89 folgenden geht es indes zunächst um die Frage, welche sozio-kulturelle Dynamik von der kleinen, aber offenbar sehr kohärenten Gruppe der Privatbankiers in der frühen Emanzipationszeit, also in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, ausging. II. Innerhalb der jüdischen Gemeinde Dres dens hatte die kleine Sozialgruppe der Ban kiers vor allem als Förderer der Aufklärung und der innerjüdischen Reform sowie als Wegbereiter einer zumeist traditionsbewuß ten Akkulturation eine große, wenngleich ambivalente Bedeutung erlangt. Dies ergab sich vor allem aus der Tatsache, daß die zu meist im Hofjudentum wurzelnden Fami lien über eine beachtliche kulturelle He Max Arnhold um 1900 gemonie verfugten, die durch traditionelle Institutionen wie Privatsynagogen abgesichert und an zentrale Funktionen wie das Ältestenamt gebunden war. Es handelte sich also um eine Gruppe, die durch Reformen auch Privilegien zu verlieren hatte und insofern - wenn sie sich trotzdem für eine innerjüdische Modernisierung öffnete — besondere Überzeugungskraft für die Gesamtgemeinde erlangen konnte. In besonderer Weise verbindet sich dieses Engagement mit dem Namen Bondi. Als etwa nach 1812 die ersten jüdischen Predigten und Schriften in deutscher Sprache gedruckt wurden, gehör ten Mitglieder der Familie immer zu den in Dresden ganz wenigen Subskribenten. Für die 1814 publizierte Lebensgeschichte des jüdischen Aufklärers Moses Philippson etwa waren aus Dres den nur sechs Bestellungen eingegangen; allein vier stammten von einem Mitglied der Familie Bondi, wobei hier das Interesse auch der Frauen besonders auffällt. 17) Die Pionierrolle der Bondis erschöpfte sich aber nicht in einer rein rezeptiven Funktion. Durch eine regelmäßige Abnahme unterstützte sie auch den Druck und die Verbreitung jener Schriften, die auf ein modernes, kulturell verbürgerlichtes Judentum zielten. Darüber hinaus fanden Reformansätze vermutlich auch im Gottesdienst der Bondi-Synagoge ihren Niederschlag und wirkten auf diesem Wege in die Dresdner Gemeinde hinein. Daß Eigeninteressen hierbei eine große Rolle spielten, zeigte sich etwa in Fragen der Bildung. Während die Bondis - wie an dere vermögende Juden auch - einerseits der Einrichtung einer modernen Gemeindeschule eher entgegengearbeitet hatten, gehörten sie andererseits zu den ersten Juden in Dresden, die ihren Söhnen nicht nur eine gediegene talmudische, sondern auch eine moderne säkulare Bildung und Ausbildung zukommen ließen. Marcus Bondi qualifizierte sich auf dem Gebiet der Geo logie. 1823 berief ihn Leopold Zunz zum Ehrenmitglied des Instituts für die Wissenschaft des