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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.02.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-02-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980208028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898020802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898020802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-02
- Tag1898-02-08
- Monat1898-02
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Mage W LchWer TWM mi> AMD Ni. li!>, AMU, 8. Fckim W8. DMAiitzM.) Königreich Sachse«. iä. Leipzig, 8. Februar. Bei den am Sonntag in der St.-Trinitatis-Gemeinde zu L.-Anger-Crottendorf voll zogenen KirchenvorstandSwahlen hatten sich 309 Ge- meiudemitglieder in die Wählerliste eiotragen lassen. Von diesen übten 189 ibr Wahlrecht auS. Gewählt wurden die vom Unabhängige» Wahlcomit« aufgestellten Herreu ReichS- gerichtSsecrctair Goru, Zimmerpolier Kretzschmar, Bäcker meister Unger und Privatmann Seifert. (Letztgenannter ist neugewählt.) Die Genannten wurden zum Tbeil nahezu mit Einstimmigkeit gewählt. Eine Querliste brachte es nur auf 41 Stimmen. HA Leipzig, 8. Februar. Ueber die weitere Annahme von jungen Leuten zu Postgehilfen schreibt die post- osficiöse „Deutsche Verk.-Ztg.", daß noch keine Bestimmungen getroffen seien, wann und unter welchen Bedingungen die Annahme wieder erfolgen werde. — Hochschulvorträge für Jedermann. Herr Pro fessor vr. WiSlicenus ist leider durch Gesundheitsrücksichte« verhindert, den für den letzten Abend augekündigten Vortrag über die Entwickelung der Ebenste zu halten. An seiner Stelle hat Herr Professor vr. Marshall freundlichst zugesagt, Montag, den 14. Februar, über die Thierwelt des Harzes zu sprechen. —o. Die dritte diesjährige Versammlung beS Vereins für die Geschichte Leipzigs wird programmgemäß Mittwoch, den 9. Februar stattsinden. BersammlungS- local in Hotel Stadt Hamburg (Nicolaistraße). Den Vor trag, welcher die nationale Bewegung in Leipzig im Jahre 1818 behandelt, bat Herr Eduard Bachmann, Lehrer au der 1. höheren Knabenschule, übernommen. Gäste sind an den Vortragsabenden des Geschichtsvereins stets willkommen. s/s Leipzig, 8. Februar. (Arbeiterbewegung.) Die Töpfer- und Ofensetzergehilfen hielten gestern im „Römischen Hofe" eine von 100 Personen besuchte Versamm lung ab, in welcher für die einzelnen Geschäfte, soweit dies noch nicht geschehen war, Dclegirte ernannt wurden, die die Gehilfenleitung am hiesigen Platze in der Durchführung des Tarifs und im Ausbau der Organisation unterstützen sollen. Sie verhandelten dann über ihre Lage im Allgemeinen und stimmten im Anschlüsse hieran einer gegen die geplante Ver schlechterung des Vereinsgesetzes gerichteten Resolution zu. Den Schluß der zuweilen etwas laut werdenden Versamm lung bildete die Wahl eines Comitös, das ein anderes Ver- sammlungs- und Verkehrslocal ausfindig machen soll. 1s Leipzig, 8. Februar. Vermißt wird seit 30. Januar der in Gohlis, Braustraße 56, wohnhafte Bäckermeister Karl Emil.Langrock, geboren am 9. Juni 1868 in Mügeln bei Oschatz. Derselbe hat sich am erwähnten Tage Abends 11 Ubr aus seiner Wohnung entfernt, angeblich um mehrere Restaurants zu besuchen. Er ist aber weder in diese gekommen, noch seitdem in seine Wohnung zurückgekehrt. Es wird vermuthet, daß dem Vermißten ein Unglück zu gestoßen ist. Langrock ist von mittlerer, untersetzter Gestalt, breitjchuiteriH, hat blondes, kurzes Haar, kleinen Schnurr bart, hohe Stirn, schmales, blasses Gesicht, braune Augen, kleine spitze Nase, rundes Kinn, auf der Schulter linsengroßen Leberfleck und eine Brandnarbe auf dem linken Unterarm. Bei seinem Weggänge hat er unter Anderem Hellen, klein- carrirten Jacketanzug, neuen kaffeebraunen Winterüberzieher, weißes Chemisette, Stehkragen und roth und schwarz punclirte Eravatte getragen und 600 -L bei sich gehabt. H Leipzig, 8. Februar. In einer Wohnung der Gerber straße fand in vergangener Nacht eine Gasexplosion, vermuthlich infolge Offenlassens eines GashahnS, statt, durch die mehrere Fensterscheiben zertrümmert wurden. — Ein unbedeutender Slubenbrand wurde gestern Vormittag aus einem Hause der Philippstraße in Lindenau gemeldet. Zwei kleine Kinder des Logisinhabers, die kurze Zeit sich allein im Zimmer befunden und am Ofen gespielt hatten, dürften das Feuer verschuldet haben. —* In der Schützenhausstraße in Sellerhausen scheute gestern Nachmittag das Pferd eines Kohlenwagens und ging durch. Es rannte dabei an einen Flajchenbierwagen an, dessen beide Gabel bäume abgebrochen wurden. Alsdann gelang es, das Pferd auf- zutzalte», ehe es weiteren Schaden anrichten konnte. —* Zwei von den Amtsgerichten Leipzig und Ludwigslust wegen Körperverletzung und Diebstahl steckbrieflich verfolgte Personen, ein 41jähriger Tischler aus Grubnitz und ein 19jähriger Arbeiter auS Möckern, wurden heute Morgen von der Polizei in hiesiger Stadt ermittelt und sestgenommen. — Wegen des Verbrechens gegen 8 176, 3 Le§ R.-St.-G.-B. wurde gestern ein 53 Jahre alter Kaufmann aus Höxter in Westphalen verhaftet. Aus einem Geschäftslocale in der Bahnhofstraße sind von Sonntag bis Montag Vormittag 845 gestohlen worden. Der Einbrecher hatte das Local mittels Nachschlüssels geöffnet. — Aus einem Grundstücke in der Schreberstraße ist vor einigen Tagen ein Pneumaticrover, Fabrikmarke „Adler", Firma „Burkhardt L Brückner, Leipzig", Nr. 1600 gestohlen worden. — Zur Verant wortung gezogen wurde ein 25 jähriger Barbier aus Halle, der nachgewiesenermaßen innerhalb der letzten Monate aus einem Keller der Universitätsstraße nach und nach 150 Flaschen Roth- und Weißweine gestohlen und getrunken hat. Den Eingang in den fraglichen Keller verschaffte er sich mittels Nachschlüssels. — Auf Requisition der hiesigen Polizei wurde in Cassel eine 20 Jahre alt» Näherin aus Chemnitz verhaftet, die sich einige Tage bei einer hier in der Turnerstraße wohnhaften Verkäuferin aufgehalten hatte und, nachdem sie derselben Kleidungsstücke im Werthe vou 80 und 15 ./t Baar gestohlen hatte, verschwunden war. Grotzzschocher-Windorf, 8. Februar. Im gestrigen Vor- mittagSzottesdienste wurde der seit 1. Januar d. I. an diesiger Schule amtirende Lehrer und PredigtamtScandidat Herr Karl Fürchtegott Kretschmar durch Herrn Super intendent vr. Michel in Gegenwart der Herren Pfarrer Franke auS Großdölzig und Piarrer Gellert aus RückmarS- dorf, sowie der Mitglieder des Kirchen-, Schul- und Gemeinde- rathes und vieler Ortsbewohner ordinirt und als Hilfs - geist!ich er hiesiger Kirchgemeinde feierlich eingewiesen. Im Anschluß an 1. Petri 4, 11 hielt der Herr EphoruS eine zu Herzen gebende Ansprache und weihte unter Hand auflegung und Gebet den jungen Diener des Herrn zu seinem verantwortlichen Amte. Nach der tröstlichen MenvelSsohn'schen Motette: „Hebe deine Augen auf" —, vorgetragen vom Lehrerkollegium, hielt Herr Kretschmar feine AntritlSpredigt über den vorgeschriebenen Sonntagstext 1. Cor. 9, 24—27. * Mockau, 7. Februar. Der diesjährige HauS- haltplan weist auf an Bedarf 3l 318 -6 und zwar ent fallen hiervon auf die Gemeindecasse 13 758 auf die Armencasfc 216 Schulcaffe 16 380 -L, Feuerlöschcasfe 114 -6, Parochialcafse 850 Dieser Gesammtbedarf von 31318 wird gedeckt durch Erhebung der Gemeindegrund- und Gemeindeeinkommensteuer nach dem vorjährigen Satze, also ohne jegliche Steuererhöhung. * RückmarSdorf, 7. Februar. Für den hiesigen Ort ist der Gutsbesitzer Karl Ernst Munkelt als Steuereinnehmer in Pflicht genommen worden. * PaunS-orf, 7. Februar. Die Geschäfte der hiesigen Gemeindeverwaltung haben im vergangenen Aahre eine ziemliche Steigerung erfahren, namentlich durch die rapid wachsende Sparcafle. ES erfolgten bei der Gemeinde verwaltung im Ganzen 2863 Eingänge und 288L AuSgänge. Die Einwohnerzahl betrug Anfang diese« JahreSf4070. — Grimma, 7. Februar. Am vorigen Sonnabend wurde eine 14glievrige Begrüßungsdeputation der Lehrerschaft, be stehend aus den 5 Dircctoren zu Grimma, Wurzen, Colditz und BrandiS und sämmtlichen Vorstehern der BezirkSlehrer- vereine und Zweigconferenzen des Bezirks, von deut neuen Herrn BezirkSschulinfpector Pfütze empfangen. — Die Landspitze zwischen Gerichtsweg und Leipziger Chaussee, die von der Stadtgemeinde an die Herren Gebrüver Malke zum Schcunenbau verkauft worden ist, war der alte Richtplatz. Bei dem Grundgraben haben sich denn auch verschiedene Erinnerungen an den ehemaligen Zweck des Platzes gefunden. Man grub zahlreiche Bruchsteine heraus und in der Tiefe von einer Elle morsche menschliche Gebeine, darunter auch drei Schädel. Bis auf einen sind diese Schädel jedoch zer schlagen worden. Der noch erhaltene bat ein fast lückenloses, weißes Gebiß. Allem Anscheine nach ist der Leib jedes Delinquenten, der unter dem Galgen verscharrt wurde, mit einer Steinplatte beschwert worden, deren man bis jetzt drei herausgegraben hat. (N. f. G) — Zwickau, 7. Februar. Eine Anzahl Stadtverordnete versenket folgendes Schreiben: Es ist kürzlich eine Notiz ver breitet worden, in welcher gesagt ist, daß die Bewerbungen um die ausgeschriebene Oberbürgermeisterstelle unserer Stadt deshalb sehr spärlich einliefen, weil ein hiesiger Be werber als bestimmter Nachfolger des jetzigen Herrn Ober bürgermeisters vr. Streit gelte. Dies ist jedoch eine falsche Annahme. Schreibern dieses, die Stadtverordnete sind, ist nur bekannt, daß die ausgeschriebene Stelle ohne jedwede persön liche Bevorzugung sicher nur mit dem Bewerber besetzt werden wird, den die Collegien, welche zu wählen haben, für den besten und tüchtigsten halten und dem das Wohl unseres ausblühenden Gemeinwesens ohne jedwede Bedenken an vertraut werden kann. Es würde demnach sehr zu beklagen sein, wenn sich geeignete Bewerber durch solche falsche Aus streuungen abhallen ließen, sich zu melden. — Plauen, 7. Februar. Eines Abends in vergangener Woche ist es dem Oberschaffner eines zwischen Hof und Plauen verkehrenden Persouenzuges auf der Halte stelle Syrau recht verkehrt gegangen. An der fraglichen Stelle mußte der Zug halten, weil die Strecke nicht freigegeben worden war. In dem Augenblicke, wo der Oberschaffner ausgestiegen war, um sich nach der Ursache des Gesperrtseins der Strecke zu erkundigen, wurde diese sreigegeben. Der Maschinenführer, der vvm Aussteigen des Oberschaffners nichts gesehen hatte, setzte darauf den Zug wieder in Gang, ohne den Oberschaffner mitzunehmen. Letzterer mußte nun zu Fuße den Weg nach Plauen zurücklegeu und später feinem Zuge nachfahren. — Weinböhla, 7. Februar. Am Sonnabend in der achten Abendstunde ereignete sich hier ein grauenhafter Vorfall. Die junge Ehefrau eines hiesigen Gewerbtreibenden begoß sich, wahrscheinlich in einem Anfall plötzlicher geistiger Um nachtung, ihre Kleider von oben bis unten mit Petroleum und brannte diese unter lautem Gelächter im Hofe vor dem Fenster des Arbeitszimmers ihres Ehegatten an. Im Nu standen die Kleider in Hellen Flammen, so daß die bedauerns- werthe Frau einer Feuersäule glich. Als ihr erschrockener Gatte zur Hilfe eilen wollte, fand er die Thür von außen verriegelt und wurde so gezwungen, durch das Fenster zu springen. Inzwischen halte die unglückliche Frau die Flammen mit den Händen erdrücken wollen, wodurch auch diese hell zu brennen begannen. Außerdem sind andere Körpertheile, namentlich aber Nase, Brust und Kopf, schrecklich verbrannt. Unter lautem Jammern wurde die Frau noch lebend in Decken gehüllt und in das Ländliche Krankenhaus zu Cölln gebracht. Ein kleiner ehelicher Zwist soll die Veranlassung zu dieser grausigen Thal gewesen sein; vor dem Transport nach Cölln bat die Frau ihren Gatten flehentlich, unter Thränen, mehrmals um Verzeihung, sie habe nicht gewußt, was sie that. Ob sie mit dem Leben davon kommen wird, ist zu bezweifeln. — Lancnstcin, 7. Februar. Gegen den Plan einer Ver legung des königliche» Amtsgerichtes von hier nach GlaSbütte, den die oberen Müglitzthaler in einer Bitt schrift an die Stände ausgesprochen hatten, wendet sich unter Anführung beachtenSwertber Gründe eine Petition der Stadt gemeinde Lauenstein und Umgegend. — Altenberg, 7. Februar. Hier wurde der um die Hebung dieser Stadt als Sommerfrische verdiente Bürger meister Weise auf 6 Jahre wiedergewählt. — TreSbcn, 7. Februar. Im Etablissement zur „Reichs krone" wurde am Sonnabend die erste Probe zu dem großen Zapfenstreich abgehalten, der zur Feier des 70. Ge burtstages und des 25jährigen Regierungsjubiläums des Königs vor Sr. Majestät stattsinden soll. Der Zapfenstreich wird von sämmtlichen Militairmusikcapellen der Residenz Dresden (acht Orchestern mit Hornisten- und Tambourzügen) unter Leitung von Herrn Musikdirector Schubert, als dem ältesten der hiesigen Militairmusikmeister, ausgeführt werden. Conservativer Verein. U Leipzig, 8. Februar. Die gestrige zahlreicher besuchte MonatSversammlung deS Conservativen Vereins wurde von Herrn Oberamtsrichter Schwerdfeger mit herzlicher Begrüßung der Mitglieder und Gäste und dem Hinweis eröffnet, daß in nächster Versammlung, der letzten in der Centralhalle, Herr Architekt Clemens Thieme über Wesen, Umsang und Ziele des deutschen PatriotenbundeS sprechen und Pläne auslegen werde. Dann ergriff Herr Paul Dehn-Berlin das Wort, um über die „Kommende Weltwirthscdaftspolitik" zu sprechen. Redner führte in gewandter, fesselnder Rede etwa Folgendes aus: Weltverkehr, Weltpolitik, Weltwirthschaft bringt eine Solidarität der Völker mit sich. Alle Cultursortschritte, alle Kriege, alle Epidemien, Hungersuöthe u. s. w. fühlen die Völker, wenn auch theilweise nur mittelbar und mehr oder weniger, jo doch gemeinsam. Die Welt- wirthschast ist entstanden durch den Weltverkehr und drängt zur Weltpolitik. Die Dampfkrast hat sie herbeigesührt. Die Erfindung dieser Dampskraft, welch« die Völker im Verkehr sich naherückte, war kein Zufall, sondern eine eiserne Nothweudigkeit. Sie mußte er fuuden werden, wenn die Menschheit bestehen wollte. Das Gleiche gilt von den Fortschritten deS Seeverkehrs, welcher die Völker mit einander in Berührung brachte und einen regen Güteraustausch, wie die Eisenbahnen, hervorrief. Das Meer ist die beste Verbindung der Erd« theile.es trennt sie nicht, eS vereinigtste. Di« Fortschritte des Seeverkehr- sind ganz hervorragende, denn daSMeer ist die billigste Straße, eine sreie Straße, gegenüber den nationalen Straßen der Eisenbahnen. Durch diese Weltwirthschaft wurde Alles billiger. Es kamen aber nicht nur fremde Erzeugnisse, Kaffee, The« u. s. w., sondern bald auch Ge treide, Vieh, Butter u. s. w. herein und drückten den nationalen Marktpreis. Der intensive Freihandel, gegen den schon Frievrich List vergeblich eiferte, und bei dem allerdings England gute Geschäfte machte, das die andere» Völker auSbeuten konnte, brachte schwere Schädigungen mit sich. Der Verkehr ist eine mechanische Kraft, wie die Locomotive, die unter Umständen gebremst werden muß. DaS tbut der Schutzzoll, den schon vor Deutschland Oesterreich-Ungaru eioführte und den Rußland und Frankreich nie gauz aufgegeben baden. Die Bismarck'sche Handelspolitik brachte die Heilung gegen die Schäden des Freihandels. Freilich machten die Handelsverträge feines Nachfolgers bald die gewonnenen Borlheile wieder zu Nichte. In sechs Jahren werden sie abgelaufen fein und man wird dann unter viel fchwiezeren Verhältnissen eine Aenderung eintretrn lassen müssen. Alle Culturstaaten haben sich jetzt mit Schutzzöllen gerüstet, alle streben danach, sich fremde Märkte zu erobern, aber die Einfuhr auf ihren Markt zu beschränken. Die Concurrenz aus dem Welt- markt ist eine viel schärfere inzwischen geworden. Am schlechtesten kommt dabei England weg, das namentlich unter Deutjchlands Cou- currenz zu leiden bat und zu seinen Finanzzöllen gewiß auch andere Zölle künftighin eiusühren wird, um sich zu sichern. Der Vertrag mit Deutschland, der am 1. August abläust. wird möglicher weise nicht wieder erneuert und ein vertragsloser Zustand entstehen, der für uns nichts Erschreckendes, wohl aber sür England Nach theiliges hat. Eine Gefahr droht England auch in Nordamerika. England ist tark, weil die Engländer, die im Ausland«, ebenso wie dos englische Aeld, immer wieder nach der englischen Centrale, London, zurück- trömen. Jetzt hat London in New Dort einen Rivalen erhalten, der es überflügeln wird. Dann werden die Anglo-Amerikaner England schwächen. Heute kann man allerdings von einem Verfall Englands noch nicht reden, aber die Weltmachtstellung, die England eingenommen hat, ist ihm über den Kopf gewachsen. Nordamerika umgiebt sich jetzt mit Schutzzöllen, die auch sür Deutschland beklagenswerth sind. Vielleicht schafft ein Zollkrieg eine neue Lag«. Für uns gilt es jetzt, die Blicke nach dem Orient, nach Ostasien zu richten. Dort müssen wir unsre Kräfte entwickeln, wie eS die Japaner nach dem japanisch-chinesischen Krieg gethan haben, die heute schon theilnehmen wollen an der Weltwirthschastspolitik, nachdem sie kaum in die Weltwirthschaft ringetreten sind. Wir müssen die Küsten festhalten und von da aus das Land beherrschen. Dann könne» wir uns auch gegen das Eindringen zu vieler Arbeitskräfte der gelben Race schützen. Wir haben in Europa uns die Vorherrschaft erkämpft. Wir müssen sie uns erhalten. Wir müssen aus dem festländischen Europa uns Zollverbände schaffen. Prof. Haffe in Leipzig hat in dieser Beziehung gute Vorschläge ge- macht. Es bricht eine neue Zeit an. Freihandel und Schutzzoll ver- ägen. Die Meistbegünstigung hat sich überlebt. Sie muß beseitigt werden. Wir müssen Differential-Zollverbände oder -Tarife ins Leben rufen. Mit England wollen wir keinen Vertrag mehr ein- gehen, denn England möchte uns auf dem Weltmarkt am liebsten mit Stumpf und Stiel auSrotten. Der Kamps der Wellwirlhschafts« Politik wird ein überseeischer sein. Alles drängt zum Meer. Die orientalische Frage, die eghptische Frage, die Mittelmeersrage .... es sind Alles Meerfragen, an denen sich Deutschland be theiligen muß. Zehn Millionen Deutsche weilen heute im Aus lande, unsere Agenten, die wir schützen müssen. Leider läßt sie unser Gesetz nach zehn Jahren des Heimathsrechtes ver lustig gehen, während wir hier alles ausländische Gesindel hereinlassen. Beifall.) Wo sich Colonien von Deutschen gründen, dort muß ihnen deutscher Schutz werden. Dort muß auch das deutsche Capital mehr hinfließen, das bis jetzt nur den Ausländern zu Gute kani. Schutz kann aber nur eine starke deutsche Flotte geben. Was für sie gegeben wird, ist kein Opfer, der Engländer vergleicht e§ treffend mit der Versicherungsprämie. Eine Großmochtstellung, wie wir sie einnehmen wollen, ist ohne Herrschaft aus dem Meer nicht mehr denkbar. Wir müssen unsere Reichsgewalt als Seegewalt docu- mentiren. Deutschland hat weltpolitische Aufgaben. Nur mit seiner Flotte kann es seine weltpolitische Mission recht erfüllen. (Reicher Beifall.) Herr Oberamtsrichter Schwerdfeger dankte noch be sonders dem Redner. Auf Anregung des Herrn Vorsitzenden wurde einstimmig der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß man die Flotten- Vorlage annehmen werde. Was die Stellung bei den Wahlen an lange, so hob Herr Oberamtsrichter Schwerdfeger hervor, daß die Conservativen in Leipzig einmüthig mit den Nationalliberalen zu- sammengehen würden. (Großer Beifall.) Verband der Hausbesihervereine Leipzigs. iä. Leipzig, 7. Februar. Der Verband der Hausbesitzervereine Leipzigs hielt gestern Vormittag im „Panorama" seine General- Versammlung ab. Nach Begrüßung der zahlreich erschienenen Delegirten durch den Vorsitzenden Herrn Kanzleirath Jähne wurden zunächst die Vorstandsmitglieder des Verbandes bekannt gegeben. Im Verbandsvorstand, de: aus den Vorsitzenden der Einzelvereine be- steht, sind Veränderungen nicht ringetreten. Sodann erstattete Herr Kanzleirath Jähne den Geschäfts bericht für 1897. Das vergangene Jahr sei im Allgemeinen ein günstiges gewesen, sowohl sür den Verband, als auch sür die Interessen der Grundstücksbesitzer überhaupt. Im hiesigen Verein habe sich die Zahl der Mitglieder von 1996 bei Beginn des Jahres ans 2146 am Schlüsse desselben vermehrt; außerdem feien schon im Januar wieder 28 Anmeldungen zur Mitgliedschaft zu verzeichnen. Abgehaltcn wurden eine Generalversammlung, zweiVierteljahrsvcrfammlungen, eine außer ordentliche Generalversammlung, sieben Vorstands- und zwei Com- mijsionssitzungcn. Tie Betheiligung an den öffentlichen Angelegenheiten war eine rege, namentlich gab die geplante Steuerreform Veranlassung zu lebhaftem Meinungsaustausch, wobei sich vollste Einmüthigkeit über die einzunehmeude Stellung zeigte. Mehrere Petitionen seien in dieser Frage dem Landtage eingereicht worden. Die zum ersten Male nach dem neuen Dreiclassenfyslem erfolgte Landtagswahl bewog die Hausbesitzer, mit ihren Wünschen selbstständig vorzutreten. Die beiden für Leipzig gewählten Abgeordneten haben hierauf das Versprechen gegeben, die Interessen der Grundbesitzer ebenfalls zu wahren, bez. sür eine Herabsetzung der Grundsteuer einzutreten. Die Lage des Wohnungsmarktes sei gegen früher eine günstigere geworden. Dagegen sei in Folge der Steigerung des Zins fußes eine kleine Erschwerung im Hypothekenwesen ein getreten, die aber nur vorübergehender Natur sein dürste. Alle Bestrebungen, die aus eine Beseitigung des Bauschwindels und besonders aus die Sicherstellung der Handwerker gerichtet seien, werde man auch künftig in entschiedener Weise unterstützen. Zum Schluffe sei noch die Aufmerksamkeit daraus gelenkt, daß neuerdings wieder die Frage wegen der Angliederung einer Anzahl größerer Vororte, wie Möckern, Stötteritz, Schönefeld, Leutzsch rc., an Leipzig in de» Vordergrund getreten fei. Tie Angelegenheit sei eine sehr wichtige, auch die Interessen der Steuerzahler in hohem Maße berührende. Die Vertreter der Hausbesitzer im Stadtverordnetencollegium werden daher nicht verfehlen, ihr die nöthige Prüfung angedeihen zu lassen. Er schließe mit dem Wunsche, daß auch das Jahr 1898 in gleicher Weise ein gutes, wie eS das vergangene war, werden möge. Der mit lebhaftem Beifall ausgenommene Bericht gab zu wesent lichen Bemerkungen keinen Anlaß. Dem von Herr» Kaufmann Scheller gegebenen Lassen- bericht sür 1897 entnehmen wir, daß sich die gejammte» Einnahmen im vergangenen Jahre auf 4165,05 beliefen. Ihnen standen Ausgaben in Höhe von 2929,89 ./Z gegen- über. Der im Laufe des Jahres erzielte Rechnungsüberschuß stellte sich daher auf 1235,16 Einschließlich eines Bankguthabens von 1958,55 belief sich der Vermögensbestand auf 3448,18 ./t, wovon 1789,14 ^6 aus den Verband und 1659,04 aus den Agitationssonds entfielen. Nach erstattetem Bericht der Revisoren wurde die Rechnung richtig gesprochen und dem Cassirer unter Tank für feine Mühe leistung Entlastung ertheilt. Der sür das Jahr 1898 von Herrn Scheller ausgestellte Haushaltplan wies eine Einnahme und Ausgabe von 1260 .« aus (4200 Mitglieder zu 30 Jahresbeitrag pro Mitglied). Aus Antrag des Herrn Stadtrath Rudolph wurde beschlossen, daß der Verband künftig aus dem VerbandStage durch sechs Mitglieder, anstatt wie bisher durch fünf, vertreten sein solle. Der Beitrag zum Agitationssonds wurde für 1898 auf 50 pro Mitglied sestgestellt, zahlbar in zwei gleichen Theilen am 1. April und 1. October. Der nächste Punct der Tagesordnung, Gewinnung des Bürgerrechts sür die Hausbesitzer, veranlaßte eine längere Debatte, an der sich die Herren Ryssel, Stadtrath Rudolph, Heil em an», Kanzleirath Jähue u. A. m. betheiligten. Im Allgemeinen war man der Ansicht, daß die Vorstände der Einzel- vereine feststellen sollen, welche Mitglieder das Bürgerrecht noch nicht besitze», und daß diese in erster Linie zur Erwerbung desselben zu veranlassen seien. Auch solle hiermit eine allgemeine Agitation zur Gewinnung von Mitgliedern verbunden werden. Die Angelegen heit wurde dem Vorstände zur weiteren Beschlußfassung überwiesen. Nach Erledigung der Tagesordnung brachte Herr Ryssel einen Artikel zur Sprache, der von der Inneren Mission ausgegangen ist und die Wohnungsnoth behandelt. In dem Artikel werden in zwei Fälle» gegen Hausbesitzer verschiedene Klagen wegen der Beschaffen- heit der Wohnungen erhoben. Hierzu wurde in einem Falle sest gestellt, daß der betreffende Besitzer dem Ermiether aus eigene Bitte hin die Benutzung der Localitäten als Wohnung sreigegeben hatte. Der JahresmiethzinS habe nur 120 ./S betragen. Der Dank hierfür seien Beschwerden in der Oesfentlichkeit gewesen. Gegenüber der Klage des Herrn Engel, daß der Südosten durch die Erbauung eines festen Exmittirtenhauses in L.-Thonberg sehr geschädigt worden sei, führte Herr Stadtrath Rudolph an, daß der gegenwärtige Zustand mit den Baracken nicht länger fort bestehen konnte und daß eine Decentralisation im Exmittirtenwese» die Verwaltung erheblich theurer gestaltet hätte. Es wurden dann noch die gemeinnützigen Baubestrrbuugen be- sprachen. Herr Engel bemerkte hierzu, daß man denselben, weon nicht durch communale Unterstützung die Interessen der Steuerzahler in Mitleidenschaft gezogen würden, durchaus nicht feindlich gegenüber zu stehen brauche. Die Grund- und Bodenpreise, vor Allem aber die Baupreise seien durch die sortwähreode» Mehr- sorderunqen der Arbeiter derart in die Höhe gegangen, daß an ein billiges Bauen nicht mehr zu denken sei. Neue Baugesellschasten könnten daher keine so wohlfeilen Arbriterwohnungen Herrichten, als solche jetzt in den alten Häusern zu finden seien. Eine Concurrenz für den Hausbesitzer entstehe daher nicht. Der Vorstand wurde jedoch beauftragt, daraus zu achten, daß keine kommunalen Mittel für derartige Bestrebungen von Privat gesellschaften rc. ausgewendet werden. Nach Verlesung des Protokolls wurde hierauf die Versammlung geschlossen. Vermischtes. lü Tuben, 6. Februar. Bekanntlich weilte Napoleon I. vor der Schlacht bei Leipzig vom 10. bis 14. Octobcr in unserer Stadt. Am 12. October richtete er eine Rede an die sächsischen Truppen. Dieselbe war französisch nieder geschrieben, und sein Dolmetscher, der Großstallmeister Coulaincourt verlas vom Pferde herab die deutsche lieber« tragung. Dieselbe lautete: „Brave Säckser! — Ihr 'abt gewesen viel Unglück in den letzten AffairS, trotz ckoplovowont Eurer Courage; jetzt sind gekommen die msseste, die Kaiser, sick zu setzen auf Eure Kopf (ü votre töte) und Euck anzu- sühren zur Reparateur der Ehre (röxLratiou st'fiouuonr). Diejenigen von Euck, was voll Verdruß wollen überlaufen ;um Feind oder sick werden übergeben, werden bringen viel Malheur für Euer Säckser-Land und ganzen Pöbel (peuplo). Wer nix davon seiend überzogen, da sagen es freilich (sraueßement) heraus, da gilt besser (vant mienx), daß er gehen nack sick (eher soi). Wer aber tapfer sick will 'auen für Eure Känig, der laufen (cours) mit dem Kaiser die Straße für den Sieg." Die „braven Säckser" verbissen sich mit Mühe das Lachen bei dieser merkwürdigen Ansprache und blieben stumm. Sie ,,'auten" sich aber tapfer für die Ebre bei Taucha, und als sie „die Kaiser" statt auf der „Straße für den Sieg" nach Leipzig laufen sahen und sich „überzogen", daß das „Anfuhren zur Reparateur der Ehre" vorbei war, gingen und standen sie „zu sich" und zu den Preußen. (Wiederholt.) ---- Eisenberg, 6. Februar. Eine Gesellschaft lustiger Herren von hier machte dieser Tage eine fröhliche Omnibus fahrt nach Crossen. Als sie auf der Rückfahrt durch Etzdorf kamen, sahen sie den Hüter des Dorfes gemessenen Schrittes durch die Dorfstraße wandeln. Alsbald reifte in den Köpfe» der Herren der Plan, den Nachtwächter zu stehlen. Gesagt — gethan. Die Omnibusthür öffnet sich und starke Arme ziehen den verblüfften Nachtrath in Las Innere deS Wagens. Nach einer halbstündigen scharfen Fahrt wurde dann der unfreiwillige Reisegenosse wieder freigelassen, nach dem er zuvor von jedem der Mitreisenden mit allerlei Nützlichem und Angenehmem für die Rückreise versehen worden war. (Hallcsche Ztg.) Z Netfzc, 8. Februar. (Privattelegramm.) Der Kaiser erließ dem wegen Erschießung seiner Gattin zu ackt und ein halbjähriger Zuchthausstrafe verurtbeilte» früheren Pionier-Feldwebel Bartelt drei Jahre seiner Strafe. — Der Vorsteher einer Wiener Gewerbegenossenschaft erhielt dieser Tage folgende Zuschrift eines Genossenschasts- mitgliedcs: „Geert Her For8tant Sigenzi cu Hern Josef Swirna II B Kraycangosse N 2 erarjbajtja mitzvaj kscln son 2 jür colt khonstarej ist kha majstr colt khon krenknkclt." Der Mann wollte Folgendes schreiben: „Geehrter Herr Vorstand! Schicken Sie zu Herrn Joseph Swirna, H. Bezirk, Karajangasse Nr. 3, er arbeitet mit zwei Gesellen schon zwei Jahre, zahlt keine Steuer, ist kein Meister und zahlt kein Krankengeld. , Vach Schluß -er Vedactio» emgegaugen. ' Li« i» dieier Rudi» mUgetheilten, während de« Drittel rtn,eliuke»e» L-Iegreiuoi h«-«, »i, Ichoa «n» der Uebrrschrist ersichtlich, der Nediett»» «ich» »>r»el«te». vtes« ist «tlhi« kür LerstU«»il«v,en und «»»erfichchltch« iLochiwH«» »ichl re» «»twerrllch W «che» 6. n. Berlin, 8. Februar. (Privattelegramm.) Die Vertreter deS deutschen Baugewerks aus allen Theilen Deutschlands, die hier versammelt sind, um gegen die Streiks der Bauarbeiter Stellung zu nehmen, erklärten eS für noth- wendig, das Bausperren mit allgemeinem Ausschluß der Arbeit begegnet werde. * London, 8. Februar. Der „TimeS"«Correspondent in Peking telegraphirt unter dem gestrigen Tage, er habe Grund, zu glauben, China werde infolge der Opposition Rußlands veranlaßt werden, die englischen Anleihe-Vorschläge ab zu lehn en. In entsprechender Weise werde China auch die russischen Vorschläge wegen der Opposition Englands nicht annehmen können. China sei rathloS und könne die Kriegs entschädigung an Japan nur in Raten zahlen; es gebe sich aber der Hoffnung hin, daß sich Japan wahrscheinlich zu einer Verlängerung der Zahlungsfrist verstehen werde. Mittlerweile ist ein kaiserliches Decret erlassen, betreffend die Ermächtigung zur Ausgabe von Schatzbonds im Betrage von 100 Millionen TaelS zum Zinssätze von 5 Proc. DaS Decret appellirt an die Beamten, die Staatspersonen und die Großkaufleute, die Ausgabe der SchatzbondS zu unterstützen, damit vielleicht eine Deckung für die in, Mai fällige Rate erlauzt wird. Verantwortlicher Redacleur vr. Her«. Kächling i» Leipzig. Für den musikalischen Theil Professor vr. L-rar Pank ia Leipzig. 3 Mark empkekle 3,18 digker novk nlekt xedraekt« LaufßelHKellKvlt in vielen ver8ekietieneii Anten Unfein ein voIItMmUßes MlMSM IM kvtvr88tr»88v 7,1. Uvalmsig Vlovk.
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