78 Fritz Micklisch Die Dresdner Gardinen- und Spitzenmanufaktur AG Von der Gründung bis zum Ersten Weltkrieg Die Gründung des Betriebes In England war Mitte des 19. Jahrhunderts eine völlig neue Technik zur Herstellung von Tül len, Spitzen und Gardinen erfunden worden, die Bobinettechnik. Nach Jahrzehnten der Ent wicklung konnten auf Maschinen, die eine Arbeitsbreite von 4,5 Metern hatten, bei Gardinen später sogar bis 12 Metern, feinste Textilerzeugnisse produziert werden, welche die Spitzenmode und insbesondere die Fensterbekleidung geradezu revolutionierten. Die englischen Produzenten dieser Erzeugnisse erreichten, daß der Staat ein Embargo für die Bobinetmaschinen erließ, das den Export derselben auf das Festland unter strengste Bestrafung stellte. Dadurch konnten die englischen Kaufleute vorzügliche Preise erzielen. Für die Maschi nenhersteller jedoch bedeutete das eine wesentliche Einschränkung ihres Marktes. Im Jahre 1880 nahm der Engländer Jacobi das Risiko auf sich, kaufte Bobinetmaschinen und brachte sie auf das Festland nach Plauen und gründete dort eine Gardinenfabrik. Er konnte höchste Gewinne erwarten, da außer dem Importpreis für das exquisite Erzeugnis auch die Ein fuhrzölle in Deutschland wegfielen. Mit dieser Aktion hat Jacobi das Embargo zu Fall gebracht. Die Maschinenbauer erreichten nun die Öffnung das Marktes. So kam es in den 80er Jahren zu Gründungen von Gardinen- und Spitzenfabriken in Plauen, Falkenstein, in Auerbach, in Leip zig und in Dresden. Der Bedarf war groß, obwohl die Gardinen und Spitzen zunächst nur für die wohlhabendere Bevölkerung erschwinglich war. Die Bevölkerung mußte sich noch Jahr zehnte Mull, Tupfenmull, Etamin oder Leinen an die Fenster hängen. Noch in den 20er Jahren war oft nur die »gute Stube« mit englischen Gardinen bestückt. Diese Entwicklung war den Dresdner Kaufleuten nicht verborgen geblieben. Karl Siegel und Georg Marwitz waren die Initiatoren für die Gründung einer Bobinetfabrik in Dresden. Von vornherein wurde das Unternehmen als Kapitalgesellschaft, also als Aktiengesellschaft angelegt, versprach doch die Herstellung dieser neuen Erzeugnisse eine hohe Rendite des angelegten Ka pitals. Am 10. Juni 1884 erfolgte die Eintragung der Firma »Dresdner Gardinen- und Spitzen- Manufaktur Actien-Gesellschaft« in das Handelsregister der Stadt Dresden, nachdem bereits