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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.12.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-12-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971217019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897121701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897121701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-12
- Tag1897-12-17
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Größere Schriften laut unserem Prei- verzeichniß. Tcbellarischer und Ziffernsap nach höherem Tarif. - —c>»— Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesürderung 60-, m«t Postbesürderung .St 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morge n-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige» sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Freitag den 17. December 1897. 91 Jahrgang. Zllilih -er Lauhandwerker. Nachdem der Reichstag und die parlamentarischen Körper schaften der meisten Cinzelstaaten wiederholt den Wunsch aus gesprochen hatten, cS möge eine gesetzliche Sicherung der Bau bantwerker und Bauarbeiter für ihre aus Arbeiten und Lieferungen an Neu - und Umbauten erwachsenden Forderungen bcrbeigesübrt werden, ist bekanntlich auf Veranlassung des preußischen Staatsministeriums eine auS Vertretern der be- tbeiligten Ministerien bestehende Commission, zu der auch Vertreter des Reichsamtes des Innern und des Reichsjustiz- amleS hinzugezogen waren, zur Berathung der Frage zusanimengelrelen, in welcher Weise den bestehenden Miß ständen im Baugewerbe enlgegengewirkt und ein Schutz der Bauhandwerker gegen Ausbeutung herbeigeführt werden könne. Die Früchte dieser Berathung sind der Entwurf eines ReichSgesetzeS, betreffend die Sicherung der Bau forderungen, und der Entwurf eines preußischen Ein führungsgesetzes, die vom „NeichSanzeiger" zu dem Zwecke veröffentlicht werden, die Vertreter der von diesen Entwürfen betroffenen wirtbschaftlichen Interessen zu Urtheilen und Vorschlägen betreffs der weiteren Beschlußfassung über die Entwürfe zu veranlassen. Von welchen Gesichtspuncten der Entwurf eines Reichs gesetzes auszeht, ergiebt sich aus der ihm beigegebenen Be gründung. In dieser wird hervorgehoben, es fedle zwar an zuverlässigen statistischen Ermittelungen über die Verhältnisse im Baugewerbe, gleichwohl könne als feststehend angenommen werden, daß in Berlin und anderen Städten sich ein förm liches System der Ausbeutung der Baubandwerker und Bau arbeiter herausgebildet habe, durch das diese erheblich ge litten Haden oder vielfach wirihschaftlich zu Grunde gegangen find. Die seil Jahren vorgebrachten Klagen würden durch die Berichte der preußischen Behörden durchaus bestätigt, für Berlin auch aus Grund der beim Gewerbegerichl ge machten Beobachtungen von dessen Vorsitzenden als in vollem Umfang berechtigt anerkannt. Die beklagten Zustände werden in der Begründung wie folgt geschildert: Der Besitzer einer Baustelle, welcher diele mit thunlichst hohem Gewinn verwerthen will, baut nicht selbst, sondern jucht einen Bauunternehmer, dem er zum Zwecke der Bebauung das Grund stück zu einem Hoden Preise verkauft. Darauf, Last dieser Bau unternehmer zahlungsfähig ist, wird von dein Verkäufer kein Gewicht gelegt, im Gegentheit werden unsolide Elemente bevor zugt, weil diese geneigt sind, weil über den wahren Werth hinansgehende Preise zu bewilligen. Der Kauspreis wird hypothekarisch eingetragen, außerdem wird ein Baugeldvertrag abgeichiossen, durch welchen der Baugeldgeber sich verpslichici, nach Maßgabe des Forlichreitens des Baues bestimmte Beträge zu zahlen, deren Rückzahlung durch eine vor Beginn des Baues eingetragene Hypothek sichergestellt wird. Die Bedingungen des Beitrages sind in der Regel sehr ungünstig für den Bauunternehmer und derart, daß der Baugeldgeber mit Leichtigkeit cs zu einer Zwangsverneigerung des Grundstücks bringen kann. Baugeldgeber Ul eniweoer der Verkäufer selbst oder ein Dritter, häufig ein Bankinstitut; im letzteren Falle wirb meist dein Baugelddarlchn in gewissem Umsange das Vorrecht vor dem eingetragenen Kauf- gelb eiiigeräumt, mindestens in so weit, als das Kausgeld den wahren Werth der Baustelle übersteigt. Ein Theil der Baugelder wird in allen Fällen zur Bezahlung der Banhandwerker, Arbeiter und Lieferanten verwendet, damit das Bauen in Gang kommt. Im Uebrigen kommt es auf die Person des Bauunternehmers an. Ist er gewissenlos, so verwendet er den Rest der Bau gelder zur Bezahlung anderer Schulden und zur Bestreitung eines seine Verhältnisse übersteigenden Aufwandes. Alsdann ist der Zu- iammenbruch nach kurzer Zeit unvermeidlich, und das Gebäude, welches vielleicht im Rohbau fertig geworden ist, fällt in der Zwangsversteigerung an den Baugeldgeder oder den Verkäufer, während die Bauhandwerker und Bauarbeiter bei der Vcrtheilung des durch die eingetragenen Hypotheken voll in Anspruch genom- menen Erlöse» leer ausgehen. Aber auch dann, wenn der Bau- Unternehmer nicht darauf ausgeht, auf Kosten der Hand- werker und Arbeiter zu leben, kommt es leicht zur Zwangsver- steigerung, weil die Äaugelder nicht zur vollständigen Deckung der Baukosten ausreichen, vielmehr in der Regel nur in Höhe von zwei Dritteln Les Betrages der Baukosten gegeben werden. Auch der solide Bauunternehmer muß, wenn er nicht kapitalkräftig ist, um den Bau vollenden zu können, eine längere Trebitirung eines Theiles der den Bau bandwerkern zu zahlenden Vergütung in Anspruch nehmen. Gelingt es ihm, das Haus fertig zu stellen und bald günstig zu veriniethen oder zu verkaufen, so koinmen alle Betheiligten zu ihrem Gelde. Häufig wird ihm aber die Vollendung des Baues oder die günstige Vrrwcrthung desselben uumöglich, sei es infolge ungün stiger Conjuncturen, sei es infolge des Drängens seiner Hypo- thekengläubiger und chicanöser Ausnutzung der ihm nachtheiligen Bestimmungen des Baugeidvertrages; dann ist Las Ergebniß im Wesentlichen das gleiche wie bei dem unredlichen Bauunternehmer, die Bauhandwerker fallen in der Zwangsversteige rung acks. Die Beseitigung dieser Mißstände liegt, wie es in der Begründung heißt, nicht nur im Interesse der Baubandwerker und Bauarbeiter, sondern wird auch durch di: Rücksicht auf die WodnungSverbältnisse und Mietbspreise geboten. Sie könne aber nur im Wege der Gesetzgebung erfolgen. Lassen es auch die Baubandwerker vielfach an der nölhigen Vorsicht fehlen, lassen sie sich sogar häufig mit Personen ein, deren Creditunwürdigkeit ibnen genau bekannt ist, indem sie hoffen, daß die Baufpeculakion glücklich auslaufen werde, und sich für ihr Risico übertriebene Preise ausbedingen, so dürfe doch nickt übersehen werden, daß Vie Baubandwerker die wirth- schaftlich Schwächeren seien und daher gesetzlich geschützt werden müßten. In dem heutigen RechtSzustaud liege eine Unbillig keit, die von dem allgemeinen Rechtsgefühl schwer empfunden werde. Die Grundrüge des Entwurfs, der diese Mißstände beseitigen soll, sind folgende: In Len durch landesherrliche Verordnung bestimmten Bezirken (8 I) wird im Fall der Errichtung eines Neubaues (8 2) den Bau handwerkern und Bauarbeitern sür ihre Bausorderungen (8 7), falls deren Anmeldung binnen bestimmter Frist (8 6) ersolgt, eine Siche- rungshypothek an dem Baugrundstücke (Bauhypothek) ge währt (8 10). An dieser Bauhypothet sind alle Banhandwerker und Bauarbeiter zu gleichen Rechten betheiligt (8 14). Gegenüber anderen Rechten am Grundstücke bestimmt sich der Rang der Bauhypothet in der Weise, daß sie allen Rechten vorgeht, welche nach einem vor Beginn des Baues einzutragenden Bau vermerk (8 2) eingetragen sind, und auch gegenüber früher eingetragenen Rechten einen beschränkten Vorrang genießt, nämlich insoweit, als der Erlös der Zwangsversteigerung den mit dem Bauvermerk einzutragenden Baustellenwerth oder die Ueberschüsse der Zwangsverwaltung vier Procent dieses Baustellen- werthes übersteigen (8 15). Besonders geregelt ist das Verhältniß der Bauhypothek zur Baugelderdypothek (8 16) und zwar dahin, daß im Verhältniß zum Baugeldgeber außer dem Baustellenwerth auch rin Betrag, welcher den aus Len Vaugeldern zur Tilgung von Bau sorderungen geleisteten Zahlungen entspricht, dem Vorrecht der Bau handwerker und Bauarbeiter entzogen ist. Tie Bestimmung der Grundsätze sür die Bemessung Les Baustellenwerthes und die Rege lung des Feslstellungsverfahrens ist der Landesgesetzgebung oder landesherrlicher Verordnung überlassen^ (8 3). Eine Gefährdung des reellen Hypolbekenverkehres sei, so meint die Begründung, von dem Entwürfe nicht zu besorgen. Infolge der Einschränkung seines Geltungsbereiches werde die Hauptmasse der Hypotheken von ibm überhaupt nicht berührt werden; Hypotheken auf ländlichen Grundstücken, sowie auf Gebäuden behalten ihre bisherige Rangordnung ungeschmälert. Aber auch in den Neubaubezirken, in denen die Eintragung eines Bauvermerkes und einer Bau- hypotbek erfolgt, werde eine unzulässige Beeinträchtigung des Hypothekenverkehres nicht staltsinden. Zn Betracht kommen nur Beleihungen unbebauter Grundstücke. Waren diese zur Zeit der Beleihung Baustellen, so ist der Gläubiger gewissermaßen Theilnehmer an der Bau- speculation, er weiß, daß der Werth einer Baustelle ein schwankender ist, und kann sich nicht darüber beklagen, daß sein Vorrecht auf den bei Beginn des Baues festzusetzenden Werth der Baustelle beschränkt wird. Jedenfalls verdienen vom Billigkeitsstandpuncte aus die Bauhandwerker und Bau arbeiter, welche den Werth des Grundstücks durch ihre Leistungen erhöht haben, den Vorzug vor Denjenigen, die beim Beleihen des Grundstücks ihre Sicherheit nur in der Erwartung künftigen Steigens der Bauplatzpreise suchen. Ist das Grundstück zu einer Zeit belieben, zu welcher eine künftige Bebauung nicht in Betracht gezogen war, so ist mit Sicherheit anzunehmen, daß der Baustellenwerth ein höherer sein wird als der Werth zur Heit der Beleihung, so daß auch in diesem Falle drc Beschränkung auf den Baustellen werth Bedenken nicht begegnet. Durch das preußische Einführungsgcsetz werden Bauschöffenämter zur Festsetzung des Baustellenwerthes geschaffen. Die Errichtung des BauschöffenamlS erfolgt durch Ortsstatut, das der Bestätigung des Bezirksausschusses bedarf. Das Bauschöffenamt besteht aus dem Vorsitzenden und der erforderlichen Zahl von Schöffen. Die Wahl erfolgt durch die Gemeindevertretung oder den Magistrat; die Wahl des Vorsitzenden und des Stellverlrekers, wenn sie nicht auf einen Beamten fällt, bedarf ebenfalls der Bestätigung und zwar des Regierungspräsidenten. Das Amt ist ein Ehrenamt. Die Entfernung des Schöffen aus dem Amt ist nach dem Disciplinargesetz von 1852 zu lässig. Das Bauschöffenamt hat für die Neubaubezirke einen dem durchschnittlichen Werth entsprechenden Einheitssatz für das Quadratmeter der Baustellen festzusetzen und öffentlich bekannt zu machen. Der Baustellenwerth des einzelnen Grund stücks ist danach zu berechnen, doch kann der Eigenthümer eine besondere Abschätzung des Werthes beantragen. Tie Feststellung ist endgiltig. Die Bescheinigung des Werthes er folgt gegen Gebühren. Für die Eintragung des Bauvermerks bat der Eigenthümer 10 zu entrichten. Im Uebrigen trägt die Kosten des Bauschöffenamtes die Gemeinde. Deutsches Reich. 42 Berlin, l6. December. Auf das Hineintragen des Streites zwischen den beiden Gruppen des Freisinns in den Reichstag, das Herr Rickert für angemessen gehalten, bat sein Widerpart Richter vorgestern einstweilen in einem überaus gereizten Leitartikel geantwortet, um Tags darauf zu „Thaten" überzugehen. Die „Freis. Ztg." veröffentlicht folgende Note: „Tie Freisinnige Volkspartei hielt Dienstag Abend in Gemeinschaft mit der Deutschen Volks Partei eine Fractions- sitzung ab, in welcher die Stellungnahme zur Militairstras- proceßreform und zu anderen politischen Tagessragen erörtert wurde. In derselben Sitzung erstatteten die vollzählig anwesenden Mitglieder Les geschästsführenden Ausschusses der Partei aus führlich Bericht über das Verhältniß zur Freisinnigen Vereinigung bei der Wahlbewegung unter Klarstellung der Sach lage in denjenigen sechs Reichstagswahlkreisen, in welchen bis jetzt eine Einigung beider Richtungen über einen gemeinsamen Candidaten nicht besteht Daß die Freisinnige Volkspartei im Anschluß an die schon im Frühjahr vor der Oefsentlichkeit abgegebenen Erklärungen bereit ist, vrovinzenweise zu verhandeln, ergiebt das in den letzten Wochen abgeschlossene Uebereinkommen mit der Freisinnigen Vereinigung sür Mecklenburg. Zugleich wurde vor der Fraction die Art und Weile geichildert, wie die Freisinnige Vereinigung durch ihre Ge- jchästsfiihrung und durch die Behandlung der Candidaturfragen in der Presse weitere Einigungen erschwert. Tie dcssallsigen (!) Ausführungen der Mitglieder des geschästsführenden Ausschusses wurden vollauf bestätigt und ergänzt durch Mitthellungen anderer Abgeordneten. Tie Fraction bekundete einmüthig ihr Einverständniß mit den für die weitere Behandlung der ein schlagenden Fragen ausgestellten und mitgetheilten Grundsätzen des geschästsführenden Ausschusses." Tie Unterstützung des Herrn Nickler durch die „Deutsche" Volkspartei bat keinen praktischen Werth, da in keinem ein zigen der zwischen Volkspartei und Vereinigung strittigen Wahlkreise die süddeutsche demokratische Partei irgendwelchen Einfluß übt. Moralischen Werth besitzt die Zustimmung der Gruppe Haußmann-Quidde-Sonneinann natürlich erst recht nicht. ll. Berkin, 16. December. Tausende von unseren braven Marinemannschaften befinden sich auf den Stationen sehr fern von ter Heimath; mehrere Tausende verlassen gegenwärtig den heimalhlichen Boden und werden gar bald das Bedürfniß, mit den Lieben in der Heimath durch die Post zu verkehren, ebenso lebhaft empfinden wie die schon „draußen" befindlichen. Tie Post hat zur Befriedigung dieses Bedürfnisses Schiffsposten eingerichtet. Am 1. October 1895 traten sie ins Leben und zwar zunächst versuchsweise auf sechs Kriegsschiffen, 4 der oslasialischenSlation,„Kaiser", „Irene", „Prinzeß Wilhelm", „Arcona" und auf „Bussard" und „Falke". Jetzt befinden sich Marineschiffsposten auf allen 02 Fe»irH«tsn. Aus -em Reiche -er vier Wenzel. Müßige Gedanken eines Skatspielers. Von Hermann Hamm. Nachdruck »erboten. „Aber, Männchen, schon wieder zum Skat? Mutz das sein?" „Natürlich, Frauli, heute ist ja der grotze Preisskat!" „Gott sei Dank, das ist nun das vierte Mal in der Woche." „Ja, das ist kein Wunder, jetzt ist die beste Slatzeit. Ihr Weibervolk habt jetzt doch schon die Weihnachtsheimlichkeiten und stickt und häkelt und verderbt Euch die Augen, wahrend lvir . . . ." „Während Ihr Euch die Augen in der Kneipe verbessert und dabei einen schönen Posten Geld verliert." „He, he, patz mal auf, heute Nacht komme ich mit einer fetten Gans oder mindestens mit einem Hasen heim." „Der Hase, den Du heimbringst, wird wohl ein Kater sein, man macht ja überhaupt in den Kneipen aus Katzen Hasenbraten. Air werden ja sehen! Und was war denn das am Mittwoch für ein Skat zum Besten der Abgebrannten? Ich habe doch seit Jahren nichts von Abgebrannten in der Zeitung gelesen." „Na, offen gestanden, die „Abgebrannten" waren mein Freund Majorke und ich. Aber natürlich haben wir noch Geld zu verloren, denn die Geldprotzen Hessclbauch und Zertow haben uns gründlich gerupft." „Aha, so sieht es aus. Da siehst Du, wohin der Skat führt, zur Lüge und zum wirthschaftlichen Ruin. Ueberhaupt verdirbt er den Charakter und verblödet Euch vollkommen!" „Weiter nichts? Na, dann leb wohl, Frauli, um zwölf bin ich spätestens zurück." „Hm, hm, sagen wir drei. Adieu und viel Glück." O weh, un hatte mir meine Frau viel Glück auf den Weg ge wünscht und wir Skatspieler haben doch genau so wie die Jäger den sicherlich sehr vernünftigen Aberglauben, datz es Pech bringt, wenn einem beim Aufbruch Glück gewünscht wird. O, das Pech fing schon an. Ich hatte eine halbe Stunde lang gegen den Wind und den mit Schnee vermengten Regen anzu kämpfen.. Pferdebahnverbindung hatte ich nicht und durch eine theure Droschke wollte ich mir die ohnehin schon hohen Spesen nicht noch mehr vertheuern. War es nicht eigentlich ein Unsinn, bei dem Wetter in die dumpfige Kneipe zu laufen, wo es zu Hause so mollig und gemächlich war? Einen Augenblick dachte ich daran, umzukehren. Aber nein, das wäre eine unmännliche Schwäche gewesen. Also vorwärts! Ich ärgerte mich über meine Frau; was waren das für thörichte Redensarten: wirthschaftlicher Ruin, Verderb des Charakters, Verblödung! Wirthschaftlicher Ruin! Das klang besonders gut. Nächstens wird meine Frau eine Abhandlung schreiben: der Skat und der Volkswohlstand. Dasheitzt spatzeshalber fing ich nun selbst an, mir auf dem langen Wege so einen kurzen Ueberschlag zu machen, was es mit dem Skat wirihschaftlich auf sich hat. Nehmen wir I einmal an, was wohl nicht zu hoch gegriffen erscheint, datz vier I Procent aller Deutschen regelmätzig Scat spielen, so ergiebt das s zwei Millionen Skatspieler. Wenn nun der Einzelne im Durch schnitt wöchentlich sechs Stunden spielt, vielleicht zwei mal je drei Stunden, oder einmal in der Woche zwei und Sonntags vier Stunden, so macht das einen hübschen Posten Zest aus. Wenn Emer vom 20. bis zum 70. Lebensjahre spielt, so opfert er dem Skat 18 600 Stunden! Herr des Himmels, das sind ja zwei Jahre I Monat 15 Tage; und da man doch nicht ohne Schlaf und ohne Unterbrechung Skat spielen kann, sondern beim Stat die Forderung des Achtstunden - Arbeitstages recht berechtigt scheint, so sind es fünf Jahre 4 Monate 14 Tage (anstandshalber habe ich ein Schaltjahr mitgerechnet!), die man beim Skat ver bringt. Da ist es ja ein Glück, datz die wenigsten Menschen so alt werden; denn wenn man ihnen diese Verwendung des Le bens im Nekrolog nachrühmte, würden sie sich gewitz im Grabe umdrehen. Wenn man die Zeit und die Energie anders verwerthet, was könnte man Alles damit anfangen! So tonnte man z. B. im gemächlichen Tempo, die Meile immer ca. 1Z Stunden, genau zwei Mal um den Acquator herumgehen, was allerdings ein ziemlich nichtiges Vergnügen wäre. Aber das ist schliehlich Sache des Einzelnen, was er im Ne krolog haben will. Wie steht's aber mit dem Volkswohlstand? Rechnen wir, datz die Summen von Intelligenz und Kraft — man denke blotz an die Kraft, mit der manche Spieler mit den Karten auf den Tisch hauen! — statt auf den Skat, dazu ver werthet würde, irgend welche Arbeit zu leisten und Werthe zu produciren, und nehmen wir die Arbeitsstunde mit vierzig Pfenni gen Werth, so würde der Einzelne alljährlich Werthe im Betrage von 148 Mark 80 Pfennig, also rund 150 Mark produciren, das macht bei zwei Millionen Skatspielern das Sümmchen von 300 Millionen Mark jährlich, um die man das Vaterland schä digt, gegen die die jetzigen Einnahmen des Staates durch Spiel kartenstempelsteuer hier nicht in Betracht kommen. Würden wir das lumpige 20 Jahre fortsetzen, so könnten wir, ohne jemals Zinsen fürs Capital zu berechnen, Deutschland den stattlichen Kriegs- und Friedensschatz von sechs Milliarden Mark anbieten, um die Hälfte mehr als die französische Kriegsentschädigung be trug. Würde aber der Einzelne das Geld für sich bei mäßigen Zinsen Zins auf Zins anlegen, so hätte er im 70. Lebensjahre allein daraus ein Vermögen von über 30 000 Mark. Dieser Gedanke hätte mich aufrichtig betrübt, wenn mir nicht zum Glück die beiden Leute eingefallen wären, von denen bei gleichem Einkommen und gleicher Lebensführung der Eine raucht und der Andere nicht raucht, der Nichtraucher sich aber trotz dreihigjähriger Entsagung noch immer keine Villa zusammengespart hat. Anscheinend finden sich unter den Nicht-Skatspielern im Verhältniß auch nicht mehr Billenbesitzer und Rentiers als unter den Skatspielern. Trotzdem reizte es mich, die Sache nun noch unter einem j anderen Gesichtspunkte anzusehen. Rechnen wir lieber mit den I thatsächlichen Skatumsähen. Nehmen wir an, daß an jedem Skat- I tisch pro Stunde und Person 50 Pfennig umgesetzt werden und daß Jeder im Durchschnitt so oft gewinnt wie verliert. Von dem Gewinn hat der Spieler bekanntlich meistens nichts, da er für ge wöhnlich sofort in Bier oder anderen Annehmlichkeiten draufgeht. Bleibt also der Verlust: 78 Mark jährlich, oder für ganz Deutsch land 156 Millionen Mark. Auch dafür könnte man in wenigen Jahren schöne Sachen anschaffen, z. B. kleine Panzerkorvetten oder zum mindesten eine Hilfskraft für die vielseitigen Locomotivführer in der Schwetzer Gegend. Auch das warme Abendbrod der Sol daten brauchte nicht mehr von dem Wohlwollen herrschaftlicher Köchinnen abzuhängen. Aber wenn man an einem Tage für das Geld Freibier gäbe, das Liter zu 30 Pfennig, das wären 52 Millionen Hectoliter, also auf den Kopf der Bevölkerung rund ein Hectoliter. Himmel, gäb' das einen Mordsrausch! Ich mutzte selbst über das Resultat meines Nachdenkens lachen. Was würde meine Frau dazu sagen? Das sie recht habe, natür lich! Also darf sie es nicht erfahren. Aber wie steht's mit den anderen Vorwürfen, z. B. der Verblödung? Davon kann ja nun wirklich keine Rede sein. Im Gegentheil, der Stat regt geistig an. Freilich, ein bischen bedenklich ist es, daß alle Spieler aber gläubisch sind. Jeder glaubt an ein persönliches, gewissermaßen vorher bestimmtes Glück oder Pech, und Freund Majorke geniert sich sogar nicht, wenn er im Pech sitzt, seinen Stuhl umzudrehen, während Freund Hessclbauch den harmlosen Fremdling, der ihm über die Achsel schaut, also zu deutsch den „Kiebitz", dafür ver antwortlich macht, daß er ihm „durch seine grünen Augen das Spiel verkorxt habe." Auch die Unterhaltung beim Skat pflegt nicht übermäßig geistreich zu sein. Vor einigen Tagen hatte ich vom Nebentische aus zum Scherz die Unterhaltung dreier Skat spielen nachstenographirt. Wo hatte ich nur den Zettel? Richtig, da ist er: „Wer giebt?" — „Immer wer fragt." — „Vielleicht reizen Sie endlich?" — „Sind Sie denn schon wieder Vorhand?" — „Nu, Sie sehn doch!" — „Also zehn?" — „Habe ich" — „Zwölf?" — „oder fängts an." — „Vierzehn?" — „Ich passe" — „da will ich mal sehen, was...." — „Erlauben Sie, ich bin doch auch noch da, sechszehn?" — „Was können Sie denn groß haben?" — „Das werden Sie schon hören; achtzehn." — „Hab' ich." — „Also ich hab' Null." — „Dann hab' ich Treff." — „Also raus zu Treff" — „Couer Atz", „der König." „Da geb ich die Zehn." „Ein Bund Cigarren, 25 Stück." „Pique Ah." „Hab' ich nicht." „Geht'n Atout weg." — „Die Kleinen treiben die Großen." — „Wir wimmeln, was Beine hat!" — „Bitte nicht reden." — „Ach, Unsinn, wir haben überhaupt 62, Sie sind rum." „Natürlich, das kommt nur von Ihrem dummen Null, ich wollte tourniren." — „So? Dumm? Beinahe ouvert!" — „Hätten Sie ihn doch gespielt." — „Das ist doch meine Sache." — „Keine Leichen reden!" — „Wer giebt?" — „Sie!" — „Ich schon wieder, ich habe doch eben gegeben." — „Sie haben Couer-Aß ausgespielt." — „Ja richtig, also her mit den Karten." — „Es ist schon mal Je mand beim Mischen gestorben!" — „Ich geb' ja schon," u. s. w. Geistreich ist das ja nicht: aber man kann ja auch ohne viele Redensarten spielen, man thut's aber nicht. Aber auf der anderen Seite, wie viele geistige Anregung bietet das Spiel, welches Ver ¬ gnügen bietet es, wenn man ein leidlich sicheres Spiel des Gegners durch gutes Gegenspiel herumgebracht hat. Und Schadenfreude ist nun mal die reinste Freude. Aha, da haben wir den verdor benen Charakter. Das ist richtig: liebenswürdiger werden die Leute beim Skat nicht. Wenn ich an unfern Stammtisch denke! Zertow ist der lustigste Mensch von der Welt, unerschöpflich an Einfällen. Aber beim Skat! Da wimmert er. Unaufhörlich murmelt er: „So ein Pech", „So kann nur ich turniren", „natür lich wieder kein Blatt", aber er wimmert auch unentwegt, selbst wenn er im Gewinn sitzt. Vielleicht auch aus Aberglauben; manche Spieler halten Wimmern für nützlich. Das ist so der eine Typus. Ein anderer ist Freund Heffelbauch. Er bestreitet auch sonst im Leben Alles (außer unserer Zeche, die müssen wir leider immer noch selbst bestreiten), aber beim Stat ist sein Wider spruchsgeist wahrhaft großartig. Er behauptet nicht etwa: wenn Sie so und so gespielt t-ätten, hätten wir gewonnen" sondern „wenn Sie so und so gespielt hätten, hätten wir 68 bekommen", oder 63, oder gar 72, je nachdem er bei Laune ist. Der Dritte, der schöne Majorke, wird aufgeregt, ärgerlich, verdrießlich und stellenweise unliebenswürdig. Aon mir behaupten meine Freunde, daß ich ein großer Streithammel bin. Es mutz schon wahr sein, da ich selbst Hesselbauch manchmal klein gekriegt habe. Aber ich gehöre außerdem zum Geschlecht der „Leichenredner", ich pflege jedes Spiel zu kritistren, was mehr belehrend als unterhaltend ist. Nur in einem Punct sind alle Skatspieler gleich: in ihrer Ab neigung gegen Kiebitze, die man auch Skatwanzen nennt. Aber das ist rein menschlich und kein Zeichen von Verderb des Cha ralters. Ueberhaupt: die Schadenfreude sei zugegeben; aber dafür die freudige Aufregung bei seltenen Spielen. Das pflegen auch die Gegner als rühmlich für den ganzen Tisch weiterzuverbreiten. So kürzlich: Majorke hatte in den drei höchsten Farben die Wenzel, Atz und König und die Carreau 7. Er verspricht sich und sagt statt „Grand" ein „Null ouvert" an. Und so unglaublich es klingt, er gewann ihn, denn die Mittelhand hatte die drei passen den Damen und sämmtliche fehlenden Carreaus, kam also nie vom Spiel weg. Gab das eine Aufregung! Mit dem erfreulichen Gedanken an dieses Spiel kam ich in unserem Stammlocal an und spülte schnell alle Scrupel mit ein paar Gläsern Bier hinunter. Aber in gewissem Sinne hatte meine Frau recht. Ich spielte, da ich beim Preisskat mit wenig bekannten Spielern zusammengewürfelt war, erstens ziemlich blöde, vielleicht weil ich in Gedanken doch noch bei der Millionen rcchnung war, zweitens zeigte ich einen schlechten Charakter, denn ich gönnte meinen Mitspielern alles Schlechte und mir alles Gute, und drittens wurde ich zwar nicht wirihschaftlich ruinirt, aber ich verlor über einen Thaler. Natürlich! Meine Frau hatte mir ja Glück gewünscht. An einen Preis war nicht zu denken. Aber ich wuhtc mir zu helfen. Die fette Gans hatte ein Junggeselle ge Wonnen, und ich kaufte sie ihm für neun Mark ab. Fazit: Aus gaben incl. der Zeche 16 Mark, Einnahme eine Gans im Werthe I von etwa 6 Mark, aber ausserdem — die anstandslose Erlaubnis; l meiner Frau, soviel Preisskate mitzuspielen, wie ich irgend mag. I Die Frauen sind doch Alle gleich! Und wir Männer?
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