Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.12.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-12-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971229017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897122901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897122901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-12
- Tag1897-12-29
- Monat1897-12
- Jahr1897
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? Uhr, dir Abend-Ausgabe Wochentag- um 5 Uhr. Redaktion und Erveditio«: Johanne-,affe 8. Dir Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Filialen: Otto Slemm's Torlim. (Alfred Hahn), UnivrrsitätSstraße 3 (Paulinum), LoniS Lösche, Aatbarinrnstr. 14, Part, uud LömgSplatz 7. Bezugs-PreiS ?u der Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Bororten errichteten Aus gabestellen ab geb alt: vierteljährlich ^14.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« Hau- 5.50. Durch die Post brzogea für Deutschland und Oesterreich: viertrstührlich v.—. Direkte tägliche Sreuzbandirndung in- Ausland: monatlich 7.50. Morgen-Ausgabe. MiWM TaMaü Anzeiger. Amtsölatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Molizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 80 Pfg« Neclamen unter dem Rcdaetionsswich l4ge- spalten) 50^, vor den Familirnnachrichtrn itzgespalten) 40/H. Größere Schriften laut unserem Preis verzeichnis Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Taris. fkptra-Vcilaqcn (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung >tz 60.—, mit Postbesörderung 70—. Tinnahmeschluß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige« sind stet- an die Expedition zu richten. Druck uud Verlag von E. Polz i» Leipzig- Mittwoch den 29. December 1897. Sl. Jahrgang. Stillstand der Socialpolitik? K Bei der letzten Etatsdebatte deS Reichstages bildete der angeblich in Aussicht genommene „ vollständige Still stand der Socialpolitik" da- Haupt-und Prunkstück deS socialbemokratischen AufbctzungSmaterialS. Dergleichen Reden finden auch Anklang bei Radicalen, beim Crntrum und bei den Antisemiten, Parteien, denen die Socialpolitik mehr oderweniger gleichfalls als ein Vehikel zum parteipolitischen Zwecke dient. Dieser Zweck aber will, daß Unerreichbares verlangt werde, Organisation der Arbeiter oder gesetzliche Maximal arbeitszeit für alle Arbeiter, Maßnabmen, Forderungen, die, weil sie von den Regierungen und der er drückenden Mehrheit der Bevölkerung, auch der lohn arbeitenden, grundsätzlich und auS praktischen Gründen ver worfen werten, die Eigenschaft eines dauerhaften Agitations mittels besitzen. Bei dieser Behandlungsweise kommt die Socialvolitik allerdings nickt vom Fleck. Daß sie aber, trotz der Opfer, die Arbeiterschutz und Arbeiterfürsorge dem deutschen Gewerbe auferlegen, nickt zum Stillstand gebracht werden soll, beweisen die Initiativanträge, die dem Reichstage von natio nalliberaler Seite vorgelegt worden sind. Sie bezwecken einerseits den Ausbau des bestehenden Arbeitersckutzes, während eine Resolution dieErweiterung des Kreises der durch dieKranken-, Invali ditäts- undAlters Versicherung gegen Erwerbsunfähigkeit Geschützten inS Auge faßt. Die Initiativanträge betreffen das Hausgewerbe, die weib lichen Bediensteten in Verkaufsläden, sammtliche Bedienstete im Schankgewerbe, endlich die Dienstverträge der (nicht kauf männischen und nicht dem Bergbau angehörigen) Betriebs beamten, der Werkmeister und Techniker. WaS das Hausgewerbe anlangt, so siebt der nationalliberale Antrag die Ausdehnung deS Gesetzes von 1891, soweit eS die Sonntagsruhe, sowie die jugendlichen und die weiblichen Arbeiter und im Wesent lichen die Einführung einer Arbeitsordnung betrifft, auf das ganze Hausgewerbe vor. Eine neuere Arbeiter schutz - Verordnung deS Bundesratbes bezieht sich be kanntlich nur auf die ConfectionS- und Wäschebranche und auch für diese nur hinsichtlich der Arbeitszeit. Auch bestimmt der nationalliberale Entwurf, daß Unternehmer, die gewerbs mäßig Hausgewerbtreibende zur Bearbeitung uud Verarbeitung von Gegenständen beschäftigen, Namen und Wohnung der Beschäftigten der Ortspolizei anzuzeizen haben und daß die Eigen thüm er der Werkstätten dafür verantwortlich sind, daß die dort Arbeitenden gegen Gefahren für Leib und Leben geschützt sind, genügend Luft und Licht genießen und über die durch den Betrieb etwa erforderlich gemachten Umkleide- und Waschräume verfügen. Insoweit dehnt der Antrag bestehende Schutzvorschriften auf das Hausgewerbe auS. Er konnte sich jedoch hiermit nicht begnügen. Die Eigenthümlichkeiten der Hausindustrie bieten die Möglichkeit besonderer Schädigungen der Arbeiter, denen durch be sondere Bestimmungen vorzubeugen ist. Dabin gehört u. A. die vorgeschlagene Einschränkung des Rechtes der Unternehmer, Lohnabzüge zu macken. Solche für Miethe, Beheizung und Brleucktung der Arbeitsstätte und für Miethe oder Abnutzung des Werkzeugs sollen schlechthin verboten werden. Für verdorbene Arbeit wird ein Lohnabzug nur gestattet, wenn der Schaden aus Vorsatz oder grober Fahr lässigkeit entstanden ist. Es wird ferner die Zulassung von Strafen und von Ausnahmen von den gesetzlichen Vorschriften über die Höchstarbeitszeit eingeschränkt. Die Vorschriften über die Arbeitszeit können von Unternehmern, die hau-gewerbliche Werkstätten unterhalten,dadurch umgangen werden,daß die auS- zuführende Arbeit mit nack Hause gegeben wird. AuS diesem Grunde giebt der Entwurf dem BundeSralhe die Befugniß, auf dem Verordnung-Wege zu verbieten, daß weiblichen unv jugendlichen Arbeitern, deren tägliche Beschäftigung in der Werkstätte die Dauer von sechs Stunden übersteigt, Arbeit mit nach Hause gegeben werden darf. Wenn weibliche oder jugendliche Arbeiter vom Arbeitgeber Leben-mittel, regel mäßige Verköstigung oder Wobnunz erhalten, so hat dem Ent würfe zufolge die Behörde darüber zu wachen, daß die Ver sorgung eine ausreichende und gesundheilsgemäße ist. Wird diesen Anforderungen nicht genügt, so kann die Beschäftigung von weiblichen und jugendlichen Arbeitern dem Unter nehmer verboten werden. Eine verwandte Bestimmmung trifft der Antrag, indem er da- Verbot des Trucksystems aus daS Hausgewerbe auSdehnt. Diese Vorschrift ist dem BundeSrathsentwurf entnommen, der im Frühjahre dieses Jahres dem Reichstage vorgelegt, aber dort nicht erledigt worden ist. Ebendaher stammt die für daS Hausgewerbe be antragte Bestimmung, wonach der Bunbcsrath Lohnbücher und Arbeitszettel vorschreiben kann, in denen Art und Umfang der Arbeit, der Lohnsätze und die Bedingungen für die Liefe rung von Werkzeugen und Stoffen zu beurkunden sind. Endlich sei noch hervorgehoben, daß der nationalliberale Gesetzentwurf die Frage der Anstellung von weiblichen Gewerbe-Aufsichts beamten wenigstens für die Hausindustrie erledigt, indem er die Heranziehung weiblicher Inspektoren anordnct. So wenig sich verkennen läßt, daß dieser Gesetzentwurf dem Hausgewerbe erhebliche Opfer auferlegt, so wenig läßt sich leugnen, daß er einem dringenden Bedürsniß ent gegenkommt. Es ist allgemein anerkannt, daß die Gefahren für Leben und Gesundheit in den hausindustriellen Werkstätten häufiger unv größer sind, als in Fabriken und im Handwerk, sowie auch, daß unklare Lobnverbältniffe eigentlich nur dort zu Hause sind. Unter dem Gesichtspunkt de- Bedürfnisse- waren aber die Handwerksbetriebe von dem Gesetze auszunehmen; denn deren Verhältnisse sind mit denen der Hausindustrie nicht vergleichbar. Andere Er wägungen verbieten die Anwendbarkeit deS Gesetzes aus die Hausarbeit in der geschlossenen Familie. Es ist ethisch, wie wirthschaftlick unzulässig, daß die Polizei sich einmischt, wenn Eltern ihre Kinder zur Arbeit, und sei eS auch zu lobnbriugender Arbeit, im Vaterbause anhalten. Hier muß jede Gewerbe^esetzgebung Halt macken, namentlich aber eine solche, die über die Durchführbarkeit von Schutzbestimmungen für die bei Fremden beschäftigten jugendlichen und weiblichen HauSarbeitenden noch keine praktischen Erfahrungen gesammelt bat. Neben ihrem Gesetzentwürfe, dessen weitere den Arbeiter schutz ausbildenden Vorschriften später hervorgehoben werden sollen, haben die Nationalliberalen, wie erwähnt, eine Reso lution eingebracht, welche die Regierungen ersucht, die Kranken-, Invalidität-- und Altersversicherung auf Vie Hausgewerbetreibenden auszudehnen. Einer Begründung bedarf diese Forderung nicht. WaS den Fabrikarbeitern, den Dienstboten recht ist, ist den durchschnittlich unter ungünstigeren Bedingungen arbeitenden HauSarbeitern billig. Und dies um so gewisser, als eine drückende Belastung für die Hausindustrie mit der Einbe ziehung in die Versicherung gegen Krankheit, Arbeitsunfähig keit und Alter nicht verbunden wäre. Sie würde etwa eine Million Mark zu tragen haben, der Werth ihrer Production ist aber mit 400 Millionen Mark wohl nicht zu hoch geschätzt. Die Form der Resolution anstatt eines ausgearbeiteten Gesetzentwurfs ist auch nicht etwa gewählt worden, weil da- „Ob" den Antragstellern noch diScusfionS- brdürftig erscheint, sondern weil daS „Wie" nur mit den allein der Regierung zu Gebote stehenden technischen Behelfen zu beantworten ist. Deutsches Reich. * Leipzig, 28. December. Der bekannte Agrariersührer Major En dell veröffentlicht in der „Deutschen Tageszlg." einen Aufruf an ferne Parteigenossen, in dem eS heißt: „Gedenkt beim Jahreswechsel des WahlfoadS des Bunde- der Laudwirthe! Wie viele Tausende werden für unnütze Neujahrs, gratulationen, welche der Adressat gewöhnlich schleunigst dem Papierkorb übermittelt, vergeudet! Freundschaft, wie wir sie ge. schloffen haben, bedarf keiner äußeren Anregung oder besonderen Bekräftigung. Sende ein Jeder ein, zwei oder drei Mark— wer nicht so viel herzugebru hat, schicke weniger, wer mehr hergrben kann, leist« rin Weitere- — durch Postanweisung oder in Briefmarken für den Wahlfonds an die Taffe des Bundes der Laudwirthe mit 0rm Bemerken, daß er dadurch seine Reu- jahrSgratulationeu ab löst." Vom Staudpuncte der „Mittelstandspolitik" aus, welche die Führer des Bundes der Landwirt!»? beständig im Munde führen, erscheint der vorstehende Ausruf recht befremd lich. Daß Herr Endest Übersicht, welche Rolle die NeujabrS- gratulation für die Papierindustrie spielt, wird Niemand in Erstaunen setzen. Daß er aber vergißt, wie viele Papier- waarenbändler, die doch alle zum Mittelstände gehören, bei der Befolgung seines Vorschlages geschädigt werden, ist für den Werth der „Mittelstandspolitik" des Bundes der Landwirtbe bezeichnend. Berlin, 28. December. AuS West Preußen wird unS von sehr geschätzter Seite geschrieben: Im Reichs tags Wahlkreise Sckwetz bat eine Wäblcrversammlung stattgesunden, welche für die kommenden Neuwahlen aufs Neue den früheren reichsparteilicken Vertreter des Wahl kreises Gutsbesitzer Holtz-Parlin ausstellte; er unterlag gegen den polnischen Gutsbesitzer v. Saß-JaworSki auf Lippinkcn, der von polnischer Seite wieder ausgestellt wird. Ueber diese Versammlung bringt nun die „Gazeta Grudziadzka" folgende Mittbeilunz: „Die Freist n nigen werden Herrn Holtz ihre Stimmen nicht geben. Diese Meinung ist auch auf der vorgenannten Wähler versammlung zum Ausdruck gebracht worden und zwar durch den Rittergutsbesitzer Steinmeyer-Grabowo. Herr Steinmeyer erklärt nämlich, ihm und vielen Anderen sei es ganz gleich, ob der Ver treter des Kreises Schwetz im Reichstage am Ende seines NamenS ein „ski" habe oder nicht, ob er Pole oder Deutscher sei, wenn er Len Kreis nur würdig vertrete und mit Erfolg für denselben wirke." Daß polnische Hetzorgan, daS sich dann auf die Ent setzung Wiens vor 200 Jahren beruft, um den Deutschen verständlich zu machen, daß sie sich jetzt den polnischen Boykott gefallen lassen und Polen in den Reichstag schicken müßten, fügt hinzu: „Aus den Ausführungen dieses braven ManneS, dessen Namen wir zum ewigen Angedenken hier angeführt haben, ersehen wir, daß glücklicherweise noch nicht daS ganze deutsche Volk den friedenstören den Umtrieben der Hakatisten Beifall spendet." Nicht zum ersten Mal ist ein solches Wort aus deutschem Munde, daS durch eine Anerkennung großpolnischer Minirer die verdiente Strafe erkält, in Weslpreußen gefallen; vor mehreren Jahren, als die agrarische Fluth den Höbepnnct erreichte, war auf einer Versammlung des Bundes der Landwirtbe in Jablonowo für Graudenz-StraSburg eine ähnliche Wendung zu hören. Was aber damals nachdrücklich als Verratb am Deutscktbum behandelt worden, das gilt jetzt erst recht; denn inzwischen bat sich in dem Deutschtbum in den Ostmarken, angesichts des geschloffenen Aufmarsches der polnischen Bataillone, der unausgesetzten Hetzerei, die nun auch die Regierung zu einer kräftigen, zielbemußten Germanisationsvolitik genötbigt hat, das Bewußtsein der nationalen Gefahr soweit durchdrungen, daß der Bund der Landwirtbe in der Provinz das gan^e Bundesprogramm bei Seite geschoben und ausdrücklich erklärt hat, in erster Linie für eine deutsche Wahl zu wirken, da der Pole, ob er agrarisch sei oder nicht, in erster Linie Pole bleibe. Da nur ein ent schieden nationales Programm bei dem Bürgerthum der Ost marken Nachfolge finden kann, so liegt aus der Hand, wohin die beschränkte Politik der freisinnigen Volkspartei, die in Westpreußen solche Dlüthen treibt, drängt; sie arbeitet nicht nur auf den Rum des nationalen Gedankens, sondern auch auf den Ruin deS Liberalismus hin. DaS deutsche Bürger thum mag keinen „Liberalismus", wie ibn nach Stichwahl bedürfnissen beute so, morgen so der Abg. Richter und seine Leute definiren, und der impotent ist, die nationalen Pflichten auf gefährdeten Vorposten zu begreifen. ?. Berlin, 28. December. (Telegramm.) Der Kaiser hatte heute eine kurze Eouferenz mit Prof. Roese. Später gedachte er sich zur Fasanenjagd zu begeben. V Berlin, 28-December. (Telegramm.) In der dicht gefüllten Hedwigs-Kirche celebrirte heute der Probst Neuber für die verstorbene Gemahlin des Reichskanzlers ein feierliche- Requiem, dem in Vertretung des Kaiserpaares Prinz und Prinzessin Friedrich Leopold, ferner die höheren Beamten des Auswärtigen Amte-, Mitglieder deS Bundesraths, des Staatsministeriums, deS diplomatischen Eorps, Admiral Knorr «. s. w. beiwohnten. Da- prmzliche Paar Friedrich Leopold drückte dem Prinzen und der Prinzessin zu Hohen- I lohe-SchillingSfürst sein warmes Beileid aus. Der Reichs kanzler war abwesend und kehrt erst heute Abend nach Berlin zurück. (Wiederholt.) — In der gestrigen Staatsmin isterialsitzung kamen, der „B. B.-Z." zufolge, die Vorlagen für den Land tag zur Erledigung. — Als Oberpräsident v. Goßler am 21. d. M. den Kaiser in Thorn begrüßte, brachte der Monarch aus eigener Initiative die Errichtung einer technischen Hochschule in Danzig zur Sprache. Der Kaiser sagte, er glaube, daß eine technische Hockschule rin sehr geeignetes Mittel sei, das Wohlergehen der Provinz Westpreußen zu fördern. Er würde cö für sehr willkommen erachten, wenn die technische Hoch schule in Danzig zu Stande käme. Dies habe er auch den Ministern kund gegeben. * Hamburg, 28. December. (Tel.) Eß wird hier jetzt erst durch briefliche Nachrichten auS Haiti bekannt, daß dieMil- gl jeder der dortigen deutschen Colonie vor dem Ein treffen der deutschen Kriegsschiffe „Charlotte" uns „Stein" in ihrer Sicherheit gefährdet ge wesen sind, so daß auf Wunsch deS deutschen Consuls die Hamburg - Amerika - Linie ihre Dampfer „Slavonia" und „Galicia", die in den westindischen Gewässern erreichbar waren, nach Porte-au-Prince beorderte, um die Deutschen an Bord zu nehmen. Die Mitglieder der Eolonie fanden auf den Hamburger Handelsschiffen gastliche Auf nahme, bis die Kriegsschiffe eintrafen. (Wiederholt.) * Waldenburg, 27. December. Der Verein zur Förderung des Wohles der arbeitenden Classen nn Kreise Waldenburg i. Schles. hat das zwanzigste Jahr seines Bestehens zurückgelegt und kann mit berechtigtem Stolze an der Spitze seines jüngsten Jahresberichtes darauf Hinweisen, baß in diesen 20 Jahren für Vereinszwecke nicht weniger als 256660 verwendet wurden. Ter Verein zählte im vergangenen Jahre 69.1 Einzelmitglieder gegen 692 im Vorjahre. Unter den Mitgliedern sind 26, welche mehr als 50 Arbeiter beschäftigen, und 3, deren Arbeitcrzahl von 6 bis 50 schwankt. Jnsgesammt vertreten diese 29 Mit glieder 19 993 Arbeiter gegen 18 378 im vergangenen Vereinsjahre. Die Zunahme der Arbeiterzahl um 161'. Köpfe ist fast ausschließlich in dem Kohlenbergbau erfolgt. * Homburg, 28. December. (Telegramm.) Eine gestern hier abgehaltene klerikale Berrrauensmännerversammlung stellte, der „V. Z." zufolge, als ReichStagscandibaten für Homburg-Kusel den Laudtagsabgeordneten Jaeger- Speyer auf. * Stuttgart, 27. December. Der der deutschen Volks partei augehvrendc Herr Leop. A. Gutmann, der, wie init- geiheilt, in der Reutlinger Handels- und Gewcrbckammer zu Gunsten der Flottenvcrmekrung gesprochen und gestimmt hat, übersendet dem demokratischen „Hohenstaufen" eine Zu fchrist, in der er sich u. A. folgendermaßen äußert: „Ich bedaure selbst, daß ich in dieser Frage nicht parallel mit dem Reichslagsabgeordneten, dem ich meine Stimme gegeben habe, und seinen Fractionsgenosje» gehen konnte, aber es bleibt jedem an ständigen Menschen nur übrig, frei nach seiner eigenen Uebcrzeugung zu wirken, und wird mir wohl Niemand den Vorwurf machen wollen, anders gehandelt zu haben. Ich mußte mich in der Handels- unü Gewerbekammer lediglich von industriellen und kom merziellen Erwägungen, frei von politischen, leiten lassen und siehe ich mit meiner Ansicht doch nicht jo vereinzelt da, wie cs im „Hohenstaufen" dargestellt wurde. Ohne daß ich mich weiter darum bemüht hätte, könnte ich drnncch schort mit Len Namen einiger, sonst mir der Aolkspartei gehender Industriellen bienen, welche meinen Slandpunct theilen." * Strassburg i. E., 27. December. Schon früher ver lautete, daß der Superior vr. Simonis bei den nächst jährigen Reickstagswahlen seine Eanbidatur nicht mehr aus stellen wolle. Nun melden die diesigen „N. Nachrichten' , daß seine ebenfalls bejahrten CoUegen Winterrr und Guerber die gleiche Absicht hegen. * München, 27. December. In einer gestern in Mem mingeii abzehaltenen gut besuchten Eentrum-versammlung sprach ReichSralh Oi. Frhr. v. Hertling unter vielem Beifall über die Aufgaben LeS gegenwärtigen Reichstags. In Bezug auf die Marinevorlage führte er aus, daß kein Grund zur Beunruhigung vorhanden sei, da die Vor F-uiH-tsrr. Lriese des Feldzeugmeisters Lenedek an seine Gattin ans dem Zahre 1866.*) i. Olmütz, am 20. Juni 1866. Meine liebe, gute Julie! Daß ich Deinen letzten lieben Brief vom 17. d. erhalten habe, wird Dir mein treuer Müller**) schon geschrieben haben. Danke Dir für jedes gute Wort, das Du mir gesagt zum ernsten Beginn meines verantwortlichen Wirkens. Wahrhaftig, ich habe dieses Wirken nicht gesucht, auch nicht ambitionirt, aber — ich will mit Ruh«, mit Herz und Kopf mein Möglichstes thun. Gott gebe seinen Segen. Heute ist der letzte Tag meines Bleiben» in Olmütz, und nun will ick Dich noch einmal im Geiste recht andächtig an mein Herz drücken. Dich küssen und — segnen. Danke Dir für jede Nachsicht, die Du mit mir gehabt, für jede Freundlichkeit, für alles Liebe und Gute, das Du mir erwiesen in mehr als zwanzig Jahren. Wenn unser Herrgott Oesterreich segnet und die kaiserliche Armee, und ich, ob gesund oder krank an Körper, aber moralisch befriedigt rinziehen kann in daS stille und anmuthigr Hau», daS Deine Liebe und Sorgfalt so heimlich und heimisch gestaltet hat, dann wird sichs erst zeigen, daß ich ") Wir entnehmen diese Briefe, sowie den Aussatz der Frau v. Benedek mit Genehmigung der I. G. Cotta'schen Berlagthandlung dem Werke Heinrich Friedjung'I, »Der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland-. D. Red. d. „L. L.» ") Oberfflteutencml Müller, der Adjutant Benedek'». ein recht demiithiger Soldat bin. Wenn unser Herrgott Oester reich und seine Armee segnet, ich aber irgendwo liegen bleibe, dann ist mein Leben millionenfach bezahlt und Du wirst es tragen mit Religion und vielleicht auch mit gerechtem Stolz. Komme ich aber als geprügelter Feldherr zurück zu Dir, dann habe Nachsicht und laß mich mein Unglück schweigend tragen, wie'» dem Manne ziemt. Ich ziehe ruhig und entschlossen meinem Geschick entgegen; für den Kaiser, für unser großes Vaterland und für die Ärmer möcht' ich mich zwar willig opfern, aber ich bin ein Mann der Hoffnung und deS Gottvertrauens — mein altes Soldatenglück wird mich nicht verlassen. Zur Zeit bin ich gesund an Leib und Seele, bin guten Muthes, bin Herr meiner Nerven und bin in vollem Gefühl meiner Energie und meine» eisernen Willen», doch im Grunde meines Herzens recht bescheiden und demüthig. Gott behüte Dich, meine liebe, gute Julie, Gott schütze Oesterreich, Gott sei gnädig Deinem Dich aufrichtig liebenden Loui». Bist mein liebes gutes Kind. Grüße Gustav und auch meinen lieben Professor Körner, dem ich recht viel Dank schuld«. Werde Dir nicht oft schreiben; aber Müller wird auch diesfalls sorgen. Ich segne Dich! , 2. Dubanetz, Samstag, am 30. Juni, Uhr Nachmittag. Meine liebe, gute Julie! Vielleicht sprech« ich heute zum letztenmale zu Dir. Habe dem Kaiser in der Konferenz und unter vier Augen ehrlich gesagt, daß ich — wenn Er will, Ihm selbst meine bürgerlich« und militairische Ehre zum Ovser bringe; — und da» ist nun geschehen. Wie und warum die Armee, von der alle Abteilungen bisher die größte TodeSmuthigkeit brthätigt haben, in solch verzweifelte Lage ge ¬ kommen, das wirst Du jedenfalls tausendfältig lesen und hören, wahr und falsch, ich aber verliere darüber kein Wort. Habe viel zu thun, aber ich bin ruhig im Gemüth und in der Seele und sage demüthig, „wie Gott will." — Dir aber, liebe Julie, sag' ich's noch einmal, daß ich Dich unendlich lieb habe und hiermit Dich segne. Gott behüte Dich Dein Louis. Schon wird gemeldet, daß einige Kanonenschüsse gefallen sind, was übrigens, wie heute früh, auch bloße Neckerei sein kann. Möglich auch, daß in zwei Stunden eine große Schlacht engagirt ist. Möglich, daß ich Dich noch wiedersehe. Wäre zwar besser, wenn mich eine Kugel träfe, aber ich wollte selbst eine Schmach erleben, wenn ich damit dem Kaiser und der Armee noch einen letzten Dienst erweisen kann. Küsse Dich in tiefer Wehmuth und doch bin ich ruhig. Benedek, FZM. 3. Olmütz, am 13. Juli 1866. Obgleich ich gestern Nachmittag einen Brief an Dich, liebe Julie, expedirt habe und zur Zeit nicht» Besonderes Dir mit theilen kann, so drängt es mich doch — nachdem ich zufällig einige freie Momente finde — Dir abermals zu schreiben. Habe gestern Abend noch einmal alle Deine Briefe recht mit dem Herzen gelesen. Danke Dir für jedes gute Wort, für jedes erhabene Gefühl, für jede weiche Thrilnahme. Hast Du Dich in den trübsten Stunden, in der Zeit, wo großes Unglück über mich hereingcbrochcn, glän zend bewährt. Du siehst, ich lasse Dir volle Gerechtigkeit wider fahren, und daß ich dies in so hohem Maße kann, ist mir ein wohlthuendrr Trost. Nur möcht' ich Dich bitten, lege an Andere keinen zu strengen Maßstab an; können nicht alle auf der Höhe Deiner Gesinnung stehen, kannst auch nicht verlangen, daß die Welt mich und meine Lage, vom Moment der Uebernahme des Commandos der Nordarmee, auch nur annähernd richtig be- urtbeile. AlSmanmirdieSEommando, gegenalle meine motivirten Vorstellungen, aufgedrun genhat,hab'ich'sineinerConferenzlautund ungeschminkt ausgesprochen, daß wir vu dkuquo spielen, daß ich dem Kaiser meine bürgerliche und militairische Ehre völlig zum Opfer bringe und nur wünsche, daß Er es nicht bereuen möge, mir dies Commando übertragen zu haben. Habe wörtlich gesagt, daß ich für den deutschen Kriegs schauplatz ein Esel bin, während ich in Italien vielleicht von Nutzen sein könnte rc. re. Nach allem bisher Geschehenen bliebt mir — im Einklang mii meiner Gesinnung, Herz, Charakter und unbedingter Ergebenheit für meinen armen, schwergeprüften Kaiser — nichts andeies übrig, als mit Bescheidenheit und Seelenruhe das Verdammungs- urtheil der schriftstellerischen und der redenden Welt schweigend hinzunehmen. Will Niemand anklagen, will mich gar nicht ver thridigen, will nichts schreiben, will nichts reden zu meiner Ent schuldigung und Rechtfertigung; nur meinem Kaiser werde ich, wenn ich nock dazu komme und Er e» wünscht. Alles, Alles sagen, waß ich weiß und glaube. Bin mit mir mit meinem Gewissen und mit meinem Herrgott im Reinen; bin ein recht gottergebener Soldat. Mußt mich in meinen gewiß allerbesten Entschlüssen nicht beirren, mußt Dein hitziges Köpfel beherrschen, mußt mir meine große Seelenruhe nicht stören; mußt mir verzeihen, daß ich dies von Dir, Du meine liebe, gute, erhaben fühlende Julie hiermit erbitte. Seit Deinem Brief vom 8. keine weitere Nach richt; unsere Posten erleiden häufig Störungen und Unterbre chungen. Wenn nichts dazwischen kommt, beginne ich übermorgen mit dem Hauptquartier den Marsch gegen Wien und lasse im verschanzten Lager von Olmütz ein ÄrmeccorpS zurück. Bleibe in der Mitte meiner marschircnden Truppen. Einen Theil habe ich schon vorausgeschickt. Was weiter geschieht, hängt von tausend Zufälligkeiten und in der Hauptsache von den Befehlen de» Erzherzog» Albrecht ab, der heut» in Wien «intrifft.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite