Die polnische Komponistin Grozyno Bacewicz war eine der ganz wenigen komponierenden Frauen, denen es gelang, sich mit ihren Werken im internationalen Musikleben eine feste und anerkannte Posi tion zu erobern. 19C9 in Lodz geboren, studierte sie zunächst in Warschau Komposition bei K. Sikorski und Violine bei J. Jarzebski. Sie vervollkomm nete danach h e Studien in Paris bei Nadia Bau anger (Komposition) und bei Carl Flesch (Violine). Seit 1934 unternahm sie als Geigerin Kon zertreisen in zahlreiche europäische Länder. Doch bald widmete sich Grazyna Bacewicz vorrangig ihrem kompositorischen Schaffen, mit dem sie schon früh erste Erfolge erringen konnte. Die Komponistin, die kürz lich verstorben ist, hinterließ eine sehr umfangreiche Werkliste, die neben zahlreichen VioÜnkompositionen (u.a. sieben Violinkonzerte) und Instrumen talkonzerten für Klavier und Cello mehrere Sinfonien und andere Orche sterwerke, sieben Streichquartette, verschiedenartige weitere Kammer musik- und Vokalkompositionen, ein Ballett u. a. umfaßt. Der größte Teil ihrer Werke wurde veröffentlicht, viele ihrer Kompositionen wurden a^| Schallplatten aufgenommen und mit internationalen Preisen ausgezeicJB net. Zunächst neoklassizistischen und folkloristischen Stiltendenzen huldigend, nahm die Komponistin seit einigen Jahren teil an den Bemühungen der polnischen Komponisten, neue musikalische Ausdruckswege und -formen zu suchen, ohne einem extremen Avantgardismus, leerer Abstraktion etwa zu verfallen. Davon zeugt auch das Streichquartett Nr. 7 aus dem Jahre 1965, das bei allem schöpferisch-experimentellen Bestreben, neue Ausdrucksmöglichkeiten der Streichinstrumente zu erschließen, in keiner Weise die Darstellung menschlicher Gefühlswerte vernachlässigt. Man möchte sogar sagen, daß eine Vertiefung des Gefühlsausdrucks (be sonders im langsamen Mittelsatz) gegenüber früheren Werken der Kom ponistin festzustellen ist. Das Werk, das bereits beim 6. Festival zeitge nössischer polnischer Musik 1968 in Wroclaw durch das Siering-Quartett der Dresdner Philharmonie zur Aufführung kam und heute in memoriam der verstorbenen Komponistin erklingt, besitzt eine klare Dreisätzigkeit, ist voller lebendiger Bewegung und rhythmischer Kraft. Beeindruckend ist an der Komposition besonders, mit welcher Meisterschaft die Komponistin die Streichinstrumente behandelt hat und überlieferte Spielweisen mit neuen Klangeffekten organisch zu verbinden wußte. Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1968 69 Chefdirigent: Kurt Masur Redaktion: Dr. Dieter Hartwig Druck: Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft Dresden, Zentrale Ausbildungsstätte 40519 III 9 5 0,18 369 IAG 009/25/69