56 Zigarettenfabrik »Yenidze«, Postkarte um 1913 Mit der »Saloppe« erhielt Dresden ab 1871, rechtzeitig zum Beginn der Gründerzeit, das erste städtische Wasserwerk. Das Areal in den Eibauen machte eine kräftige, hohe Stützmauer not wendig. Sie gibt dem langgestreckten Gebäude, das Maschinen- und Kesselhaus zusammenfaßt, ein wehrhaftes Aussehen, das aber durch Renaissanceelemente gelockert wird. Baurat Bernhard Salbach war für das technische Innenleben der »Saloppe« zuständig 8 ’, genauso wie für das zweite Dresdner Wasserwerk, das kurz vor der Jahrhundertwende in Tolkewitz errichtet wurde. Dieses mehrteilige Ensemble mit Beamtenwohnhaus ist ein typisches Zeugnis historistischer Architek tur: man fühlt sich von den dunklen Sandsteinbauten noch stärker als von der »Saloppe« an eine mittelalterliche Wehranlage erinnert. Auch für die städtische Gasversorgung brachten die 1870er Jahre einen Modernisierungsschub. In Reick wurde die (1881 eröffnete) städtische Gasanstalt erbaut, deren Blickfang zwei Gasbehälter 9 ’ waren, die ihre stählernen Bevorratungstanks hinter aufwendig gestaltetem Ziegelmauerwerk verbargen. Blendarkaden, Putzquaderung und ein an gedeutetes Kranzgesims gliederten die beiden Zylinder. Der architektonische Entwurf stammte, wie bei der »Saloppe«, von Stadtbaurat Theodor Friedrich. Er bediente sich des sog. Rundbogen stils, den er an der Dresdner Akademie bei Gottfried Semper kennengelernt hatte. Der Rund bogenstil war eine spezifisch deutsche Variante des Historismus, die Elemente der frühchrist lichen Architektur, der Romanik und der Renaissance verband und sich durch die Vorliebe für rundbogige Abschlüsse auszeichnete. Stärker als bei den »Neo-Stilen« spielten rationalistische und funktionsbezogene Momente eine Rolle, so daß der Rundbogenstil gern im Industrie- und Zweckbau, seltener bei repräsentativen Bauaufgaben herangezogen wurde. Ein weiteres eindrucksvolles Beispiel für den Rundbogenstil ist die Dampfmühle »Königsmüh le«, die 1878 als Erweiterung einer bestehenden Mühlenanlage im Plauenschen Grund, einem der ältesten Industriegebiete Dresdens, errichtet wurde. Der mittelalterliche Florentiner Kommunalpa last Palazzo Vecchio scheint hier eine Vermählung mit den typischen Patrizierpalästen des 15. Jahr hunderts eingegangen zu sein. Weniger aufwendig gestaltet als das direkt an der Tharandter Straße gelegene Mühlengebäude sind der 1890 hofseitig angebaute Speicher und die Dampfzentrale.