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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.02.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-02-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980208028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898020802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898020802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-02
- Tag1898-02-08
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1000 unterrichtet werden über Ding«, di« jeden Franzoien interessirr». I Aber e» ts> nicht gerade "ötdig, da»» dieses Lesen vor der Bei» I ossentttchunft 2» Uriacht vou Berz-g-ranqea ist, die un- jchädlgra I und onentsch tddar sind. Was sott man aber sagen, wen» unsere I Depeschen, di« Nachrichten enthalten, welch« unser Elgritthum bad, I v»rschied«n«n Leuten, die tria Recht aus si« dabra, gezeigt werdra, I noch eh« sie überhaupt an und gelangen? Das ist uni ihatsächlich I vor einigen Jahren pajsirt. Mit dem Briese ist die Sache noch! schlimmer, denn hier muh man einen förmlichen Einbruch begeben, I um zu den Neuigkeiten zu gelangen. Umschlag, Gummi, Siegellack I — Alles nützt nicht- Auch hier ist »- die Politik, di« alle l Unterscheidung zwischen Gut und BöS verwischt hat. I Wir reden nicht einmal von der grohen Politik, dir das Bries-1 geheimnih verletz! au- StaatSraisou und aus Grund von sehr dehn-1 baren juristischen Formeln; nein, da- ist eS nicht, was wir im Auge > baden. Es giebt Leute, die von einem „schwarzen Cabiner" I Iprechen, gerade wie Ander« no» einem „Syndical" reden, ohne üah si« wissen, ob da- Eine oder das Andere rxistirt. Aber fragen Sie einmal die Leute in der Provinz, wo die Kircktdurmspottttk sich bi- in die Familien drängt, fraget. Si« die Leute, ob sie ihre Geheimnisse sjir gewahrt halten, wenn sie ihre Briese zur Post, d. h. nur zu ost in die Hand der Ereaturen und Watnagenten eine» Gegner» geben I Fragen Sie si«, ob sie nicht zu ihrem Verdruß in einer Verwaltung, di« ihnen gewissenhast dienen soll, einige Maschen jenes großen Netzes von Dcnunciationen. Vrr- dächtigungen, JndiScretionen und Jntriguen entdecken, in da» dir merkwürdige Ungenirtheit der zeitgenüisüchen Sitten unsere ganze theoretische „Freiheit" immer mehr verwickelt! Wenn alle Opfer diese- Mihdrauch» ossen und muthig protesiiren, dann wird bas vielleicht eine gute Gelegenheit sein, zu verlangen, daß man unS schütze. Damit auch die heitere Seite nicht fehle, sei mitgetheilt, was Levuc im „Gil Blas" erzählt. Nämlich Folgende»: Eines Tages wollte ein Abgeordneter der Rechten, der einem College» IVO FrcS. schuldete, diesen Betrag zurückschicken, vergag aber die Banknote in den Bries zu stecken Er be merkte dies und suchte deshalb Tags daraus seinen Gläubiger aus, um ibm das Geld persönlich zu übergeben. Zu seiner Verblüffung erklärte dieser aber, er habe das Geld erhalten. Beide begaben sich nun zur Post, um den sonderbaren Fall auszuklären, waS ihnen aber nicht gelang. In Wirklichkeit batte der Beamte, der den Brief öffnete, geglaubt, daß die Banknote verloren worden wäre, und des halb wurden die 100 FrcS. aus dem Geheimfonds ersetzt.(!) Der „Malin" versichert, auch der Vorsitzende der Marinecommission, Abgeordneter de Mahy, habe sich über die Verletzung des Briefgeheimnisse- zu beschweren und bade dem Ministerpräsidenten Mülinr zwei bestimmte Falle mitgetheilt. Ein Brief, den der Abgeordnete kürzlich vom Generalresidenten aus Madagaskar General Gallieni er hielt, war geöffnet worden, desgleichen ein Brief eine» auf Madagaskar weilenden Neffen de Mahy'S. Möline sicherte eine Untersuchung zu. „Matin" erinnert zugleich an die un gesetzlichen Haussuchungen, die von der Polizeibehörde bei dem OberstUeutenant Picquart und Andere» im Zusammen bang mit der DreysuSaiigelegenheit vorgenommrn worden sind, und fügt hinzu: „WaS nach diesen Thatsachen festzu stehen scheint, ist, daß kein Franzose mehr sicher davor ist, daß die Polizei in sein HauS einbricht, um unler irgend einem Vorwande seine geheimsten Papiere zu erbrechen und zu lesen, und daß kein Franzose mehr die Sicherheit hat, feine Briefe zu erhalten, ohne daß sie erbrochen und un „schwarzen Cabinet" gelesen worden seien." Glückliche- Frankreich! Unübertreffliche Republik! Utber die Cantzidatur des Prinzen Geor« »o« Griechen land für den Posten eine- Gouverneurs von Kreta liegen auch heute zwei anscheinend officiöse Meldungen vor. So wird dem „Hamb. Eorr." au- Berlin geschrieben, daß man an unterrichteter Stelle zwar noch keinen Anlaß habe, die Lage als befriedigend zu bezeichnen, so lange die Candivatur de» griechischen Prinzen fortfabre, den Sultan zu beunruhigen und die territorialen Begehrlichkeiten der Balkanvölker auf» zustacheln, daß man eS aber als ein erfreuliche- Anzeichen begrüßen müsse, daß die russische Politik, wenn sie auch den Wunsch bekunden lasse, die hellenische Candivatur nicht scheitern zu sehen, doch im Interesse de-FriedenS jede kriegerische Rückwirkung im Balkaugebiet zu verhindern bemüht sei. Von der kretischen Frage abgesehen, hätten türkenfeindliche Auf wallungen kleinerer Staaten eine Ermuthigung durch die Großmächte nach wie vor nicht zu erwarten. Immerhin wäre e- zur Verhütung einer bedenklichen Gäbrung besser gewesen, den Name» des Prinzen Georg mit dem Posten des kretischen Gouverneurs überhaupt nicht in Verbindung zu bringen. Die Absicht, die jetzt geschaffene Lage noch zu verschärfen, bestehe wohl nirgend- weniger, al- gerade in Petrr-burg, aber auch der feste Entschluß, keine Gewalt politik zu treiben, der auf russischer Seite unbedingt und in voller Loyalität anzuerkennen sei, würde unter Umständen, deren Eintritt oder Nichtrintritt von Niemande- gutem Willen abhängig sei, dem Zwange weichen müssen, nach dem ersten Schritt auch den zweiten und nach dem zweiten einen dritten zu thun, der über den Rahmen einer friedlich diplomatischen Bethätigung wohlgemeinter, aber mit den realen Verhältnissen nicht in Einklang zu bringender Ab sichten hinau-führen müßte. Tie Einsetzung eine- griechischen Prinzen auf Kreta könnte daher in ihren Folgen leicht eine Gestalt annehmen, daß keine Macht darin ihr Werk würde anerkennen wollen. Die „Täglich« Rundschau" hat di« Ver sicherung erhalten, daß man, wenn auch unter der Hand von Rußland rin starker Druck auf den Sultan geübt worden fei, von einer osficiellen Candivatur de» Prinzen Georg noch nickt reden könne, da dieselbe den übrigen Großmächten noch nickt in Vorschlag gebrockt worden sei. Di« Leitung der auswärtigen Angelegendeiten Rußland- habe wiederholt Gelegenheit ge nommen, den übrigen Mächten gegenüber zu betonen, daß sie nickt gewillt sei, den gegebenen Weg für alle Vorschläge betreffs Kreta«, nämlich den der Verständigung der Mächte untereinander und dann mit der Pforte, zu verlassen. Alle Anzeichen deuteten aber daraus hin, daß di« erwäbnte Candivatur beule weiter davon entfernt sei, die europäischen Cabinette officiell zu beschäftigen, als bis vor Kurzem nock angenommen wurde. WaS die Stellung Deutschlands zu dieser Angelegenheit anlangt, so habe sie sick bisher lediglich^ in negativen Bahnen insofern bewegt, als unser Auswärtige- Amt in di Lage gekommen sei, sowohl solchen Wünschen seine Zustimmung I zu versagen, welche aus eine Unterstützung der Candivatur abzielten, als auch solchen, welch« ein« Einwirkung auf Ruß- I land im Sinne des Fallenlassen« der Candivatur zum Gegen- I stände hatten. Dies ist, wie wir wiederholt ausführten, auch I unsere Uederzeugung. Da- Cbarakleristisck« der Berliner I Auslassungen ist dies, daß der Entschluß Rußland-, in der l Frage der Candivatur de« Prinzen Georg zurückzuweichen, l aus beiden hrrauSzulesea ist. Deutsche- Reich. 2 Vertin, 7. Februar. Der Centralvorstand der uationalliberalev Partei hielt gestera im Reich-tagS- gebäude unter dem Vorsitz de- Herrn Abg. Hvdreckt die statutenmäßig zwischen Neujahr und Ostern stattfindende Sitzung ab, um den Bericht deS geschäftSsührenden Aus schusses entgegenzunehmen. Bei derselben Gelegenbeit erstattete auch der zur Vorbereitung de» DelegirtentageS nieder gefetzte Ausschuß neuerdings Bericht, und zwar gipfelte dieser darin, daß alle Vorkebrung getroffen ist, den Ttlegirtentag gegen Ende der parlamentarischen Frühjahrssession einzuberufeo,w«nn die ReichStagSwahlen noch im Frühjabr statlfinven sollten. Andernfalls dürste der Termin für deu Delegirtentaa zwischen Mitte August und Mitte September anznberaumen sein. Der Ort für die Abhaltung de- DelegirtentageS ist noch nickt bestimmt. — Im Anschluß an beide Berichte fand eine reif liche Aussprache über die Lage der Partei im Allgemeinen, wie über landschaftliche Verhältnisse und einzelne Wahlkreise statt. — Al- letzter Puuct auf der Tagesordnung stand die Neuwahl de« Vorsiyenven. Herrn Abg Hobrecht, der seit 1883 den Vorsitz geführt, jetzt aber auf« Bestimmteste den Wunsch geäußert halte, diese Geschäfte der Parteileitung ab geben zu dürfen, wurde einmlltbig der herzlichste Dank für seine bi-heriae reiche und ersprießliche Mübrwaltung auS- geiprochen. Zum Vorsitzenden wurde Abg. vr. Ham mach er gewählt, der sich auch bereit erklärte, dieses oberste Ehren amt, das dir Gesammtpartei zu vergeben bat, zu über nehmen. — Ein der Sitzung folgende- gemeinsames Essen im Kaiserhof hielt die Mitglieder deS Centralvorstandes noch längere Zeit vereinigt. * Berlin, 7. Februar. Prinz Albert, der Vater der Kaiserin Friedrich, wandte sich am 12. Octobrr 1847 an König Friedrich Wilhelm IV. mit der Aufforderung, den in Kürbissen drohende» BerfassungSbruck zu hindern. Diese« Schreibe», sowie di« Antwort de» König« tbeilt Lippold in dem neuesten Heft der „Deutschen Revue" (Stuttgart, Deutsche DerlagSaustalt) mit. Zu dem Brief d«S Prinzeu heißt eS: „Gewiß ist der Augenblick schlecht gewählt, um, nach so manchen früheren Vorfällen, da« Leutlck« Volk jetzt aus- Neue daran zu erinnern, daß in Deutschland e» nicht die Völker, sondern di» Fürsten waren, die augesangen haben, das Bestehende umzustürzen, und bah der Ursprung de« letzigeo, sich für leaitim und historisch- deutsch auSgebenden monarchischen Princips doch in der That nichts iit al» »ine Nachahmung de» französischen Absoluti-mu-, wie er von Richelieu und Mazariu au-gebildet und von Ludwig XlV. zur Schau gestellt worden ist, über de» Trümmer» der altgesch.chtlichen Stande»- und BolkSrechte . . . ES kann überdies Eurer Majestät kaum verborgen geblieben sei», daß e» in Deutschland allgemein im Munde de» Volke» ist, der vom Kurfürsten beabsichtigte Umsturz der Verfassung fei dir Erfüllung einer ihm vom Fürsten Metternich auferlegten Bedingung, um die Anerkennung seiner Kinder au- der Eh« mit Madame Lehmann zu erlangen; für «inen solchen Zweck gäbe er die verbrieften Rechte und Freiheiten seine- Volke» al- Prei«! Mag diese» Gerückt uun wahr sein oder nicht, so bleibt doch ohne die» der Schritt eine Handlung, die, wenn irgend etwa» al» „Rechtlo- und Gottlos" und im schlimmsten Sinne de« Worte- „Subversiv" zu be zeichnen ist, diese Bezeichnung verdient. Bus wen ander- al» auf Eure Majestät richte» sich in dieser neuen Gefahr »un die Blicke Deutschland» und Europa«? von wem ander- kann Deutschland Schuy und Hilfe erwarte» al» von Eurex Majestät? Von Ihnen, gnädigster König, al- dem aner kannten, wahrhafte» Beschützer de« bestehenden Recht», hofft man, daß Si« nach Kräfte» einem solchen Attentat aus dieses Recht eat- gegrntrete» werden" . . Darauf antwortet« der König dem Prinzen in einem Schreiben vom 1. Januar 1848: „Ick springe nun flug» mit behden Beinen in den eigentlichen Gegenstand diese» Briefes, in die Kurhessische Angelegenheit, und läge mit einigem Stolz: Da haben sich Eure Königliche Hoheit nicht in mir geirrt. E« scheint aber, daß unser guter Lord Westmoreland gar nicht geschwätzig ist: den» ich hab' ihm schon am 9. December sals wir zusammen von der Merseburger Jagd nach Dessau auf den rail, fuhren) Alle« erzählt, «a- ich in der Gach« gethan hatte. Ich habe ober gleich, nachdem ich den Regirrung-wecksel l«i Regierung», wechsel il ze avait) erfahre» hatte, meinem Gesandten i» Cassel, dem Grasen Galen, den ausdrücklichen Befehl geschickt, dem neuen Kur- fürsten womöglich selbst zu sagen, sonst aber ihm durch den Minister der au-wärtigen Angelegenheiten sagen zu lassen, daß ich ih» aus da» Allerdringendste bitten ließ, doch ja nickt» gegen die von ihm beschworene Verfassung zu unternehmen, sondern so bald als möglich seinen guten Willen gegen die» elb« und di« versammelten Stände auszusprecken. Ich könne ihm auch nickt verhalte», daß er bey etwaigen Umsturz-Projekte» i» keiner Weise auf mich rechnen dürfe, daß ich solch Beginnen als un recht »nd unklug laut mißbilligen und, im Fall ihm etwa» Braun- chwelgischrS begegnen sollte, nicht», gar nichts thun würde, um ihn wieder eiuzusrtzeu. Gras Galen hat „m,i»rn Vetter, de» ich nickt lieb habe", nicht zu Gesicht bekommen, aber dagegen dem Minister meine Commission für seinen Herrn eifrig und eindringlich aus- gerichtet. ES verstrichen fast zwei Wochen ohne Antwort, und da er merkte, daß Herr v. Dörnberg ihn mied, hat er ihn einen schönen Tag gefaßt und ihm begreiflich gemacht, daß ich aos Antwort warte. Da hat der »in »ir <le eireoustuuc« gemacht und geantwortet, er hab» allrrding« den Auslrag ausgrrichtet, der Kurfürst sey aber höchlichst verwundert, daß mau in Berlin Mißtrauen in seine Jnteozionen zu setzen schien. — An demselben Tage, an welchem ich durch Galen dies« Worte der Verwunderung „eines kreuzbraven" mit Unrecht beargwöhnten Mannes erfuhr, licß mir Fürst Metternich im engsten Vertrauen wissen, „daß ihm der Kurfürst geschrieben, er volle die Verfassung mit Ge- walt umfloßen und versähe sich dazu im Vorau» deS k. k. aposto lische» und sürstlich-staat-kaazlerilchen Veyfall», «olle jedoch, ehe er an- Werk geh«, noch des Fürsten gute Raihschläge über de» Modus erbitten." — Fürst M. hat sich da (»'ev cksplais ä Ixrrck ?»1wvritov) nicht bloß al» kluger, sondern auch als rechtlicher Mann bewährt. Er hat einen eigenen Gesandten unter Eondoleuz» Borwand an den Herr» Vetter rxpedirt, der ihm dieselbe Sprache gehalten bat wie früher Talen. Daraus hat der Herr Vetter am Nachmittag desselben Tage», wo er den österreichischen Gesandten gesprochen »nd Metternich'- sehr starken Brief gelesen, die seit seiner Ankunft in Cassel vergeblich harrend« Ständedeputazion empfangen und äußerst gnädig behandelt. —-! Jetzt hat er nun den Ständen Bersassung-obänderungen verfassung-gemäß vorleqen lassen, und so scheint eS, daß der Strohm in seinem Bette ruhig fließen will. Und dazu gebe Gott seinen Seegen. — Nun will ich Sie, theoerster Prinz, nicht länger langweilen. Ich lege mich der verehrten Königin zu Füßen und Herz u»d küsse littlo ckar. Meine Frau empfiehlt sich Ihnen Beydea herzlich, und ich umarme Sir, gnädiger Herr, al-... Friedrich Wilhelm." — Beim Reichskanzler sind von Deutschen im Auslande weitere Kundgebungen zum Flottengesetz eiugelaufen, denen Folgende« zu entnebmeu ist: Lima, 23. December l8S7. Wir Deutsche an der hiesigen Küste haben r- schmerzlich empfunden, daß seit dem Ende der acktziacr Jahre und bis heute dir deutscke Flotienstatiou au der Westküste von Amerika nicht wieder ständig besetzt worden ist, obwohl dir politischen Zustände in den hiesigen Freistaaten wädrend dieser Zeit und auch bis jetzt noch bewegt waren. Wohl wissen wir, Lag die kaiserlich, Regierung aus Mangel an geeigneten Kriegsschiffen nicht im Stande gewesen ist, alle über- serilchen Flottenstationen dauernd zu besetzen, und wir haben uns doher darein gefügt, daß Heiner Majestät Kriegsschiffe nach anderen, al- wichtiger zu erachtenden Gegenden gesandt wurden, und daß nur gelegentlich, etwa, wenn ein Geschwader auf dem Wege von oder nach Lstasien die Magellonstraße paslirte, die deutsche Flagge sich hier zeigte. So sehr unS aber auch solche gelegentliche Besuche, für dir wir stets sehr dankbar waren, erfreuten, so können dieselben doch die dauernde Stationiruna von Kreuzern nicht ersetzen, wenn man den erwünschten Schutz des Hanvrls er reichen will. Euer« Durchlaucht bitten wir daher inständigst, alle diejenigen geeigneten Schritte thun zu wollen, welche eine dauernde Wiederbesetzung der Flottenslatioa a» der Westküste von Amerika, von der Magellanstraß, bi- nach den Parisischen Häsen von Centralamerika und Mexiko —» baldigst ausführbar mache» uad sichern. Havaonab, 18. Januar l898. Die deutschen Reichsano,hörigen in Havannah erlauben sich, Ew. Durchlaucht ihre große Genugttmung und Freude über di« zur Hebung der vaterländischen Seemacht verfolgten Pläne auszudrückea und, in der Neberzeugung von der dringenden Nothwendigkeit einer Achtung gebietenden Flotte für den Schutz d«S deutichen Welthandels und die Wahrung der vaterländifche» Interessen im AuSlande, ihrer Hoffnung Wort« zu verleihen, daß dies« Pläne ihre baldige Ver wirklichung finden mögen, zur Ehre und zum Wohle des Baier- lande». Gleichzeitig gestatte» sie sich, Ew. Durchlaucht zu bitten, ihren ehrerbietigsten Dank für di« der Entwicklung der Reichtm-rt»« zu Tbeil gewordene Fü wrge an Allerhöchster Stelle gevei-test zum Au-druck bringen zu wollen. — Ein« der „Boss. Ztg." aus London zugehende Eap- städter Drahtung der „Daily Mail" besagt, ein eben von Drutsch-Da maraland angekommener deutscher Missionar berichte, der Häuptling veS DamaeastammeS der Swart - boiis verursache der deutschen Verwaltung ernste Besorg nisse; er sei gut bewaffnet »nd e« sei schwierig, mit ihm zu verhandeln. — Ein Berliner Telegramm der „Köln. VolkSztg." giebt der in Centrumskreisen bestehenden Ansicht Au-druck, daß trotz der vielen noch bestehenden Meinungsverschiedenheiten zwischen der MilitairstrafgerichtS-Commifsion deS Reichstages und der Militair-Zustizverwaltung eine schließ liche Verständigung über de» Entwurf nicht mehr be zweifelt werde. — Die Nationalliberalen und Freicovservativen haben im preußischen Abgeordnetenbause den Antrag «»gebracht, die königliche Gtaat-regierung aufzufordern, spätestens in der nächsten Session eine Neuregelung der Ver pflichtung zur Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen dabin berbeizufübren, daß gemäß Artikel 2ll der Verfassung diese Verpflichtung allgemein den bürgerlichen Gemeinden und GulSbezirkcn auferlegt wird. — Gegenüber den Meldungen des „Reuter'scken BureauS" über Aeußerungen von Beamten des amerikanischen Ackerbaudepartements bezüglich der am 3. d. M. im preußischen Abgeordnetenbause gehaltenen Rede deS Ministers für Landwirtbschaft Freiherr« v. Hammerstein-Loxten, stellt Wolff's Bureau fest, daß die Rede deS Ministers an der in Betracht kommenden Stelle folgendermaßen lautet: „Es dürste raihsam sein, ab zu warten, ob der Import von Pferden eine bedenkliche Hvbe erreicht, oder veterinäre Ge- sakren in sich birgt; dann wird sich Anlaß zu energischem Vorgehen, namentlich durch Einführung von Ouarantaineu, bieten, um unö zu schützen, soweit wir dazu berechtigt sind. Die von Amerika eingehenden Pferde unterliegen schon jetzt eine gewisse Zeit nach dem Eingänge einer sorgsamen veterinären Beobachtung. Ob die beim Eingänge vielfach auftretenden, der Influenza ähnlichen Erscheinungen con- tagiös sind, ist mit Bestimmtheit noch nicht festzustellen gewesen." Die „Nat.-Ztg." erhält folgende Zuschrift: Berlin, 7. Februar. Sehr geehrter Herr Redacteur! Durch Provinzialblätter wird die Nachricht verbreitet, der Verein „Berliner Presse" beabsichtige in Verbindung mit literarischen Körverlckaiten aus Anlaß meiner Berunheilung mir zu Ehren ein Festbankett zu veranstalten. Selbstverständlich würde ich eine solche Ehrung, wenn sie mir zugedacht wäre, mit Entschiedenheit ab lehnen. So viel ich oder weiß, ist Niemand Vier aus den Einfall gekommen, etwa- so Unverständige» zu planen. Ich würde kein Wart über die Sache verlieren, wenn nicht verschiedene Blätter an die Nachricht, der sie leider Glauben geschenkt baden, mißfällige, für mich und Andere verdrießliche Be merkungen knüpften. Das ist der Grund, we-halb ich Si« bitte, von vieler meiner Erklärung gütigst Notiz nehmen zu wollen. Ihr sehr ergebener I. Troja». — Herrn Bernhard Baare, langjährigem Leiter de- Berliner Bureaus des Lochumer Verein- für Bergbau und Gußstahlfabrikotion ist der Charakter als Cominerzienrath verliehen worden. — Der Landrath v. Waldow zu Berlin ist zum Oberpräsidial rath in Königsberg ernannt worden. * FricdtichSru-, 7. Februar. Zum Besuch de« Fürste« Bismarck sind, wie der „Loc.»Anz." meldet, Graf und Gräfin Herbert, sowie Generalsuperiniendent v. Dryander hier eingetroffen. Der Fürst erbole sich immer mebr von seiner letzten Krankheit und könne sich bereit- zur Familientafel begeben, ohne sich hierzu deS Rollstuhls bedienen zu müssen. * Hannover, 7. Februar. Staal-minister Freiherr v. Hammerstein-Loxten ist hier eingetroffen, um als Abgeordneter an den Sitzungen des Provinzial-LandtageS theilzunehmen. — Eine Veriammlung von Vertrauensmännern de- Bunde- der Landwirlbe, welche am Donnerstag in Northeim tagte, Kat den Oekonomen Harriehausen in BollertSmüble als Candivaten für den 11. hannoversche» ReichStagSwablkreiS ausgestellt. * NvrShausen, 7. Februar. Sonntag wurde von einer Bertrauenümänner-Versammlung der freisinnigen Volküpartei der Redacieur der „Freis. Ztg.", Herr vr. jur. Wirmer, al- ReichStagScantivat für den Wahlkreis Nordhauser» ausgestellt. * Mülheim a. d. Ruhr, 6. Februar. Die hiesige Handelskammer faßt« folgenden Beschuß: Die Handels kammer nimmt von dem Verlauf der zu Berlin zu Gunsten der Marinevvrlage abachaltenen großen Versammlung, an welcher außer ihrem Vorsitzenden fünf Mitglieder theil- aenommen haben, mit lebhafter Befriedigung Kenntniß; sie wünscht durch diese Theilnahme ihrer Mitglieder aus gesprochen zu seben, daß sie sich einmllthig der in jener Ver sammlung gefaßten Resolution anschließl, und gievt sich der Hoffnung hm, daß der Reichstag die das Mindestmaß des „Auf jeden Fall glaube ich kaum", versetzte der Arzt, „daß sie Ihnen antworten wird." Der Gecretair nähert« sich dem Bett, ihm folgte Alice, die dir Sterbende mit wachsendem Entsetzen anstarrte. Zusammengekauert, mit gesträubten Haaren, und weit auf gerissenen, fieberglänzenden Augen lag die arme Frau in be ständigem Kampf«, der ihre Glieder erschütterte und alle Mu-keln ihre» Gesichter verzerrte. Diese TodtenmaSke, die sich noch zeitweise bewegte, und in der der Mund, dir Nase nur schwarze Flecken bildeten, war gräßlich anzusehen, und Alic« wurde von einem wahnsinnigen Schrecken erfaßt, denn sie wußte, daß ihr Gatte e» gewesen war, der die Unglückliche in diesen Zustand gebracht hatte. Dieser in Krampfen sich windende Körper war da- Gespenst de» Ver brechens, gleichsam eine körperliche Darstellung der Miffethat. vielleicht -um ersten Male zerriß ihre Sorglosigkeit wie ein Schleier, und sie sah dir abgrundtiefe Schlechtigkeit ihre» Manne», de» st« liebte. Ihr Mitleid, tn da- sich da- Entsetzen mischte, peinigte sie furchtbar. Jetzt, da sie der Thatsache gegeniiberstand, erwachte ihr Gewisse», und sie hätte die Worte auSstohen mögen: „Ihr jucht den Mörder, eS ist . .. ." „Madame Benoit", sagte der Beamte in diesem Augenblicke, Ach über die Sterbend« neigend, „Horen Si« mich?" Ein heiserer Laut drang au- der Kehle der Frau. „Sie sehen, Madame", sagte der Gecretair, sich zu Alice wendend, „wir vermögen nicht«; vielleicht sind Sie glücklicher.... Aber waS ist Ihnen denn?" Alice, die nicht» hört«, hatte große Thränen in den Augen, die ihr über die Wangen herabrollten. „Madame", sagte der Gecretair noch einmal und berührte ihren Arm. Sie zitterte am ganzen Leibe, blickte sich entsetzt um und sah den Beamten, den Arzt, die entsetzlichen Züge der Sterbenden, den Polizisten, der sie mit seinen Luchsaugen beobachtete; dann begriff sie und erinnerte sich. Plötzlich war st« wieder Herrin ihrer selbst geworden und sagte, fest entschlossen, ihr Kreuz bi» §« End« zu tragen, zu dem Gecretair: „verzeihen Sie, mein Herr, aber diese arme Frau — eine ganz erklärliche Aufregung . . . .' „Fassen Sie sich, Madame, und sprechen Gie mit ihr, wenn Sie die Kraft dazu haben." Mit ihr sprechen? Warum sollte sie da- nicht? Wenn sie sich weigerte, so erregte sie damit nur unnütz den Argwohn de» vramten. „Madame Benoit", sagte sie, „ich bin's, Alice verttomieu; rrkrmmt Tie «ich vtchtt Gt, ockt mtrl" Augenblicklich versteinerten sich die Züge der alten Frau und sie heftete ihre Augen starr auf Alice. „Sehen Sie", sagte der Gecretair, „Ihre Stimme erweckt sie aus der Starrheit . . . Sprechen Sie weiter, Madame, wir kommen an's Ziel." Auch Alice hielt ihre Augen auf die der Kranken gerichtet und fuhr fort: „Erinnern Sie sich, Madame Benoit? Ich bin's, Alice, Sie wissen doch?" „Frau v. Clairac", vervollständigte der Beamte. Jetzt schien sich in der Unglücklichen etwa- Wunderbare- zu vollziehen; sie warf sich nach vorn über, packte mit ihren Nägeln die Schulter Alice'S und röchelte: „Clai . . . Clai . . . Clai ..." In dem Schauder ihre» Entsetzens hielt Alice unbewußt die Hände vor und stieß sie zurück. Die Bewegung war so heftig, daß die Alte loSließ und »ach hintenüber fiel. Et« Schrei, der wir ein« Klag« klang, drang au- ihrer Kehle, sie schlug mit den Armen in den leeren Raum, als wolle sie sich Vertheidigen und auf Jemand -»stürzen. Der Arzt hatte sie aufgefangen und sagte: „Sir stirbt." Alice war, wie von einem Starrkrampf befallen, auf einen Stuhl gesunken, auf dem sie unbeweglich, die Augen geschloffen haltend, sitzen blieb. Der Arzt legte den Leichnam auf da» Bett zurück und sagte noch einmal: „Tie ist t-dt." Di« Scene war so heftig gewesen und da» Grauen Alice'S so natürlich, daß Niemand da» Drama ahnen konnte, da- sich in dieser Minute zwischen d«n beiden Frau« abgespielt hatte. Der Gecretair dr» Richter- wandt« sich zu dem Arzt und sagte: „Wir sind zu spat gekommen; der Tod war nur noch eine Frage von Minuten." Dann deutete er auf Alice, die bi-her noch keine Bewegung gemacht hatt«, und fuhr fort: „Sorgen Vie für Madam«; diese Aufregung hat sie aan? ge brochen. Herr Lacour, würde» Sie di« Güte hab«, Madam« in meinem Wag« nach Haus« zu geleit«?" Er blickte noch einmal dir Lobte an, der« Züge sich plötzlich beruhigt hatten, und meinte gleichgiltia: „Arme Frau." Dann vrrneiate er sich vor Alice, die ihn nicht sah, und verüeß da« Zimmer. Lacour wartet, »sch einig« AugrEckr, dann — « sich Ust« gHtz faßte; „Madame, ich stehe ganz zu Ihren Diensten. Ist es Ihnen recht, so fahren wir jetzt nach Ihrer Wohnung." Sie erhob sich, legte die Hand auf seinen Arm, den er ihr reichte, und ging hinaus, ohne den Kopf zu wenden. XI. Trotz seiner Sentimentalität war Davidot nichts weniger als ein Phantast. Sein System war von einer Einfachheit, die jeder Andere mit Schläfrigkeit bezeichnet hätte. Zuweilen ge- rieth Bidocq über die hartnäckige Langsamkeit, die er bei ge wissen Unternehmungen zur Anwendung brachte, in Verzweif lung. Doch Davidot kümmerte sich sehr wenig darum, waS die Leute sprachen; er war vor allen Dingen gewissenhaft. Wie er e- Alice au-einandergesetzt hatte, theilte er jedes Unter nehmen in mehrere Felder, die er, ohne von seinem Wege abzu weichen, sorgfältig bearbeitete. Die Confrontation Alice'S mit Madame Benoit hatte ihn nicht sonderlich intereffirt. Er hatte die Kranke an demselben Morgen gesehen und war keinen Augen, blick zweifelhaft darüber, daß sie nicht tn der Lage war, irgend eine Au-kunst zu liefern. Diese Fährte zu verfolg«, überließ er Coco Lacour sehr gern, denn er war überzeugt, daß dieser damit nur seine Zeit verlor, wahrend er, Davidot, zwar mit kleinen Schritten, aber sicher seinem Ziel« zurückte. S» hatte ihn allerdina- überrascht, daß Alice ihm nicht von Madame Benoit gesprochen hatte, die sie doch so gut kannte; jedenfalls war dieser so gewöhnliche Name nicht geeignet gewesen, sofort ihr« Aufmerksamkeit zu erregen. So war Frau v. Clairac, die in einer ziemlich nahen Ver wandtschaft zu Frau v. Versanne» stand, noch in einem anderen Puncte bet der Lffain in Neuilly betheiligt. Davidot fand ein solche- Zusammentreffen seltsam, doch er kümmert« sich nicht darum, e» interessirt« ihn nicht weiter. Die Hauptsache war für ihn di« Entdeckung der gestohlenen Gold stücke. Mit einer unglaublichen Geduld hatt« er alle Wechsler von Part», alle Antiquitätenhändler, alle Münzenhändl«, Einen nach dem Ander«, besucht. Kein Mißerfolg, kein Fehlschlag schreckte ihn ab. Der Hauptpunct war für ih» folgender: Er wußte ein Detail, da- di« Mörder für unbekannt oder da- sie für unwichtig hielten. Ihnen dal Segentheil beweis«, war nur »ine Frag» der ZKt. G» begann der veamte jeden Das seine Tuch, von Neue«, dßch HK fttzt hstt, »er Erfvg sHneHnLhmq» illtchi -Krönt, die verteufelten Doppellouisdors schienen vollständig von dem Erdboden verschwunden zu sein. Vor zwei Tagen aber war Davidot ein genialer Gedanke durch den Kopf geschossen. — Wie kam es nur, daß er nicht früher an die Spielhäuser gedacht hatte? Schnell brachte er diesen Gedanken zur Ausführung und be stach den Croupier eines Hauses im Palais Royal, dem er 60 Francs für das Stück versprach, wenn er ihm die besagten DoppellouiSdors zu liefern im Stande wäre; natürlich hatte er sich als Sammler vorgestellt. An jenem Abend trat der Croupier des Hauses Nr- 154 des Palais Royal auf ihn zu und flüsterte ihm ganz leise ins Ohr: „Ich habe, waS Sie brauchen." „Was denn?" fragte Davidot mit dem gleichgiltigsten Tone von der Welt. „Nun, haben Sie mir nicht von DoppellouiSdors gesprochen?" „Ach richtig, ja, ich habe eS ganz vergessen. Nun, zeigen Sie einmal her." „Da, urtheilen Sie selbst." Er zog Davidot in einen Winkel und dieser sah in der Hand de- Anderen zwei fast ganz neue Goldstücke leuchten. „DaS sind die richtigen", sagte er, geschickt seine innere Freud verbergend; ,,»ch nehme sie. Hat die betreffende Person noch mehr von der Sorte?" „Da- weiß der Teufel, ich habe keine Lust, ihn danach zu fragen." „Nun, ich würde ihn schon danach fragen, wenn ich nur wüßte, an wen ich mich zu wenden habe." „Der Mann ist hier", sagte der Croupier, sich vorbeugend und die Stimme noch mehr dämpfend. „Ich kenne ihn seit langer Zeit, ein böser Gesell«, mit dem ich nicht gerne Nacht- in einem Walde zusammentreffen möchte." „Ah bah!" irgend ein alter Antiquitätenhändler, den man nicht dem AuSfthen nach beurtheilen darf!" „Sagen Sie lieber, ein alter Zuchthäusler!" „Ah bah!" Davidot lächelt« dumm, mit einer so blöden Miene, die ibm ganz zum Entzücken stand, während eine unendliche Freude, endlich den Fisch am Köder zappeln zu sehen, sein Herz erfüllte. Der Andere ging einen Schritt auf den Gaal zu und sagte: „Ich werde Ihnen den Mann zeigen." tF»rffetztu>4 I»l«tJ
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