Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.12.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-12-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971221019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897122101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897122101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-12
- Tag1897-12-21
- Monat1897-12
- Jahr1897
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Die Morgeu-AuSgabr erscheint um Ve? Uhr. dir Lbrnd-LuSgab« Wochentag« um b Uhr. Lrd«rti»n »nL Erpe-Mo«: Johanne»,affe 8. Vie Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Filiale«: Vito klemm'« korti«. (Alfred Hahn). UniversitätSstraße 3 (Paulinum), Laut« LSsche, Katbarineustr. 1«, Part, und körng-platz 7. BezttgS'Prei- «I her Hauptexpedition oder den im Stadt- bezirk und den Vororten errichteten Au«- gabestellra abgeholt: viertetjührltch^i4.ö0, bei zweimaliger täglicher Luktellung in« Hou« SchO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteliahrlich >» . Direkte tägliche kreuzbandsendung in» Ausland: monatlich 7.bO. Morgen-Ausgabe. MpMerTagMatt Anzeiger. Antlsölatt des Höniglichen Land- und Ämlsgerichtes Leipzig, -es Ruthes «nd Rolizei-Ärntes der Ltadt Leipzig. Attzeigett-PeeiS b?e 6 gespaltene Petitzeile 20 Pig. Reclamen unter dem Redaction«strich («ge spalten) üO^, vor den FamUiennachrichtru (6 gespalten) 40/^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsa» nach höherem Tarif. trxtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbefördernng 60.—, mit Postbefördernng 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abeud-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Oxpeditioil zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 649. Dienstag den 21. December 1897. Sl. Jahrgang. Die deutsche Flottenpolitik und ihre Gegner. L Es wird allgemach Zeit, daß die Freunde eine« kräftigen Schutzes der deutschen Interessen im Auslande ihr Verhalten nach dem der Gegner einrrchten. Wenn diese die beantragte Fiottenvermebrung und die Expedition nach China als den Beginn einer Aera deutscher „Weltmacht"-Politik, wie sie dei uns Niemand will, hinstellen, so sollte man auf der andern !eite daS kleine ostasiatjsche Unternehmen nicht fortgesetzt als ein „epochales" Ereigniß feiern und sich sogar darüber be schweren, daß eS Leute gab — und sie bildeten sogar die große Mehrzahl —, die sich in der zweiten Decemder woche 1897 denn doch nicht so entstammt zeigen zu 'ollen glaubten, wie sie oder ihre Väter in der zweiten ,'uliwoche des Jahres 1870 es gethan. Wenn man mit der CcntrumSpresse über die Bedeutung der Kieler Rede des Prinzen Heinrich in einer Weise poleniisirt, als ob man wirklich meine und wünsche, dem gesammten AuSlande solle nunmehr das „Evangelium" des Willens des deutschen Kaisers mit Kanonen verkündet werden, oder wenn man den Reichs tag tadelt, weil er den 15. December nickt zum Gegen stand einer begeisterten Kundgebung gemacht hat, so leistet man den halb oder gar nickt nationalen „Deutschen" einen sehr willkommenen Dienst. Man giebt ihnen durch die über schwängliche Beurlheilung dessen, was jetzt geschieht oder ge schehen soll, den erwünschten Stützpunkt für eine Schilderung der jetzigen überseeischen Politik Deutschlands, in der die Thatsackcn, raß das Einbringen der Marinevorlage und die Besetzung der Kiao-Tsckau-Bucht unvermei d licke Maß nahm en gewesen sind, zurücktreten oder gar in ihr Gegentheil umgeredet und umgeschrieben werden können. Wir nehmen, hierin noch immer sehr weit hinter dem Beispiel aller anderen handel treibenden großen Nationen zurückbleibend, ein kleines Stückchen chinesischer Küste. Warum dieses Ereigniß durch ei» Ver größerungsglas zeigen? Die Deutschen sind ein nüchternes Volk und nur geneigt, sich für Nothwendigkeikrn Opfer aus- znerlegen. Der Glanz reizt sie nun einmal nickt. Und die Erkenntniß, daß wir zur See viel schwächer sind, als es die Sicherheit des Reiches und die Interessen des deutschen Handels erfordern, gewinnt mit jedem Tag neues Terrain. Tausendmal mehr als die begeistertsten Leitartikel wirkt für sie zum Beispiel die bereits mitgetheilte Meldung aus Reut lingen. Der württembergische Demokrat Gal le r hat erst ver gangene Woche im Reichstage behauptet, Süddeutschland stehe der Flottensrage durchaus ablehnend gegenüber. Natürlich wollte der Herr vor Allem für sein schwäbisches Heimathland als Gewährsmann angesehen werden. Nun aber kommt die Reutlinger Handels- und Gewerbekammer, um prompt den Beweis für das Gegentheil zu liefern. Sie erklärt sich in einer Eingabe an den Reichstag einstimmigfür die Flottenvermehrung. Und um Herrn Galler und seine süd- wie norddeutschen, in Fractionspolikik aufgehenden „volksparteilichen" Parlaments genossen den Kelch bis zur Hefe leeren zu lassen, ist eS der Führer der Süddeutschen Volkspartei in Reutlingen, der in der Handelskammer erklärt: „Wir können hier nicht Nein sagen. Wir müssen unsere Flotte vermehren, wenn wir unsere Stellung als handeltreibende Nation dem AuS lande gegenüber behaupten wollen." Der Mann sichert seine Parteistellung vor dem Vorwurf des Chauvinismus und er führt überdies den für freisinnige Ohren so ver trauenerweckend klingenden Namen Leopold Gutmann. Herr Richter hat sich bekanntlich der württembergischen VvlkSpartei eng angeschlossen, um sie im Kampfe gegen die positive Flottenpolitik der Freisinnigen Vereinigung zn ver wenden. ES bat aber gar nicht der Reutlinger Lection bedurft, um ihn zu einer Sch wen kn ng in der Flottenfrage zu bewegen. Er, der seit vielen Monaten unablässig bemüht war, die Parole „Keine neuen Schisse" zu der seiner Meinung nach den Sieg verbürgenden Wahlparole des gesammten Radika lismus zu machen, derselbe Herr Richter bietet beute das komische Schauspiel dar, daß er sich furchtbar erbost darüber zeigt, baß ihm aus der Freisinnigen Vereinigung heraus ge sagt worden ist, er habe nichts bewilligen wollen und werde nun „umfallen", umfallen müssen — auö Rücksicht auf die Wähler, notabene, die volksparteilichen Wähler. Und so ist es auch; Richter wird zwar gegen daS Marincgesctz und nicht für den größeren Tbeil der geforderten Schiffsneubauten stimmen, aber anstatt, wie er hoffte, mit seinem Nein bei den nächsten Wahlen Geschäfte zu machen, siebt er sich genölhigt, so zu stimmen, daß er sich bei den Wählern auf ein Za in der Flottenfrage berufen kann. Und statt aufzurechnen, was sie den Steuer ¬ zahlern durch Neinsagen schon Alles erspart habe ober dock habe ersparen wollen, windet sich jetzt die „Freis. Ztg.", nm in Vergessenheit zu bringen, daß ihr Nedacteur die Jahr zehnte hindurch in der Verweigerung selbst der nolhwenbigsteii Mittel für die Sicherung des deutschen Reiches die oberste Auf gabe eines deutschen Reichstagsabgeordneten erblickt hat. Ohne den „Umfall" befürchtet er Wohl und mit Grund, würde im No vember ein „Tandem" ausreichen, um die Fraction der Frei sinnigen Volkspartei in den Reichstag zu befördern, und er, Herr Richter, säße nicht darauf! Die „Kreuzzeitung" melket und die „Freisinnige Zeitung" bestätigt es, daß die Freisinnige Vereinigung eine Kundgebung gegen den Abg. Richter beabsichtige und daß sich Anhänger der Freisinnigen Volks partei daran betbeiligen werden. Wir legen dieser Nachricht wenig Gewicht bei und erwähnen auch nur beiläufig, daß der Kampf zwischen Richter einerseits und der Gruppe Rickert-Barth andererseits jetzt wieder in seitenlangen Zeitungsschlachten tobt. Aber eS liegt klar zu Tage, daß die verschiedenen Stellungen die die beiden freisinnigen Flügel zur Marineangelegenheit eingenommen haben, der flottensreundlichen Richtung zu Statten gekommen sind. Diese Entwickelung wird ihren weiteren Fortgang nehmen; mackt sie sich doch auch in der ultra montan en Presse bemerkbar. Wie wir Voraussagen zu dürfen glaubten, be ginnen klerikale Blätter einzuschen, daß der Episkopat doch wohl sachliche Gründe haben mußte, als er seine Segens wünsche dem Prinzen Heinrich mit auf den Weg gab, und daß der Papst sicherlich nicht in aller Form dem Kaiser für daS energische Eintreten zu Gunsten der Missionen Dank und Anerkennung bekundet haben würde, wenn nicht die Sache des ChristenthumS in China des deutschen Schutzes bedürfte. Schreibt doch jetzt die ultramontane „Schief. Volksztg.": „Nicht ohne innere Bewegung wird der Leser den gewaltigen Ernst des Augenblicks empfunden haben, der in der kaiserlichen An sprache, der Erwiderung des erlauchten Prinzen und Bruders Sr. Majestät, sowie in dem warmempfundencn DepescheuauStausch sich widerspiegelt, der zwischen den beiden Kirchensürsten und dem Monarchen in so schöner und ergreifender Weise erfolgte und der dem feierlichen Momente, der den Anlaß bot, eine besondere Weihe gab. Indem auch wir dem königlichen Prinzen und seinen Manne», welche im Begriffe stehen, Deutschlands Ruhm durch ferne Meere nach fernen Landen zu tragen und dessen schützende Macht dort zu Ehren des Kreuzes zu künden, aus ganzem, aufrichtigem Herze» glückliche Fahrt, guten Erfolg und frohe Heimkehr wünschen, rufe» wir ihnen zu: Auf Wiedersehen! Gott geleite und schirme Euch!" Von dieser Erwärmung für daS ostasiatische Unternehmen bis zu der Einsicht, daß ähnliche in Zukunft nur mit einer den stetig wachsenden maritimen Streitkräften der Gegner gewachsenen deutschen Flotte gewagt werden können, ist nur ein Sckritt. Er wird um so sicherer gethan werde», je weniger Vorwände zur Fälschung der Ziele unserer Flotten politik den Gegnern geboten werden. Weiß doch selbst der „Vorwärts" heute seine» Grimm über das deutsche Vor gehen in China an nichts Größerem auszulassen, als an dem Factum, raß Bewohner der besetzten Dörfer, die deutsche Soldaten mit Steinen geworfen hatten, mittels des alt gewohnten, wenn auch darum wahrscheinlich nicht lieb gewonnenen nationalen Bambusrohres bedeutet wurden, daß sie so etwas nicht thun dürfen. Deutsches Reich. 0. 8. Berlin, 20. December. Während des Bier- boycotts sang die socialkeinokratische Presse das Lob Les Directors Arendt vom Münchener Brauhaus, der ein Herz für die Arbeiter habe, in den böckstcn Tönen. In allen Arbeiterwerkstätten, in denen die Zielbcwußten Einfluß hatten, durfte nur daS boycottfreie Münchener Brauhanöbier ge trunken werden und wurde in um so größeren Quantitäten vertilgt, je mehr man sich dadurch ein Verdienst um die socialdemokratische Sache zu erwerben glaubte. Aber gar bald nach Beendigung ves Bierkriegs sah Herr Arendt ein, daß die „Genossen" die ganze Hand verlangen, wenn man ihnen den Finger reicht, unv die „Genossen" erkannten, daß Herr Arendt denn doch nicht geneigt war, sich ihnen völlig zu unterwerfen. So wurden denn Klagen über Klagen laut, und jetzt ist die Berliner Gcwerkschaftscommission zusammen berufen worden, um sich mit den Beschwerden der Brauer gegen Director Arendt zu beschäftigen. Dieser hat erklärt, daß seine Brauerei mit dem achtstündigen Arbeitstage nicht auskommen könne und daß daher der neuneinhalbstündige au dessen Stelle zu treten habe; in Zukunft könne er auch den Arbeitsnachweis der socialdemokratischen Brauer nicht mehr benutzen. DaS Letztere wird Jeder begreifen, der be denkt, daß die willigsten und brauckbarsten Arbeiter von dem socialdemokratischen Arbeitsnachweise nicht gestellt werde». Aber die „Genossen" sind tief empört, besonders über die Zurückziehung des Achtstundentages; Brauer Richter erklärte, diese Maßregel sei ein Schlag gegen die Berliner Arbeiter schäft, welche sich den Bruch eines gegebenen Versprechens nicht so rubig bieten lassen dürfe, und Brauer Preuß führte aus, da Arendt Vortheil vom Boycolt gehabt habe, so niüsie er auch das damals gemachte Zugestänvniß aufrecht erhalten. In einer Resolution wurde das Vorgeben des TirectorS Arendt auf daS Schärfste verurtheilt. Vielleicht erleben wir nun einen neuen Bierkrieg; jedenfalls wird der Mann, der vor drei Jahren als einziger „Arbeiter freund" unter seinen Collegen von den „Genossen" gefeiert wurde, bald völlig inne werden, was er sich durch seine Trennung von seinen Berufsgenoffen und durch Pactiren mit den „Zielbewußten" eingebrockt hat, deren Ziel die völlige Unterjochung der Arbeitgeber ist. V Berlin, 20. December. Der Kaiser hörte heute die Marincvorträge. Zur gestrigen Abendtasel hatte auch der Maler Hans Bohrdt eine Einladung erhalten. (-) Berlin, 20. December. (Telegramm.) Die „Nord- deut,che Allgemeine Zeitung" erklärt: Die (von uns erwähnte. Red.) Nachricht des „Sunday special" wegen event. Ueber lassung der Kohlenstation ans Licilien an Deutschland ent behrt jeder Begründung. , (-) Prrlin, 2o. December. (Telegramm.) Der „ReickS- anzeiger" meldet, daß die vortragenden Räthe des Aus wärtigen Amtes Wirkliche Legatwnsräthe Hamman und Mumm v. Schwarzenstein zu Geheimen Legations- räthen ernannt worden sind. (D Berlin, 20. December. (Telegramm.) Durch die „Norddeutsche Allg. Ztg." wird bestätigt, daß die Einberufung des preussischen Lanvtages für den 11. Januar n. I. in Aussicht genommen ist. Sofort nach dem Zusammentreten werden dem Landtage der StaatShaushaltS-Etat für 1898 und die Creditforderung von 100 Millionen Mark für Ansiedelungszwecke in Posen und Westpreußen behufs Stärkung des Deutschthums zugehen. D Berlin, 20. December. (Telegramm.) Die Be rufung des Antisemiten Sevlatzek gegen das den Freiherrn von Mirbach freisprechenbe Erkenntniß des Schöffengerichts wurde von der Strafkammer kostenpflichtig verworfen. — Für die Vervollständigung des deutschen Eisen bahnnetzes im Interesse der LandeSvertheidigung werden im Etat für 1898 6 698 860 gefordert. Den Haupttheil dieser Summe macht die letzte Nate deS Reichs Zuschusses zu den Kosten deö zweigleisigen Ausbaues der Strecken Frankfurt a. O.—Posen, Leipzig —Eilenburg, Finsterwalde—Bentschen und Cottbus-Lissa mit 3 811 200 aus. Als Zuschuß zu den Herstellungskosten der südbadischen Umgehungsbahnen werden 248 760 zu örtlichen Er- Feuilletsn. Die Wünschelruthe. Nachdruck verbot««. Zu allen Zeiten ging da« Streben vieler Menschen dahin, Verborgene», Unbekannte« zu erforschen, Schätze, Metalle, Quellen, Geheimnisse aufzudecken, Verbrecher und Diebe aufzu finden und von dem Allen sich Vortheile zu verschaffen. Hierzu .ählte man die verschiedenartigsten Mittel, man rief die Hilfe der Geister an, man benutzte dazu Pflanzen und Steine, haupt sächlich aber bediente man sich im Alterthum und bis zu Anfang unseres Jahrhunderts der Wünschelruthe. Das Alter der Wünschelruthe ist ein sehr hohes. Ein Schrift steller des Mittelalters, Matthesius, nimmt in seiner Bergpostille sogar an, daß sich schon Adam ihrer bedient habe. Die blühende Authe Aarons, welche dem Mose» zeigte, welchen Stamm er zum Priesterthume bestimmen sollte, der Stab, mit dem Moses und Aaron in Egypten die Wunder verrichteten, die die Zauberer Pharaos zum Theil auch nachthaten, der Stab, mit dem Moses den Felsen bei Horeb schlug, so daß er dem Volke Israel das beste Trinkwasser gab, die verwandelnde Ruthe der Minerva, durch welche der alte Odysseu» wieder jung und kräftig ward, der Stab der Circe, mit welchem sie die Gefährten des Odysseus in gemeine ühiere verwandelte, waren den Gelehrten sichere Beweise dafür, daß man schon im Alterthume die Wünschelruthe und ihren Ge brauch kannte; es gab aber auch Männer, die sich gegen die WUn- schelruthe aussprachen und erklärten, daß sie ein Werkzeug des Teufels sei. Die Wünschelruthe schnitt man anfänglich aus den Hasel- nußsträuchern. Bevorzugt wurden junge Ruthen, sogenannte sommerlatten, unter diesen waren die wieder die vorzüglichsten, die von der Wurzel aus eine sogenannte Zwiesel oder Gabel batten. Ruthen von dem weißen Hasrlnuhstrauch erhielten wiederum den Vorzug. Das Ruthenholz mußte so stehen, daß die Hst« und Westsonne durch die Gabel scheinen konnte, an der Authe selbst durfte kein Flecken alte« Holz sich finden, fand man eine so ausgesuchte Ruthe um die Mittagszeit und e« ließ sich beim Schneiden eine große weiße Schlange sehen, so war da« «ne Ruthe, die von großen Herren theuer, sehr theuer bezahlt ward. In späteren Zeiten war alle« Holz zu Wünschelruthen ge eignet, man nahm dazu, wenn nur die Gabel vorhanden war, Zweige von Buchen, Birken, Tannen, Eschen, Erlen, Eichen, §epfel-, Birn-, Pflaumen- und Kirschbäumen. Man nahm also Holz von solchen Bäumen, deren Hölzer nicht allzu locker waren. Wollte man verrückte Grenz- oder Rainsteine wieder mit der Wünschelruthe aufsuchrn, so wählte man da« Holz von Bäumen, die ihren Standort auf Rainen hatten. Je mehr sich der Glaube an di« Wünschelruthe autbrritetr, desto weniger wählerisch war man bei der Lu«wähl de« dazu nöthigen Material«. Man machte Ruthen aus allerhand Stoffen und verwendete dazu geradezu lächerliche Gegenstände, als Draht, Papier, Degen, Fischbein, Lichtputzen, Besen, Knackwürste, Lineale, Schneiderscheeren, Buchbindrrpressen, Messer und Gabel kreuzweise in einander gesteckt, Tabakpfeifen, Bücher und hölzerne Tafeln, Kessel und Faßreifen, überhaupt Alles, waS etwas elastisch war und nur annähernd die Form einer Gabel hatte oder sich in diese Form bringen ließ. Die Ruthengängrr aber, die das Wünschelruthenschlagen ge werbsmäßig betrieben, waren doch wählerischer. Zunächst kam es ihnen auf die Tage an, an denen die Ruthen geschnitten werden mußten, obwohl auch sie hierin niemals zu gleicher Auffassung gekommen sind. Etliche wären der Meinung, die Wünschelruthe müsse an einem Sonntage nach dem Neumonde geschnitten werden und zwar frühmorgens, ehe die Sonne aufgehe, am besten im Monat September und December, auch der Charfreitag war hier zu ein besonders geeigneter Tag, konnte aber wegen Bedarfs der Charfreitag nicht abgewartet werden, so könne es auch geschehen an einem Sonntage, da der Mond voll sei, jedoch früh vor Sonnenaufgang. vor Sonnenaufgang bei zunehmendem Monde, um Mariä Verkündigung, konnten auch zuverlässige Ruthen geschnitten werden; Änderen war die Mittwoch ein geeigneter Tag, der Schnitt mußte dann erfolgen, wenn der Mercur regierte. Eine gewichtige Rolle spielten auch die Oster und Christnacht, ebenso war die Johannisnacht besonders glück bringend für die Ruthenschneider. Das Schneiden geschah unter Beobachtung folgender Umstände: Der Wünschelruthengänger ging vor Sonnenaufgang zu der Ruthe, kehrte sein Angesicht gen Osten, sprach kein Wort, neigte sich dreimal vor der Ruthe und sprach: „Gott segne dich edles Reis und Sommerzweig!" Etliche schnitten die Ruthen mit einem kräftigen Schnitte von unten herauf mit einem Male ab, Andere machten drei Schnitte und sprachen dabei: „Im Namen GotteS des Vaters; im Namen Gottes des Sohnes und im Namen Gottes des heiligen Geistes." Der Schnitt mußte von unten nach oben erfolgen, weil die Ruthe das Verborgene, das unten lag, nach oben an das Licht bringen sollte. Andere beschworen die Ruthe mit folgendem Gebote: „Gott grüße dich, du edles Reis, mit Gott dem Vater suche ich dich, mit Gott dem Sohne finde ich dich, mit Gott de« heiligen Geistes seiner Kraft und Macht breche ich dich: Ich beschwöre dich, Ruthe und Sommerlatte bei Kraft des Allerhöchsten, daß du mir wollest zeigen, was ich dir gebiete, und solche» so gewiß und wahr, so rein Und klar, al» Maria, die Mutter Gotte», eine reine Jungfrau war, da sie unfern Herrn Jesum gebar. Im Namen de« Vater», de» Sohnes und de« hei ligen Geistes. Amen!" Beim Gebrauch der Ruthe wurde gemeinhin Folgendes be obachtet. Es galt, die Wünschelruthe richtig in der Hand zu halten, zu dem Ende faßte der Ruthengänger die zwei Zweige, die die Gabel bildeten, mit den Händen, so daß der Stiel, in dem sie zusammenliefen, sich auswärt« kehrte. Der Stiel drehte sich dann nach den Gegenständen, die man suchte, blieb er ruhig, so waren diese nicht vorhanden. Andere machten es umgekehrt, sie nahmen die beiden Zinken in die Hände, drehte sich nun der eine Zinken mit unwiderstehlicher Gewalt dem Boden oder der Person zu, so zeigte er an, was man suchte. Bei dem Suchen nach Erzen ward die Formel gesprochen: „Ruthe, Ruthe, ich frage dich, wo der beste Schatz mag liegen?" Hierbei beachteten die Ruthengänger noch folgende Umstände. Etliche legten alles Metall von sich, wenn sie die Ruthe gebrauchen wollten, Andere jedoch, um die Ruthe zu beeinflussen, nahmen das Metall, das sie suchen wollten, in die Hand; war das Metall, das sie in der Hand trugen, im Erdreich vorhanden, so schlug angeblich die Wünschelruthe, war es nicht der Fall, dann verhielt sic sich ruhig. Mit der Ruthe vermeinte man alle möglichen Gegenstände auf finden zu können, wenn man ein Stück von dem Gesuchten mit in die Hand nahm. Der Berginspector Keppelius in Annaberg hat daran vor vielen Zeugen das Vorhandensein von Hand schuhen, Federn, Papier und allerlei Gehölzen dargethan, während sie auf darunter liegende Metalle, wenn sie eben auf die genannten Gegenstände gerichtet war, nicht schlug. Man wollte aber auch angeblich Sachen auffinden können, die man nicht in die Hand nehmen konnte, so Diebe, Mörder, gestohlene Sachen, Grenz steine und dergleichen. Besonders begabte Wünschelruthengänger sollten die Sonntagskinder sein; bei diesen war es nicht nöthig, daß die Ruthe die gabelförmige Gestalt habe. Es wird be richtet, daß auch die einfache Sommerruthe, wenn man sie zu- sammenbiegte und mit beiden Händen gehalten hat, geschlagen habe. Man hat die Ruthen entzwei gerissen und wieder zu sammengehalten und sie haben dennoch geschlagen, man hat sie geschälet, den Kern herausgenommen, in Stücken gebrochen, dessen allen ungeachtet haben sie immer noch geschlagen. Daraus hat man gefolgert, daß „In Summa am Höltzlein so viel nicht gelegen ist, wer nur recht, wie die Bergleute sagen, mit dem selben reden, unv die Ruthe fragen kann." Bei den wenigsten Menschen pflegte die Wünschelruthe zu schlagen. Eine Ruth«, die von guten bergverständigen Leuten ausgewählt worden war, wurde von fünfzig Studenten versucht, nur Zweien schlug dieselbe; »ran hatte beobachtet, daß sie einer Person, der sie zuvor niemals geschlagen, anfing zu schlagen, daß sie nicht auf Alles, sondern nur gewisse Dinge schlug. Einige brachten die Ruthe nicht höher, als daß sie nur auf Wasser auSschlug, daß sie bei Personen ausschlug, bei denen eine Ver änderung im Ehestande vorgekommen. Theodor»» Kirchmayer berichtet von einem Frauenzimmer, welchem die Ruthe bei ihrer ersten Ehe nicht geschlagen, bei der anderen Ehe aber glücklich zu schlagen angefangen habe. ES konnte auch die Gab« durch Ab sagung der Ruthe verloren gehen und nach Bereuung dessen wiedrr erlanget werden. Ein guter Ruthengänger mußte Folgendes beobachten, wenn ihm die Ruthe die richtige Spur anzrigen sollte. Dir erste For derung war, daß er die Wünschelruthe richtig hielt und regierte, daher war daS Ruthenschlagen nicht nur ein Natur«, sondern auch ein Kunstwerk. Eine fernere Grundbedingung war es alsdann, daß der Ruthengänger eine besondere Regung und Bewegung im Geblüte, im Pulse und einigen Gliedern empfinde, wenn er mit der Ruthe geht oder das Gesuchte antreffen wollte. Ein berühmter Wünschelruthengänger war ein Bauer Jacob Aymar in Frankreich, wenn Vieser einen Mörder oder Dieb mit der Ruthe entdecken sollte, so mußte er an den Ort gebracht werden, an dem die That geschehen war, hier bewegte sich sein ganzes Blut, der Puls ging fieberhaft, durch solche innerliche Erregung fand er dann die Spur des Gesuchten. Frühzeitig schon wandte man die Wünschelruthe dazu an, verborgene Schätze aufzufinden, in der Geschichte der Wünschel ruthe werden davon wunderbare Geschichten vermerkt, die zu glauben allerdings ein sehr beschränkter Verstand vorausgesetzt werden muß; wenn dann dem Ruthengänger die Auffindung des vermeintlichen Schatzes nicht gelang, so war er um eine Ausrede nicht verlegen; denn klug, verschlagen und schlagfertig mußte der gewerbsmäßige Ruthenschläger sein, sonst konnte es gar leicht geschehen, daß ihm die hohen Herren den Kopf abschlugen. Von einem großen Schatze, der mit der Wünschelruthe durch einen Ruthengänger erkundet werden sollte, erzählt Schottus folgende Geschichte: „Ein vornehmer Fürst in Deutschland hatte ein Schloß, auf welchem vor einiger Zeit ein sehr reicher und geiziger Edelmann gewöhnet und verstorben war. Als nun des selben Schatz und Geld, so man sehr groß machte, nach seinem Tode sich nirgends finden wollte, vermuthete man, es liege im Schlosse an einem gewissen Orte vermauert. Der Fürst sendete berühmte Ruthengänger, so den Schatz suchen und entdecke» sollten. Sie kamen an einen Ort, da die Ruthen sehr stark schlugen, und man vermeinte gänzlich, der Schatz sei gefunden. Aber nach vielem Einreiben des Gebäudes, vielem Graben und Arbeit fand man durchgehends nichts, und die Ruthen höreten auch auf, ferner an diesem Orte zu schlagen. Weil man nun keine andere Ausflucht wußte, sagten die Virgalarii ihrem Ge brauche nach, der Schatz sei von dem Satan verrücket worden. Sie suchten weiter nach, und die Ruthe schlug an einem anderen Orte sehr heftig; aber es lief eben ab, wie vorhin; unter gleichem Vorwand, als habe der Satan den Schatz abermals verrückt, hat man's noch am dritten und vierten Orte versucht. Weil nun der Fürst nicht verwiegen wollte, daß man Zauberei dabei gebrauchen sollte, ist der Schatz ungehoben geblieben." Im dreißigjährigen Kriege, so glaubten die beraubten Be wohner, sei das Auffinden ihrer Schätze den raubenden Soldaten nur möglich gewesen, weil sie unter sich ganz ausgezeichnete Ruthengänger gehabt hätten. Die Ruthengänger gaben nicht allein vor, daß sie mit ihren Ruthen Schätze erforschen könnten, sondern auch allerlei Quellen, sie wollten sogar angrben, wie stark der Quell sei, wie tief er liege, ob er unter KieS, Lehm, Sand oder Fel« hervorkomme. Mit solchem Instrumente, so behauptet Matth. Wille, habe man die Salzquellen bei Sulza an der Ilm aufgefunden. Auch um andere Verhältnisse ward von der leicht-läudi-en
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite