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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.03.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-03-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980307018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898030701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898030701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-03
- Tag1898-03-07
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BezugA-Pret- Dl tz« od«r hm im Stadt- b«trf äad d« Itzoraete» «richtet« N»«- ß»ch,ll« ad,.Hai«: v^lpSelich^E «i aw^matt«, tLgitch« Kastellaag ta« Hau« L^O. Durch dir Post bezoaeu für »«tfchlaud mrd Oesterreich: viertehährltch ^ü t.—. Dtrrct» tägliche Kreazbandieadaag i»s UuSUued: «ouatUch 7-öO. Di» Vkorgea-AaSgabe erscheint um '/,7 Uh«, di» Abeud-LnSgab« Wochentag« um L Uhr» Nrdartto« «kl- LrpeLitto«: -»Hanne«,ässe 8. Dit-xpedition ist Wochentag« »«unterbrochen »«fstmt vm früh S bi» «bead« 7 Utztz ' Filialen: vtl» Klemm'» Lortiin. (Alfred Hahll^ UniversitätSslraße 3 (Paulinum), Laut» Lisch», Katbarineustr. 1«, Part. u»L König«platz 7. Morgen-Ausgabe. MpMrr Tageblatt Anzeiger. Ämtsblalt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes «n- Nolizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. AnzeigeU'PretS die S gespaltene Petitzeile SO Pfg. Nrclamrn unter dem Rrd«tton«ftrtch (4a»- spaUen) LO^z, vor den FamUteanachrtchmu lSgespaUeu) Gröbere Schriften laut unserem Prell verzeichniß. Tabellarischer und Ztssernsatz nach höherem Taris. iürtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen.Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbefördernug 70.—. 2iuuahmrschluß söL Anzeige«: Abrnd-Au-gobe: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je »in« halbe Stunde früher. An-eigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 118 92. Jahrgang. Montag den 7. März 1898. Mordkreuze in Lachsen. Nachdruck verboten. Derjenige, der zu Fuß unser liebes Vaterland und die angrenzenden Länder durchwanderte, wird schon wiederholt auf seinen Wanderungen Kreuze von gar verschiedener Form am Wege, auf Plätzen, an Straßeutheilungen und da, wo sich die Fluren zweier Gemeinden scheiden, angetroffrn haben, deren Bedeutung ihm nicht immer bekannt war. Meist sind diese Kreuze Merkmale früherer Rechtspflege, seltener haben sie im Dienste der Kirche gestanden, der Volksmund bezeichnet sie schlechthin als Mordkreuzc. Diese Kreuze sind oft von der Sage und Dichtung umwoben; leider ist manches dieser Kreuze im Laufe der letzten vierzig Jahre durch Straßen- und Eisenbahn bauten, durch Zertrümmerung, durch Verwitterung, Ver schleppung, durch Einsinken u. s. w. verschwunden, und damit ein Denkmal aus grauer Vorzeit. Die Mordkreuze sind meist aus Sandstein gefertigt; der Form nach sind es einfache Hoch kreuze, zuweilen haben sie die Form des „eisernen Kreuzes", mitunter ist das Kreuz auch von einem Sandsteinkranze um rahmt, wodurch die Arme desselben durch den Kranz unter ein ander verbunden werden. Auf den Flächen finden sich Buch staben, Jahreszahlen, Kreuze und Waffen; oft aber fehlt jedwede weitere Zeichnung. Derartige Kreuze finden sich vielfach in Sachsen, besonders in der Lausitz, da die Lausitzer das von den Voreltern Ueber- lieferte mit Pietät pflegten und schätzten, in der Provinz Sachsen und in Thüringen. Ihren Ursprung verdanken sie meist einer Mordthat, einem Duelle oder einer sonst außergewöhnlichen Todesart; aktenkundig sind die Vorkommnisse in den seltensten Fällen, sie gehören also zum größten Theile der Sage an. Treten wir nun diesen Kreuzen und den mit ihnen ver bundenen Thatsachen und Sagen näher. Der Wanderer, der Eamenz durch das Königsbrücker Thor verläßt, bemerkt in der Nähe der Jodocikirchc drei Kreuze. Diese sollen der Sage nach an einen hier geschehenen dreifachen Mord erinnern. Die Sag« wird von Gräve folgendermaßen erzählt: „Ein wohl habendes Bauermädchen aus Luckersdorf hatte einem Schmiede gesellen aus Drauna ihre Hand versprochen, allein sie änderte ihre Gesinnung und schenkte dieselbe einem Gärtner aus Liebenau. Der verschmähte Geliebte sann auf Rache, und da er dieselbe nicht eher ausüben konnte, versteckte er sich an ihrem Trauungstage in dem Gäßchen bei der Kirche, und als nun das junge Brautpaar nach der Trauung zusammen nach Liebenau gehen wollte, stürzte er hervor und erstach erst seine frühere Geliebte, dann den jungen Gatten und zuletzt sich selbst. Die drei Kreuze sollen den Platz, wo der Mord geschehen und alle drei begraben liegen, bezeichnen." An dem von Eamenz nach Elstra führenden Wege ist noch ein anderes Kreuz bemerklich, auf dem eine Armbrust eingehauen ist. Von ihm erzählt man, daß da, wo es steht, vordem die Bogen schützen ihre Hebungen hielten; aus Unvorsichtigkeit sei ein Bogen schütze an dieser Stelle erschossen worden, an dieses Vorkommnitz soll das Steinkreuz erinnern. Nahe bei Königsbrück an dem Wege nach Weisbach standen vordem fünf Kreuze von zwei Ellen Höhe; eins war mit den Umrissen einer Lanze, eins mit denen einer Axt und das dritte mit denen eines Schwertes versehen. Bei Königs wartha sind noch drei steinerne Kreuze zu finden. Der Sage nach ist da, wo sie stehen, ein Brautpaar mit dem Hochzeitsbitter erschlagen worden. Auf dem Wege von Eamenz nach Königsbrück begegnet man einem Kreuze aus neuerer Zeit, es steht nahe bei Schwosdorf. Es trägt die Jahreszahl 1745 und einen eingehauenen Husaren säbel; es soll den Ort bezeichnen, an dem in dem genannten Jahre ein mit zwei Kameraden von seinem Regimente ent laufener Husar — die anderen zwei entkamen — an einem Schnellgalgen aufgehängt ward. Bei Hohendorf im Vogtlande steht ein Kreuz zum An denken an die Mordthat, die ein Bauernknecht an einem Knappen aus Eifersucht beging, er ermordete denselben mit einer Pflug reute, weshalb diese auch auf dem Kreuze eingchauen ist. Die Sage von diesem Kreuze erzählt Julius Schanz folgendermaßen: „Der Bauer Zöf in Hohendorf zog an einem Freitage frühzeitig aufs Feld hinaus. Seine Tochter Brigitte begleitete ihn, denn sie sollte die vorderen Stiere beim Ackern leiten. Sie hüpfte, sprang und lachte, daß sie fast das Läuten des Glöckleins überhörte, bei dem der Vater das Kreuz schlug. „Kind", sprach er, „wer den Freitag mit Lachen begrüßt, muß am Sonntage weinen! Es ist der Todestag Christi. Schütze Dich der liebe Herrgott!" — Gegen Mittag sprengte ein Knappe aus dem Troß des Ritters von Reitzenstein quer übers Feld zu Brigitte, die er liebte. Er prang vom Pferde und führte an ihrer Statt die Stiere, indeß ie zusammen koseten und tändelten. Als dies der Knecht Daniel äh, ergrimmte er im Herzen, denn er liebte die schöne Brigitte nicht minder. Der Bauer hieß ihn an den Pflug treten, da er einstweilen die Schlichteule vorbereiten wollte, und dies war dem Daniel eben recht. Er tvarf die Reute nach dem Knappen, und die eiserne Spitze derselben traf ihn tödtlich, zum großen Herzeleid Brigittens und ihres alten Vaters. Am Sonntag darauf wurde die Leiche begraben und Brigitte schluchzte unter Thränen: „Wer den Freitag mit Lachen grüßt, muß am Sonntage weinen!" In der Nähe und Umgebung von Dippoldiswal je und Glashütte ist das „Wittigs-Kreuz" bekannt, das sich nahe bei Cunnersdorf erhebt, es ist ein großes ansehnliches Kreuz, das vor fünfzig Jahren, nachdem es jahrelang umgestürzt da gelegen hatte, wieder aufgerichtet worden ist. Von ihm berichtet die Sage, daß ein Raubritter Wittig, nach welchem ein unter Glashütte nach Wesenstein zu im Müglitzthale liegender steiler Felsvorsprung noch heute „Wittig's Raubschloß" genannt wird, an dieser Stelle von einem benachbarten Ritter, Walz von Bernstein, mit der Armbrust erschossen worden sei. Bei Stürza, einem Dorfe im Bezirke Lohmen, findet sich zur Erinnerung an eine während des dortigen Jahrmarktes vorgekommene Mordthat ein sonderbar zugehauener Stein. Man erzählt, daß sich zwei Schuhmacher während des Jahr marktes im Streite getödtet, seitdem soll der Jahrmarkt von I Stürza nach Dittersbach verkauft worden sein. Die Erinnerung 1 an jene blutige That aber lebt fort im Munoe der Bevölkerung. Auch indcrDresdenerHeide.im Revier Langenbrück, fand sich ein sogenanntes Mordkreuz, „das schwarze Kreuz". Hier wurde ein Mann auS Friedrichstadt erschlagen. Als der Thäter hingcrichtet ward, fragte man ihn, ob er seine schaurige That nicht bereue. Da soll er geantwortet haben: „Der Friedrichstädter habe ihn am meisten gedauert, weil er nur vier Pfennige bei ihm gefunden habe." Im Jahre 1459 erschlug Hans Schemberg in Mittweida einen Mann; der Mörder mußte den Verwandten eine Geld buße zahlen, 200 Vigilien und 200 Seelenmessen bestellen und ein steinernes Kreuz in der Stadt setzen lassen. Im Jahre 1522 wiederholte sich ein ähnlicher Fall, bei dem der Mörder ein zwei Ellen hohes und zwei Ellen breites Steinkreuz errichten mußte; dasselbe wiederholte sich 1526. Reich an derartigen Denksteinen, von denen 32 die Form des Kreuzes haben, ist die Umgebung von Zittau. Der verstorbene Zittauer Chronist Carl Gottlob Morawek hat diesen Denksteinen vor Jahren ein besonderes Schriftchen gewidmet, dem die nachstehenden Angaben zum Theil entnommen sind. An der Dreifaltigkeitskirche zu Zittau sind mehrere Mordkreuze ein gemauert, eins davon erregt besonderes Interesse, auf ihm ist ein langes dolchartiges Messer eingehauen, über ihm erblickt man, in Stein gehauen, ein langes Schwert. Die Sage erzählt von diesen Kreuzen Folgendes: „Beim Bau der Kirche zur heiligen Dreieinigkeit habe unter den Maurern ein Lehrling mit seinem Lehrmeister um die Wette gearbeitet, um zu sehen, wer einen Pfeiler der Kirche eher als der andere vollenden würde. Beide hätten zu gleicher Zeit angefangen und sich tapfer dazu gehalten, dennoch aber wäre der Lehrling mit dem seinigen eine ziemliche Weile eher fertig geworden, und der Lehrling habe sonach die Wette gewonnen, weshalb sich denn der Meister vor Scham und Aerger dermaßen erboset, daß er den Lehrling meuchlings er mordet, ehe solcher sich dessen habe versehen können. Zum Lohne dafür sei dem Maurermeister der Kopf mit dem Schwerte vor die Füße gelegt worden." Zwei andere Kreuze finden sich in der Nähe der Frauenkirche, sie sind im Pflaster angebracht und mit Ringen umschlossen. Von ihnen berichtet die Sage, daß am 1. Mai 1606 früh 7 Uhr Conrad Herzog, ein Handstricker, von Martin Mervisch, einem Kunstpfeifergesellen von Liebethal, erstochen worden sei. Am sogenannten „Görliher Steinwege" fand sich vordem ein ziemlich großes Kreuz, von dem die Sage erzählt, daß hier ein Drescher einen seiner Mitarbeiter im Zorne mit dem Dresch flegel erschlagen habe. Ein anderes Kreuz findet sich am Ende der Hedwigsgasie, es soll den Wanderer daran erinnern, daß hier ein hoher schwedischer Officier ermordet worden sei; nach einer anderen Sage soll hier eine gewisse Margarethe Otto ihr Kind ermordet und dann in eine hohle Weide gesteckt haben, welches Krähen entdeckten und durch ihr „Krächzen" verriethen. Zwischen Kleinschönau und Zittel, am westlichen Abhange des Drohnberges, findet sich auch ein Mordkreuz, dem folgender Vorfall zu Grunde liegt: „Den 12. Juli 1637 begcg neten sich in dem Hohlwege dieses Berges Adam Strohdach, ge wesener Wachtmeister und damaliger Richter in Friedersdorf, alv er nach Zittau ritt, dem aus Zittau nach ReiberSdorf reitenden Musterschreiber unv dafigen Rittmeister Heinrich Patschka. T-. nun Strohdach in Gegenwart vieler Leute von Patschka au; öffentlicher Straße angegriffen wurde und sich zur Nothwehr ge nölhigt sah, so gab er demselben einen Stich, worauf jener zuc Erde sank und todt liegen blieb. Patschka wurde den 17. Juli darauf in Reibersdorf begraben, Strohdach aber wurde, da man seine Nothwehr als berechtigt anerkannte, freigesprochen." Ein Denkstein aus neuerer Zeit findet sich am Wege von Bertsdorfnach Großschönau, er bezeichnet die Stelle, an der Christian Friedrich Helle aus Bertsdorf seine Braut er mordete. Die Inschrift auf dem Stein lautet: „An dieser Stätte auf Johann Christian Eifler's Gute ward Marie Rosine Wag nerin, weil. Jacob Wagner's Häuslers und Tagearbeiters in Bertsdorf, und weil. Anna Rosine geb. Ansorge zweite Tochter zweiter Ehe am 26. Mai 1825 abend 7 Uhr von ihrem Bräuti gam auf eine schauervolle Weise ermordet. Alt 22 Jahre, 6 Monate, drei Wochen und einen Tag. Helle ward am 4. August 1826 in Zittau hingerichtet." Auf dem Wege von Bertsdorf nach Saalendorf steht nahe vor letzterem Orte ebenfalls ein Kreuzstein, von dem eine alte Chronik berichtet: „Daselbst liegt ein schwedischer Kriegsmann aus dem dreißigjährigen Kriege begraben, welchem man zum Andenken ein steinernes Kreuz auf sein Grab setzte." Nahe bei Niederoybin, und zwar im Felsthale bei der Mühle, erhebt sich der größte Kreuzstein in der Umgebung von Zittau. Von ihm werden zwei Sagen erzählt, nach der ersten soll hier ein Mädchen erstochen worden sein, die zweite Sage hat der Geschichtsschreiber Eckart in seiner Chronik von Oybin folgendermaßen erzählt: „Bor der Mühle liegt ein kleiner Hügel, worauf ein Kreuz steht, „der Einsiedel" genannt, weil hier ein Einsiedler gewohnt hat, als sich aber das Licht des Evange liums immer weiter verbreitete, fo ist er mörderischer Weise ums Leben gebracht worden, man hat ihn hier begraben und ein steinernes Kreuz daselbst aufgerichtet. Zur Rechten hat seia Haus gestanden, dieses zündete man an, und die Bauste^ blieb bis 1706 wüste liegen, aber in diesen» Jahre baute Friedrich Brockuff ein neues dahin." Die Umgebung des Oybin ist reich an Denksteinen und Kreuzen aller Art, deren Bedeutung man größtentheils nicht mehr kennt, aber die Sage hat da, wo die Geschichte nicht mehr eintrat, sich als Helferin eingestellt. An einem vorstehenden Felsstück unter der Ruine findet man zwei erhaben ausgehauenr Ritterfiguren, von denen die Sage berichtet, daß hier 1632 „zwei Wallensteincr Officiere im Zweikampfe sich getödtet haben." Bei Althörnitz findet sich ein sehr kolossaler Kreuzstein, der zur Erinnerung an folgende Begebenheit errichtet worden ist: „Im Jahre 1602 haben etliche von Bertsdorf auf den jungen Andreas Schneider von Hörnitz geweglagert, ihn ermordet uno sonst noch zwei Andere bis zum Tode verwundet. Weil die FerriHeton. Frau Miza. Rodellette von Laura Lengyei. Aus dem Ungarischen von Ludwig Wechsler. Nachdruck verboten. Frau Miza hatte in der Taufe eigentlich den bedeutend hübscheren Namen Irma erhalten, allein schließlich ward sie von dem allen Irma benannten Personen gemeinsamen Schick sal erreicht und Mizi genannt. Als sie indessen ihr erstes langes Kleid erhielt, erklärte die Mama, daß Mizi ein kin discher, einfältiger Name sei, der sich nicht für ein erwachsenes Mädchen eigne, und seit diesem Tage wurde aus dem jungen Fräulein eine ernste Dame Namens Miza. Weshalb Miza ein ernsterer Name sein sollte als Mizi, ist mir, offen gestanden, ein Räthsel. Der Mama war die Sache aber gewiß kein Räthfel, denn die Dienstleute, der Papa und alle Bekannten erhielten den strengen Befehl, das Fräulein fortan nur Miza zu nennen. Miza hatte sich noch nicht einmal an die langen Kleider gewöhnen können, als sie sich schon mit Herrn Alexander ver mählte. Ja, sie vermählte sich, wurde nicht etwa vermählt. Miza'S Mama konnte Herrn Alexander nicht leiden und gab dieser ihrer Abneigung vor wie nach der Vermahlung unver hohlen Ausdruck. Der Herr Schwiegersohn aber ertrug diese Abneigung zum nicht geringen Verdruß der Mama ohne größeren Seelenschmerz. Zuweilen hielt dir Mama ihrer Miza auch Predigten, die stets mit den Worten begannen: „Ich will Dich um keinen Preis gegen Deinen Gemahl auf stacheln, doch erachte ich e» für meine Pflicht, Dir zu fagen, daß. . Das Ende der Predigt war gewöhnlich, daß Miza in höchst kriegerischer Stimmung nach Hause ging; da st« ihren Gatten aber sehr lieb hatte, so ließ sie sich von ihm immer großmüthiger Weise versöhnen. Welche Gründe die Mama vor der Heirath hatte, um Herrn Alexander gram zu sein, das weiß ich nicht; allein nach der Heirath hatte sie schon sehr reale Ursache, ihrem Schwiegersohn zu zürnen. Sie hatte nämlich die Absicht, den besten Freund Alexanders, einen sehr reichen Grundbesitzer, zu ihrem zweiten Schwiegersöhne zu machen, da« heißt, ihn ihrer jüngeren Tochter Anny als Gatten zuzuführen. Al« sie nun Herrn Alexander aufforderte, ihr in ihrem Unternehmen wirksamen Beistand zu leisten, warf der Gottlose die cynische Bemerkung hin: „Ich bin ein rechtschaffener Mann, und wenn man gegen Jemanden ein Attentat plant, so soll man mich nicht zum Bundesgenossen machen wollen." Don da an wollte die Mama ihre Tochter Miza sehr häufig „nicht gegen ihren Gatten aufstacheln", allein Frau Miza war fo oft aufgeregt, daß ihr Gatte der ewigen Versöhnungsversuche allmählich überdrüssig zu werden begann. Einet schönen Tage« geriethen sie irgend einer Gering- fstgigkeit wegrn wieder in Streit, und al» di» Mama sich beeilte, den Schiedsrichter zwischen ihnen gu machen, fiel ihr Herr Alexander ins Wort: „Bemühen Sie sich nicht, Mama; wir werden die Sache schon allein zu schlichten wissen." „Und das duldest Du?" lärmte die Mama. Miza hatte zwar keine Ahnung, was sie eigentlich nicht dulden sollte; allein sie erfreute sich äußerst empfindsamer Nerven, und als sie ihre Mutter Thränen vergießen sah, brach auch sie in Weinen aus. Nun konnte sich Herr Alexander nicht enthalten, die Be merkung zu machen: „Das nenne ich denn ein friedliches und gemüthliches Fa milienleben!" Die Mama hatte schnell ihre Thränen getrocknet. „Komm, mein Kind!" sprach sie mit heroischer Stimme. „Da darfst keinen Augenblick länger die Ungezogenheiten dieses brutalen Mannes dulden!" »Ja, ich gehe", schluchte Miza, „er hält mich vergebens zurück; ich gehe." „Wie Du siehst, fällt es mir gar nicht ein, Dich zurück zuhalten!" „Unterstehen Sie sich ja nicht, Gewalt anzuwenden!" schrie die Mama. „O, durchaus nicht! Ich wünsche sogar allerseits «ine glück liche Reise. Ich küsse die Hände!" Der spöttische Ton erbittert« die Mama vollends; sie wendete sich zurück und sprach mit blitzenden Augen: „Ein nichtswürdiger Patron, der schutzlose Frauen so ver höhnt und beleidigt!" „Sie glauben, meine Gnädige, daß der stebenköpsig« Drache eine schutzlose Dame war?" Voll Zorn schmetterte die Mama di« Thür zu und zog die schluchzende Miza mit sich. Im Wagen unten ftzagte die junge Frau schüchtern: „Aber sage mir nur, Mama, weshalb eigentlich . . „Du fragst noch, weshalb? Ist denn in Dir kein Funke von weiblichem Stolz vorhanden, daß Du Dich von einem solch wilden Thiere quälen liissest?" Miza begann von Neuem zu weinen, denn sie besaß ein weiches Herz und sehr empfindsame Nerven. Mama zweifelte keine Sekunde daran, daß Alexander sich morgen einfinden und um Verzeihung fielen werde. Er wird sich auf Gnade und Ungnade ergeben, nur um wieder in den Besitz feiner Gattin zu gelangen. Ja, die Mama formulirte sogar schon im Vorhinein die Friedensbedingungen. Wer aber nicht kam, das war Herr Alexander. Und er kam weder am zweiten, noch am dritten Tage, trotzdem man ihn schon in fieberhafter Ungeduld erwartete, — voll Aufregung die Mama, traurig, dann verzweifelt Frau Miza. Nach Verlauf einer Woche fragte sogar Anny die ältere Schwester: „Du hast Deinen Mann also wirklich im Stich gelassen?" „Bitte, laß mich zufrieden!" „Ach Gott, Miza, da hast Du doch eine große Dummheit begangen!" „Sei still, Du dumme GanS!" fuhr sie Miza an. „WaS mengst Du Dich in Dinge, die Dich nichts anaehen?" Es entstand ein fürchterlicher Streit zwischen den beiden Schwestern, welchem nur das Erscheinen der Mama ein Ende zu bereiten vermochte. Miza warf sich laut weinend auf den Divan und jammerte, daß man sie, seitdem sie unglücklich ge worden, auch im elterlichen Hause quäle und verfolge. Der Zufall, welcher gegen eine regelmäßige Jabrespension in den Diensten der Dramen-, Roman- und Novcllenschreiber steht, that auch diesmal pünktlich seine Pflicht. Die Schneiderin langte gerade mit Miza's neuem Kleide an, und der mit dem Ausbruch drohende Vulkan erlosch glücklicherweise. Frau Miza nahm das Kleid zur Hand und erklärte, daß sie lieber ins Wasser springe, als sich mit einer solchen Toilette zu compromittiren; es sei wirklich schade, mit dem Anprobiren die Zeit zu vertrödeln, sie sehe ohnedies, daß das Kleid verpfuscht sei. Stach langem Zureden legte sie mit dem leidenden Lächeln einer dem Tode «ntgegengehenden Märtyrerin das Kleid an und warf einen resignirten Blick in den Spiegel. Sie wendete sich um und verlangte mit einer wahren Grabesstimme noch einen Spiegel, den sie in der anderen Ecke des Zimmers aufstellen ließ. Nun spazierte sie wohl ein halbdutzendmal an den zwei Spiegeln vorüber und erklärte dann, daß sie, nachdem sie schon angekleidet sei, ein wenig auf die Straße hinuntergehen werde. Es benöthigt wohl keiner besonderen Versicherung, daß Frau Miza mit ihrem neuen Kleide höchst zufrieden war, und ganz heiter durch die Straßen promenirt wäre, wenn sie nicht von einem Gedanken gequält worden wäre. Die Mama hatte ganz umsonst an ihren weiblichen Stolz appellirt, — Frau Miza dachte an ihren Gatten. Seit einer Woche schon hatte sie ihn nicht gesehen . . . Thränen verschleierten ihren Blick, und unter drücktes Schluchzen schnürte ihr die Kehle zusammen. Sie fürchtete schon, daß sie auf offener Straße, angesichts der dielen fremden Leute, in Weinen ausbrechen werde. Die fremden Leute? Was kümmerten dir sie? Traurig schritt sie einsam und allein weiter, bei jedem Schritt jungen Paaren begegnend, die sich versiebt aneinander schmiegten. Sie hatte daS Gefühl, daß sie ihren Gatten namenlos Haffe und Vieles darum gäbe, wenn er sie jetzt in ihrem neuen Kleide sehen könnte. Denn während sie die glänzenden Schaufenster der vornehmen Verkaufsläden betrachtete, entging ihrem scharfen Blick daS eigene Antlitz nicht, welches sie trotz ihres Unglücklich seins mit dem beseligenden Bewußtsein erfüllte, daß sie in diesem Kleide noch viel hübscher sei al» sonst. Wie gerne hätte sie ihrem Gatten gesagt: „Siehst Du, ich habe mich nicht zu Tode gegrämt; ich lebe und bin auch ohne Dich schön und munter!" Ja, nur aus purem Trotz, nur um ihren Gatten diese Worte inS Gesicht schleudern zu können, schlug sie die Richtung nach ihrer früheren Wohnung ein. Da stand ste nun vor dem großen Thor und betrachtete schweren Herzens das geräumige Treppen haus. Hier waren ste zu Zweien so oft rmporgestiegen, wenn sie nach den langen abendlichen Spaziergängen nach Hause kamen. Sie erbebte am ganzen Leib und schritt immer weiter, bis sie sich mit einem Male vor der Thür ihrer Wohnung befand. Noch niemals hatte eine schuldbeladene Frau so gezittert, wie die arme Miza zitterte, als ste über die Schwelle de» Vor zimmer» trat. Sie brauchte nicht zu klingeln, denn die Thür war unverschlossen. Ueberall herrschte die größte Unordnung, wie in jedem Haufe, wo die Frau fehlt. Sie bqzab sich geradewez» in das Zimmer ihres Gatten, der sie einen Moment wie versteinert anstarrte, dann aber mit den Worten ihr entgegeneilte: „Miza, Liebste, Du kommst also doch zurück?" Er wollte ste in seine Arme schließen, allein sie stieß ihn zurück. „Ich bin nicht deshalb gekommen!" sagte sie. Alexander schob mit ironischer Höflichkeit einen Stuhl herbei. „Entschuldigen Sie, meine Gnädige", sprach er, „ich habe mich ungeziemend benommen. Belieben Sie Platz zu nehmen: seien Sie überzeugt, daß ich den ritterlichen Anstand nicht mehr aus den Augen lassen werde." „Ja", brach die Frau aus; „beleidigen Sie mich nur weiter; das ist Ihrer würdig, nachdem Sie mich schon aus Ihrem Hause gewiesen!" „Ich habe Sie aus dem Hause gewiesen?" „Gewiß. Und jetzt, nachdem Sie mein Leben ohnehin zerstör, haben, spotten Sie noch meiner! Ich bin aber gekommen, um Ihnen zu sagen, daß Ihre Absicht doch nicht gelingen soll, denn ich werde leben und glücklich sein." „Daran zweifle ich gar nicht!" erklärte Herr Alexander, allein seine Miene wurde mit einem Male sehr ernst. „Ja, ich werd« glücklich sein — mit einem Anderen", fuhr Frau Miza kühn fort, erschrak aber selbst vor ihren Worten. Der Gatte wurde leichenblaß, erwiderte aber trotzdem sanften Tones: „Es ist gut, Miza; wenn Sie nur gekommen sind, um mir das zu sagen, so nehme ich es zur Kenntniß. Gott beschütze Sie! „Oh, ich weiß ja, daß Du Dich freust, daß Du mich lo.> wirst!" Hub die Frau von Neuem an. „Nun weiß ich endlich, daß Du mich niemals, aber niemals geliebt hast . . ." „Miza, Du magst über mich sagen, wa» Du willst, — ich werde Alles schweigend, ohne jeden Einwand dulden. Aber die Vergangenheit sollst Du nicht verleumden, daS habe ich nicht um Dich verdient." Die junge Frau aber wiederholte hartnäckig: „Nein, Du hast mich niemals geliebt. Denn sonst hättest Du nicht zugegeben, daß ich daS Hau» verlasse!" „Ja, was hätte ich denn thun sollen? Du bist ohne jeden Grund fortgegangen, hast mich auS bloßer Laune im Stich ge lassen! Hätte ich mich etwa durch Bitten demüthigen sollen? Ich habe mir ja gegen Dich gar nichts zu Schulden kommen lassen!" „Wer sagt denn, daß Du bitten solltest?" fuhr Miza mit flammenden Wangen auf. „Die Thür hättest Du vor mir zu schließen, mit der Faust auf den Tisch schlagen und sagen sollen: Keinen Schritt wirst Du aus diesem Zimmer thun! Ja, das hätte ein Mann gethan, der nicht feige ist!" „Du hast Recht, mein Schatz . . ." Damit schritt Herr Alexander zur Thür, drehte den Schl jssel bedächtig im Schlosse um und nahm seiner Frau den Hut vom Kopf. Miza wehrte sich, schmollte, allein der Gatt« drehte sie zweimal um die eigene Achse, indem er sagte: „Weiht Du, daß Du in diesem Kleide verteufelt hübsch bist'" Frau Miza war purvurroth geworden; ste wußte nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Aber schließlich brach ste doch in Lachen aus, als Herr Alexander fragte: „Sag mir, mein Schatz, ist e» unumgänglich nothwendig, daß ich mit der Faust auf dm Tisch schlage?"
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