99 späteren Vergasungsaktionen in den Konzentrationslagern. Nach Auflösung der Pirnaer Tötungs anstalt 1941 wurde ein Großteil der Mitarbeiter in die KZs »übernommen«. Mit Empörung und Resignation lese ich die Ausführungen zur Bestrafung der Täter. Die Diskrepanz zwischen Tat bestand und Gerichtsurteil ist ungeheuerlich. Den Bogen seiner Argumente spannt Schiller bis hinein in die Gegenwart: Heute maße sich der Mensch erneut an, Entscheidungen über den Wert des Lebens in sein Ermessen zu stellen, um Lebenszeit zu verkürzen. Albrecht Scholz Osterhase, Nikolaus & Zeppelin. Schokoladenformen im Spiegel alter Musterbücher Manfred Bachmann, Monika Tinhofer Druck- und Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Husum 1998,160 S., zahlt. Abb., 59 DM Dem Engagement der Wiener Gemälderestauratorin Monika Tinhofer ist es zu danken, daß mit diesem Buch eine der Dresdner Traditionsfirmen, die Anton Reiche AG, vor der Vergessenheit bewahrt wurde. Die gebürtige Dresdnerin, Familienmitglied und Miterbin, sicherte Objekte und Unterlagen, organisierte eine Ausstellung in Wien und gewann den renommierten Volkskundler Manfred Bachmann als Verfasser des vorliegenden Bandes. Die Publikation ist eine der seltenen Bücher, in denen es gelang, unternehmens-, technik- und kulturgeschichtliche Phänomene gleichberechtigt zu einem stimmigen Ganzen zu vereinen. Schon der Überblick über Musterbücher und -kataloge weist Bachmann als exzellenten Ken ner der Materie aus. Es folgt eine Analyse der Bildquellen zur Firma, die Beschreibung der Fami lien- und Firmengeschichte. Beeindruckend ist die Unternehmerkarriere des Firmengründers Friedrich An ton Reiche (1845-1913). Reiche, dessen Persönlichkeit nicht nur durch ausgepräg ten Geschäftssinn, sondern auch durch hohe soziale Verantwortung gekennzeichnet war, stieg vom Wilsdruffer Bauernsohn zu einem der »Industriekapitäne« der ersten Generation auf. Er schuf aus kleinen Anfängen den bedeutendsten deutschen Herstellerbetrieb von Schokoladen formen und Blechemballagen. Die Handelsbeziehungen reichten bald bis in alle Welt. Neben großen Dresdner Unternehmen waren auch Stollwerck, Sarotti, Sprengel, Waldbaur, Meinl, Lindt &Sprüngli, Suchard oder Beukelaer, allesamt klangvolle Namen, Kunden der Firma. Eine Beschreibung der Musterzimmer, des Produktionsprofils, der Technologie der Schokoladenfor men- und Schokoladenherstellung sowie von Bildinhalten und Formen der Musterbücher bil den den Abschluß des Textteiles, der mit einer Fülle von Abbildungen illustriert ist. Die Hälfte des sorgfältig gedruckten Bandes nimmt die Bildpräsentation von Schokoladeformen ein. Und hier ist für jeden Geschmack etwas dabei, selbst die berühmte Odol-Flasche Lingners. Als Fazit bleibt nur die Empfehlung des Rezensenten - der Band ist nicht nur (aber auch) für Freunde der Schokolade ein wirkliches Vergnügen. Holger Starke