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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.02.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-02-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189802067
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18980206
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18980206
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-02
- Tag1898-02-06
- Monat1898-02
- Jahr1898
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.02.1898
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Vez«s--Prett Vie Hauptexpeditiou oder de» k« Gtabk- beatrk and den Vororte» errichteten Au«- aabeftrlleu ab geholt: vierteljährlich ^I4.S0, ort zweimaliger täglicher Zustellung ta« dmvH KLO. Durch die Post bezogen für Dentschlaud und Oesterreich: viertestährlich L—. Direkt« täglich« Kreuzbaudiendung kW« AuSlaud: monatlich 7.S0. A» Morgen-Au-gab« erscheint um '/.? Uhr, die Lden^Au-gab« Wochentag« um b Uhr. Le-actto« und Lrpe-itto«: JohanneSgaffe 8. Di« Expedition ist Wochentag« »nnnterbroche» geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uh^ Filialen: Ltt« Klemm'« Lorttm. (Alfred Hahn), UniversitätSstraße 3 (Paulinum), Laut» Lösche, Katharinenstr. 14, Part, und König-Platz 7. öS. UlANM TagMllü Anzeiger. Ämtsklatt des Lömglichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes und Natizei-Nmtes der Stadt Leipzig. A«zeigenPrei- die 6 gespaltene Petitzeile SO Pfg. Nerlamen «ater dem Redaction-strich (4go» spalten) üO^z, vor den Famtlieanachrichlra (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffern^» . nach höherem Tarif. Ertra-Beilagen (gefalzt), anr mit der Morgen-An-gabe, ohne Postbeförderung ÜO—, mit Postbesörderung 70.—. Iinnahmeschlnß für Anzeigen: Abend-Au-gabe: Bormittag« 10 Uhr. Morgen»AuSgab«: Nachmittag« 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je »ine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Bolz in Leipzig. Sonntag den 6. Februar 1898. 92. Jahrgang. Aus -er Woche. Obwohl der Reichstag mit Ausnahme von Mariä Lichtmeß Tag für Tag Sitzung hielt, war die Woche politisch doch nicht so langweilig, daß e- die „Post" nöthig gehabt hätte, sich auS Port-au-Prince einen Giftmordversuch gegen den dortigen deutschen Geschäftsträger zu verschreiben. Die Romanbibliothek des Blatte« bedarf offenbar der Auffrischung; Gift ist veraltet. Die Führer beS Freisinns beider Obser vanzen sind gerade jetzt wieder so fürchterlich erbost auf einander, daß man wohl bestimmt annedmen darf, sie möchten sich gegenseitig vergiften, aber sie thun doch nichts dergleichen. Wenn aber nicht bald eine derartige Sensation daS Interesse an ihrem Streite neu belebt, werden die Zeitungsleser die Erneuerung des Abonnements von der Bedingung abhängig machen, daß über die Katzbalgereien Richter-Barth nichts mehr gedruckt wird. Zu einer Diversion nach der konservativen Seite, die der Dresdner Parteitag nahe legte, haben die freisinnigen Blätter, wie eS scheint, keine rechte Lust. Manche von ihnen verzichten sogar auf den „Leitartikel", den sie jeder Bagatelle zu widmen gewohnt sind. Man giebt sich Mühe, dem Parteitage jede Bedeutung abzu sprechen, aber man glaubt nickt daran. Vielmehr verräth sich die Furcht, daß man die einzige Hoffnung auf Mandats gewinn, wie sie die Unterstützung aussichtsloser antisemitischer Eandidaturen durch den Bund der Landwirthe dem Freisinne noch bot, nun auch werde fahren lassen muffen. Einen soliden Anhalt für dieHerabseyunz der Bedeutung des Parteitages bietet dieser Presse nur die Rede deS Grafen Kanitz. Herr Richter be zeichnet sie mit Recht als eine „Ironie auf die Sammelpolitik des Ministers v. Miquel". Es war aber eben, so darf man annehmen, nur eine Rede. Der Sckwerpunct liegt jedenfalls bei den Beschlüssen. Das Beste, waS die eingefleischten BiSmarck-Hasser gegen die Conservativen auch jetzt werden vorzubringen wissen, sind bekannte Auslassungen deS Alt reichskanzlers über die Führer der Partei. Aber es ist doch nicht zu verkennen, daß jenem harten Urtheile gerade dadurch, daß ihm ein Hauptrevner in Dresden fest inS Auge blickte und den Berns des Fürsten, Kritik zu üben, anerkannte, ein gut Theil der Schärfe genommen worden ist. Graf Limburg- Stirum hat jedenfalls klüger gehandelt, als die conservativen Blätter, die s. Z. dem Weisen der Nation Vorhaltungen machen zu sollen glaubten. Richtig ist allerdings, daß Fürst Bismarck zu seinem Dank auf die Begrüßung des conservativen Parteitages auch jetzt nicht jenen warmen Ton gewählt hat, wie wir ihn aus seinen Kundgebungen an die nationalliberale Partei zu hören gewohnt sind. Hübsch zu lesen ist, wie sich die „Germania" mit dem Parteitag abfindet. Frbr. v. Manteuffel hat, wie wir und saft alle anderen Blätter richtig meldeten, das Handinhandgehen mit dem Cenirum als schwierig bezeichnet — „wegen des ZunehmenS deS Uebergewichts der demokratischen Seite des CentrumS". In der „Kreuzztg." hat ein sür Jedermann als solcher erkennbarer Druckfehler aus dem demokratischen Hinderniß ein socialdemokratisches gemacht. Auf dieses Schattenbild wirft sich nun, wie der Teufel in Salamanca, die „Germania", um sich über den wohl- verstanvenen, aber fatalen Vorwurf des Heruntergleitens ins Demokratische mit den Conservativen nicht auSeinandersetzen zu müssen. Das Betreten deS kindischen Ausweges ist ein Geständniß. Die ruhige Art, wie die deutsche socialdemokratische Presse sich über den Ausgang deS englischen Maschinenbauer- Streiks auöläßt, zeigt aufs Neue, daß unsere Social demokratie für deutsche und ausländische Dinge zweierlei Maß anwendet. Sie läßt dabei eine fast naiv zu nennende Selbstverurtheilung vernehmen. Man erinnert sich noch sehr Hut, wie die Organe der Partei während deS Hamburger Hafenarbeiter-AusstandeS die Streikenden durch eine vor nicht« zurückschreckende Verhetzung Hegen die Arbeitgeber in ihrem un glücklichen Unternehmen bestärkten. Daß die Socialdemokratie damals nickt irrte, sondern sich bewußt war, den Arbeitern im eigenen Parteiinteresse einen schlechten Dienst zu erweisen, verräth der „Vorwärts", indem er die Presse, die die englischen Maschinenbauer fanatisiet hat, mit folgenden Worten verdammt: „Die Unterstätzungen, die ihnen (den Arbeitern) eine liebedienerische Presse geleistet, waren von sehr zweifelhaftem Werth. Man hat sich m maß losen Beschimpfungen der Unternehmer Überboten, ihnen daS Wort im Munde gefälscht, die Arbeitermasscn über den wirklichen Charakter des Kampfes und diethatsächlickenMachtverhältnisse getäuscht und durch alles das der Sacke der Arbeiter mehr geschadet als genützt." So hält der „Vorwärts" seinem Treiben während des Hamburger Hafenstreiks nachträglich den Spiegel vor. Aber eben nur mit Nutzanwendung auf England. Gegen die Hamburger Arbeit geber reizt er eben jetzt wieder auf und zwar aus Anlaß des Berichtes, den eine nach Beendigung des Ausstandes ein gesetzte SenatScommisfion über die Arbeiterverhältnisse im Hafen veröffentlicht hat. Der Bericht meldet von zahl reichen tief einschneidenden Verbesserungen, der „Vor wärts" hat nur Worte des Hohnes für die „Bagatellen", und nachdem er einmal in einer vorübergehenden Anwandlung der Wahrheitsliebe, die er für die englischen Streikverbält- nisse übrig bat, über die Hamburger Reformen das Wort „Errungenschaften" im Ernste gebraucht, beeilt er sich hinzu- zusügen, „die Verbesserungen seien kein Argument für die Opfer, die der große Hamburger Hafenstreik gekostet bat". Mag sein. Das liegt aber nicht an dem geringen Wertbe der Errungenschaften, sondern an der furchtbaren Höbe der Opfer, die die socialdemokratische Parteileitung mitleidslos die Hamburger Arbeiter bringen ließ. Errungenschaften waren auch gar nicht der Zweck des Ausstandes, der im Gegentheil zur Verschlechterung der Verhältnisse im Interesse des WachsthumS parteipolitisch profitabler Unzufriedenheit angezettelt war. Der umfassende Bauarbeiter-Streik, der zum Frühjahr für Berlin und Umgebung geplant ist, dient demselben Zwecke, und wir wollen einmal sehen, ob der „Vorwärts" über die soeben vom Jnnungsverbande brandenburgischer BaugewerkSmeister empfohlenen und empsehlenSwerthen Maßregeln energischer Abwehr ebenso sachlich urtheilen wird, wie über die englischen Maschinenfabrikanlen. Der Reichstag bat die Erhöhung der Bezüge deS Reichs kanzlers von 54 000 auf 100 000 genehmigt und die Steigerung der Gehälter mehrerer ReichSstaatSsecretaire um ze 6000 verweigert, dies, weil die Verbesserung der Einnahmeverbältnisse der Unterbeamten noch auSstebt. Beides muß man billigen. Aber gegenüber dem erstgenannten Be schlüsse regt sich die Erinnerung an die Ablehnung eines zweiten Direktors im Auswärtigen Amte als Hilfskraft des persönlich überlasteten Fürsten Bismarck, und die andere Entscheidung ruft die großen Summen ins Gedächtniß, die zum Bau eines Palastes für das Reichs tagspräsidium von demselben Reichstage nickt gescheut worden sind. Wobei zu beachten: die Staatssecretaire müssen repräsentier», der Präsident deS Reichstags muß eS nicht. Die bayerische Regierung beantragt, was die säch sische schon gethan, die Aufhebung des Verb in dun gSv er- boteS für politische Vereine und zwar nicht nur ohne anderweitige Verschärfungen, sondern in Begleitung weiterer Erleichterungen. WaS sagt Herr v. d. Recke zu seinen Collegen in den nächst Preußen größten deutschen Bundes staaten? Tie Freisprechung de« Schutzmann« Kiefer durch daS Kölner Landgericht wird die Erörterung der Erweiterungs bedürftigkeit deS „Schutzes gegen die Schutzleute" nicht ver stummen machen. Der einzelne Fall, der dem Proceß zu Grunde lag, dürfte nun aber Wohl zur Rübe kommen. Die Schlußverhandlung bot übrigen» eine, für verständige Leute gar nicht überraschende, aber belustigende Erscheinung. Vom Neben kläger, also demokratisch gesprochen: „auS dem Volke heraus" wurde der ckolusevenkualis heraufbeschworen, dieser teuflische Be griff, den die ultramontanen, socialdemokratiscken und frei sinnigen Agitatoren der Welt immer als ein Marter instrument einer auf Erdrosselung der Gerechtigkeit sinnenden Tyrannei schildern. m Deutsches Reich. * Leipzig, 5, Februar. Im neuesten Heft der „Historischen Zeitschrift" lesen wir folgende Erklärung Professor I)r. Schiemann'S: „In einem der interessanten Briese, welche Heinrich von Treitschke seinem Vater während der Dresdner Revolution zuschickte, findet sich u. A. der Satz: Alumnen der Kreuzschule hätten unter Leitung deS ersten Mathematik»-, vr. Boitze r, an einer Barrikadegebaut (conk. Schiemann: Heinrich von Treitschke'» Lehr» und Wanderjabre S. 36 und 39. Schreiben vom 6. Mai 1849). Der Sohn jene« vr. Baltzer (gestorben 1887 al« Professor in Gießen) hat nun durch Umfrage bei ehemaligen Mitschülern Treitschke's fest gestellt, daß diesen von dem angeblichen Barrtkadenban der Schüler nichts bekannt ist, zudem hat auch sein Vater dieser Thatsache nie ge» dacht. ES liegt daher die Bermuthung nahe, daß Treitschke, der in Dresden-Neustadt lebte, durch ein falsches Gerücht über die Vorgänge in Dresden-Altstadt getäuscht worden sei. Auf die Bitte von vr. Martin Baltzer, königl. Progymnasialdireclor in Schmetz, theilr ich diese That- sache um so lieber mit, al» er Werth darauf legt, da- Andenken seine- trefflichen Vater- vor legendarischer Umkleidung zu wahren". Wie unsere Leser sich erinnern werden, ist gegen die frag- liche Angabe Treitschke's schon früher vou anderer Seite Widerspruch erhoben worden. * Leipzig, 5. Februar. Auch der Vorstand deS Deutschen Verlegervereins in Karlsruhe stellte in einer Eingabe an daS preußische Unterrichts-Ministerium daS Ersuchen, die Durchführung der Bestimmungen de« Erlasses, nach dem in Zukunft der Einkauf von Büchern, die mit Draht ge heftet sind, sür Schüler und Schulbibliotbekzwecke zu beschränken, resp. ganz zu unterlassen sei, so lange hinaus zu schieben, wie daS ohne eine ernstliche Beeinträchtigung deS deutschen Buchhandel« und der mit ihm in Verbindung stehenden Gewerbe erforderlich ist. * Leipzig, 5. Februar. Die Allgemeine Bereinigung Deutscher DuchhandlungS-Gehilien hält eine Aende- runss des bisherigen Gerichtsverfahren-bei Streitigkeiten zwischen Handlungsgehilfen und Prinzipalen für dringend geboten. Sie schlägt in einer Eingabe an die ReichSämter und an die preußischen Ministerien des Innern und der Justiz vor, im Interesse deS guten Einvernehmen« zwischen beidenTheilen EinigungSämter zu errichten, deren Thätigkeit ähnlich der der Schiedsgerichte bei Injurien gedacht ist. Diese Einigungsämter hätten zu versuchen, die streitenden Theile zu einem gütlichen Vergleich zu bewegen. Dem SchiedS- mann wären rin Prinzipal und ein Gehilfe als Beisitzer zur Seite zu stellen, die beide da« fünfundzwanzigste Lebensjahr erreicht haben müßten. Während die Prinzipale vielleicht durch die Handelskammern oder kaufmännischen Corporation«» zu wählen wären, hätten die Vorstände der großen kauf männischen Gehilfenverbände, die einzigen Vertreter der Ge hilfenschaft, die Gehilfen für diese« Amt zu wählen. Die Thätigkeit der Einigungsämter hätte sich lediglich auf den Vergleich zu beschränken; rrchtsprechrnde Kraft dürfte ihnen nicht zugeleat werden. Erst wenn ein Vergleich nicht zustande kommt, dürfte der Kläger — wie bei Privatklagen — unter Vorlegung einer Bestätigung über den Einigungsversuch ge richtliche Austragung anbahnen. Von der Errichtung be sonderer Gerichte, w,e dies vielfach vorgescklaaen worden ist, könnte abgesehen werden. Es scheine zu genügen, wenn die Klagen zwischen Prinzipal und Gehilfen, ohne Rücksicht auf die Höbe deS streitigen Object«, vor den Amtsgerichten ge führt werden, sofern nur, ähnlich wie schon jetzt bei Wechsel sachen und MiethSstreitigkeiten, rin besonderes vereinfachte«, schleuniges und billiges Gerichtsverfahren dafür geschaffen wird: Vereinfacht insofern, al« alle Vorschriften, die eine gewisse Selbstständigkeit der Parteien erfordern, durch andere ersetzt werden, die ihnen den kunstgerechten Vortrag ersparen, indem der Richter da« RechtSverhältniß mit den Parteien durch spricht. Auch die Zustellung an dir Beklagten und Ladung der Zeugen müßte nickt durch die Parteien selbst, sondern durch daS Gericht erfolgen. — Beschleunigt dadurch, daß die Einlassung«- und Ladelisten, wie bei Wechsel sachen, abgekürzt und auch für die Berufung kürzere Termine angesetzt werden; ferner dadurch, daß diese Processe wäbrend der GerichlSferien nicht ruhen, son dern al« „Feriensachen" behandelt werden. Verbilligt endlich durch sehr niedrig zu bemessende Gericht-- und An waltskosten, wie sie gleichfalls in Wechselsachen bereit« br- steden. Als die Instanz für die Berufung gegen Ent scheidungen des Amtsgerichts kämen sodann die Kammern für Handelssachen in Betracht. Die Kammern, die die Handlungs gehilfen-BerusungSsachen zu prüfen hätten, seien zur Hälfte aus Prinzipalen, zur Hälfte auS Gehilfen al« Beisitzers zusammengesetzt, die in gleicher Weise wie die Beisitzer der EinigungSämter zu wählen wären. * Berlin, 5. Februar. Ein Verband deutscher Arbeitsnachweise ist gestern hier ins Leben getreten:. Unter dem Vorsitz deS Magistratsaffeffor vr. Freund träte« die Vertreter aus Frankfurt a. M., Erfurt, Dresden, Osna brück, Frankfurt a.O., Mühlhausen i.Th., Aachen, Münster i.W^ München-Gladbach, BreSlau, Hamburg, Halle, Wiesbaden und Berlin in der Klosterstraße 41 zusammen, um über dkt Grundzüge eines allgemeinen deutschen Verbände« zu bv ratben. AuS vielen deutschen Städten lagen ZustimmungA erklärungen vor. Zu den vom Assessor vr. Freund-Berlin ausgearbeiteten VerdandSsatzungen lagen Abänderung-anträg« vom Stadtrath Flesch, Frankfurt a. M. und Domvikar Groll, Münster i. W., vor. Nach längerer Erörterung, an der sich Geh. RegierungSrath vr. Zacher, vr. Hirschberg, Professor vr. Hitze, Assessor Cuno, vr. Zastrow u. a. betheiligten, wurden folgende Satzungen angenommen: „Die Arbeitsnachweise Deutschlands, deren Vertreter am heutigen Tage in Berlin versammelt sind, begründen einen Verband, der den Namen führt: „Verband deutscher Arbeitsnachweise". Der Sitz ist Berlin, Zweck deS Verbandes ist die Förderung der gemeinsame« Interessen der Arbeit-nachweise, insbesondere: Die Aufstellung einer lausenden Statistik über dir Betriebsergebnisse der ArdritSuachweife nach einheitlichen Grundsätzen uud die Erörterung verwaltungs technischer Fragen; di« Einwirkung uud Errichtung von Arbeit-» Nachweisen im Deutschen Reich, sowie die Bildung kleiner Ver einigungen innerhalb deS Verbandes behusS Au-gleich von Arbeit«» angebot und »Nachfrage; die Vermittelung de« Verkehr« mit anderen Verbänden; die Vertretung der gemeinsamen Interesse» nach Außen; die Veranstaltungen von Conferenzen zur Verathung und zum Austausch vou Erfahrungen. Mitglied de» Verbandes kann jeder Arbeitsnachweis werden, der nicht gewerbsmäßig be trieben wird, desgleichen jede Bereinigung von Arbeitsnachweise». Die dem Verbände angehörigen Arbeitsnachweis« behalten ihre volle Selbstständigkeit, und sind insbesondere berechtigt, Bereinigungen von Arbeitsnachweisen brizutreten. Die Aufnahme erfolgt durch den BerbandSvorstand. Gegen die ablehnende Entscheidung deS Vorstände- findet die Berufung an den Ausschuß statt. Der Mindestbeitrag beträgt für daS Geschäftsjahr fünf Mark. Der Austritt auS dem Berbande kauu nur schriftlich nach sechsmonatlicher Kündigung erfolgen. Der Ausschluß au» dem Verbände erfolgt durch den Verbandsvorstand, sobald die Voraussetzungen für die Aufnahme später weggefallen sind. Die Berufung findet an eine Verbandsversammlung statt. Organe de» BerbandeS siud die Verbaudsversammlungrn, der Ausschuß und der Borstand. Die BerbandSversammlung besteht aus den Ver tretern der dem Berbande angehörigen Arbeitsnachweise und »Ber einigungen. Alljährlich findet eine ordentliche BerbandSversammlung statt. Bei Beschlüsten der Bersammlung entscheidet die einfache Mehrheit; bei Beschlüssen über Aenderung dieser Satzungen oder Auflösung de» Berbande» ist eine Mehrheit von drei Blertel der abgegebenen Stimmen erforderlich. Der Ausschuß besteht aus mindesteuS elf Mitgliedern, die von der BerbandSversammlung auf drei Jahre gewählt werden. Der Borstand führt die laufenden Ge schäfte und vertritt den Verband nach außen. In den Vorstand wurden gewählt: vr. Freund-Berlin, Geheimratb Professor vr. Böhmert-Dresden und Assessor Naumann-Hamburg. V. Berlin, 5. Februar. (Telegramm.) Der Kaiser machte heute einen Spaziergang im Thiergarten und con- serirte darauf (wie schon gemeldet) mit dem StaatSsreretair vr. Grafen von Posadowsky. In« Schloß zurückgekebn, hörte er die Vorträge deS Chefs deS Generalstabe« und des Chef» de« MilitaircabinetS. Heute Nachmittag gedenkt er den RegierungSbaumeister Prof. Messel zu empfangen, welcher FauiHets«. Friedrich Haase's Memoiren. Nachdruck v-rbiten. Von den berühmten deutschen Schauspielern steht keiner unserem Leipziger Publicum nüber al« Friedrich Haase — war er doch sechs Jahre lang Director unsere« Stadttheater- und in den Jahrzehnten vorher und nachher ein sehr häufiger, sehr gern gesehener Gast, der stet« da« Hau» füllte. Seit dem er nach seinem glänzenden Berliner Jubelfest von der Bühne zurückgetreten ist, um ein otium cum ckignitats zu genießen, hat er zur Feder gegriffen, um Aufzeichnungen au« feinem Leben zu machen oder er bat früher schon gemachte und gelegentlich auch veröffentlichte Aufzeichnungen zusammen gestellt und zwar in der Schrift: „WaS ich erlebte 184« bis 1896. (Berlin, Leipzig, Wien, Stuttgart. Verlag von Richard Bong.) Haase hat stet- gezeigt, daß er der Feder vollständig mächtig ist. Da« beweist er auch hier wieder; er ist ein sehr gewandter Feuilletonist und weiß wirksame Lichter zur rechte» Zeit auszusetzen; doch er schreibt weder „Wahrheit und Dichtung" au« seinem Leben, »ock eine zusammenhängende Autobiographie im Style de« Epiker« mit pragmatischer Entwicklung. Wo sein Leben versandet, da fliegt er drüber weg im Luftballon und landet wieder an einer Oase, wo die Wasser frisch hervorquellen. Er greift bisweilen der Zukunft vor, ebenso besinnt er sich auf Vergangene« und holt dann wieder nach, wa« mit seinen plötzlich erweckten Borstellung-rribea in Verbindung steht. Da« Wesen seiner Darstellungsweise ist die Impro- visation, die au- einer reichen Fülle von Erinnerungen schöpft, einer Fülle von Anekdoten au« dem Leben berühmter Künstler, mit denen er zusammeugekommen, von Reiseerleduisse» in Ost und West, die zum Theil in glänzenden Schilderungen dar- gestellt werde». Er selbst spricht in der Vorrede von einer Reihe „lose verknüpfter" Capitel, in denen er erzählen wolle, wa- er erlebte; denn sagt er, diejenigen Elemente, welche in den üblichen Memoiren von Bühnenkünstlern vorherrschend »u sein pflegen, breite Mittheilungen über Engagement«, Collegenschast, erlittene chronische Kränkungen und wa« aus schließlich die Person de- Verfasser» betrifft, will ichmich be mühen, möglichst au- dem Spiel zu lassen und nur von den jenigen Dingen sprechen, welche allgemeine Theiluahme in Anspruch nehmen dürften; denn ob ich mich in meinen Engagement- mit Müller oder Schultz« und meinethalben auch mit Lehmann einmal zankte, ob und wie ich den Rochu« Pumpernikel oder den verstorbenen Philipp H. perfonificirte, dürste dem heutigen Leser absolut minderwerthig sein. Gewiß werden un« in dem Buche nicht die banalen Bettel suppen theatralischen Klatsche- servirt, sondern manche exquisite Gerichte und bi-w«ilen schäumt auch lustig der Champagner der Begeisterung. Friedrich Haast beginnt seine Memoiren nicht ganz ab ovo, sondern er schwingt sich sogleich mit einem kühnen Satz über seine Kindheit und Knabenzeit hinweg. „Al- sch aeborea wurde, zitterte die Erde", sagt Owen Glendower in Shakespeare'- Heinrich IV., „bei mir aber nicht. Zn mir zittert» e« nur, al« ich nach absolvirte» Gvmnasialstudien meinem Vater, einem langjährig dem König Friedrich Wilhelm IV. nahestehende» treuen Diener, erklärte, daß ich zum Theater gehen wolle. — Entsetzen, Fluch! Doch der König befahl dem Geheimen Hofrath Tirck, der damals an seinem Hofe verweilte, de» jungen Haase zu prüfen und zu unterrichten." Wir werden also gleich in meäia» re« geführt: der künftig« Biograph, der diese Aufzeichnungen benutzen will, erfahrt nicht einmal den Tag und da- Zahr der Geburt de- Küustlrr«. Wir sehen ihn gleich al- Schüler Ludwig Deck'-, er weiht diesem so „fesselnden, feinironiscken Kopf, diesem ge waltigen, für Shakespeare begeisterten Romantiker" pietät volle Blätter. Und die Begeisterung für Shakespeare hat der Meister dem Jünger für sein ganze- Leben mitgetheilt; wir brauchen »ur an den Shakespeare-Cultu« zu erinnern, wie ihn Haase al« Director unsere« Tdeater« pflegte; an fast allen Donnerstag-Abenden der Wmtersaison erschienen Shakespeare-Dramen auf unserem Repertoire, gegenüber allen frühere» und späteren Direktionen mit erdrückender Mehrheit m den statistischen Tabellen der Aufführungen. Ueber Tieck'S Lrseabeude erfahren wir manche- Nähere, manche« pikante Detail. Der Meister erlaubte den Jüngern, ab uud zu in Berlin auf de» Liebbadertheatern mitzuwirken, um einiger maßen äußere Ruhe und etwa« Kaltblütigkeit zu gewinnen. So trat Haase in der Urania auf, wo er einmal durch seine Aussprache de« Worte« „Ale" große Heiterkeit erregte, uoch mehr aber, al- er in einer Ritterkomödie zu melden hatte: „Ring- um um die Burg stehen verdächtig« Haufen Reiter — mitten Varia der Hauptmaan" und in seiner Beklommenheit nur stoßweise berau-drachte: „Ring« um die Burg — liegen — mehrer« verdächtige Haufen, mitte» drin der Hauptmann." An Tirck« Lehre anknüpfend, spricht Haast zunächst über Birtuosrnthum, ein Thema, aus da- er uoch öfter zurück- kommt, da die Tageskritik ihm mit diese« Stichwort gehörig eingrheitt ha», und davon, daß man ihn nicht selten den letzte» Bertretrr der alten Schule genannt hab«, wahrend Dawison und er viel Bittere« zu hören bekamen über die allzurralistische Richtung ihrer Kunst. Bei diesem Anlaß spricht sich Haase über di« naturalische Richtuag sehr energisch au«. „Jede wirkliche Kunst ist und bleibt ewig schön. Bei all dem Widerwärtige«, da« heutzutage in so manchem ultrarealistischen Werk aufgewühlt wird, ist mau versucht, eiae wohlgeordnete Dramen - Eaualisirung Herdeizuwünsche». Mir erscheint die Kunst, wie sie von ge wissen Modernen,gepflegt wird, al- eine leichte Dirne, di« sich mit Vorliebe auf der Gasse herumtreibt und den Duft der selben mit ihrer »ersetzten Schleppe weiter verbreitet. Ihre Verehrer aber rufen voll Begeisterung „Wie wunderbar schön'*. Dieser mulmige Geruch ist dem Leben abgerochen! Ich danke dafür, ich halte mir die Nase zu!" Da- erste Auftreten Haase'S fand am Weimarischen Hof theater statt, wo ihm ein Brief seine- Patben, deS König», alle Pforten öffnete. Sein Einzug in die Classikerstadt war indeß ein tragikomischer. Er hatte zeitlebens eine Passion sür feine« Schuhwerk gehabt, und Mutter hatte ihm auch in den Reisekvffer eia Paar feine Lackstiefeln gepackt. Er probirte sie an; sie saßen tadello-, Warrn aber zu eng. Trotzdem aber zog er sie zur Reise an, um sie auszuweiten, litt aber natürlich im Postwagen Folterqualen, da den letzten Tbess seiner Fahrt liebend nächtliche« Dunkel umhüllte, so befreite er seine Füße au- drangvoll fürchterlicher Enge. Aber — o Jammer! Al- der Wagen aus dem holperigen Pflaster Zlm-Aiben- umherschaukeltc. sträubten sich die stark Gei- schwollen«» hartnäckig, in di« Gefangenschaft zurückzukebreu und barfuß, gleich dem Büßer von Canossa,wanderte erin den Gasthof Al- Pathe de» König« von Preußen wurde er sofort engagirt, Der Erfolg seine« ersten Auftreten- (l4. Jan. 1846) war indeß sehr beunruhigeud, da» Parquet leerte sich während de- letzten Eiaacter« „Der Hofmeister in lausend Aenasteu'! immer mehr und mehr. Uebrigen» vermochte er auch späte- in Weimar nickt vorwärt- z« kommen und kehrte nach zwej Zahrra »ach Berlin zurück. Wir können dem jungen Künstler nicht auf alle seiich Lebea-stationen folgen; eine der nächsten war Prag, wo es mit dem Dichter Alfred Meißner Freundschaft schloß; in Berlin konnte er sich neben den anerkannten Meistern nicht behaupten. Weniger behagte e- ihm iu Karlsruhe, wo da- Ge spenst de- Birtuosrnthum-, dem er in der Presse nicht ent fliehen konnte, ihn auch aus den Proben verfolgt«, da Ednard Devrirnt, der Meister des Ensembles, der schon mit seine«
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