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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.02.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-02-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980218011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898021801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898021801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-02
- Tag1898-02-18
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Lei den Filiale« und Annahmestellen je ein« halb« Stunde früher. Anzeigen find stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 87. Freitag dm 18. Februar 18S8. 92. Jahrgang. «an bi« kltinen Dieb« hangt und die großen laufen ließ, zu oft hat «s gesehen, daß da- Urtheil von der Güte de- Ver- theidiaers adhing, »u oft hat die Politik in- Recht über gegriffen »nd zu schreiende Rechtsirrkhümer sind begangen worden. DaS Schlimmste von Allem aber ist die Presse: eia Augiasstall, den z« reinigen selbst ein Herkules nicht air-reichen würd«. Bon der Corruption.. die hier herrscht, kann ein deutscher Leser sich überhaupt keinen Begriff machen. Zu «iuer so weitgehenden Preßfreiheit, wie wir sie' hier nnden, ist noch kein Boll reis, am allerwenigsten das sranzöflsche. Gewiß müssen die Zeitungen Dementi auf nehmen. Aber was thun sie? Sie drucken sie ab, setzen ader, und wenn sie noch so bündig und beweiskräftig sind, in fettem Sperrdruck darunter: „Trotzdem halten wir unsere Behauptungen völlig aufrecht." Und so wird frech weiter grlogen. Aber es giebt noch eia einfacheres Mittel als das Lügen: da- ist daS Verschweigen. Und in dieser Kunst haben e- die Hetzblätter in der letzten Woche zu einer wahren Meisterschaft gebracht. Der frühere Minister Tbbvenrt hat in einer wundervoll ruhigen, durch sichtigen, überzeugenden Aussage vor Gericht Alles, was für Zola spricht, zum Ausdruck gebracht. Und nun sehe man sich die Blätter an, die seit einem Monat Zola als Prussien behandeln und in den Schmutz ziehen. DaS „Kleine Journal" giebt — zwei Zeilen, der „Eclair" — sechs Zeilen, daS „Echo de Paris" ebenfalls sechs Zeilen und dazu den geistreichen Hieb: Kurz, Alles geht schlecht unter einem Ministerium, dem Herr TH6venct nicht angehört. Aber wie selbst sogenannte bessere Zeitungen zu beurtheilen sind, dafür haben wir ja das erhebende Beispiel an dem „Figaro". Dieses er bärmliche Blatt, daS zuerst am schärfsten für die DreyfuS-Sache eintrat, ist mit fliegenden Fahnen inS andere Lager übergegangen, sobald ihm ein Paar Abonnenten untreu geworden waren, und begeifert jetzt Zola, obwohl zwei von seinen drei Hauptredacteuren wenigstens in der Hauptsache dessen Uederzeugung »heilen. Die unparteiischen „TempS* und „Malin* und das DreyfuS freundliche „Siöcle* sind jetzt die einzigen Blätter, die man ohne Ekel lesen kann. So war denn den Franzosen nur eins geblieben: d^r Glaube an sein Heer. Nicht als ob sie leidenschaftliche Soldaten wären. Nirgend- vielleicht drücken sich die besseren Stände mehr um den Militärdienst als hier, nirgends wird den Einziehungen zu Uebungen mit mehr Unlust Folge ge leistet. Trotzdem war man stolz auf das Heer, für das man soviel Opfer gebracht bat. Wie unendlich groß war die Be geisterung nach der Parade von ChalonS. Die „große Stimme, die schweigend duldet*, nannte man die Armee, als die ersten Angriffe kamen. Und nun siebt man, daß eS hier genau so zugeht wie überall, daß auch hier die engherzigste Partei-Politik ihre zersetzenden Wirkungen auSübt, daß wilde Intrigurngeschichten spielen, daß man, um begangene Fehler zu vertuschen, vor keinem Mittel zurückscheut, daß die Officiere nicht stumm gewesen sind, sondern Indiskretionen über Indis kretionen begannen haben. Wir wissen nicht, ob daS Alle- wahr ist, was Picquart und Lebloi», Zola und Demange dem Generalstabe vorwerfen — Zeugenaussagen stehen gegen Zeugenaussagen —, aber DaS, wa-erwiesen ist, reicht hin, um den Glauben an diesen Generalstab, an diese Heeres leitung aufs Tiefste zu erschüttern. DaS ist da- Ende, die dritte Republik hat den Todesstoß empfangen. Aber hüten wir un-, zu weit zu geben. Das Ende eines Regime« ist noch nicht da« Ende eines Volkes. DaS Volk ist nur krank, und es bat oft genug in der Geschichte gezeigt, wie zäh seine Lebenskraft ist. Nein, wir wollen keinen Krieg mit ihm, nicht um Drehfus und nicht um Zola. Im Gegeutheil, wir wünschen ihm Genesung. Denn ein durch Leidenschaft zerrüttete« Frankreich ist die schlimmste Friedensgefahr. Aber diese Genesung wird nicht eher eintreten, als bi- die Besten deS Volkes, Gelehrte, Künstler rc., thätig ins Staatsleben wieder eingreifen, bis sie aufhören zu sagen: I» politioue, e'sst uv« salo besogns, die Politik ist ein schmutziges Geschäft. Der Zrrsimmrrlbrirch. S. P-rk-, 14. Februar. Al- im November bi« Wolken in der DrehfuS-Affairi sich von Neuem zusammengezogen hatten und di« «rsten Blitze herniederzuckten, da sprach Jemand von einem drohenden militairischrn Panama. Da- Schauspiel, dem wir jetzt schaudernd zosehen, ist mehr als ei« Panama. E« ist der Zusammenbruch eines Regimes. Nach sieben- undzwanzig Jahren hat di« dritte Republik völlig ab- gewirthschaftet. Alles, wa- rin Volk stark und beständig im Innern, groß und angesehen nach außen macht, ist ent weiht und in den Staub gezogen. Geahnt hatten wir Vir- Alle- schon, aber nie hatten wir es noch in so greller Be leuchtung so greifbar deutlich gesehen. DaS Volk hat keinen Respekt mehr vor seiner Re gierung. Wie soll eS zu ihr vertrauen haben, da es sie seit Monaten ängstlich hin und her laviren sieht, weil sie au« Angst vor dem Parlamente vor jeder freien kräftigen Thal zurückscheut? Wie soll eS vor ihr Achtung empfinden, vor ihr, die von den Zeitungen tagtäglich mit Kotb beworfen wird? Vorige« Jahr war r« der Minister deS Auswärtigen, der, nach diesen Schandblätteru, vom Sultan bestochen worden war, jetzt soll der Kriegsminister von den Juden 30 000 Franken erhalten haben. Da» liest e- und liest e« immer wieder und schließlich glaubt es daran. Ein Gespött ist ihm sein Parlament. Nicht Panama allein ist eS, daS den Volksvertretern allen Credit gekostet hat. Was thun diese denn? Sorgen sie für da« Wohl des aesammten Volke«? Oder hat nicht vielmehr jeder nur die Interessen seiner Partei oder aber die kleinen Specialwünsche seiner Wähler im Auge? Setzen sie ihre ganze Kraft an die Einführung segensreicher Gesetze und Einrichtungen? Oder zersplittern sie nicht vielmehr ihre besten Kräfte in sterilen Interpellationen, der«n einzige- Ziel ist, dem Ministerium Schwierigkeiten in den Weg zu legen? Wie kläglich haben sie sich letzt wieder benommen. „Es giebt in der Kammer nicht vier Abgeordnete, hat gestern JauröS vor Gericht aus gesagt, die nicht an die Gesetzesverletzung glauben. In den Wandrlgängen sagten mir zahlreiche Abgeordnete, von allen Gruppen und allen Parteien: Sie haben ja Recht, aber wie schade, daß die Sache gerade so kurz vor den Wahlen zum Ausbruch gekommen ist.* Und ebenso wenig Achtung hat daS Volk vor seinen Beamten. Man muß da« Buch von Hillebrand darüber nachlesen; vor fünfundzwanzig Jahren geschrieben, paßt eS doch noch genau auf die heutigen Verhältnisse. Wer Talent hat, wer sich zu Besserem berufen glaubt al« die Andern, wird Arzt, RechtSanwalt, Schriftsteller, aber nicht Beamter. Die Beamten sind zum großen Theile subalterne Geister oder Streber, bei denen die rothen Bändchen eine große Rolle spielen. Drumont hat nur DaS ausgesprochen, wa« weite Schichten de« Volke» denken, als er dem Präsidenten im Zolaprocefse da« Kreuz der Ehrenlegion in Aussicht stellte, wenn er die Verhandlungen nach Wunsch führe. Der Stolz und die Dienstfrrudigkeit deS deutschen Beamten setzt es bei den seinigen nicht voraus. Und zum Gespött« ist die Religion geworden, ich meine nicht die Confession, sondern die Religion als sittliche Leben-Überzeugung, mag man nun Katholik, Jude oder Frei denker sein. Wa« sind da« für Freidenker, die in der Kammer immer gegen da« schwarze Gespenst zu Felde ziehen und ihre eigenen Kinder zu den Jesuit«» in die Schute schicken? Und andererseits, was sind das für Christen, diese von den Jesuiten gegen Juden, Protestanten und Freimaurer aufgebetzten Massen, die au die Stelle de« «Kindlein liebet einander" di« wüst«» Schrri«: „Ni«der mit Zola, in- Wasser mit Picquart, Tod den Juden!* setzen? Und ein Popanz ist die Justiz. Gewiß giebt es »och Richtir und Geschworene, die nach bestem Wissen und Gewissen urtheileu. Aber das Vertrauen in die Rechtspflege im All gemeinen ist geschwunden. Zu oft hat da» Volk gesehen, daß Deutsches Reich. * Leipzig, 17. Februar. Der EentralauSschuß der Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung hat in seiner ersten diesjährigen Sitzung den Etat für 1898 heratben. Es werden den Verbänden und Zweigvereinen 19 000 für locale Bildungszwecke überlassen, 10 000 für die Begründung von Volksbibliotheken, 9000 für öffentliche Vorträge und 5700 für die Zeitschrift: „Der Bildungsverein*, inSgesammt 51 470 in Ausgabe gestellt. Die diesjährige Generalversammlung der Gesellschaft soll iu Danzig statlfinden. Der Mitgliederbestand hat sich im Jahre 1897 um 150 erhöht; e« gehören der Gesellschaft zur Zeit 1170 Vereine und 3285 persönliche Mitglieder an. U verltn, 17. Februar. Der dem Reichstage zugestellte Bericht Uber die Thätigkeit der Reichscommifsare für das A u s - Wanderung-Wesen während des Jahres 1897 zeigt nicht nur, daß die Zahl der deutschen Auswanderer über deutsche Häfen auf eine recht geringe Ziffer zurückgegangen ist, sondern daß auch das Veryältniß der Auswanderungsländer zu der Auswandererzahl eine Verschiebung erfahren hat. Vor zehn Jahren, im Jahre 1887, betrug die Zahl der betreffenden Austvanderer 172 462, im Jahre 1897 18 801. Im ersteren Jahre wanderten von der Gesammtzahl nicht weniger als 96 Proc. nach den Vereinigten Staaten von Amerika auS, im Jahre 1897 nur noch 79 Proc. Während im Hahre 1887 nur etwa 2 j Proc. der Auswanderer nach Südamerika gingen, ent fielen im letztverflossenen Berichtsjahre 10 Proc. darauf; na mentlich kamen dabei Brasilien und Chile in Betracht. Afrika, das früher gegenüber den anderen Auswanderungsländern fast ganz verschwand, nimmt jetzt etwas über 5 Proc. der über deutsche Häfen auswandernden Deutschen auf. * Berlin, 17. Februar, lieber die Aussichten der Freisinnigen bei den nächsten Reichstagswahlen sprach jüngst der Reichstagsabgeordnete Kopschin einem frei sinnigen Bürgerverein. Er gab sich der „sicheren Hoffnung" auf eine Vermehrung ihrer Mandate hin; die Stimmung im Lande sei ihnen durchaus günstig; bisher bade die freisinnige V"tkspariei in 74 Kreisen Candidaten ausgestellt, zu denen noch weitere Kre je hinzuircten würden. Mit der freisinnigen Vereinigung gebe es kein Zusammengehen; um dm Kampf gegen die Socialdemskvatie siegreich führen zu können, sei neben der Auswahl „wirklich volksthümlicher Candidaten" eine geschickte Führung des Wahlkampfes erforderlich. Die Berliner demokratische „Volkszeitung" erinnert demgegenüber mit Recht daran, daß vor den Wahlen die Aussichten dec Freisinnigen stets „vorzüglich" und „so gut wie noch nie" gestanden hätten; schwere Enttäuschungen seien aber gerade dann am wenigsten ausgeblieben. Der in sich zersplitterte Freisinn, der nach rechts und links gleichzeitig siegreich kämpfen wolle, sei doch ein Bild, das auch die vertrauensseligsten Propheten skeptisch machen müsse. Die „Volkszeitung" kommt dann auf ihren schon wiederholt gemachten Vorschlag zurück, mit der Socialdemokratie, statt sie zu bekämpfen, zusammenzugehen, denn es sei doch bekannt, „daß ohne die Unterstützung der S o c i a l d e m o k r a t i e in der Stichwahl kaum ein einziges freisinniges Mandat zu gewinnen i st.* — Man muh der „Volkszeitung" zugestehen, daß sie im Gegensatz zu anderen freisinnigen Organen, die den Leuten immer noch blauen Dunst vorzumachen lieben, in diesem Falle mit rücksichtsloser Offenheit sagt, wie die freisinnige Sache steht. * Verltn, 17. Februar. Nach der Wahl des Professors Pauli zum Mitglied« des Abgeordnetenhauses für dm Wahl bezirk Ober- und Nieder-Barntm sind 97 Herren gleich zeitig Mitglieder deS Reichstages und deS preußischen Abgeordnetenhauses. Jedes vierte Mitglied deS Reichstages ist demnach zugleich Mitglied de» preußischen Abgeordnetenhauses, und jedes vierte bis fünfte Mitglied deS letzteren zugleich Mitglied des Reichstage». Man hat öfter die Meinung ausgesprochen, eS werde der Besuch des Reichstage» dadurch gehoben, daß vieie Mitglieder der deutschen Volksvertretung gleichzeitig im Abgeordnetenhaus« sitzen; aber gerade die letzten Wochen haben gezeigt, daß diese Ansicht nicht zutrifft. Zwar finden sich Mitglieder des Abgeordnetenhauses im Reichstage ein, sei es beim Beginn der Sitzung des letzteren, sei es nach Schluß der Sitzung des ersteren, aber noch mehr ziehen es offenbar vor, nur den Sitzungen deS Abgeordneten^ Hauses beizuwohnen. Billiger Weise muh man auch anerkennen, daß ein Abgeordneter, der einer 4—5 stündigen Berathung des Abgeordnetenhauses boigewohnt hat, keine große Neigung ver spüren kann, sich nun noch einmal mehrere Stunden im Reichs- tagssaale niedevzulassen. Die Berichte über die Aufstellung von Candidaten für die nächsten Wahlen lassen erwarten, daß auch in der nächsten parlamentarischen Session die Zahl der Doppel Mandate sehr groß sein wird. Es wird offenbar jeder Partei, auch der konservativen, immer schwerer, für den Reichstag ge eignete Candidaten zu gewinnen, wenn ihnen nicht zugleich die Aussicht auf ein Landtagsmandat und auf die damit ver bundenen Diäten eröffnet wird. Es zählen denn auch fast alle Parteien, bis auf dir Socialdemokraten und die Antisemiten, die im Abgeordnetenhause nicht vertreten sind, viele Inhaber von Doppelmandaten in ihren Reihen. Don den 14 Mitgliedern der freisinnigen Volkspartei im Abgeordnetenhaus« ge hören nicht weniger als 9 zugleich dem Reichstage an. Das Centrum hat nicht weniger als 42 Inhaber von Doppel mandaten, die polnisch« Fraction 5. Unter den Con servativen sind 18, unter den Freiconservativen 5 Mitglieder des Reichstages und des Abgeordnetenhauses. Dazu gesellen sich noch die beiden Wildconservativen Freiherr v. Buddenbrock und vr. Hahn. Auch der Däne Johannsen ist im Besitze beider Mandate. Unter den National- liberalen sind 14 Mitglieder beider Häuser, nämlich die Herren v. Benda, v. Cuny, Ennecceru», Friedberg, Günther, Hammacher, Hofmann, Hische, JornS, Kruse, Paasche, Rimpau, Wamhoff und Weber. (M. Ztg.) ? Berlin, 17. Februar. (Telegramm.) Der Kaiser und die Kaiserin besuchten gestern Nachmittag das Atelier deS Maler« Kossak. Heute morgen machte der Kaiser einen Spaziergang und körte darauf die Vorträge de« KriegS- ministerS und des CbefS deS Militaircabinets. Heute Abend findet bei dem Kaiserpaare eine größere Hoftafel zu Ehren des Großherzogs von Sachsen-Weimar statt. — Prinz Albreckt von Preußen wird, von Braunschweig lo.nmend, beute Nachmittag in Berlin eintreffen und Abends nach München Weiterreisen. D Berlin, 17. Februar. (Telegramm.) Nach dem Eingänge der Nachricht von dem UnglUckSfalle, der da amerikanische Panzerschiff „Maine" im Hafen von Havannah betroffen hat, sprach der Kaiser sogleich in einem an den Präsidenten der Vereinigten Staaten gerichteten Telegramme sein herzlichstes Beileid wegen deS Untergang» des amerikanischen Kriegsschiffs und des Verlustes so vieler braven Officiere und Mannschaften der amerikanischen Marine aus. Der kaiserliche Botschafter in Washington ist gleichzeitig angewiesen worden, in einer bei dem Präsidenten der Ver einigten Staaten nachzusuchenden Audienz dieser Thrilnahme auch mündlichen Ausdruck zu geben. 6. H. Berlin, 17. Februar. (Privattelegramm.) Herzog Friedrich August »an Lachse« hat dem hier tagenden Eongreß der deutschen LandwirthschaftSgesell- schaft ein BegrüßungStelegramm übersandt, da» sofort er widert wurde. 6. H. Berlin, 17. Februar. (Privattelegramm.) Der Evangelische Bun- bat gestern nach einer hochinter essanten Debatte über daS Polenthum und den UltramontaniS- mus einstimmig eine Resolution angenommen, in der eS al« Pflicht eines jeden evangelischen Deutschen erklärt wird, an dem ausgezwunaeneu Vertbeidigungskampf für das Deutscktbum in den Ostmarken thrilzunrhmen. (Wiederholt.) D Berlin, 17. Februar. (Telegramm.) Die„N.A.Z." ist zu der Erklärung ermächtigt, daß eine auS Madrid kürzlich verbreitete Nachricht, auf der dortigen katserl. Bot schäft hätte eine Anzahl höherer spanischer Officiere ihre Karten abgeben wollen, nm so eine Kundgebung gegen die Vereinigten Staaten von Amerika ins Werk zu setzen, jeder Begründung entbehrt. Fsrrilleton. Am Lie Lr-e. tzi«N«brt«f» vp» Paul Liub«»b«rg. NaadnNk verlotnu XVII. DieR«sid«nzde»Köntg». — JmPakast. — Da» niur Siam. — Der alte Thronsaal. — Siam, wt« man «-sich «inst erträumt. — Im Wat Prat«o. — Eine Tempelstadt. — Dir weißen Elephantrn. — von anderen Tempeln. — Sia- mtfischeArchitekturundKunst. — AmOrte de» Schrecken»: im Demp«ldr-«»i-rn Schweig«« I. Bangkok, 31. Drcembrr. Eine Stadt für sich hab« ich di« Residenz de» König» ge nannt, schon von außen macht sie diesen Eindruck, noch mehr aber, wenn man si« durch ein«» d«r di« weiß« Mauer unter brechenden und von Soldaten -«wacht«» Thö,« d,tritt, wozu man einer gar nicht so leicht zu erlangenden Erlaudniß seit««» de» Au«wärtiaen resp. -ofmarschall-Amte» dedarf. Man schrrit«t zunächst richtig« Straßen entlang, von niederen, hell gestrichenen Steinbauten gebildet, t» denen sich di« Wohnungen der zahllosen Hofbeamten und der«« Kanzlnrn -«find«». die abrr auch al» Srfängntß dienen können, und zwar für Sdelleut» oder höhere Beamte, wrlche sich «ine» vergehen» schuldig gemacht. Um et» Beispiel zu erwähnen: Der König chatte dpn Sohn eine» sein» vertrauten in de, österreichischen Armre dirnen lassen, mit etn«r recht au»kömmlichen Unterstützung au» der königlichen Schatulle; da» war aber dem jungen vfflcirr nicht genug ge wesen, und al» er nach Sia» zurückkehrt«, um seinem Vater lands seine militairische« Dienste »u widmen, da mußte der König tgchtfa t» die Tasche greifen und die Schuld« d«» kühnen Husar«« smschchst» Ust» Kq« ö«W» ß« M-o H«rr po«t Ach« Sefäng- niß, im königlichen Palast abzubrummen, d. h. er wurde in einer der Kanzleien beschäftigt und durfte während der genannten Dauer di» Palast-Stadt nicht verlassen, machte er aber in ihrem Bannkreis» Spaziergänge, so folgte ihm auf Schritt und Tritt ein Diener mit einer silbernen Kette in einer Schale, zum Zeichen, daß drr unternehmungslustige Herr eigentlich in Ketten sein müßte. Ich habe diesen Palastgefangenen, der längst seine Haft v«rbüßt hat und nun in einem anderen Ministerium be schäftigt ist, näher kennen gelernt, e» ist, wie man sagt, ein ganz „famose» Huhn*, ein guter bierehrlicher Kerl, der mit Sehnsucht ve» lustigen Men «nd de» kühlen Pilsener Biere» gedenkt; er spricht famo» deutsch, und »in «igenthümlicher Zufall will es daß ihn «in Bruder de» König», d«r da» Ministerium der öffentlichen Arbeiten leitend« Prinz Bidhalable, welcher mit liebenswürdigster Bereitwilligkeit all meine Wünsche, recht genau — Bangkok kennen zu lernen, «»füllt«, dar» bestimmte, mir die Palaststadt zu -eigen —, wohl weil er sie so ganz genau kannte! Sin» der Straßen, deren ich oben erwähnt, führt direct zu dem Palast, welcher sich hinter einem blumenbepflanzten Platz« sehr stattlich und dabei doch anmuthig bebt, im modernen Re naissancestil, da» Dach aber mit den drei spitzen Thürmchen völlig siamesisch gehalten, «in« Zusammensetzung, dir übrigen» ganz gut wirkt. Die yagadr de» Palaste» in weiß, von rothen Säulen unterbrochen, von link» und recht» führen in der Mitt» von je zwei schweren Bronze-Elephanten flankirte Marmor stieg«» zu «inem säulrngetragenen Vorbau empor, von dem au» man in die hoLaewölbte Vorhalle, an deren Marmorwänden kostbare altsiamefisch« Waffen hängen, gelangt. Rechter Hand liegt h«r gold und ««iß decorirte, von röthlichen Säulen ge tragene Smpfang»saal mit goldcaffrttirter D«cke, während der Baden mit farbigen Marmorplatten bedeckt ist; an drr den Fenstern gigrnüberlirgend«» Wand häng«» leben-groß« Oelbilder verschiedener siamesisch«» Könige und Prinzen, an der einen Schmalwand siebt auf einem kleinen Podium der g-ldbrocotene Thronsrssrl, an der anderen sind di« Fahnen und Standarten auf-esiallt — «i« bei un»l Link» von der Vorhalle betreten wir einen wegen seiner röthlichen Färbung „Rosensaal" genannten zweiten Empfangs raum, rings herum stehen aus Säulen die Büsten der europäischen Herrscher und Herrscherinnen, darunter so manche todtc Größe: Napoleon und Eugenie, König Ludwig II. von Bayern, König Otto von Griechenland, Prinz Friedrich Karl von Preußen rc. Außer den Büsten werden wir an unser preußisches Herrscherhaus noch durch zwei große und sehr schöne, der Berliner Porzellan- manufactur entstammende Vasen mit den Bildnissen Kaiser Wilhelm'» I. und Kaiserin Augusta und durch eine treffliche plastische Wiedergabe deS Denkmals deS Großen Kurfürsten in Berlin erinnert. An den Wänden wieder lebensgroße PortraitS sia mesischer Herrscher und Herrscherinnen uno auf Consolen einige kostbar« Erzeugnisse altsiamestscher Gold- und Silberschmiede kunst. Ein anstoßender, hellgrün gehaltener Audienzsaal birgt diel werthdolle europäisch» Geschenk«, an einer Wand u. A. ein sogenannte» „Silberbild* (eine je nach der Stellung d«S Be schauer» ihren silbernen Schimmer verändernde große Photo graphie) Kaiser Friedrich'» mit dem so vertrauten männlich gütigen GesichtSauSdruck, und auf zwei Terracottatellern Nach bildungen Defregger'schrr Gemälde. Hinter den eben kurz ge schilderten drei Sälen dehnt sich «in großer Festsaal au», den wir wegen decorativer Umgestaltung nicht besichtigen konnten. Dieser Palast verkörpert das moderne Siam, da» Siam einer schon jetzt gut entwickelten Cultur und einer sorgsam ge regelten Gesetzgebung, da» Siam der Eisenbahn und Post, de» elektrischen Licht«» und Telephon», wo aber kann man jene» sagen- und fabelhaft« Siam mit seinem al» Gott verehrten Herrscher und sein«» religiösen Mythu», je««» Siam, von aller hand Geheimnissen umwoben, die der Phantast« den weitesten Spielraum lassen, da» Siam der Träume und Vorstellungen unserer Kindheit? Hundert Schritt« genügen, und wir befindrn un» völlig in seinem Vannl Hundert Schritt» nur genügen! Link», van väumen halb verborgen, über die da» spitze bunte Dach hinweaschimmert, nh«bt sich da» Palai» Ernannt (Eng«lpalast), »«ich«» rirrzig den Krönung»- und Huldigungssaal enthält. Herrliche bunt glitzernde Arbeiten an den tiefen Fenstern und dem kleinen Ein gangsportal, durch welches wir sofort in das Innere gelangen, einen langgestreckten, großen Saal, von mystischem Dunkel um fangen! Und in dieser Dämmerung von allen Seiten her ver haltenes Leuchten von Gold und Purpur und Steinen, mit Gold belegte Vorhänge wallen herab, goldene Arabesken winden sich um die Säulen, mit goldenen Sternen ist die flache Decke besetzt, dort aber, an der einen schmalen Seite, ein hoher thron artiger goldener Aufbau mit unzähligen betenden Buddha Figuren unten und mit dem siebenfachen goldenen Schirm, der nur den König beschatten darf, hoch oben — hier thronte der König dereinst, und wenn sich die goldenen Vorhänge zurückzogen, welche den Thron von dem übrigen Saal trennten, wenn der Kerzen flackernder Schein sich in dem mächtigen goldenen Aufbau Widerspiegelte und die Hymnen der Priester erklangen, dann warfen sich di« Prinzen und Edlen zu Boden und beteten des Königs geheiligte Persönlichkeit an, ihr göttlich« Ehren erweisend. Ja, da» hier ist das Siam, wie man e» sich geträumt, wie es Einem lockend die Phantasie vorgegaukelt, von einem Meer von Geheimnissen umgeben, verheißungsvollen und schau rigen — — —! Und inmitten dieses phantastischen Siams befinden wir un» auch, wenn wir unsere Schritte weitersetzen und die benachbarre Tempelanlage Wat Prakeo betreten, die wieder eine kleine Stadt für sich bildet. Inmitten eine» Gewirrs von Tempeln, Pagoden, goldenen Buddha-Figuren, vergoldeten Kiosken, Hallen und Schirmen, von marmornen Ruheplätzen unter schattigen Bananen, von Elephanten aus Stein und Bronze, von scheußlichen Dämonen- und grotesken Drachen figuren au» Sandstein und Marmor, von blühenden Flamboyant bäumen und breiten Fächerpalme» stehen wir plötzlich, die Augen wissen nicht, wohin sie schauen sollen, in jeder Minute entdecken sie Neues, Unerwartete», und kaum hat sich die erste Ueber- rafchung gelegt, so folgt schon eine ander« und stärker». An vielen Stellen, zumal in der glühenden Vormittag-sonne, werden wirklich di« Blick« g»bl«nd«t, dort nammtlich von j«n«r völlig
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