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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.01.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-01-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980121020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898012102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898012102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-01
- Tag1898-01-21
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Gestern erbrachte er den Lenkbar schlagendsten Beweis für diese Selbstlosigkeit, indem er sich in Len denkbar schroffsten Gegensatz zum prenfzischcn Abgcorvnctenhause setzte, das in einer Sitzung die erste Lesung der Ansiedelungsvorlage erledigte, während er selbst, obgleich die Fortsetzung der EtatSberathnng auf der Tagesordnung stand, weitere vier Stunden mit einer Debatte über den Runderlaß des Staats- sccrctairö deö Innern bezüglich deS Mißbrauchs deS Coalitionsrechts vergeudete und sich während deS Nestes der Sitzung über den Vogelschutz unterhielt. Die erste Lesung der Ansiedelungsvorlage im Abgeordnetenhause erhielt eine besondere Bedeutung durch die sofort beim Beginn der Sitzung abgegebene programmatische Erklärung des Fürsten Hohenlohe, die wörtlich folgendermaßen lautete: Wenn die Staatsregierung den heute Ihrer Genehmigung unterstellten Gesetzentwurf eingebracht hat, so ist sie dabei sowohl von wirthschaftlichen wie von politischen Erwägungen aus- gegangen. In wirthschaftlicher Beziehung hält die Negierung an dem Grundsatz fest, daß es für die Wohlfahrt der Provinzen Posen und Westpreußen förderlich ist, die Zahl der selbst ständigen Bauerngüter und Bauerndörfer zu vermehren. Wenn sich aus und neben den angesctzteu Bauern eine tüchtige Elasse ländlicher Arbeiter entwickelt, so ist dies ein Vortheil, der auch dem Grundbesitz, sei er deutsch, sei er polnisch, zu Gute kommen wird. Was die politische Seite der Frage betrifft, so ist es eine Thatsache, daß in jenen national gemischten Landes- theilen die polnische Nationalität sich mehr und mehr au sKost en der deutschen ausbrcitet. Dieser Entwicklung entgegen zutreten und das Deutschthum zu stärken, ist Zweck dieses Gesetzes. Daß wir dabei von keiner feindlichen Tendenz gegen die polnische Bevölkerung geleitet werden, ist selbstverständlich. (Lachen bei Leu Polen und iu: Centrum, Zustimmung rechts, Rufe: Ruhe!) Tie ganze geschichtliche Entwicklung der ehemals polnischen Landes- theile, der materielle und geistige Aufschwung, den sie seit der Ver- einigung mit Preußen genommen haben, giebt Zeugniß von der Fürsorge der preußischen Regierung in allen Phasen des Bestehens Lieser Verbindung. Dafür müssen wir aber auch an die Polen die Forderung stellen, daß dieselben ihre Pflichten als Preußen erfüllen, sich als treue Unterthanen Les Königs betrachten und fühlen. (Unruhe.) Ich weiß, Laß es nicht wenige Polen giebt, die auch jetzt schon von solcher Gesinnung durchdrungen sind. Andererseits sind jedoch auf polnischer Seite leider auch starke Bestrebungen bemerkbar, welche darauf gerichtet sind, Feindschaft gegen die Deutschen zu erregen. Solchen Bestrebungen einer solchen Propaganda treten wir entgegen, denn dadurch werden unmögliche Zu stände geschaffen, die eine Gefahr für Deutsche wie für Polen bedeuten. Noch immer wird mit Gedanken gespielt und werden Hoffnungen erregt, die sich nicht verwirklichen können, seien es Hoffnungen auf Trennung der ehemals polnischen Landestheile von Preußen, seien es Hoffnungen auf größere Selbstständigkeit, d. h. auf eine Art I föderative Verbindung mit Preußen. Für föderative Tendenzen ist I aber in Preußen kein Boden und wird niemals ein Boden! sein. Eine Trennung der Provinz Posen oder auch nur eine Lockerung des Verhältnisses derselben zu Preußen würde die Existenz des Staates bedrohen. Wir können und werden die Provinz Posen niemals wieder aufgeben. Fürst Bismarck hatte Recht, wenn er seiner Zeit sagte: „Wir müssen uns den Weg von Königsberg nach Breslau sreihalten." (Beifall rechts.) Ist dem aber so, so liegt es Loch im Interesse der polnischen Be völkerung, sich die Lage, in der sie sich befindet, zu einer guten und friedlichen zu gestalten. Das ist nur zu erreichen, wenn die deutsch feindlichen Tendenzen.diejetzt noch vielfach innerhalbderpolnischen Bevölkerung gepflegt werden, gänzlichverschwinden. Dann wird auch jegliche polenseindliche Stimmung auf deutscher Seite von selbst aushören. Meine Herren, ich gestehe, daß ich den Polen nur ungern diese Wahrheiten sage. Ich habe zu verschiedenen Zeiten in Polen gelebt und stehe mit vielen Polen in freundschaftlicher, mit einigen in verwandtschaftlicher Beziehung; derartige Beziehungen können mir nicht die Augen verschließen gegen die Gefahren, welche die polnische Propaganda für die preußische Monarchie in sich birgt. Wo die Interessen der preußischen Monarchie inFrage kommen, kenne ich keinen Compromiß. ZumSchluß will ich diePolen an das Wort des französischen Dichters erinnern: „guittes le laue e«poir et In vaste xensöo". Thun die Polen das, entschlagen sie sich unerfüllbarer Hoffnungen, werden und bleiben sie ehrliche Preußen, da werden wir uns mit ihnen verständigen und friedlich Zusammenleben. Trotz der Milde, die auch diese Kundgebung des Fürsten athmet, ist sie doch sachlich von der erwünschten Klarheit und Bestimmtheit und verscheucht die Sorgen, die durch den unlängst in Berlin abgestatteten Besuch des Erzbischofs von Stablew Ski und den ihm dort zu Theil gewordenen Empfang erregt worden waren. Sie ist eine entschiedene Ver- urtheilung der vom Grafen Caprivi mit so großem Miß erfolg angestellten Versuche, die Polen durch Conccssionen zu „versöhnen" oder vielmehr ihre Zustimmung zu deutsch nationalen Maßnahmen zu erkaufen, und beweist, daß dieses System wirklich einer traurigen Vergangenheit angehört. Fürst Hohenlohe „kennt keinen Compromiß, wenn die Inter essen der preußischen Monarchie in Frage kommen", und obgleich er weiß, wie großen Einfluß die polnische NeichS- tagsfraction und ihre Freunde im Centrum auf das Schick sal der Flottenvorlage haben, so zögert er doch nicht, Polen und Ultramontanen jede Hoffnung auf nachsichtige Beurtheilung von Bestrebungen zu nehmen, deren Erfolg eine scvwere innere Gefahr für Preußen und Deutschland bedeuten würde. Und daß das ganze preußische Ministerium einmüthig hinter seinem Präsidenten stebt, bewiesen namentlich die Ausführungen des Finanzministers vr. von Miquel, der durch seine Hinweise auf die von Len polnischen Bestrebungen drohende Gefahr augenscheinlich die Erinnerung daran zu verwischen suchte, daß er ein einflußreicher Minister bereits während der Aera Caprivi war. Er glaubte allerdings den Erzbischof v. Stablewski gegen den Verdacht in Schutz nehmen zu sollen, daß er einseitig polnisch-nationale Interessen vertrete, das wird aber gewiß den Fürsten Hohenlohe nicht davon abhallen, die Minister des Innern und des CultuS zu scharfer Beobachtung der Handlungs weise des Erzbischofs zu veranlassen und nötigenfalls die geeigneten Gegenmaßregeln zu treffen. Die Stellungnahme der Parteien zu der Vorlage vollzog sich so, wie man hatte erwarten müssen: als unbedingte Gegner erwiesen sich Centrum, Polen und Freisinnige Volkspartei; auf den Boden der Vorlage stellten sich die nationalliberale Fraction und die beiden con- servativen Parteien, also die Mehrheit. Die Annahme der Vorlage ist also gesichert und damit zugleich die Aussichts losigkeit des Centrumö und der Polen im Reichstage, eine auf dem Gebiete der Gesetzgebung liegende Concession an die Polen als Gegenleistung für eine freundliche Haltung zur Flottenvorlage herauözuschlagen. Dadurch werden aber die Aussichicn auf das Zustandekommen des Flottengesetzes nicht vermindert; im Gegentheil. Centrum und Polen erkennen erst jetzt, mit welcher Entschiedenheit der führende deutsche Staat auf feinen Forderungen zur Verstärkung unserer Wehrkraft zur See besteht und baß er lieber an die deutschen Wähler appellirt, als pactirt. Das wird auf die Ceutrumswähler tieferen Eindruck machen, als eine lavirende Haltung des Fürsten Hohenlohe, und auch die Berliner Leitung des Bundes der Landwirthe dürste erkennen, daß die Flottenvorlage kein Handelsobject ist. Die antisemitische» Reichstagöabgeordneten ringen bekanntlich mit den württembergischen „Demokraten" um die Palme Les ausdauerndsten Fernbleibens von den Sitzungen und Abstimmungen. Jedoch beobachten die beiden rivalisirenden Gruppen ein ungleichartiges Verhalten gegenüber der Oeffentlichkeit und ihren Wählern. Während die Volkspar teiler sich ob ihres Absentismus belobigen, da das engere Vaterland ihre, der „Demokraten",Talente kaum einmal 24 Stun den entbehren könne, sind die Antisemiten verschämte Abwesende, die cS höcklich übclnebmcn, wenn man sievcrmißt. Das Handbuch für nationalliberale Wähler, das z. B. das Fehlen der Anti semiten bei den wichtigsten Abstimmungen der letzten Jahre durch eine ordentlich geführte Absenzliste der Vergessenheit ent rissen bat, ist deswegen hart angelassen worden und ebenso die Blätter, die auf daS do't nachgewiesene Mißverhältniß zwischen der legislatorischen Wichtigthuerei und der parla mentarischen Nichtsthuerci der Antisemiten hingewiesen hatten. Wie es scheint, ist bei den Herren die Furcht vor der Statistik ihrer Versäumnisse noch im Wachsen. Wir entnehmen dies einem Schreiben, das der Herr Abgeordnete I)r. Vielhaben an die „Deutsche Volksmacht" der Herren Hirsche! und Köhler gerichtet hat und welches also lautet: „In den Zeitungsberichten über die Reichstagsverhandlung vom Freitag wird mit Behagen seslgcstellt, daß ich bei dem Ausruf meines Namens nicht anwesend war. Damit die Parteigenossen daraus nicht unrichtige Schlüsse ziehen, bitte ich Sie höflichst, nach stehende Zeilen gütigst zum Abdruck bringen zu wollen. Am Mittwoch, dem zweiten Tage der Verhandlung über die Proceß- ordnung, war ich, wie das auch der Gerechtigkeit entsprechen dürste, nach Len Rednern der größeren Parteien ans die Rednerliste gesetzt und der Herr Präsident hatte die Freundlichkeit gehabt, mich durch einen Diener unterrichten zu lassen, daß ich nach dem Abgeordneten Haase sprechen würde. Höchst verwundert war ich daher, als der Herr Vicepräsident Spahn den zweiten Redner des Cenlrums, Len Abgeordneten Trimborn, mir vorzog. Als ich, recht peinlich berührt durch Liesen Vor gang, Len Fractionsgenossen von Liebermann fragte, was dies bedeute, meldete mir ein Diener, es läge ein Ver sehen des Herrn Bicepräsidenten Spahn vor. Bald daraus trat Herr Lenzmann an mich heran mit dem Ersuchen, ihn vor mir sprechen zu lassen, weil sich von seiner Parte: der Nbg. Beckh noch zum Worte gemeldet habe und es sich sonderbar ausnchmei: würde, wenn zwei Redner derselben Partei nacheinander sprechen würden. Nach der Zurücksetzung durch den Herrn Vic - Präsidenten — so wenigstens empfand ich in den: Moment das Ueb. : sehen — war ich um so geneigter, den: freundlichen Ansuchen zu ei sprechen, als Herr Lenzmann erklärte, er werde nicht länger c zehn Minuten sprechen. Inzwischen sprach Herr Trimborn ziem! - > geraume Zeit und nach ihm Herr Lcnzmann, der es nicht immer : i seiner Macht hat, gute Vorsätze auszufnhren, 50 Minuten. Dariil . war es 6 Uhr geworden, und konnte ich mich einen: eingelaufci. , Vertagungsantrage billigerweise nicht widersetzen. Ans den: Hein wege war ich mir darüber klar geworden, daß ich die Geduld d> . Reichstages nicht noch an einem dritten Tage für denselben Gegen.- stand in Anspruch nehmen dürfe, und daß ich auch voraussichtli '» vor einem vollständig leeren Hause sprechen würde. Ich hau. daher die Absicht, nut einer motivirten Erklärung aus Las Wc zu verzichten. Durch eine plötzliche Abberufung nach Hamburg weg. .. einer dringenden Familienangelegenheit bin ich daran zu meinen: V Lauern verhindert worden." Wilhelm Busch's Mund ist verstummt. Er würde souil gewiß seinem erschütternden Epos „Balduin Bählamm, d.r verhinderte Dichter" einen Sang von den Widrigkeiten d. - redenwollendcn Herrn vr. Vielhabeu folgen lassen. Ti Thatsache, daß die Freundlichkeit des „Judengenossen" Leu-, mann den Antisemiten auf seinem Auöritt zum Kampfe aus gehalten, wäre für den Satiriker besonders ergiebig. Aber auch der aus der Heimreise die gerechten Ansprüche de- Reichstags auf Schonung in seinem Gehirn umherwälzend: ParlamentSmann böte einen schönen Stoff. Die präventive Umständlichkeit des Herrn Vielhaben findet hoffentlich keine Nacl ahmung bei seinen Fractionsgenossen. Sie ist zwar in ihre, liebevollen Detailmalerei überaus anziehend, aber wenn jeder antisemitische Abgeordnete — obwohl cs ihrer kann: mehr als ein Dutzend sind — sein Fernbleiben von jeder Reiche tagssitzung so eingehend erklären wollte, so würden die Preise für Zeitungspapier und Setzerlöhne unerschwinglich steigen. Vielleicht belieben die Reformer daS umgekehrte Verfahren und motiviren die Ausnahmefälle ihrer Anwesenheit. Das hätte keinen Einfluß auf die Marktverhältnisse. lieber die Volker- und staatsrechtliche Bedeutung der Erwerbung von Kiaotscha» für das deutsche Reich spricht sich die „Köln. Ztg." in einer Weise aus, die das Signal zu lebhaften Erörterungen geben dürfte. Noch ist es bekanntlich nicht über jeden Zweifel erhaben, ob der Pachtvertrag von chinesischer Seite thatsächlich schon voll zogen ist (d. h. die Unterschrift des Kaisers von China erhalten hat), aber jedenfalls sind die Fragen, die das rheinische Blatt aufwirst und beantwortet, actuell genug, um besprochen zu werden. Das genannte Blatt schreibt: Die Einrichtung der völkerrechtlichen und staatsrecht lichen Verpachtung, von der das deutsche Reich in der Bucht von Kiaotschau Gebrauch macht, findet sich in dcr bisherigen Staaten- und Völkergeschichte nicht sehr häufig, auch wirst ihre Anwendung mancherlei Rechtsfrage:: auf, deren Lösung der Wissenschaft vermulhlich noch Arbeit genug kosten wird. Da dcr chinesische Staat für die Tauer der Pachtung auf die Ausübung aller SouvcrainetätS- und Hohcitsrechte zu Gunsten Les deutschen Reichs verzichtet, so ist letzteres befug:, in dem betreffenden Gebiet alle Rechte auszuübcn, welche rin Staat in den seiner Souverainetät unterstellten Gebieten ausübk. Damit ist ohne Weiteres gejagt, daß das Leu: Reich überlassen: Gebiet Inland im Sinne Les Völkerrechts ist, es ist ein Stück Les völkerrechtlichen Begriffs „Deutschland". Ein Angriff auf das Gebiet oder seine Küsten würde dieselbe Folge haben «wie ein Angriff aus Las Reich oder Lessen Küstengebiet, also Iden Kaiser zur Kriegserklärung ohne Zustimmung des IBundesralbs berechtigen. Noch wichtiger sind die handels- > und zollpolitischen Folgen; die Bestimmungen dcr zwischen FeniHetSn. Kampf und Entsagen. 16j Roman von M. von Eschen. Nachdruck verboten. „Regen Sie Ihre Flügel, Helja", sagte er mit erkämpfter Ruhe. „Niemand soll es Ihnen wehren. Am wenigsten ich. Werden Sie Sängerin, eine tüchtige Sängerin, und glücklich damit. Nur eins" — der Beiden Blicke senken sich ineinander — er weiß, was er wagt; sie versteht, was ec sagen will — ,,thun Sie mir nicht an —" Und da ist er wieder, der Funke, der die Miene zum Sprengen bringt. „Kümmern Sie sich um Ihr Fräulein Braut, Herr von Weilar, nicht um mich!" — Helja ist unter der Portiöre verschwunden. Und nun blieb es eine Weile still in dem hohen Raum, still wie ein Grab. Zornig, empört blickte Wolf immer noch auf die Stelle, da Helja entschwand. „Diese Mädchen, diese Mädchen heute! Was man sein Kreuz mit ihnen hat!" Die Hauptmännin fand endlich ein Wort und lupfte mit den Spitzen ihres Taschentuches die rothen Flecken auf Stirn und Wangen. „Bei Gott, ich hab's nicht verdient um sie!" „Gute Nacht, Mutter!" sagte der Major plötzlich. „Ent schuldige, ich muß morgen zeitig fort." „Hm!" Seine Mutter blickte ihm nach. „Hm!" Und — es war — ein Jeder ist sich schließlich selbst der Nächste — doch gut, sehr gut, daß es so gekommen war! — Kaum in ihrem Zimmer, griff Helja nach der Schreibmappe. Stehenden Fußes, als fürchte sie irre zu werden in ihrem Thun, nahm sie den ersten besten Bogen zur Hand. Wenige Minuten, und in nicht sehr festen, sogar etwas zitterigen, unregelmäßigen, doch großen, weichen Linien prangte cs schwarz auf weiß: „Geehrter Herr von Mangern! Mein Aufenthalt hier ist unhaltbar geworden. Sie haben mir so oft Ihren Beistand angeboten, ich bitte Sie um Ihren Rath. Lassen Sie unverzüglich von sich hören. Ihre ergebene Helja von Hausen." Es war ein rechter echter Mädchenbrief. Helja dachte kaum darüber nach. Nur das Hütchen auf den Kopf gestülpt, ohne Handschuhe, eilte sie, ihn in den Kasten zu stecken. Dazwischen wieder sank ihr das Herz — es war ein so ungewohnter Schritt. Dann ging sie um so schneller — es blieb ihr doch kein anderer. Mit zitternden Knien, athemlos lehnte sie an der Mauer, die den blauen Kasten trug; als führe ein fremder Wille ihre Hand, schob sich der Brief durch den metallenen Spalt —, mit jener eigentümlich fröhlichen Entschlossenheit, die eine endliche Ent scheidung verleiht, gleichviel, welcher Art sie auch sei, wandte sie sich nun zurück — der neuen Zukunft entgegen. Vor der Thür der Weilar'schen Wohnung traf Helja mit Fiffi zusammen. Auch die kleine Dernburg sah erregt aus. Ohne zu wissen, warum, fielen sich beide Mädchen in die Arme, betheuerten, daß es doch ein Jammer sei, wie sie einander so wenig gewesen wären, und daß sie von nun an in Ewigkeit Eines des Anderen gedenken wollten! XVIII. In höchster Entrüstung hatte Fiffi seit jenem Abend, der ihr süßes Geheimniß verrathen, kein Wort mehr darüber mit Lilian gesprochen, und diese ihrerseits hatte zu einer weiteren Erläuterung die Hand geboten. Der bildhübsche Nadaszy, sein lustig-keckes Wesen, hatc in der That Eindruck auf Fiffi gemacht; mehr jedoch noch hatten das heimliche Einverständniß, zwei sonst recht harmlose Spazier gänge, zu denen er das junge Ding verleitet, die lebhafte Phan tasie des unbeschäftigten Mädchens erregt und bestrickt; der Widerstand dann hatte, wie immer, Oel ins Feuer gegossen. Man hatte sie „nichtswürdig" behandelt! Sie aber — Fiffi Dernburg — wußte, was sie sich und — ihm schuldig war! Trotz ihrer großen Empörung, ihres großen Kummers, ihrer so schmählich verletzten großen Leidenschaft hatte die kleine Fiffi geschlafen, fest und ruhig, ungestört bis in den Hellen Morgen hinein. Und als dann am anderen Morgen die Sonne so recht freundlich ins Zimmer schien, ein paar Spatzen auf dem Fenster sims piepten, da wußte das junge Ding immer noch, was sie sich und ihm schuldig war; aber auch, daß sie gegen ihre Gast geber recht ungezogen gewesen! Flugs warf sich Fiffi in die Kleider, ohne Frühstück lief sie fort in den nächsten Blumenladen an der Ecke, um einen Strauß Rosen zu erstehen im Preise von mindestens dreißig Mark. Und nun, auf demselben Schemel kauernd, auf dem sie gestern Abend zu Füßen von Tante Weilar den unglückseligen Brief Heribert's — der eigentlich an Allem Schuld war, wie die junge Dame meinte — entziffert, legte sie die kostbaren Blüthen auf Tantens Schooß und blickte dabei mit einem Ausdruck von so aufrichtiger Beschämung und Abbitte in den kindlichen Zügen empor, daß man ihr wirklich nicht länger böse sein konnte. Tante Hilde strich denn auch dem Irrwisch über das Haar, und die Versöhnung war da. Nun erst blickte Fiffi zu Wolf hinüber und lächelte. „Na, na, Cousinchen. Damen darf man nicht an ihr Alter erinnern. Sind Sie noch sehr — wollte sagen, sind Sie noch jung, nicht an die Jugend, werden sie älter, nicht an die Jahre." Wieder begann die Kleine zu zittern, doch sich besinnend, was sie ihm und sich schuldig war, lächelte sie. Man kam überein, die Sache als eine Kinderei zu betrachten, die sich, da Nadaszy in wenig Tagen schon mit seiner „Siagione" bei Kroll zu End- sei, ganz von selbst erledigen würde. Darum wollte man das junge Ding auch nicht weiter damit behelligen und reizen, nachdem man ihr klar gemacht, daß jede fernere Begegnung mit dem Sänger unterbleiben müßte. Fiffi hängte das Köpfchen, weinte ein paar Thränchen; bald aber schnellten ihre gedrückten Lebensgeister wieder in die Höhe. Und als am nächsten Tage der Generalstäbler in höchst eigener Person das Cousinchen in die Malstube geleitete, schwänzte Fräulein von Dernburg einfach die Stunde und schlug — dem Vetter außer Sicht — den Weg zum Thiergarten, direct nach dem Königin-Luisen-Denkmal, ein. Es war zu famos, diesem Vetter Mentor ein Schnippchen zu schlagen, und dann, sie konnte auch wahrhaftig Feodor nicht im Stiche lassen: sie hatte es ihm versprochen — sie mußte ihn auch sprechen, sehen, jetzt erst recht! Feodor Nadaszy war armer Leute Kind und ursprünglich Holzfäller in den Wäldern seiner Heimcuh gewesen. Bei einem Gang durch das Holz hier hatte die Herrin von Trepnozoy den jungen Menschen bei der Arbeit getroffen, gerade als er, wie er gern that, seiner Stimme freien Lauf ließ. Die süße me lancholische Weise des alten Volksliedes, der ungemeine Wohllaut der jungen Stimme hatten die Herrin gefesselt. Sie begeisterte sich dafür, einen Tenor aus ihm zu machen, und schickte Feodor, der sich das nicht zweimal sagen ließ, auf die Musikschule nach Wien. Nadaszy besaß ein Kllnstlertemperament, aber kein Künstler genie. Zu ernstem Streben fehlten ihm Lust und Energie. Er hatte es auch gar nicht nöthig! — Die Natur hatte ihm mit seiner Stimme, die das hohe C im Jubel nahm, auch die süße Cantilene, so zu sagen in die Kehle gelegt. Er war musikalisch genug, um ohne Mühe leidlich richtig zu treffen, begabt genug, um abermals ohne Mühe Partien, die ihm natürlich lagen, leidlich auszuführen. Dazu war er ein hübsches Kerlchen! Seine schmiegsame Gestalt, ein keckes Bärtchen über frischen Lippen, die südlich weichen, feurigen Schelmen- oder auch Spitzbuben augen, eine flotte Art: Alles das gefiel den „Weiberln". Er „zog", wie der Kunstausdruck hier heißt. Warum sollte er sich also quälen! Mochten doch die Professoren finden, daß cs schade wäre, solche Gaben nicht zur Vollendung heranzubilden, gewiegte Kritiker warnen, daß bei solcher Verwendung der selten schönen Mittel deren Dauer nur beschränkt sein könne, und die ersten Bühnen trotz alledem sich ablehnend gegen Feodor Nadaszy ver halten: der junge Mann glaubte lieber seinen Agenten, die sich auf ihn stürzten, da sich noch was machen ließ mit dem Kerl, und ließ sich von ihnen schicken dahin, wo's Geld gab und man fidel leben konnte. Aber auf diese Weise war Signor Feodor — so nannte er sich, seitdem er vor zwei Jahren die Bretter be treten — an die Oper bei Kroll gekommen, hatte auch hier den gebührenden Beifall gefunden, Herzen entzückt und Herzen be glückt. Der junge Mann mit den weichen Augen und dcr weichen Stimme konnte eben „nit hart mit den Weiberln" sein. Natürlich war dann NadaSzy auch heute in seiner liebenswürdigsten Stimmung bei dem Luisendenkmal eingetroffen. Die Wanderung durch den knospenden Park mit seinem Dämmerschein und Fiffi'S durch den Widerstand nur gesteigerte Empfänglichkeit für den Roman ihres Lebens liehen diesem Wiedersehen einen viel wärmeren Charakter, als er sonst den kleinen Excursionen eigen gewesen war. Nadaszy selbst meinte, die kleine Baroneß habe ihm noch nie so gut gefallen, als heute in ihrem Zorn und ihrer wachsenden Leidenschaft. Er empörte sich mit ihr über die Vorurtheile hartherziger Verwandten und engherziger Edcllcute und schwur auf das Recht der Liebe gegen über jeder Einschränkung und Convention. Fiffi verstand sehr wenig davon, am allerwenigsten der Worte Sinn in seiner verwegensten Bedeutung, aber sie fühlte den Pulsschlag dcr Leidenschaft darin. Und als dann die Beiden sich unter dem träumerischen Be hang einer jungen Birke auf einer kleinen Bank niedergelassen, Feodor seinen Arm um ihre Taille legte und mit sehr natürlichen: Feuer bctheucrtc, daß sie seine erste und letzte Liebe sei, da hörte das junge Ding nur noch den bestrickenden Laut seiner Stimme und das Klopfen zweier Herzen, von denen es nicht wußte, welches ihr selbst, welches dem großen Künstler gehörte. Und als er dann weiter in unwiderstehlichem Moll von dem Abschied klagte und einem Nimmerwiedersehen — da bäumte es sich auf in der jungen Seele gegen das Geschick. Die kleine Fiffi neigte das Köpfchen gegen seine Schulter: „Feodor, ich gehe mit Dir!" Daran halte Feodor nicht gedacht. Er hatte die ganze Sacke überhaupt nie ernst genommen. Der unvorhergesehene plötzliche Ausbruch der Leidenschaft in dem reizenden Gcschöpfchen, so dicht nebn ihm, aber übte eine eleltrisirende Wirkung auf den ebenso leicht- als heißblütigen jungen Menschen. Der Glücklichste
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