II Umtriebsmaschinen in Dresdner Betrieben (Nach den Ergebnissen der Arbeiterzählungen) 1885-1890-1895-1900-1905-1910- 1915 Quellen: Stat. Jb. Dresden 1902, S. 190 /1915, S. 221 Strukturprobleme der Dresdner Industrie am Beginn des 20. Jahrhunderts Einen tiefen Einschnitt brachte die schwereWirtschaftskrise 1900/1902. Seitdem war eine solch lange und im Prinzip alle Zweige erfassende Entwicklung wie in den 1890er Jahren nicht mehr zu verzeichnen. Ein permanenter Anpassungsdruck führte dazu, daß qualitative Entwicklungs faktoren stärker in den Vordergrund traten. Hierüber können auch die glänzenden Ergebnisse der großen Ausstellungen (1903, 1906, 1911), bei denen sich sogar der krisengeschüttelte »alte Mittelstand« etwas erholen konnte, nicht hinwegtäuschen. Neugründungen jener Zeit waren u.a. die späteren Leo-Werke (1907) und das Sächsische Serumwerk (1909). Die Exportwirt schaft, die jetzt eindeutig den Konjunkturverlauf bestimmte, reagierte sensibel auf Veränderun gen des Umfelds. Die Lage auf den Auslandsmärkten war selbst in Konjunkturperioden schwie rig. Der Zollkrieg wurde zum Dauerzustand, nationale und politische Gegensätze belasteten das Geschäft. Große Schwierigkeiten bereiteten der Dresdner Fertigwarenindustrie die Preiskon ventionen der Rohstofflieferanten, die Steuerpolitik der Landes- und Reichsregierung (Reichsfi nanzreformen) und das Eindringen auswärtiger Trustgesellschaften in die Dresdner Wirtschaft. Die Konzentration erreichte eine neue Stufe, wofür Fusionen in der Zigaretten- oder Kamera industrie (Ica AG 1909) beredte Beispiele sind. Relativ hohe Rohstoffpreise, neue Steuergesetze, Beschränkungen von Überstunden, Sonntags-, Kinder- und Frauenarbeit zwangen die Unterneh mer zu ständiger Rationalisierung. Die relativ hohe Zahl von Konkursen und Neugründungen ist ein Indiz für stetige Veränderung, aber auch für die Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft. Der dem intensiven Wettbewerb innewohnende Modernisierungsdruck wird am Motoreneinsatz sichtbar. Die installierte Gesamtlei stung stieg 1895 — 1907 von 9424 auf 46364 PS. Der Elektromotor, ideal für die kleinen dezentralen Dresdner Betriebseinheiten (breites Produk tionsspektrum, hohe Fertigungstiefe), setzte sich nach Eröffnung des ersten Elektrizitätswerkes 1895 rasch durch. 1913 setzten über zwei Drittel der Dresdner Firmen, die »Umtriebsma schinen« verwandten, auf Elektro motoren; der Anteil der Betriebe mit Dampfmaschinen war auf 15,5 % und mit Gasmotoren auf 17% zurück gegangen. 19) Der Aufstieg von Fir men der Elektrotechnik (Sachsen werk, 1903 / Koch & Sterzei, 1904) war hiermit verbunden. Beim Energie träger verringerten mitteldeutsche Braunkohlebriketts die Abhängigkeit von böhmischer Rohbraunkohle.