6 Bierreklame um 1910 vom Reich übernommen; später folgten weitere Er leichterungen des Gewerbebetriebes. Mit den fran zösischen Kriegsentschädigungen flössen gewaltige Geldsummen ins Land; der Staat vergab Großauf träge im Militärbereich. Das durch Rückzahlung hoher Reichs- und Staatsanleihen frei gewordene Ka pital wurde in Wirtschaftsunternehmen investiert. Das Kapital der 1870-1876 im Bezirk der HGKD neugeschaffenen Aktienunternehmen war dreimal so hoch wie jenes der 1836 -1870 entstandenen AG. Hiervon entfiel auf den Dresdner Raum knapp die Hälfte (87 Mio. Mk., 40 AG) - der Löwenanteil auf Banken (52 Mio. Mk.) und Baugesellschaften (16 Mio. Mk.). Die bedeutendste Gründung war die aus dem Bankhaus Kaskel 1872 hervorgegangene Dresdner Bank, die vier Jahrzehnte später über ein Drittel (ca. 200 Mio. Mk.) des gesamten Aktienkapi tals im Dresdner Handelskammerbezirk auf sich ver einigen sollte. Den hochgespannten Erwartungen setzte der »Gründerkrach« von 1873 ein jähes Ende, dem eine die gesamten 1870er Jahre anhaltende Depressions phase folgte. Banken, Bau- und Grundstücksgesell schaften, Industrie- und Handwerksbetriebe brachen reihenweise zusammen. 61 Die Börsenkurse sanken dramatisch, die Umstellung des Münzsystems ver schärfte die Geldknappheit. Die Krise im Ausland, höhere Zölle (Nordamerika, Rußland) und Eisen ¬ bahnfrachtsätze führten zum Rückgang des Exports. Der anhaltende Preiskampf veranlaßte Firmen zur Verschlechterung der Produktqualität, was den deutschen Reichskommissar auf der Weltausstellung in Philadelphia 1876 zu dem aufsehenerregenden Ausspruch veranlaßte: »Deutschlands Industrie hat das Grundprinzip billig und schlecht.« Das seit der Gewerbefreiheit ohnehin mit wachsender Konkurrenz kämpfende Handwerk wurde aus vielen Geschäftsfeldern verdrängt. Bis Ende der 1880er Jahre verschwand etwa ein Drittel der Dresdner Handwerksbe triebe. Eine Bewahrung der Selbständigkeit gelang nur durch Auswanderung, größere Speziali sierung und Selbstausbeutung (z. B. gleichzeitiges Führen einer Kleinhandlung) oder den Auf stieg zum Industriebetrieb. Daß die Krise in Dresden nicht solch dramatische Auswirkungen wie andernorts hatte und zu Massenentlastungen führte, lag an bedeutenden öffentlichen Aufträgen (z. B. Aufbau Albert stadt 1873/79), der Breite des Warenspektrums und dem hohen Umsatzanteil des regionalen Marktes. Und daß es unter diesen Umständen dennoch möglich war, ein zukunftsträchtiges Un-