72 Ines Vetter Die Entwicklung der Dresdner Zigarettenindustrie bis 1933 »Dieses Kraut hat viele Namen. In West-Indien hat dessen Geburts-Land ihm jederzeit den Na men Petum beygegeben / ... Die Spanier I... I haben ihm den NamenTaback / von dem Ort / wo sie es erfunden haben / gegeben.« Mit diesen Erklärungen beginnt der Franzose Monsieur de Prade 1684 seine »Tabacks-Historie«. 1 ’ Tabak und das Räuchern von Tabak lernten Columbus und seine Schiffsbesatzung 1492 bei den Bewohnern der Insel Guanahani kennen. Columbus und seine Mannschaft brachten Samen der Tabakpflanze von Amerika mit nach Spanien. Hier maß man der unbekannten Pflanze ge heimnisvolle Kräfte bei, baute sie als exotisches Ziergewächs und später als Heilmittel an. Das Rauchen des Tabaks wurde erst Ende des 16. Jh. in Europa bekannt. Englische Kolonisten brachten die Sitte des Pfeiferauchens von ihren Besitzungen mit. 1629 führte die Officina Bütt- neriana in Görlitz »Fistula anglica pro Tabaco«, also Tabakpfeifen, und »Schniebetabak«. Diese Erzeugnisse waren vermutlich aus Holland und Frankreich eingeführt worden. 2 ’ In Deutschland entwickelten sich der Tabakanbau und die Verarbeitung von Tabak zu Rauchtabak zunächst im niederrheinischen Gebiet und breiteten sich im 17. Jh., unter dem Einfluß der Hugenotten in Preußen, rasch aus. Rauchtabak, Kautabak und Schnupftabak blieben bis Anfang des 19. Jh. je doch nur einer geringen Zahl von Konsumenten als Genußmittel vorbehalten. Erst dann ge wannen aus Brasilien und Kuba importierte Zigarren immer größere Beliebtheit und iniierten einen weiteren Zweig der Tabakverarbeitung in Deutschland. 1788 begann Hugo Schlottmann in Hamburg die ersten deutschen Zigarren aus amerikani schen Tabaken zu fertigen. Anfang der 40er Jahre des 19. Jh. waren bereits über 3500 Arbeiter in 200 Zigarrenbetrieben Bremens mit der Fertigung von Zigarren beschäftigt. 31 Zu diesem Zeit punkt entwickelte sich in Europa ein weiterer Tabakverarbeitungszweig, die Herstellung von Zi garetten. Seit 1852 betrieb der am 26. August 1814 in Galizien geborene Kaufmann Joseph Huppmann - Baron Valbella in Petersburg die Compagnie Laferme, eine Firma, welche »Orientzigaretten« her stellte. Diese Zigaretten waren die modifizierte Form der seit dem 18. Jh. bekannten spanisch amerikanischen Zigarette, jedoch aus langgeschnittenen türkischen Tabaken. Zehn Jahre später, 1862, gründete Huppmann in Dresden auf der Ostra-Allee eine Niederlassung. 4 ’ Dresden bot dem neu entstehenden Gewerbezweig günstige Produktions- und Transportbedingungen. Der Roh tabak konnte kostengünstig per Schiff von Hamburg auf der Elbe nach Dresden bzw. auf dem Schienenweg aus dem Orient und dem Balkan geliefert werden. Das Elbtalklima sicherte gute