Sie versank immer tiefer in wonnige Träumereien, bis sie plötzlich durch das Eintreten ihrer Mutter aufgeschreckt wurde, die, ihrer Tochter einen offenen Brief entgegenhaltend, mit scharfer Stimme fragte: „WaS soll daS heißen, Asta? Fürst Brenta schreibt mir. Du habest seinen Antrag kurz abgewiesen; nicht einmal die kleinste Hoffnung für eine spätere günstige Aufnahme hättest Du ihm gelassen und er müsse darum seinen Entschluß, in L. zu bleiben, aufgeben, da ein öfteres Zusammensein mit Dir es ihm unmöglich machen würde, seinen Schmerz zu überwinden." Ohne ihre bequeme Stellung nur im Geringsten zu ändern, erwiderte Asta gleichgiltig: „Nun ich denke, daS ist so deutlich geschrieben, daß es weder einer Frage von Dir, noch einer Aufklärung meinerseits bedarf." „Du hast also den Fürsten wirklich abgewiesen?" „Jawohl, der alte Narr hatte gestern Abend die Kühnheit, mir eine sehr feurige Liebeserklärung zu machen, die darin gipfelte, daß er mir seine Fürstenkrone nebst den daran hängenden Millionen zu Füßen legte, worauf er von mir den Korb erhielt, den er für seine grenzenlose Eitelkeit verdiente." „DaS begreife ein Anderer", stieß Frau von Herrendorf in heftigster Entrüstung hervor; „Deine Launen übersteigen nachge rade alle Grenzen! Fürst Brenta, nach dessen Hand die gefeiert sten Schönheiten der höchsten Kreis« streben, die zu gewinnen selbst Prinzrssinaen auS regierenden Häusern glücklich sein würden!" „Jeder nach seinem Geschmack; ich stehe Keiner im Wege." „Ich möchte wissen, wa» Du eigentlich für Ansprüche machst? Du wirst r» noch bitter bereuen, diesen Mann von Dir gewiesen zu haben, da» versichere ich Dir." „Bah, wa« ist mir Fürst Brenta? Ich würde ihn verlachen, wenn er mir nicht so vollständig gleichgiltig wäre." Frau von Herrendorf fand keine Worte für ihre Indignation über daS unkluge Benehmen ihrer Tochter. Ihre Blicke schweiften erregt durch das Zimmer und blieben an einem Eabinetportrait politische Lagesschau. * Leipzig, l6. December. Nicht vier, sondern sechs Tage wird die Etatsdebattc im Reichstage währen und damit die meiste» ihrer Vor gängerinnen hinter sich lassen. Die Vermuthung, daß die Nähe der Wahlen wohl den Charakter ter Reden ungünstig, nickt aber die Frequenz günstig beeinflussen werde, hat sich bestätigt. Die Folge davon ist, daß der Reichstag mangels einer beschlußfähigen Mehrheit die Beendigung einer Be- rathung nicht aussprechen kann, wenn auch nur ein einziger Abgeordneter widerstrebt. Und die wenigen an wesenden Mitglieder der Parteien, die crklärtermaßen den Reichstag zu einer „Revisionsinstanz" für alle mög lichen Querelen machen wollen, widerstreben immer so lange, bis sie die üblen Einwirkungen des Gelang- weillwerdens nicht auf die Parlamentscollegen — um die kümmert man sich nicht, so wenig wie sie sich um die Redner kümmern —, aber auf die „anhängenden" Leser der Sitzungsberichte zu befürchten haben. Das Schlimmste bei uns in Deutschland ist, daß die Abschweifung vom Gegen stände bei der zweiten Lesung deS ElalS gewöhnlich ebenso reichlich ist, wie bei der ersten, und daß selbst bei der dritten Berathung, wenigstens unter einem Präsidium wie dem gegenwärtigen, Agitation zum Fenster hinaus betrieben wird. Trotz alledem mochten wir unS an Stelle der uferlosen ersten sogenannten ElatSberathung nicht die in anderen Ländern übliche Adresse an die Krone nebst Adreßdebatte wünschen, denn das könnte unter den jetzigen Regierungs- und Reichs- tagöverhältnissen „sckön" werden. Tie greifbare Ausbeute der „großen" allgemeine» Debatte des Reichstages ist seit Langem eine geringe, und man kann nicht sagen, daß sie diesmal magerer gewesen sei, al« seit vielen Jahren. Das wenige Positive ist aber auSsckließlick der Regierung zu verdanken. Neue Ideen hat sie zwar auch nicht ans Licht gebracht, aber doch einzelne Mittheilungen gemacht und Aus künfte gegeben, die noch einmal erwähnt zu werden verdienen. Dir Versicherung des StaatSsecretair« v. Bülow, daß die Pester Kaisertage zur Befestigung deS Dreibundes beigetragen hätten, rechnen wir allerdings nicht zu den wichtigen Kund gebungen, wir geben aber zu, daß eine verblüffende Behaup tung daS geeignetste Mittel war, den Gegenstand abzuthun. Der Umstand, daß die Berührung der Sache von wclfische n Hintergedanken eingegeben war, kommt dem StaatSsecretair ru Statten. Im andern Falle könnte man sich versucht fühlen, bei der Tbatsache zu verweilen, daß nickt auf die Pester Tage schlechthin, sondern auf den auf- sebenerregrnden Trinkspruch des deutschen Kaisers und dessen rühmende Hervorhebung der specifischcn Eigen schaften des ungarischen Parlamentarismus bingewiesen worden war. Als ein wirklich werthvolles Ergebniß der Etatsdcbatte ist die Erklärung deS KricgSministerS v. Goßler bervor- zuheben, daß eine Aenderung der Dienstzeit desr Fuß truppen nickt in der Absicht der Kriegöverwaltung liege. Früher hatte diese Behörde das zweijährige Festhalten der Aus gehobenen bei der Fahne zwar als ausreichend sür die Ausbil dung der zur Reserve Abgehenden bezeichnet, aber hinsichtlich der Nachhaltigkeit der uulilairischen Erziehung bei den älteren Reservisten und den Landwebrmännern sich mit einem non liquet. geäußert. Inzwischen scheint die Erfahrung lauter zu Gunsten des im Jahre !893 begonnenen Experiments gesprochen zu haben. Daß eine Vermehrung der Jnfauterie- Bataill.one nicht in Aussicht genommen sei, war iu den Das Wahrzeichen -er Herreudorfs. 10j Roman von L. Migula. Nachdruck «ertöten. Sie schüttelte niedergeschlagen den Kopf. „Und nun mach kein solch trauriges ernstes Gesichtchen mehr! Sei wieder unser heiteres Sommervögelchen: es macht mir das Herz froh, wenn ich Dein glückliches, Helles Lachen höre." „Wirklich?" fragte sie so eindringlich, daß er unwillkürlich lächeln mußte. „Wirklich, Liebling", bekräftigte er und beugte sich nieder, um sie zu küssen. Aber wie vorhin wandte sie sich ab, während tiefe Röthe in ihr zartes Gesicht stieg. WaS war das? Er sah sie befremdet an, und plötzlich fiel cs wie ein Schleier von seinen Augen und er sah Alles in einem anderen Licht. Das war nicht mehr sein kleines verhätscheltes Pflegetöchterchrn, dies liebliche junge Wesen, da« sich erröthend und jungfräulich scheu von ihm wandte! Sein Herz begann schneller zu schlagen, unwillkürlich ließ er sie frei und trat einen Schritt zurück. „Ich habe Dich gestört", sagte sie leise. „Verzeih', Onkel John, ich gehe schon." Ehe er noch antworten konnte, hatte sie leichten Schrittes das Zimmer verlassen. Wie im Traum sah er ihr nach. Wo hatte er denn seine Augen gehabt, daß er nie bemerkt, wie sich daS blaffe schmächtige Kind zur holdesten Mädchenerscheinung entwickelt batte! Welch' ein süßes, reizendes Geschöpfchen war sein kleiner Liebling geworden! Er vergegenwärtigte sich noch einmal, wie sie eben in seinem Arm gelegen, scheu und erröthend — auch sie war sich bewußt, daß sie die Grenze der Kindheit überschritten hatte. 16. Eapitel. Am Nachmittag desselben Tage« lag Asta auf der Chaise longue in ihrem Zimmer und gab sich ihren Gedanken hin, Ge danken ganz neuer Art für sie. Zum ersten Male war eS einem Manne gelungen, nachhaltigen Eindruck auf sie zu machen. Seit Jahren gewöhnt, der Gegenstand feurigster Huldigung für die langen Männer ihrer Kreise zu sein, hatte eS sie amüstrt, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln die leidenschaftlichsten Gefühle in ihren Herzen zu Wecken, ohne jemals auch nur eine Spur von Neigung für einen von ihnen zu empfinden. Kühl und siegeS- sichrr stand sie Allen gegenüber, sie nur al» willkommene» Spiel- Kreisen der über militairische Dinge Unterrichteten ebenso bekannt, wie diese durck die weitere Erklärung des Herrn v. Goßler, daß die Reorganisation der Artillerie nicht zu umgehen sein würde, nicht überrascht werden konnten. Die weiteren beachtenswertheren Ankündigungen vom BundeSrathstische bewegten sich auf dem wirthschaftlichen und dem socialen Gebiete. Graf v. PosadowSky war durch eine an Flachheit, aber auch an bornirtem Elassenhaß kaum je übertroffene Rede des Herrn Rickert in die ibm, wie es schien, willkommene Lage versetzt, der Landwirthschaft ein zweites Mal in dieser Debatte die Bereitwilligkeit zu weitestem Entgegenkommen bei der Gestaltung der künftigen Handels-- vertrage zu bekunden. Daß er sich dabei mehr in Allgemeinbeiten ergehen mußte, ist ein Mangel, der in der Natur dieser Dinge liegt, also nicht zu vermeiden war, der aber wahrscheinlich lendentiös zur Ueberspannung der Erwartungen und somit zum Schaden der Sache der Verständigung der verschiedenen Erwerbsclassen ausgebeutet werden wird. Die Mittheilung, daß internationale Unterhandlungen wegen allseitiger Be seitigung der Zuckerausfuhrprämien im Gange sind, ist schon in mancher Session gemacht worden. ES ist zu wünschen, aber nickt recht zu glauben, daß diesmal ein Ergebniß erzielt werden wird. Vorläufig erscheint die Anregung des Abgeordneten Paasche, den inländischen Absatz durch Einsübrung deS Zuckerverbrauche« in der Armee zu beben, wenn sick hier auch mit sehr großen Mengen nickt wird rechnen lassen, werthvoller, als jene Anzeige, Von weiteren Ankündigungen der Regierung ist in Erinnerung zu dringen die auf die Errichtung von ZollauSkunftSstellen bezügliche. Herr v. Thielmann unterließ bekanntlich nickt, zu erklären, daß diese Aemter nicht als Reichsanstalten gedacht seien. Ihr lieben Vaterländer mögt ruhig sein! Für die weiterhin kundgegebcne Absicht der Regierung, gesetzgeberische Maß regeln zum Schutze der Kinder gegen Ausbeutung durch gewerbliche Beschäftigung in die Wege zu leiten, ist, wie wir gestern mitgelheitt, durch einen statistische Erhebungen anordnenden Erlaß des Reichskanzlers der erste Schritt zur Verwirklichung gethan. Ueber die Perlen, die auS dem Hause heraus ins Land gestreut wurden, ist wenig zu sagen bezw. nachzutragen. Es verdient etwa noch erwähnt zu werden, daß bei ihrem gegenseitige» Austausche deS Ausdruckes der Zufriedenheit mit dem durch das Börsengesetz herbeigesührten Zustande des Berliner Getreidehandels die Vertreter der Landwirthschaft aufrichtiger erschienen, als die der Börse. Vielleicht, daß sie wirklich nur so schienen. Was zum Flottengesetze vorgebracht wurde, hat zur Klärung der Aussichten nichts beigetragcn. Die ziemlich unfreundliche Stellungnahme des Grafen Kanitz dürfte kaum praktische Bedeutung gewinnen. Einstweilen und wohl auf ge raume Zeit heißt es sich in Geduld fassen. Die Budget commission hat zwar einen nationalliberalen Vermittelungs antrag angenommen, wonach die Mariuevorlage vor Schluß der gesammten Etatsberathung vorgenommen werden kann; man wird dies aber kaum erleben, denn Herr Lieber will „gründlich und gewissenhaft" arbeiten. Was die EtatSdebatte heute noch zu Tage fördern wird, dürfte sich auf dem niedrigen Niveau des Schlusses der gestrigen Verhandlung zeigen. ».».krack. -sI.LkLr. -lllllUVV. r.IXu.X II ll. Ill 8tr«ssd. üritssb kkercksd. -rastend Ltrossd. lotioll U»»SkLtlI r Sllkkst. ösrxv. kdöllix (Vilvslill ?Isktr->. UsUtr.-L rklsktr. ..pksrckb. - kisslld. :ckl«0ll !r-L.ll»t. i»b.-8sck. r Lerxv. 263,— aixsboro 171,50 M ÜLllckel —,— lle — ire k». 215,85 Ix. 213,20 »ll Xur, "" Du mich unbedenklich den Meistbietenden verkaufen würdest, um das ganze Herrendorf'sche Vermögen für Günther zu behalten! Aber sei ruhig, ich verlange gar nicht darnach. John Roland ist reich genug, um auf das erschlichene Erbe verzichten zu können." „Wie kannst Du es wagen", rief Frau von Herrendorf bleich vor Zorn, „solche Worte mir gegenüber auszusprechen, Du —" „Rege Dich nicht auf, Mama, es ist ganz unnöthig", unter brach sie Asta ruhig; „ich sehe keinen Grund, weshalb wir vor einander Komödie spielen sollten. Wir wollen diese unangenehmen Dinge begraben sein lassen; ich benutze sie nur als Waffe, wenn ich angegriffen werde." Ehe Frau von Herrendorf noch antworten konnte, klopfte es leise an die Thür und Asta's Jungfer meldete, daß Herr Roland das gnädige Fräulein im Musitzimmer erwarte. „Ich komme sogleich", erwiderte Asta, und vor den Spiegel tretend, um ihre Toilette noch einmal zu mustern, sagte sie, den Kopf leicht zu Frau von Herrendorf zurückwendend: „Ich vergaß, Dir zu sagen, daß Herr Roland die Güte hatte, mir anzubieten, meinem Gesang etwas aufzuhelfen; er findet meine Ausbildung noch ein wenig mangelhaft. Natürlich nahm ich diesen Vorschlag mit Vergnügen an; besseren Unterricht kann ich ja nie bekommen." „Du mußt wissen, was Du zu thun hast", entgegnete ihre Mutter kalt, „ich habe meine Pflicht erfüllt und Dich gewarnt, nun kann ich Dich nur Deiner großen Selbstständigkeit überlassen, die Du wohl zu wahren weißt." Damit kehrte sie ihrer Tochter den Rücken und verließ da? Zimmer. Asta lächelte triumphirend. „Ich wußte es wohl, daß ich den Sieg behalten würde; die Anspielung auf das Erbe verfehlt ihre Wirkung nie. Wenn ich nur wüßte, wie die Sache zusammenhängt. Jedenfalls hat Mama irgend rin Unrecht begangen, aber ich habe nie erfahren können, was es war, obgleich ich ein scharf beobachtendes Kind war. So weit meine Erinnerung zurückreicht und so klar sie ist, hier läßt sie mich im Stich. Nun, ich mache mir keine Sorgen darüber und wäre wohl die Letzte, sie um einiger Jntriguen willen zu ver dämmen. Es ist eben hier in dieser elenden Welt Jeder sich selbst der Nächste und man muß jedes Mittel anwenden, da» einem zu Gebote steht, um zum Ziele zu gelangen. Ob ich da» meinige erreichen werde?" Sie warf einen prüfenden Blick in den Spiegel, der ihre stolze, schlanke Figur und das regelmäßig schöne Antlitz widerstrahlte, und lächelte siegesbewußt; dann wendete sie sich rasch ab und ging hinüber in da» Mufikzimmer, wo Hans Roland am Flügel lehnte und in den Noten blätterte. Bei ihrem Eintritt legte er die Hefte fort und verbeugte sich tief. (Fortsetzung folgt.) 1«,?» 150,— 88,70 59.13 120,50 47,70 8,57 58.13 111,25 2S3.— . 8eLIll« rnliix. UU». aick.Lr» ort»». »»»llt. eck . Hort». k»o.— ll lllSU«»t«> 89', ) kLCiao I 821» sollt I 3 «ll 1719,— ck«ll I — od»llk I 568,— w j 635,— »lll-UvtiSll »«ll I scollt I lltl Mikl Oslck !Itt — 3525 80 5750 5850 'M —— 3450 75 14800 — 8U 2775 2850 oc 3300 3400 35 4600 — 36 3300 — 8I> 5000 - NO 11125 11300 NO 13600 — 7k> 10175 —— NO 8125 8225 — 6300 6400 90 4350 45 — 740 - 3000 — - — 2500 50 1000 — —— 11800 90 —— 3750 2800 80 >»» 2820 NN 15500 7b 11700 — 30 » — - 5550 5650 8800 8800 00 — 18800 — — 5125 — 315 340 — - — 2730 — — 270 bO — 26000 — 2300 2400 — 360) 3650 — —— 875 20 13325 13475 - — 1230 - 2525 — 1200 - 2800
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