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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.02.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-02-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980204023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898020402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898020402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-02
- Tag1898-02-04
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Königreich Sachsen. x- Leipzig, 4. Februar. DaS Gesuch der Theaterdirection, in den ersten 8 Tagen der Vormesse da» Neue Theater versuchsweise V»8 Uhr beginnen zu lassen, ist vom Rathe genehmigt worden. — Ferner stimmte der Rath bis auf Widerruf der Herstellung einer Gleisanlage von der Eilenburger Babn nach der Krause'schen Maschinenfabrik über die Zweinauadorfer Straße unter den vom Tief bauamte ausgestellten Bedingungen zu. -g- Leipzig, 4. Februar. Wie wir erfabren, genehmigte der Rath für den elektrischen Straßenbahnbetrieb die An stellung von Versuchen mit tragbaren Signal scheiben vorläufig an drei Straßenkreuzungen. — Für Arealabtretungen in der Wittenberger Straße bewilligte der Rath 28 000 a, conto Stammvermögen. -g- Leipzig, 4. Februar. Heute beging Herr Privatmann F. Meyer, Mozartstraße 1, sein fünfzigjähriges Bürgerjubiläum. Aus diesem Anlaß sandte der Rath dem Jubilar ein Glückwunschschreiben. Leipzig, 4. Februar. (Arbeiterbewegung.) Die Schmiede gehilsen hielten gestern im „Coburger Hose" eine ron 100 Personen besuchte Versammlung ab, in welcher die Einführung der Arbeitslosenunterstützung zur Berathung stand. Hierzu lag ein vom Vorstande des Centralvereins der Schmiede Deutschlands entworfenes Statut vor, nach welchem arbeitslosen Vereinsmitgliedern pro Tag 60 bis zu einem Gesammtbetrag von 27 in einem Jahre Unter stützung gewährt werden soll. Die Versammelten stimmten dem Entwürfe zu, gaben die Stimmzettel für die zur Einführung der Arbeitslosenunterstützung ausgeschriebene Urabstimmung ab und ernannten hierauf ein Comitö zur Verwaltung der nach längeren Auseinandersetzungen von der Kranken- cassenverwaltung der Schmiede Leipzigs der Leitung der allgemeinen Gewerkschaft auSgehäudigten Fahne. Bei den Klagen über verschiedene in einigen Betrieben zu Tage tretende Mißstände wurde auch erwähnt, daß die Arbeitszeit, die theilweise schon 9*/, Stunden betragen habe, jetzt mehrfach wieder auf 11 Stunden gestiegen sei. 2 Leipzig, 4. Februar. In der Bayerischen Straße wurde gestern Abend ein 9jähriger Knabe, der mit anderen Knaben sich auf der Straße herumtummelte, von einer Droschke überfahren und gelobtet. Den Kutscher trifft kein Verschulden an dem Unglücksfalle. — Gestern Abend hat sich ein aus Görlitz gebürtiger 63jähriger hiesiger Schneidermeister in seiner Wohnung durch Erhängen entleibt. Krankheit ist daS Motiv der That. — Gestern Abend kam in der Wurzener Straße in Neuseller- hausen ei» 12jähriger Knabe beim Spielen zu Falle und ge- rieth unter ein vorüberfahrendes Bäckergeschirr, dessen Hinterrad über ihn wegging. Zum Glücke trug der Knabe nur Hautabschürfungen davon. — Auf einem Neubau an der Ecke der Könneritz- und Rochlitzstraße in Neuschleußig fiel heute Vormittag ein daselbst beschäftigter 42jähriger Maurer aus Lindenau vom Schlage getroffen tovt zu Boden. —* Verhaftet wurde eine 23 Jahre alte Putzmacherin aus Qnersurth, die von den Staatsanwaltschaften Chemnitz und Dresden wegen Betrugs und Unterschlagung steckbrieflich verfolgt wird. — Ein 19 Jahre alter Handlungscommis aus Breslau, der vor einigen Tagen seinem Principale in Breslau ca. 70 Mark unterschlagen hat und dann flüchtig geworden war, stellte sich gestern, nachdem er das Geld verthan, der Polizei. —- Eine L-Trompete ist aus einer Restauration in der Vismarckstraße zu L.-Lindrnau gestohlen worden. * Stötteritz, 3. Februar. In unserem Orte wird keine be sondere Kirchensteuer erhoben. Die Bedürfnisse der Kirch- casse werden aus den Einnahmen derselben und aus Zuschüssen aus der Gemeindecasse gedeckt. Um nun der Kirchcasse eine größere Selbstständigkeit zu verschaffen, hat der Kirchenvorstand beim Gemeinderathe beantragt, in Zukunft die Besitzveränderungs abgaben anstatt in drei in vier Theile zu theilen, wovon je j der Gemeinde-, Schul-, Armen- und Kirchcasse Zuflüßen sollte. Das Gesuch ist aber abgelehnt worden, weil hierdurch irgend welche fühlbare Erleichterung für die Einwohnerschaft nicht herbeige führt würde. — Die Besitzer der zwischen der Augusta- und Wasserthurmstraße einerseits und der Schul- und Hauptstraße an dererseits gelegenen Grundstücke haben um die Verlegung der projectirten Parallelstraße zur Schulstraßc um ca. 20 Meter nach Norden petitionirt, um ihre Grundstücke besser ausnützen zu können. Auch dieses Gesuch ist abgelehnt worden. Der Herr Amtshauptmann, Geheimer Regierungsrath vr. Plahmann, hat dem Gemeinderathe schriftlich mitgetheilt, daß er sich mit der Einverleibung der Gemeinde Stötteritz in den Stadt bezirk nicht einverstanden erklären könne. — Würze», 2. Februar. Wie das „Eilenburger Nach- richtSblatt" schreibt, hat der dortige Magistrat wegen staatS- seitiger Erbauung einer Eisenbahn zwischen Eilenburg und Wurzen ein Bittgesuch an den Minister der öffent lichen Arbeiten gerichtet und den Stadtrath in Wurzen ersucht, zur Erreichung der langersehnten Bahnverbindung auch dortseit» bei dem königlich sächsischen Minister vorstellig zu werden. —* Flöha, 3. Februar. Wieder war es der l ei ch tf e r t i g e Umgang mit Schußwaffen gewesen, der ein blühendes Menschenleben als Opfer gefordert hatte. Am Sonntag vor Weihnachten gingen vier junge Burschen aus dem benachbarten Plaue nach Schellenberg spazieren. Unter ihnen befand sich der 18jährige Fabrikarbeiter Paul Georg Oehme und der 17jäh- rige Fabrikarbeiter Streu. Gegen H5 Uhr Nachmittags begab man sich auf den Heimweg, wobei den Burschen Bekannte aus Plaue begegneten. „Du mußt einen Freudenschuß abgeben", wandte sich Streu an Oehme, der im Besitze eine Taschenpistols war, mit dem er bereits zuvor wiederholt in die Luft geschossen hatte. Oehme lud die Waffe mit einer scharfen Patrone und feuerte sie nach einem Baumstamm ab. Plötzlich aber sah er, daß Streu stöhnend zusammenbrach und ergiff darauf die Flucht. Nachdem sich Oehme bis zum anderen Abend im Walde Herum getrieben hatte, kam er wieder in die elterliche Wohnung und stellte sich dem Gericht. Am Mittwoch, den 22. December, starb Streu an den Folgen des Schusses. Das Landgericht Chemnitz verurtheilte am Dienstag den leichtsinnigen Schützen wegen fahr lässiger Tödtung zu fünf Monaten Gefängniß, und wegen des Tragens verbotener Waffen zu 60 Mark Geldstrafe oder zwei Wochen Haft. — Zwickau, 3. Februar. Die Bewerbungen um die hiesige Oberbürger meister stelle laufen sehr spärlich ein. Wie man hört, hat daS seinen Grund darin, daß ein hiesiger Candidat als bestimmter Nachfolger de» Herrn Ober bürgermeister» vr. Streit gilt. * Aretterg,3. Februar. Aus Anlaß des 70. Geburtstages und des 25jährigen Regierungsjubiläums des Königs hat der Vorstand des hiesigen Albert-Zweigvereins beschlossen, eine „Köniz - Albert - und Königin - Carola - Stiftung" für rin Freibett im hiesigen Stadtkrankenhiuse zu be gründen. Dieselbe wird mit einem Stammcapital von 3500 M. errichtet. — Werdau, 3. Februar. Die CorrectionSarbeiten an der gefürchteten Kurve bei Werdau-Ruppert-grüu sind so weit gefördert, daß die völlige Fertigstellung und Ingebrauchnahme der betreffenden Neubaustrecke nicht mehr lauste auf sich warten lassen wird. Die überaus ungünstigen KrümmungSverbältniffe an der Kurve besonder» für die zwischen hier und Zwickau verkehrenden Züge fallen damit künftighin fort. Die Kurve hatte bisher nur einen Radiu» von 207 m. Durch den umfassenden Umbau wird er au 300 w erhöht. t. Crimmitschau, 3. Februar. Die hiesigen städtischen Collegien haben den Anschluß an dir Petition der Stadt Dresden beschlossen betreffs Abänderung der Regierungs vorlage, die GehaltSverhältnisse der Lehrer an den Volks schulen und die Gewährung von Staatsbeihilfen zu den Alterszulagen derselben. — Der Arbeiterwahlverein halte in einer Eingabe an die städtischen Collegien beantragt: 1) die Wahllocale bei den Stadtverordnetenwahlen auf drei zu vermehren, 2) die Abgabe der Stimmzettel unter Couvert vorzuschreiben, 3) einige Wahlgehilfen au» den Mitgliedern des genannten Verein- zu entnehmen und 4) den Wahltag auf einen Sonntag zu verlegen. DaS Stadtverordneten- Collegium lehnte in seiner gestrigen Sitzung die Anträge ab, wie solche- der Rath vorher gethan. Ein Winter gewitter ging gestern Abend ^10 Uhr über unserer Stad- nieder. Nach einem grellen Blitzschein erdröhnte ein gewalt tiger Donnerschlag, dem ein heftiaer, mit Graupeln unter mischter Sturm folgte. — Der Inhaber der in ConcurS gerathenen Firma C. F. Fischer, Buckskinfabrikant E. Fischer, wurde gestern verhaftet. —* Leiters», 3. Februar. Ein schwerer Unglücks- all ereignete sich im benachbarten Breitenau. Durch den Sturm an Montag Nachmittag wurde in der Weiske'schen Bleicherei ein Holzstamm, auf welchem eine elektrische Bogenlampe befestigt war, umgestürzt. In demselben Augenblick kamen drei in der Fabrik beschäftigte Arbeiter vorüber, von denen der 20jährige Max Zeuner aus Oederan so unglücklich durch den ällenden Stamm getroffen wurde, daß der junge Mann mit eingeschlagener Schädeldecke sofort bewußtlos zu Boden stürzte. Der Bedauernswerth« verschied in der Nacht zum Dienstag im hiesigen Krankenhause, ohne wieder zum Bewußtsein gekommen zu sein. — Myla», 3. Februar. Mit heute Donnerstag vollenden ich 30 Jahre, Laß Herr Schuldirector Göpel an hiesiger Bürgerschule thätig ist, und zwar acht Jahre als Lehrer und Vicedirector und 22 Jahre als Director. Vorher war Herr Göpel 3>/r Jahre an anderen Orten als Lehrer thätig. ä. Mylau, 3. Februar. Der vom 68 Jahre alten Weber Ernst Rudolf Meyer aus Lambzig hier in Mylau in den Unter eib geschossene 41 Jahre alte Webergeselle Ehrhardt Spitzner t gestern Abend seinen Verletzungen im Kreiskranken- ift Zwickau erlegen, so daß nun gegen den verhafteten Meyer die Anklage wegen schwerer Körperverletzung mit tödt- lichem Ausgang gestellt werden wird. Meyer soll den Entschluß zur Rache an dem Liebhaber seiner von ihm seit mehreren Jahren getrennt lebenden 43 Jahre alten Ehefrau, die mit dem Spitzner schon seit «inigen Jahren zusammenlebte, bereits seit einiger Zeit gefaßt haben. -s Plauen, 3. Februar. Herr Justizrath Schuricht hier "eierte heute das 40jährige Rechtsanwalts-Jubi- ä u m. Der geschätzte Jubilar wurde von vielen Seiten mit Glückwünschen und sinnigen Aufmerksamkeiten geehrt und erfreut. Er kam im Jahr« 1855 nach Plauen und ist seitdem ununter brochen in Plauen, seiner zweiten Vaterstadt, thätig gewesen. — Hirschberg, 2. Februar. Bei dem orkanartigen Sturme am letzten Montag ereignete sich, wie dem „Vogtl. Anz." von hier geschrieben wird, auf dem hiesigen Bahnhofe eia schweres Unglück. Bei dem der Lederfabrik gehörigen Güterschuppen waren drei Arbeiter damit beschäftigt, mittels des auf hohem Gerüst befindlichen großen fahrbaren KrahncS Quebrackioholz abzuladen, als sich der gewaltige Sturm plötz- !ich mit aller Wucht unter das Schutzdach des KrahneS legte und diesen ins Rollen brachte. Die daraus befindlichenArbeiter waren nicht im Stande, denKrahn zum Stehen zu bringen, und so stürzte der einige Hundert Centner wiegende Koloß, nachdem er die Aufhaltevorrichtungen abgebrochen hatte, von dem hohen Gerüst herunter. Hierbei erlitt der Gerbereiarbeiter Glück aus Dobareuth schwere Verletzungen am Kopfe, ein anderer Arbeiter Verstauchungen, während der dritte, welcher einige Augenblicke vor der Katastrophe herabsprang, mit leichteren Verletzungen davonkam. Von der Gewalt des Sturmes kann man sich eine Vorstellung machen, wenn man sieht, wie die r/z Meter hoben Eisenschienen krumm gebogen und die anderen iarken Eisentheile gebrochen und verbogen sind. Das massive modament des Krahnes wurde an der Unglücksstätte zer trümmert und auf die Seite gerückt. — Meitze», 2. Februar. Von dem nordwestliche» Giebel der AlbrechtSburg stürzte am Montag in Folge des heftigen Sturmes eine Kreuzblume nach dem Park zu ab. Beim Fallen wurden durch den Steinkoloß Drähte der elektrischen Lichtanlagen zerrissen. Die Erneuerung der Kreuz blume wird mit ziemlichen Schwierigkeiten verbunden sein. — DreSVen, 4. Februar. Ans das Begrüßungstelegramm des conservativen Parteitags an König Albert gelangte am Abend zu Händen deS Freiherr« von Manteuffel folgende telegraphische Antwort aus Leipzig: „Ich danke dem conservativen Parteitag herzlich für den mir zugegangenen reundlichen Gruß. Albert." — Wie bereits mehrfach ver- autete, hat die Finanzdeputation der Ersten Kammer zur Vermögenssteuervorlage bereits vorläufig Stellung genommen und zwar hat sie die Vorlage einstimmig abgelehnt. Von der Finanzdeputation der Zweiten Kammer dürfte die Vorlage auch verworfen werden; zur Be- riedigung deS Steuerbedürfnisses wird man von dieser Seite vielmehr eine Erhöhung der Progression der Einkommensteuer Vorschlägen. Die Beschreitung dieses Weges wird dagegen von der Finanzdeputation der Ersten Kammer nicht empfohlen werden, sondern eS wird rin anderer Vorschlag erfolgen, der für Zeit jedoch noch Gegenstand der Berathung ist. — Den Inhabern vouStellenvermittelungS-und VermiethungS- mreauS ist durch Entscheidung der KreiShauptmannschaft untersagt worden, die Bezeichnung „conccssionirt" zu führen. Derartige Geschäfte gehören nicht mehr zu den concessiouS- pflichtigen Gewerben; ihre Bezeichnung als „concessionirt" ist geeignet, das Publicum irre zu führen. MM. Fünfzehntes Gewandhaus-Concert. ' Leipzig, 4. Februar. DaS gestrige Concert wurde durch die Anwesenheit Sr. Majestät des König» Albert verherrlicht und erhielt dadurch einen überaus festlichen Charakter. Bei seinem Erscheinen, wenige Minuten nach >/z8 Uhr, wurde der König mit dreifachem Tusch und Hoch, daS Herr Geheimer Rath Prof. vr. Wach ausbrachte und in das die Versammelten aus vollem Herzen einstimmten, be grüßt; der König dankte, sichtbar erfreut und huldvoll grüßend. Es nahmen darauf die Vorträge ihren An fang mit R. Wagner'S Vorspiel zur Oper „Die Meister singer". DaS glänzende Werk im Gewandhaus« zu hören, in dem die Besetzung der Streichinstrumente «ine sehr viel stärkere sein kann, dazu unter der genialen Leitung deS Herrn Capellmeister Niki sch, der damit seit vielen Jahren aufs Innigste vertraut ist und den musikalischen, überreichen Inhalt desselben in feinster Ausarbeitung zu interpretiren versteht, dürfte wohl jeden der Zuhörer aufrichtig gefreut habe». DaS Entzücken über die ganz herr liche Leistung unsere» Orchester» und seines Dirigenten ließ sich denn auch nicht zurückhalteu und machte sich in, wenn auch, durch die Anwesenheit deS König veranlaßt, mäßigeren, so doch reichen BeifallSäußerungen Luft. So glänzend wie der Anfang gestaltete sich der Schluß de» Concert-, der durch die Symphonie (Nr. 5 vmoll, schlechtweg die „fünfte" genannt) von Beetboven gebildet wurde. Auch sie eignet sich durch ihre Entwickelung bis znm letzten wunderbaren, in Jubel au-brechenden Satze sicherlich ganz besonders zu Aufführungen bei festlichen Gelegen heiten und erlebte ebenso wie das Meistersinger-Vorspiel eine durchaus vollendete Wiedergabe; seit ihrem Erscheinen und ihrer Erstaufführung im Gewandhanse hat sie wohl, wenigstens seit einer langen Reihe von Jahren, regelmäßig das Programm eine» ConcerteS geschmückt und ist dadurch Allen — Zuhörern wie Orchestermitgliedern — in Fleisch und Blut übergegangen; wer möchte sie heute vermissen? Der Beifall nach den einzelnen Sätzen und namentlich am Schluffe war sehr reich und anhaltend. Zwischen beiden Orchesterwerken trat Herr I. I. PaderewSki mit dem Vortrage des Concert» für Pianoforte (Nr. 2 b'moll) von Fr. Chopin (neu instrumentirt von Richard Burmeister) auf. Daß Herr PaderewSki den Bedeutendsten seine- Faches zuzurechnen bleibt, soll nicht bestritten werden, doch zu einer rein künstlerischen Abgeklärtheit scheint er nicht gekommen zu sein; die Extremen, in denen er sich bewegt, der bisweilen geradezu beleidigende Lärm deS tortissimo, daS Säuseln deS pianissimo, die Will kürlichkeiten in der Behandlung deS Rhythmus, die denn auch irgend wo ein Ende haben müssen, so gern man auch dem Chopinspieler insbesondere die Benutzung des tsmpo imbrrto zugestehen, ja sogar von ihm fordern muß, alles dies weist auf den Virtuosen hin, der nicht immer künst lerische Ziele verfolgt, sondern unter allen Umständen imponiren und verblüffen will, was ihm denn auch nur zu oft leider gelingt, namentlich wenn er einen gefeierten Namen besitzt. Aus den Vortrag deS CvncertS beziehen sich diese Bemerkungen sehr viel weniger, als auf die gespendeten Zugaben. In ersterem war daS Meiste sehr schön, wennschon auch hier Uebertriebenheilen vorkamen; am schönsten gestaltete Herr PaderewSki den zweiten Satz mit seinem declama- torisch-dramatischen Recitativ und den letzten, namentlich in seinen zarteren und figurenreichen Partien. Die Zugaben, die Herr PaderewSki gewährte, waren, eingeleitet durch «in sehr geschmackloses, wenig paffendes Vorspiel: der vis- moll-Walzer von Chopin und die große heroische ^s-ckur- Polonaise von demselben. Auf den letzteren Vortrag bezieht "ich ganz speciell das oben Gesagte — man konnte ihn als in vielen Partien einfach roh bezeichnen und sich freuen, daß der häßliche Eindruck durch die nachfolgende 6-moU-Symphonie verwischt werden sollte. G. Sch lern üller. Literarische Vorlesungen des Kgl. Conservatorinms. In seiner gestrigen dritten Vorlesung fuhr Herr vr. Ernst Groth fort, Wieland'S Charakterbild zu vervollständigen, besonders waS seine Beziehungen zur Musik betrifft und ein Bestreben, die italienische Oper durch das deutsche Sing spiel zu ersetzen. Seine Kritik der damaligen Opernmanier im „Teutschen Merkur" erinnert an die Aussprüche der Musikreformatoren ein ganzes Jahrhundert später. Der Poet erscheine nur „als der demüthige Diener des Compo- nisten, des DecorateurS, der Sänger und Tänzer, bei den Recitationen werde das Publicum unaufmerksam, lache, lieb äugele oder schlafe, bis es durch das zärtliche Getön eines RitornellS daran erinnert werde, daß eine Arie im Anzuge ei, die wenigstens durch die schönen Läufer, Triller und Cadenzen deS Sängers Aufmerksamkeit verdiene." Damals galt Mannheim als erste Musikstadt Deutsch lands; Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz wollte sie zu einem Paradies der deutschen Tonkünstler machen. Sänger und Sängerinnen waren ausgezeichnet und auch Mozart war herangezogen worden, um bei der Einrichtung der deutschen Oper initzuwirken. Wieland wurde aufgefordert, ein Singspiel für das Mannheimer Theater zu dichten und er verfaßte die „Rosamunde", ein Stoff, den Körner später in einem Trauerspiel behandelt hat. Schweitzer componirte daS Sing- piel. Wieland kam selbst nach Mannheim; doch die „Rosamunde" kam nicht zur Aufführung wegen eintretender Hoftrauer und weil der Kurfürst selbst bald darauf nach München über siedelte. Interessant sind die von Herrn vr. Groth mit- getheillen Stellen aus Mozart's Briefen, in denen sich der blutjunge Musiker, der aber schon eine Berühmtheit war, in ziemlich burschikoser Weise über die Rosamunde und Wieland ausspricht. Von der Schweitzer'schen Musik sagt er: „Die Singstimmen seien bisweilen als ob die Hunde bellten" und von Wieland entwirft er ein nicht sehr schmeichelhaftes Portrait, welches aber die Schilderungen der Literarhistoriker in vieler Hinsicht ergänzt: „Nun bin ich mit Herrn Wieland auch bekannt; er kennt mich aber auch nicht so wie ich ihn; denn er hat noch nichts von mir gehört. Ich hatte mir ihn nicht so vorgestellt, wie ich ihn gefunden. Er kommt mir im Reden ein wenig gezwungen vor; eine ziemlich kindische Miene, ein be ständiges Gläselgucken, eine gewisse gelehrte Grobheit und doch zuweilen eine dumme Herablassung. Mich wundert aber nicht, daß er sich hier so zu betragen geruhet, denn die Leute sehen ihn hier an, als wenn er vom Himmel herabgefahren wäre. Man genirt sich ordentlich wegen ihm; man redet nichts, man ist still, man giebt auf jedes Wort Acht, daS er spricht, nur schade, daß die Leute oft so lang in der Erwartung sein müssen; denn er hat einen Defect in der Zunge, vermöge dessen er ganz sachte redet und nicht sechs Worte sagen kann, ohne einzuhalten." Wie Klopstock trat auch Wieland zu Gluck in Beziehungen, welcher den Dichter sehr verehrte. Als Gluck seine Pflegetochter Marianne, ein achtzehnjähriges talentvolles Mädchen, durch den Tod ver loren, da wollte man ihr ein Requiem widmen und bat Wieland um den dichterischen Text. Dieser war auch bereit dazu, doch fand er nicht die rechte Stimmung und wandte sich an Goethe; doch auch Goethe, der eine Zeil lang über die Dichtung nachsann, kam nicht dazu, da er damals gerade in den Geheimen Rath berusen wurde. Wieland selbst hätte gern einen Opernlext für Gluck geschrieben, doch ihm fehlte die musikalische Anregung; auch klagt er, daß die deutsche Sprache so wenig fürs Musikalische geeignet sei: „Die Zu- muthung, mit Sackpfeisen und Strohsiedeln ein liebliches Concert zu Stande zu bringen, wäre kaum eine schwerere Aufgabe als die, in unserer rauhen, sich langsam fortschleppenden Sprache einige Dutzend so harmonischer Stanzen zu machen, er wolle nicht sagen, wie Tasso oder Metastasio, sondern wie der gemeinste arkadische Hirt auf einem Baum schockweise von sich geben könne." Doch der eigentliche Grund war das geringe Talent Wieland'S für dramatische Dichtung; ihm fehlte die gewaltige fortreißende Leidenschaft des Dramatikers. Der Vortragende geht nun zu den Jüngern Wieland'S über, namentlich zu den österreichischen Dichtern Meißner und Schikaneder, von denen der Erstere musikalische Dramen, der Letztere bekanntlich den Text zur „Zauberflöte" verfaßte, und verweilte dann bei Wilhelm Hein se, dem Dichter deS „Ardinghello", bei dem, besonders Damenpublicum gegenüber, „Vorsicht" wie bei einer Glaskiste geboten ist; doch Herr vr. Groth wußte alle Klippen zu vermeiden und gab doch mit frappanten Zügen ein Bild des Naturalisten, der in vieler Hinsicht, auch in Bezug auf die Breite, womit er Technisches in seinen Ro manen bespricht, an Zola erinnert. Kühner geht Herr vr. Groth auf den Heinse'schen Musikroman „Hildegard von Hohenthal" ein, in welchem eingehende Auseinandersetzungen eben der verschiedensten musikalischen Fragen den Verfasser al« einen der feinsinnigsten Kenner der Musik zeigen. Die Mittheilungen aus diesem Roman waren für tue Kunst jüngerschaft des ConservatoriumS jedenfalls von hohem Interesse. Rudolf von Gottschall. * Leipzig, 4. Februar. Welchen außerordentlichen Anklang in den Arbeiterkreisen die von einem ComitS ausgehende Idee der Veranstaltung „Volksthümlicher Symphonieconcerte" in Leipzig gefunden hat, ersieht man daraus, daß für das zweite Concert, welches am Sonntag, v. 6. Februar, Nachmittags 3 Uhr, in der Alberthalle stattfindet, 6500 Eintrittskarten von den Vorständen industrieller Etablissements verlangt ivurden, von denen mehr als die Hälfte wegen Platzmangel nicht verabfolgt werden konnten. Das ComitO hat sich deshalb veranlaßt ge sehen, das Concert am darauffolgenden Sonntag noch einmal mit gleichem Programm zu widerholen und werden weisere Con- certe geplant Sonntag, d. 27. Februar, und an einem Sonntag im März. Für das nächste Concert hat der rühmlichst bekannte Sänger Herr Emil Pinks seine Mitwirkung freundlichst zugesagt. Den orchestralen Theil sämmtlicher Concerte führt das Winderstein-Orchester unter der Leitung des Herrn Castell meister Winderstein aus. Von anderer Seite wird uns mit gethcilt: Zu dem 2. volksthümlichen Symphonieconcert wurden wiederum nur Bestelllisten an ca. 600 Geschäfte und Fabriken geschickt; es wurde in keiner Zeitung annoncirt. Es wurden daraufhin 6600 Programme bestellt; das Comito hat sich deshalb entschlossen, dasselbe Concert mit dem gleichen Programm am Sonntag, den 13. Februar, zu wiederholen, damit wenigstens weitere 3000 Besteller — so viele faßt die Alberthalle — bc friedigt werden können. Die dann noch übrigen 600 werden für das nächste Concert vorgemerkt. Die Zahl der bestellenden Ge schäfte und Fabriken, beim ersten Mal wenig über 100 — hat sich diesmal verdoppelt; besonders die Geschäfte der inneren Stadt — damals durch den Meßsonntag verhinhzrt — hqben sich jetzt zahlreich bctheiligt. ff, vermischtes. (D Aus Bayer», 3. Februar. Die erst jüngst gegründete Werdenfelser Terraingesellschaft will in Gar - misch ein großes Curhaus errichten, groß« Spielplätze an legen, die Wege im Werdenfelser Lande in gutem Zustande er halten und dadurch bewirken, daß sich die Engländer und Ameri kaner, die jetzt noch in der Schweiz oder in Südtirol Sommer aufenthalt nehmen, nach Oberbayern wenden. Das kann nach Ansicht der Gründer nur geschehen, wenn der Comfort, der in den Schweizer Hotels herrscht, auch hier geboten wird. — Di- Stadt München wird nächstens Motor-Omnibusse in ihren Straßen verkehren lassen. Diese neuen Beförderungs mittel stammen aus der Dainiler'schen Motoreufabrik in Cann statt. Diese Fabrik hat auch die Motorboote für den Starn berger See geliefert. --- Prag, 3. Februar. In dem Orte WeleSlavin bei Prag hat sich im dortigen Schlosse heute Nacht eine noch nicht aufgeklärte Blutthat ereignet. Die Besitzerin des Schlosses, Frau v. Avesteren, weilt gegenwärtig mit ihren beiden Töchtern zum Winterausenthalte m Wien. Ihr Sohn, der 24jährige Jurist Werner v. Avesteren, langte gestern Abend mit einer Dame, die keiner von den Ortsbewohnern kannte, von München an und stieg im Schlosse ab. Um 11 Uhr Nachts wurden die Schloßbewohner plötzlich durch den Knall zweier Schüsse aufgeschreckt. Man drang in da» Zimmer, in welchem sich Herr Werner v. Avesteren mit der jungen Dame aufhielt und fand Beide blutüberströmt auf dem Boden liegen. ES wurde rasch ein Arzt herbei gerufen. Derselbe konnte bei der jungen Dame, welche eine Schußwunde in der Stirne batte, nur den bereits ein getretenen Tod constatireo. Werner v. Avesteren hatte sich in den Mund geschossen und lebte noch. Als er durch die Bemühungen deS Arztes auf eine kurze Weile das Bewußt sein wieder erlangte, sagte er zu dem Arzte: „Laßt mir mein Liebchen!" worauf er wieder die Besinnung verlor. Auf d«n Tische des Zimmers lagen zwei Briefe, der eine derselben ist an den Prager Advocate» vr. Joseph Spindler, der andere an einen Herrn Schulzberger in München adressirt. Werner v. Avesteren hatte im vorigen Jahre in München studirt uud dort eine Bekanntschaft mit einem Fräulein Schulzbergrr angeknüpft. Nach Schluß der Ne-attion einge-ange«. Di« i» dteZ<r Rubrik mit,»heilte», während de» DniSe» einselausene» Leie,ramm, Hub«, »t« Ich»» au« d,r Ueberichrist ersichtlich, der «edocti»» nicht »»rgele,«,. Viel« ich Mthi» Nir veesiltaim-luosen »iid »nverft-adliche w«du»ge» »ich» »» »iNxorilich M mache». * Verli», 4. Februar. Die Wahlprüfungscommission deS Reichstags erklärte die Wahl Merz' (2. badischer Wahlkreis) und Reichmuth'S (1. Weimarer Wahlkreis) für ungiltig. * München, 4. Februar. Das Staat-Ministerium deS Innern hat dem Landtage eine au» acht Paragraphen bestehende VerrinSgesetz-Novelle vorgelegt. Die wich tigsten Bestimmungen sind folgende: Volljährige Frauens personen dürfen an öffentlichen Versammlungen politischen Charakters theilnehmen, minderjährige bleiben ausgeschlossen. Volljährigen Frauenspersonen ist die Theilnahme an politischen Vereinen auf dem Gebiete der besonder» Berufs- und StaudeS- interefsen, der Erziehung, deS Unterrichts, der Armen- und Krankenpflege u. dergl. zugestanden. Politische Vereine dürfen mit anderen solchen Vereinen in Verbindung treten. DaS Ministerium kann auch ausnahmsweise eine Ver bindung mit außerdeutschen Vereinen gestatten. Weitere Bestimmungen der Vorlage enthalten Erleichterungen bezüg lich der Anmeldung und Erlaubnißertheilung für Versamm lungen, Strafmilderungen bei Uebertretung deS VereinS- gesetzeS und eine Ausdehnung der Ausnahmebestimmungen für Wahlversammlungen. * Wien, 4. Februar. Die heutigen Frühvorlesungen an der Hochschule für Bodencultur wurden von Studenten der Hochschule, verstärkt durch Studenten anderer Fakultäten, durch Heil-und Protestrufe verhindert. Die Professoren brachen daher die Vorlesungen ab. Eine Kundgebung des Rectors theilt mit, daß die Vorlesungen bis auf Weiteres geschloffen werden. In der Umgebung der Universität ist alle» ruhig. * Parts, 4. Februar. Alle Officiere deS Stabes erhielten gestern Abend Vorladungen im Processe Zola zu erscheinen. Der Ministerrath wird noch ent scheiden, ob sie der Vorladung Folge geben sollen. — Für das Frühjahr werden zahlreiche Garnison verschiebungen, so der Garnisonen Toul, Verdun u. A., angekündigt. Die Militaircommission der Kammer wird jedoch dem Vernehmen nach den Kriegsminister ersuchen, den Garnisonwechsel für die Truppen an der Grenze ein- zuschränken, damit die Officiere Gelegenheit haben, sich mit den Oertlichteiten daselbst möglichst vertraut zu machen. -kn» et«»» HVttt«runL»I»«rt«I»t ron ckor Soerrart« sie v»wd»rg. Vom 3. kebruar 1898. Uoreeos 8 Ukr. --- ßn 2 kicktolle vllä Starke äoe Villäea. 4Vettsr. - e o L Kelwallet . . 766 IV stark Kegen 4- 8 ObnstiLosollü . 744 kiW stark kegoo ff- I tlcmiinn . . . — — — »ufabrrrmmsr . 737 84V «ckvack l>eäee.kt ff- 3 liarlarobe . . 759 84V stark Kegen ff- 4 iViosbaäoo . . 705 81V leiedt kalb beäeckt 4 Knslao . . . 7;j6 8lV sekerai b bedeckt 3 bü-uu» . . — — — Verantwortlicher Redacteur vr. Her». Küchiiug in Leipzig. Kür den musikalischen Theil Professor vr. v-rar Paul in Leipzig.
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