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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.03.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-03-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980311020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898031102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898031102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-03
- Tag1898-03-11
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Avend-Ausgave. Bezug-Preis S ! Druck and «rrl,, von L. Pol» k« Lelvjk» 128 Freitag den 11. März 1898. 82. Jahrgang 221 i- i! l^näevr Lurken iodsrveic rkkio b«- r» «Lisa Itnliensr krencv Die Morgen-Au-gabe erscheint nm '/,? Uhr. dir Abend-AuSgabe Wochentag» um ü Uhr. lexelei, 1»wpk«r t»U>rstr ^errrHeton» 2«',. 4-/,^ 28 . 86'^ S4'§ 53 83'» Auch in der badischen zweiten Kammer hat vorgestern und gestern das Cent rum wieder einmal seine wahre Natur gezeigt. Um jeden Preis will eS das seinem Willen nicht gefügige Ministerium stürzen und den Großbeczog zwingen, sich mit Rathen nach dem Herzen des geistlichen RatheS Wacker und seiner demokratischen Freunde zu umgeben. Da kein anderes Mittel an daS ersehnte Ziel führen wollte, wurde das Ministerium vor die Frage gestellt, entweder in die Einführung des Reich stagswahlrechts zu willigen oder den schroffen Tadel der Kammermehrheit feierlich über sich aussprechen zu lassen. Ja, noch mehr. Herr Wacker weiß, daß er mit seinen demokratischen und socialdemokratischen Hilfskräften gar nicht über die Zwei drittelmehrheit verfügt, die nach der Verfassung zu einer Ver fassungsänderung nöthig ist. Indem er gleichwohl von dem Ministerium forderte, der Einführung des ReichStagSwahl- rechtS für die zweite Kammer seinen Beistand zu leihen, muthete er der Regierung nichts Geringeres zn, als die nationalliberale Minderheit der zweiten und die Mehrheit der ersten Kammer durch Druck zur Beugung unter den Willen der kleinen Mehrheit der zweiten Kammer zu zwingen und mit mehr oder minder sanfter Gewalt die völlige Demokra- tisirung des Staates durckzusetzen. Die Debatten, die an den klerikal-demokratischen Antrag sich knüpften, waren denn auch von einer Schärfe, wie sie die badische zweite Kammer nur selten erlebt hat. Herr Wacker ließ sich an Schroffheit des Auftretens kaum von seinen social demokratischen Bundesgenossen übertreffen und richtete seine Arnrahmefchluß für Anzeigen: >b«»d-Sn-gobe: vormittag« 10 Uhr. Kskor-e»-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. ivn den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeige» find stet« an die Ezpeditia» zu richten. Filiale«: Dtt« klemm'« kartim. (Alfreb Hatzxk Univerjitätsstraße 3 lPaultnum). Loni« Lösche, katharinevstr. 14, pari, uud kö»ig«plah 7. Nedarlion rm- Erve-itio«:i IohanneSgasse 8. Di« Expedition ist Wochentag« ununterbrochen grbsfnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. A«zeige*.Prers "AK 8 gespaltene Petitzrile SO Neelame» unter dem Aed«ttoa«strich (4g» spalten) SV-H, vor den FannlieunochricktG« (6 gespalten) 40-ch. Größer« Schriften last unsere« Brei» verzeichniß. Tabellarischer und Aiffrrnsatz nach höherem Tarif. Extra »Beilagen (gesalzt), nur mit da Morgen - Ausgabe, ohne Postbefürdrrunz' SV.—, mit Postbeförderung 7L—. 731,— 554,— 715,— eu 3482 I 18,13 eiPMr.TagMlltt Anzeiger. Amtsblatt ves Königliche« Land- und Ämtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Nolizei-Ämtes der Lladt Leipzig. I 270,50 133,2c 317,5k L — I 57,81 U» 151,70 153.35 133,— 88,sv 58,75 120.31 47,55 9,53 58,75 1.27-, 112,3V 280,- „Ja so — Herr Baron von Waldstätten — mein Schiff war noch nicht klar, um den Curs bis zu Ihnen zu steuern — das sollte noch kommen, wie geht es Ihnen? Wie geht es vor Allem Ihrem Herrn Datei?" „Meinem Vater — gut — sein Zipperlein gelegentlich und Ohrensausen abgerechnet — aber ich hoffe. Sie setzen sich ein Weilchen zu mir. Ich möchte sehr gern wissen, warum Sie damals diesen mysteriösen, effektvollen Abgang in Scene setzten und noch rin Heer Waldarbeiter in Trab brachten, die Sie an irgend einem Baum hängend auffinden sollten. Wo steckten Sie so lange, und woher kommen Sie jetzt?" Claus Hartwig winkte seinen nach ihm zurückschauenden Be gleitern einen Abschicdsgruß zu und verständigte sie, daß er einen Bekannten gefunden. Er nahm den leeren Stuhl neben Baron Felix, welcher noch eine Flasche Johannisberger bestellte, und meinte lachend: „Das sind diele Fragen auf einmal, Herr Baron, und sie sind nicht so leicht zu beantworten. Warum ich damals auskniff? Weil ich es in meiner Haut nicht mehr aushalten konnte. Brrr! Ich habe allerlei durchgemacht seitdem, aber noch heut« schüttelt es mich, wenn ich daran denke, was für ein Jammerlappen ich da geworden war. Schlaff und leer, wie ein ausgepichter Schlauch, wehleidig, hängend am Schürzenbande eines Mädchens, daS ein Spielzeug aus mir machte, kein Mark in den Knochen, kein Mark im Pinsel. Da war die rvchtschaffene Wuth, die mich eines Tages packte, eine wahre Erlösung. Mit dem Feuer im Kopf schwur ich, daß es aus sein solle, und ich mich hinunter stürzen werde, da, wo es am tiefsten ist. Was schwört man nicht, wenn Funken im Hirn und vor den Augen stieben? Nachher fand ich es doch schade, sich sogleich kopfüber in den Sumpf zu stecken. Gegen das Baumeln habe ich von jeher eine Antipathie gehabt, das beruht also auf einem Jrrthum, dagegen empörte sich mein Schönheitsgefiihl, aber, wie gesagt, ich fand später auch das andere schade und überflüssig. Ich wanderte also einstweilen noch auf der breiten Heer straße weiter und sogar bis Paris. Sie erinnern sich, das war damals seit lange das Ziel meiner Wünsch«. Ein treuer Freund hotte mich mit dem Nötigsten versehen und auch mit einer kleinen Baarschaft ausgerüstet —" „Ah, dieser treue Freund war der Krugwirths Sohn, Ludwig Heidemann", schaltete Felix mit einer gewissen Schärfe im Ton ein, „also der wußte um Ihr Fortgehen und ließ uns unsere Nachforschungen machen, ohne zu reden. DaS war ja recht h Ludwig Heidemann hielt sein Wort, daS er mir gegeben hatte", rief Llau« und setzte sein Gla» so hart auf den Tisch, Gruppe aufmerksam. Ein dichter, dunkler Haarwald von einer beneidenswerthen Fülle kräuselte sich um den starken Nacken, der weiße Hemdkragen fiel über die Joppe aus derbem, eng lischem Stoff, ein blaues Halstuch war lose darunter geschlungen, die aus weiten Manschetten hervorguckenden Hände wiesen eine hervorragende Muskulatur, der stand seinen Mann, als Boxer wenigstens, wo er einmal angegriffen wurde. Und jetzt wurde es dem einsamen, unbeachteten Zuschauer immer klarer. Ein Etwas an dem Mann weckte Erinnerungen — Hartwig — natürlich, der Todtgeglaubte, der Verschollene, das verbummelte Malergenie, saß da wirklich und leibhaftig. Felix schenkte sich sein Glas wieder voll, lehnte sich noch weiter in seine Ecke zurück und beobachtete still. Die Gesellschaft rüstete sich zum Aufbruch, man lachte und krähte durcheinander, suchte nach Röcken, Schirmen und Hüten. „Na, Hartwig, Sie moderner Wouvermann, Sie haben zu nächst den Vogel abgeschossen", sagte ein Hüne zu dem Gedrun genen in der kurzen Joppe, „Sie übertrumpfen uns All« mit Ihrer frechen Realistik, hahaha! Daß unser Publicum das ver daut hat — 's ist eigentlich ein Teufelsspaß. Nuditäten kann man ihnen ja auftischen, und kein noch so züchtiges Jüngferchen zuckt mit der Wimper, aber Ihre entfesselte Menschenbestie, oder vielmehr Ihre Urwilden im bacchantischen Taumel, mit allem Zubehör unverhülltester Natur, das war etwas Neues, und es hat gewirkt. Na — Glück zu! Ferner Kamerad — Donner und Doria, wie schwielig diese Faust ist, als ob sie nicht immer nur den Pinsel geführt hätte." Die Beiden schüttelten sich die Hände, daß die Gelenke krachten, und der Gedrungene rief lachend: „Ach, diese Faust da, die hat allerlei geleistet, Holz gehackt und Bäume gefällt, nur Menschen hat sie noch nicht erschlagen, obgleich ihr Manche in den Weg liefen, die es allenfalls werth gewesen wären." Die Männer schoben sich dem Ausgang der nach oben führen den Treppe zu, der, welcher eben geredet hatte, blieb als der Letzte zurück. Felix erhob sich in dem Augenblick, als auch er daS Local verlassen wollte, und legte ihm dir Hand auf di« Schulter. „Claus Hartwig! Mensch, wo kommen Sie her? Wir glaubten Sie in irgend einem stillen Teich versunken oder in irgend einer Wildniß verscharrt, und da sind Sie, strotzend von Gesundheit, wie «in EnakSsohn, und Sie geben Keinem von denen, die Sie treulos verließen, ein Lebenszeichen?" Claus Hartwig hatte sich jählings umgewendet und starrte einen Moment dem schmächtigen jungen Herrn in- Gesicht. Dann erhellte sich sein« Miene, er rief lachend: diesem Ziel war vor Allem die Schwierigkeit zu überwinden, daß die anderen Großmächte sich recht lau verhielten. Rußland hatte um griechische Staatsgläubiger überhaupt nicht zu sorgen, in England trat die Rücksicht auf die Staatsgläubiger weit zurück hinter anderen politischen Erwägungen, und auch in Frankreich halte die Regierung für sie sichtlich wenig Interesse. Hier setzte mit dem Antritt des neuen StaatSsecretairs v. Bülow im Sommer des vorigen Jahres die Wahrung der deutscherseits in Betracht kommenven Interessen ein. Zunächst wurde erreicht, daß die Nothwendigkeit einer Finanzcontrole im Princip an erkannt wurde. Damit war eine sichere Basis gewonnen, um conseguent weiter vorzugehen und darauf zu dringen, daß die Finanzcontrole auch in den Friedensvertrag ein geschrieben und so griechisches Staatsgesetz wurde. Und auch dies ist nur geschehen, weil die deutsche Regierung fest blieb und gar kein Hehl daraus machte, daß sie der Antheil- nahme an der Lösung der orientalischen Verhältnisse andern falls sich überhaupt entziehen werde. So ist es nun ge kommen, und Griechenland, dessen Bevölkerung anfänglich gegen die Finanzcontrole eingenommen war oder ein genommen wurde, hat durch die ihm „aufgeoöthigte" Wohl- that wieder Credit gewonnen. Und auf der anderen Seite haben die griechischen Staat-gläubiger, welche ohne Finanz controle leer ausgegangen wären, nicht nur auf eine halbwegs angemessene Befriedigung ihrer Ansprüche zu rechnen, sondern sind bereits jetzt in der Lage, sich de- Erfolge« der deutschen Politik insofern zu erfreuen, al« der Cour« der griechischen Staatspapiere von 24 bi- 25 auf 40 und die Mouopol- anleihe um 10 Procent gestiegen ist. Es kann auch noch weiter mit großer Genugthuung verzeichnet werden, daß der Initiative der deutschen Regierung die griechischen Staats gläubiger auch in Frankreich und England eine Wahr nehmung ihrer Interessen zu danken haben;^vor Allem aber wird man im Lande diese- Ergebniß al- einen wertbvollen neuen Posten begrüßen in dem von der gegenwärtigen Leitung der auswärtigen Geschäfte redlich erworbenen Bestände an Vertrauen in die Stetigkeit der Regierung und eine weise und ihrer Stärke bewußte Wahrnehmung der be rechtigten internationalen Stellung deS deutschen Reiche-. In dem Abgeordneten Lebon hat die TrehfuS-Iola« Partei einen neuen werthvollen Bundesgenossen gefunden. Lebon, einer der angesehensten Parlamentarier, früherer Justizminister und einer der treuesten und zuverlässigsten An hänger der republikanischen Regierungspartei, hat, wie be richtet wurde, sein Mandat in die Hände de« Volkes zurück gelegt, indem er erklärte, die Gerechtigkeit sei vergewaltigt worden und seine Partei habe den Gewaltact geschehen lassen. Dieser Schritt wird seinen Eindruck auf weite Kreise des Volkes nicht verfehlen, denn er beweist, daß die Elite Frank reichs nicht nur, soweit sie durch die Männer der Wissenschaft repräsentirt wird — darüber konnte derGeneralstaatsanwall im Zola-Plaidoyer mit einer spöttelnden Bemerkung hinwegzeben — sondern auch in Gestalt hervorragender Vertreter des Volkes, waS in Frankreich mehr gilt, von der Ungesetzlichkeit der Acte der Regierung im gesummten DreyfuS-Handel überzeugt ist und diese als eine Schmach für die Republik auf- Tiefste empfindet. Allerdings ist der laute und ehrliche Protest Lebon's an den Mitgliedern des Pariser ZuchtpolizeigerichtS, vor welche- die Schreibsachver ständigen deS Esterhazy- Processes Zola wegen Verleumdung geladen haben, spurlos vorübergegangen. Sie erklärten sich für kompetent, um die Klage nicht vor da- Schwurgericht gelangen zu lassen. Politische Tagesschau. * Leipzig, 11. März. Im Reichstage, der sich gestern infolge deS Bevor- siehenS der zweiten Lesung der Militairstrasgerichtsordnung und der Fraclionsberathungen über die Marinevorlage einer stärkeren Frequenz als gewöhnlich erfreute, haben die Polen mit Hilfe der Socialdemokratie, der freisinnigen Volkspartei und deS Centrums in der Sprachen frage einen Sieg er rungen, der die beklagenswertbesten Folgen haben kann und jedenfalls auf den Charakter des wegen seiner nationalen Haltung jetzt so häufig belobten CentrumS ein grelles Licht wirft. In dritter Lesung wurde der Gesetzentwurf über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit be- rathen; dabei brachten die Socialdemokraten den im Interesse der Polen gestellten und in der Commission abgelehnten An trag wieder ein, daß bei Beurkundungen die Zuziehung eines Dolmetschers erfolgen müsse, sofern einer der Belheiligten erklärt, der deutschen Sprache nicht mächtig zu sein. Be sonders energisch trat der preußische Justizministcr Schön stedt gegen den Antrag ein, indem er erklärte: „Ich bitte Sie, dem Antrag in jeder Form Ihre Zustimmung zu versagen. Die Gründe, welche gegen diesen Antrag sprechen, haben in der Commission bereits eingehende Erörterungen gefunden. Zwar hat sich der Antrag auf die Beurkundungen beschränkt, aber auch in dieser Beschränkung ist er so außerordentlich bedenklich, daß seine Annahme daS Zustandekommen dieses Gesetzes und damit auch das Inkrafttreten des Bürgerliche» Gesetzbuches gefährden könnte. Die Ober landesgerichtspräsidenten der Provinzen, in denen die polnische Bevölkerung einen starken Procentsatz enthält, haben be- richtet, daß seit einer Reihe von Jahren die Verleugnung der Kenntniß der deutschen Sprache in außerordentlicher Weise zu nimmt. In einzelnen Fällen mag es ja zweifelhaft sein, ob eine Person, die nicht deutscher Nationalität ist, der deutschen Sprache so mächtig sei, um die Tragweite ihrer gericht- lichen Erklärungen ermessen zu können. In solchen Fällen wird es kein Richter unterlassen, einen Dolmetscher zuzuziehen. Nach dem Anträge würde aber der Richter in einer großen Zahl von zweifellosen Fällen dies thun müssen. Sowohl in den überwiegend polnischen Landestheilen wie in den west- lichen Jndustriebezirken, in denen polnische Arbeiter beschäftigt sind, würde in Zukunft jeder Pole nur unter Zuziehung eines Dolmetschers verhandeln wollen. Aus Grund mehrfacher Wahrnehmungen haben wir die Ueberzeugung gewonnen, daß die national-polnische Agitation auch nach dieser Richtung hin thätig ist, so daß viele unter Lein Drucke solcher Agitation sich weigern, die deutsche Sprache zu gebrauchen. Wir müssen davon ausgehen, daß kein Richter gewissenlos genug jein wird, rechtsverbindliche Erklärungen von Leuten entgegen zu nehmen in einer Sprache, die sie nicht genügend beherrschen. Ich bitte Sie nochmals, den Antrag abzulehnen und die bisherigen Bemühungen um die deutsche Rechtseinheit nicht zn Nichte zu machen." Vergebens! In der Debatte traten außer den Polen nur die Socialtemokraten für den Antrag ein, bei der Abstimmung aber wurde dieser mit den Stimmen beider Parteien, der Anbänger des Herrn Eugen Richter und des CentrumS mit Ausnahme von drei Mitgliedern desselben und dann das ganze Gesetz definitiv angenommen. Die verbündeten Re gierungen gerathen dadurch in eine peinliche Lage, denn sie leben sich vor die Frage gestellt, ob sie das ganze Gesetz ab lehnen, eine abermalige Durchberathung desselben erzwingen und dadurch das rechtzeitige Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches in Frage stellen, oder durch die Annahme der in letzter Stunde in das Gesetz bineingebrachten Bestimmung der nationalpolnischen Agitation neues Wasser auf die Mühle führen wollen. Jedenfalls hat daS Centrum durch seine bezirk und den Vororten errichtete» Au«- «abestellen ab geholt: vierteljährlich ^4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« Haus »SO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich Xl k.—. Dirrcie tägliche Kreuzbandsendung tu« Au-land: monatlich 7 SO. Durch eigene Kraft. Roman von Alexander Römer. Nachdruck verboi,». Das Märchen, wie die Prinzessin sie noch immer mit Vor liebe nannte, und wie sie auch in den jungen Herrenkreisen häufig titwlirt wurde, war ein reizendes Geschöpf; sie zog ihn an. War sein Gefühl für sie Mitleid, weil sie sich in einer so bösen Zwitterstellung befand? Du lieber Gott! Mitleid em pfand er wohl nur gelegentlich mit sich selber; nein, es war etwas Anderes. Ein Hauch von Reinheit, von frischer Ursprünglichkeit ging von dem Mädchen aus, der sie unterschied von der anderen Schaar ihres Geschlechts; diese Jahre in der gefährlichen Um gebung hatten ihr noch nichts davon geraubt. Er brachte es nicht fertig, ihr gegenüber seine gewohnte spöttelnde Weise festzuhalten; er nahm sie und er gab sich ernsthaft, er spielte eine Art väterlicher Schützerrolle. Lächerlich komisch und Anderen sicher nicht bemerk bar, aber es war so. Na, gefährlich war das nicht — dagegen Emily — aus ihren Banden sehnte er sich heraus. Wenn er es sich auch conseguent loegleugnen wollte, diese Bande existirten, und es war schwerer, als man glauben sollte, sich daraus zu lösen. Während er seine Austern schluckte und den grünen Römer mit dem goldgelben perlenden Wein an seine Lippen hob, verlor er sich in diese Betrachtungen, und da störte ihn eine laute, derbe Gesellschaft von Zechern am nächsten Tische. Es waren breit schultrige, herkulische Gestalten mit prachtvollen Vollbärten, meist von echt germanischem Rothblond. Sie klangen mit den Gläsern an und sangen kurze Strophen bekannter Trinklieder. Als er näher hinschaute, blieb er kaum im Zweifel darüber, daß eS ein Kreis von Kunstjüngern war. Sein aristokratisches Gesicht ver- zog sich, und zwischen seinen Hellen Brauen bildete sich eine Falte. Er hatte hier Ruhe zu finden gehofft, gewöhnlich war daS Local um diese Zeit wenig besucht. Schon war er im Begriff, dem Kellner zu winken, seine Zeche zu bezahlen und aufzubrechen, al» er einen Namen hörte, der ihn aufmerksam machte. „Hartiwg", riefen sie drüben den breiten Gesellen, der ihm den Rücken drehte, die Ellenbogen auf den Tisch stützte und jetzt mit seinem gefüllten Vla» in der Runde anstieß^ tzftütz WaldMtm setzt« s«inen Kneifer auf und beäugelt« di« gestern den Polen geleistete Hilfe dem nationalen Lorbeer kranze, den Herr vr. Lieber seiner Partei wegen ihrer Mit hilfe beim Zustandekommen des Bürgerlichen Gesetzbuches feierlich um die Schläfe gewunden bat, ein eigenartige- Blatt eingefügt. UebrigenS liegen gerade heute für die polnische „StaatStreue" einige neue Belege vor, aus denen sich abnehmen läßt, wie häufig die Polen unter dem Drucke der national-polnischen Agitation sich weigern werden, die deutsche Sprache zu gebrauchen. In der „Nowa Reforma" war nämlich, wie die „Berl. N. N." mittheilen, kürzlich zu lesen: „Für die unsterbliche Idee eines unabhängigen Polen haben wir auf dem Altar der öffentlichen Sache unser Blut und unsere Habe niedergelegt. Unabhängig ist heute unser Vaterland nicht, aber es lebt, ist zurThat fähig. Mithin hat unsere ge jammte Arbeit sich heute unter dem Losungsworte eines unab hängigen Polen (I) zu vollziehen. Geändert haben sich die Kampf mittel, doch das Ziel des Kampfes konnte sich nicht ändern, da wir es bis heute noch nicht zu erreichen vermocht haben." Noch deutlicher schreibt die „Gazeta Ostrowska": „Was hindert die Polen daran, ein herrliches nationales Ganze zu bilden, welches in den Thaten seine Einheit zur Schau trägt? Schließen wir einmal die Augen und lassen wir den Gedanken die Zügel schießen, möge unser Gesst einmal auf eine Weile aus das Gebiet der Novemberkämpfe hinüberschweifen, und beim Blitzen der Sensen, beim Ausblitzen der Schüsse, bei den Flammen brennender Dörfer und Städte werden wir klar unsere Kraft erkennen, wir werden aber auch gleichzeitig unsere Fehler kennen lernen." . Und wie innig sich die Polen mit Preußen-Deutschland verwachsen fühlen, das plaudert der „Orendownik" aus, wenn er sagt: „Ja, wäre die deutsche Flotte eine uns angehende An gelegenheit! Sie ist eine deutsche, nicht unsere Angelegenheit; mithin lehren die polnische Denkart und der polnische Verstand, eine deutsche Sache den Deutschen zu überlassen. Die deutsche Flotte hat nichts gemein mit dem Wohl und Wehe des polnischen Elementes im preußischen Landestheil!" daß es nahe am Zerbrechen war, „der ist kein Herrenknecht und keine Windfahne, auf den konnte ich bauen, das wußte ich. Und noch eins will ich sagen bei der Gelegenheit, wenn überhaupt noch ein anständiger und brauchbarer Kerl aus mir geworden ist, so danke ich's dem Ludwig. Sein prächtiges Gesicht hat mir immer vor Augen gestanden, wenn es einmal drunter und drüber ging und ich mit dem Gleichgewicht nicht mehr zurecht kommen konnte. Donnerwetter! in dem Menschen war Stahl und Eisen, langsam aber sicher arbeitete er sich durch. Ich habe mich seitdem tüchtig umhergetrieben in der Welt und ein buntes Gemengsel von der Menschheitsspecies kennen gelernt, aber so Einen sand ich nicht mehr." -So!" „Felix saß in seinem Stuhl zurückgelehnt und hielt sein Glas spielend gegen die Sonne, die durch farbige Scheiben reflectirend auf den goldigen Trank fiel, «ine leichte Röthe hatte sein bleiches Gesicht gefärbt, die Röthe des Aergers, aber seine Miene blieb gleichgiltig und spöttisch. „So — na, denn weiter, die Abhandlung ist ja wohl zu Ende. Sie gingen also nach Paris und studirten da natürlich." Claus warf einen seltsamen Blick hinüber nach dem jungen Herrn und zuckte die breiten Schultern. „Ja, ich studirte. Ich hatte da einen Bekannten, der mir ein bischen die Weg« wies und mich einführte. — Oho! lernen konnte man da schon — und ich warf mich mit einer wahren Berserkerwuth in die Arbeit. Das Tückische war nur, daß man Geld brauchte in dem Babel, dem Paris, heidenmäßig viel Geld, und ich besaß keinS. Um keinen Preis der Welt hätte ich den Ludwig wieder angepumpt, wenn mir überhaupt noch an irgend etwas gelegen war, so war mir's an seiner Achtung. Meine Bilder zu verkaufen, daran war nicht zu denken, was verstand ich denn damals, so gut wie nichts, ich malt« aber dennoch und hungerte, ich ließ mich unter die Straßenkehrer an werben des Nachts, um ein paar Sous zu verdienen, und malte am Tage, im Fieber, im Delirium, aber ich malte." Er hielt inne, sein Athem ging schwer, er verlor sich in der Erinnerung. Felix beobachtete ihn. Auf seinen meist so gleichgiltigen Mienen spiegelte sich ein wachsendes Interesse. „Nun, ich sehe ja. Gottlob, daß Sie jetzt rmporgekommen sind, und brauche mich also nicht zu ängstigen", sagte er, blasirt lächelnd. „Sie erzählen vortrefflich, Claus, man fühlt sich in einen Victor Hugo'schen Roman verseht." „O ja", meinte Claus, „ander» freilich ist «», ihn zu erleben, oder vielmehr, besser ist e», ihn zu erleben. Wenn da noch etwa» im Blut, im Seist und in der Seel« ist, wat >«sund«n derma-, Pfeile sogar über daS Ministerium hinaus, indem er der Krone bemerklich machte, ein Minister des Innern, „der bei den Wahlen eine Partei unterstütze, die im Widerspruche mit dem größten Theile deS Volkes sich befinde", gehöre nicht auf seinen Platz. Minister Or. Eisenlohr schlug im Namen der Gesammtregierung diese Angriffe mit ruhiger Entschiedenheit ab, indem er den Mehrheitsantrag für unannehmbar erklärte und hinzufügte, nur wenn ein Weg, wie der von den Nationalliberalen empfohlene, beschritten würde, d. h. wenn zu den aus direkten Wahlen hervor gehenden Abgeordneten Vertreter der Selbstverwaltungskörper hinzuträten, würde die Regierung das direkte Verfahren annebmen. Ruhig nahm er das ihm von Herrn Wacker ertheilte „ausdrückliche Mißtrauensvotum" hin und theilte dem geistlichen Herrn mit, das Gesammtministerium habe dieses Votum gewürdigt, aber einmüthig der Ansicht sei, daß mit Rücksicht auf die bereits ertheilte Regierungs erklärung der Antrag Wacker einen Anlaß zu weiteren Erklärungen der Regierung nickt biete. DaS „ausdrückliche Mißtrauensvotum" wird nun wohl in eine „entschiedene Miß billigung" verwandelt werden; je schroffer aber die Kammermehrbeit vorgeht, um so fester wird hoffentlich das Ministerium seine Stellung behaupten. Sollte auch infolge dessen diese Mehrheit die Gesetzgebung lahm zu legen suchen, so bliebe der Regierung dock da« Mittel der Auflösung der Kammer, vor der Herr Wacker sich zu fürchten allen Anlaß bat. Schon bei den letzten Wahlen hat er durch seinen Terrorismus vielfach im eigenen Lager Anstoß erregt; sein jetziges Auftreten wird sicherlich nicht verfehlen, Tausenden die Augen über die maßlose Herrschsucht eines Parteiführers zu öffnen, der nickt einmal daS Recht der Krone, ihre Räthe nach eigenem Ermessen zu wählen, respectirt und in der Wahl der Mittel zur Herbeiführung eines parlamentarischen Regiments, das sein Regiment sein würde, nicht einmal von seinen socialdemokratischen HilsStruppen sich über treffen läßt. Eine erfreuliche Mittheilung, welche insbesondere die griechische» Staatsgläubiger angel?,, ist gestern eingetroffen. Die Verhandlungen über die Einrichtung einer griechischen Finanzcontrole sind zum Abschluß gelangt; die griechische Kammer bat ihre Zustimmung dazu ertheilt, der König hat den Beschluß der Kammer sanclionirt und das betr. Gesetz ist, wie uns gemeldet wird, amtlich publicirt worden. Damit ist eine langwierige Arbeit, welche behutsam an vielen Klippen vorüber zu steuern war, zu einem erfreulichen Ende geführt. Als der griechisch-türkische Krieg zu Ende war, lag es auf der Hand, daß es der Türkei, zumal da sie der herausgeforderte Theil war, ohne Weiteres nicht zugemuthet werden konnte, aus jeden Gebietszuwachs zu verzichten. Es mußte ihr, schon um sonst auf der Balkanhalbinsel nicht zur Nach folge der griechischen Politik zu reizen, ein Anspruch auf eine angemessene Kriegsentschädigung zugestanden werden und in Gestalt der Besetzung thessalischer Landstriche auch eine Sicherheit dafür, in den vereinbarten Raten die Kriegs entschädigung pünktlich zu erhalten. Die deutsche Politik faßte hier zu, um durch Schaffung einer Finanzcontrole zweierlei zu erreichen: zunächst zu verhüten, daß durch die neuen Verpflichtungen die älteren Ansprüche der deutschen Gläubiger Griechenlands in eine ungünstigere Lage geschoben würden, sodann aber dem griechischen Staate in seinem eigensten Interesse wieder Vertrauen in seine finanzielle Leistungsfähigkeit und ZadlungSbereitwilligkeit zuzuführen, so daß ihm überhaupi erst wieder neue Mittel zufließen konnten. Auf dem Wege zu 108,40 88,50 103 50 100,10 81.00 58,10 78.— 81,60 80,25 100.50 75.90 134,25 86,— 82.50 2'» 102,— 135.25 180,75 130.25 257,75 80,50 ) h a »L r 103,35 100- 227.50 217,60 471.50 85.- 159,— 260.20 268 — 125.80 130.50 182,— 220,— 181.20 173,- 204.50 ,319.— 208.75 271,10 71,— 138,25 103.80 230.50 153.50 184.75 öü,— 216,20 216,30 I k 83,40 394 - 177.10 200.40 121.75 97,90 183.80 177.25 176.40 189.75 117.80 116.10 78,— 100,— est snt o, Unter - ll. 1520. l >0 5 O L O 0 O 0 8risi 6650 3500 5040 3250 14300 2700 4300 2825 4750 10725 11600 10050 8850 7360 4000 62S o 5 3375 1110 8 0 3375 2450 2775 14725 850- 5300 5 0 5 0l 18750 5050 360 2625 2550 300 15300 3875 4300 700 3050 1080 8! 2500 1100 vj 3550 -K 8»Ii-
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