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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.03.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-03-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980312010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898031201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898031201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-03
- Tag1898-03-12
- Monat1898-03
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DK Morgen-Ausgabe»Meint um '/,7 Uhr, dir Abind-Ausgab« Wochentag» um b Uhr. Nrdartion un- Erveditiou: JohannkSgasse 8. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochr» geöfsnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filialen: ttl« Klemm'» Lortim. iAlfrek Hahn), UniversitStSstrahe 3 (Paulinum), LoniS Lösche, Latbarinrustr. 14, Part, und KöuigSplatz 7. Vez«g-Prei- t» drr Hauptrxpedttto« oder den t« Stadt bezirk und den Bororten errichteten Aus gabestellen ab geb alt: vierteljährlich^ 4.öO, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» -aus ^l ü.öO. Durch dir Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteliührlich S.—. Dtrectr tägliche Krcuzbandirndung in» Au»land: monatlich 7.L0. Morgen-Ausgabe. WpMer TaMalt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Molizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Aazeigen-Pret- die Sgespaltme Petitzeile SO Pfg. Reclamen unter dem RrdactionSskrich (»ge spalten) LO^. vor den Familtrnnachrichtea (6 gespalten) 40/^. Größere Schriften laut unserem Preis verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz »ach höherem Laris. tkxtra-Beilage» (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung t>0.—, mit Postbeförderung 70.—. Anuahmeschluß für' Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige» sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Berlag von E. Polz in Leipzig. 127. Sonnabend den l2. März 1898. 92. Jahrgang. Die Lage in Ostasten. —p. Eine höchst unbehagliche Stimmung hat sich in Folge der russischen Action in Ostasien der politischen und commerziellen Kreise Englands bemächtigt und die Presse obne Unterschied der Parteien beeilt sich zu versickern, es sei böckste Zeit, daß England sein gutes Reckt, d. h. seine Inter essen wahre; jede noch so energische Politik der Regierung werde dabei die Unterstützung deS Landes sinden. Dabei ist nur eines ungewiß: ob die Negierung sick wirklich zu einer Politik aggressiver Energie entschließen wird. Darüber, wie man im Londoner Auswärtigen Amt die Lage ansieht, geht uns folgende Meldung zu: * London, 10. März. (Unterhaus.) Der Parlaments- Untersecretair des Aeußeru Curzon erklärt, die Regierung habe keine Nachricht von einem formellen Protest gegen die von der Hongkong» und Shanghai-Bank, welche für sich selbst handele, und einem Syndikat deutscher Bankiers abgeschlossene chinesische Anleihe. Die Bedingungen des Abkommens zwischen der chinesischen Regierung und der russisch-chinesischen Bank in Betreff des Baues und der Unterhaltung der M a n d s ch u r ei-B a h n seien am 11./23. Decembcr 1896 in dem russischen Amtsblatte ver öffentlicht worden. Curzon erklärte ferner, die Mandschurei sei nicht eine der 18 Provinzen des eigentlichen China, ober sie sei sicher ein integrirender Theil der Besitzung des Kaisers von China. Ter britische Botschafter in Petersburg sei von dem Minister des Auswärtigen, Murawjcw, benachrichtigt worden, daß Rußland mit China wegen der Pocht von Port Arthur und Talienwan auf eine gewisse Anzahl von Jahren, sowie betr. des Baues einer Eisen bahn nach Talienwan oder Port Arthur unter denselben Bedingungen, wie die Mandschurei-Bahn, unterhandele Die russische Regierung habe keine souveränen Rechte über jene Häfen gefordert und auch nicht gedroht, Truppen in die Mandschurei zu senden. Murawjew habe ferner erklärt, daß Talienwan, falls es an Rußland verpacktet werde, dem fremden Handel, wie die anderen chinesischen Häfen, geöffnet sein werde. Der britische Gesandte in Peking bestätigte die Thatsache dieser Verhandlungen und erklärte, es sei kein Anzeichen von irgend einer Form eines Ultimatums vor handen, auch sei, soweit ihm bekannt, keine Zeitgrenze für die Antwort gegeben. Weiter erklärte Curzon, die englische Regierung habe keine Nachricht darüber, daß die russische Regie rung die Anleihe der englischen und deutschen Banken bekämpfe; wie er höre, sei die Anleihe auf dem Punkte, ausgegeben zu werden. Der britische Gesandte in Peking habe im Oktober be richtet, daß von dem russischen Geschäftsträger der Versuch gemacht worden sei, die Absetzung Kinüer's als Hauptingenieurs der Nordbahn von Tientsin nach Kirin zu erlangen, auf Grund des Versprechens der chinesischen Regierung, daß sie im Falle der Ans- dehnung der Linie zuerst an russische Ingenieure und russische" Capital sich wenden würde. Der britische Gesandte erhielt vom Tiungli-Aamen die Zusage, daß Kinder nicht obgesetzt werden solle. Bezüglich der angeblichen Abtretung der Decr-Jnseln an Ruß land erklärt Curzon, keine Information zu haben. Man muß sagen: daS ist eine durckauS ruhige Sprache, die mit den Kriegsdrohungen englischer Blätter nicht in Einklang steht, wie auch die im gestrigen Abendblatt wieder gegebenen Aeußerungen des Ersten Lords der Admiralität Goschen, so selbstbewußt sie klingen, doch erkennen lassen, daß die englische Regierung, wenn nur irgend möglich, einen Krieg mit Rußland vermeiden möchte. Curzon giebt zu, daß Rußland Port Arthur und Talienwan zu pachten wünscht, aber er geräth darüber nicht in Ekstase; vielmehr sucht er die öffentliche Meinung zu beruhigen, indem er alle Mel dungen über ein schroffes Vorgeben Rußlands dementirt, ist befriedigt darüber, daß die beiden Häfen allen Nationen offen stehen sollen, verzeichnet einen Erfolg der englischen Regierung in der EisenbahnfraHe und erklärt zuletzt, wie wir, das Londoner Telegramm ergänzend, hinzufügen, die Ver pflichtung der chinesischen Regierung England gegenüber, daß eS keiner anderen Macht irgend einen Tbeil des Iangtsekiang-ThaleS abtreten werde, beziebe sich auf das Gebiet der an den Iangtsekiang anstoßenden Provinzen. Da die chinesische Regierung die betreffende Versicherung abgegeben habe, werde die britische Regierung sie für deren Beobachtung verantwortlich halten. Erst hier kommt etwas Energie in die Sprache des UntersecretairS und in der That ist die Iangtse kiang - Garantie eine außerordentlich wertbvolle Er rungenschaft Englands, ebenso wie die Freigabe der Schifffahrt auf den Binnengewässern Chinas, die Zusicherung, daß der General-Zollinspector so lange ein Engländer sein solle, als der britiscke Handel — er be trägt gegenwärtig 82 Procent deS gesammten chinesischen Handels — die erste Stelle behaupte, und endlick die Oeffnung eines Hafens in der reichen, aber fremdenfeindlichen Provinz Hunan. Diese Zugeständnisse Chinas an die englische Jnlerefsenricktung sind in ihren Folgen zweifellos weit be- deutsamer für England und auch für China als die ver- bältnißmäßig kleinen territorialen und wirlhschaftlichen Vor theile, die eS Deutschland und Rußland zugebilligt hat oder in Zukunft etwa zubilligen wirb, und deshalb glauben wir, daß man in London Rußland keinen Stein in den Weg legen wird, wenn eS in Ostasien zugreist, daß man sich vielmehr mit weiteren Compensationen begnügen wird, gegen die wieder Rußland schwerlich etwas einzuwenden haben dürfte. Anders scheint eS inIapan auSzusehen, aber eS scheint eben nur so. Zwar wurde berichtet, der japanische Gesandte in Peking habe der chinesischen Regierung den Rath ertheilt, Ruß lands Forderungen abzulehnen und habe gedroht, Japan werde sich zu energischem Vorgehen veranlaßt sehen, wenn China nach gebe, und weiter wurde gemeldet, Japan sei entschlossen, Wei-Hai-Wei, das, Port Arthur gegenüberliegend, nu Stande wäre, dieses in Schach zu halten, auch nach der Zahlung der chinesischen Kriegsentschädigung zu behalten, allein der Mei nung wird schwerlich Jemand sein, Japan werde ohne der Hilfe Englands sich versichert zu haben, einen Gang mit Rußland wagen und alles auf eine Karte setzen. Nach einer uns aus London zugebende» Meldung be richten denn auch die „Times" aus Aokobama: „Japan ist ruhig; die Regierung glaubt nickt, daß es zum Kriege kommen werde." Dieser Meldung ist sicherlich mehr Glauben beizumessen, als jenen Alarmnachricklen, die von vornherein um so zweifelhafter erscheinen mußten, als die japanischen Diplomaten sich stets außerordentlick zurückhaltend über eine etwaige Unterstützung kriegerischer Pläne Japans durch England ausgesprochen haben; erst vor einigen Tagen that dies wieder der chinesische Gesandte in Paris. Man traut England nicht und allein wagt man nichts. Wenn gleichwohl alle drei Mächte ihr Kriegsmaterial fortgesetzt vermehren — Rußland wendet, wie wir mittbeilten, neuerdings die bedeutende Summe von 90 Millionen Rubel für Kriegsschiffe auf — so geschieht dies nicht, weil eine der selben Lust zum Losschlagen hätte, sondern um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein, auch für den äußersten Fall, an dessen Eintritt in absehbarer Zeit aber Niemand ernst lich glaubt. Was Deutschland anbelangt, so hat es vorläufig noch mit der Organisation deS Stück Landes zu thun, dessen Besitz eS seinem raschen nnd energischen Handeln verdankt. Ob wir uns aber mit Kiaotschau begnügen werden? Von Anfang an war es deutscherseits gewiß auf weiteren Gebietserwerb nicht abgesehen. Sollten sich die Dinge aber so entwickeln, daß in Folge unseres Zugreifens die andern Nationen — in Be tracht kommen bekanntlich England, Japan, Rußland und Frankreich — die Auftheilung Chinas beginnen, wie eS den Anschein hat, so dürften auch wir nickt zurückbleiben. Andern falls würden wir unS in dem vereinzelten Kiaotschau bald mächtigen, in sich abgeschlossenen Emflußgebieten anderer Nationen gegenübersehen, zwischen denen wir unS recht ge drückt, beengt und untergeordnet vorkommen müßten. Deutsches Reich. * Berlin, 11. März. WaS die demokratische „Frank furter Zeitung" unter persönlicher Freiheit und unter der Freiheit des Verkehrs versteht, darüber unter richtet ein Artikel des „Franks. Journals", in dem eS heißt: „Im deutschen Reiche giebt es ein Bankunternehmen, das bisher des naiven Glaubens lebte, über seine Entschließungen nur sich selbst und seinen Actionairen Rechenschaft zu schulden. So kam es, daß die Bank ihre Bilanz dem „Frankfurter Journal" zur Veröffent lichung übergab, von einer Bekanntmachung durch die „Frank furter Zeitung" aber absah und bei ihrem Beschlüsse auch be harrte, alS sich die Berliner Agentur der „Frankfurter Zeitung" um das Inserat bemühte. Darob Sensation in der Eschenheimer gasse; wie kann es überhaupt ein Bankhaus wagen, sich der „Frank furter Zeitung" gegenüber eine eigene Meinung oder gar einen eigenen Willen herausnehmen zu wollen I Der Frevel mußte schwer geahndet werden und so putzten denn die Herren ihre Blitze und sprachen in feierlicher Handlung Bann und Acht über das wider spenstige Unternehmen aus. Die Leser deS Blattes glaubten zwar im Courszettel der „F. Z." alle an der Frankfurter Börse ge- handelten Papiere notirt zu erhalten, aber angesichts solcher Unbot- mäßigkeit werden sie gewiß ohne Ausnahme einsehen, daß es nur billig ist, solch eine Gesellschaft aus dem Buche der Lebendigen zu tilgen. So weit wäre nichts dagegen zu sagen, denn jeder Staatsbürger und somit auch jeder Zeitungsgewaltige hat in Deutschland das ver fassungsmäßige Recht, sich zu blamiren, so gut er kann. Die „Frank- furter Zeitung" that aber noch ein Uebriges und leistete sich einen Hochmuth, der so ziemlich Alles hinter sich läßt, was seit den Tagen Nebukadnezar's an Ueberhebung geleistet worden ist. Sie nimmt ohne Weiteres die Staatsgewalt für die Jnseratengeschäftsintereffen der „Frankfurter Zeitung" in Anspruch, sie nennt da» Verhalten der Bank einen Beleg, „der doch auch die Regierungen nach denklich machen sollte", sie sucht die Frankfurter Zulassungs stelle zum Einschreiten zu veranlassen und will die Hand nicht dazu bieten, „das süddeutsche Publicum derart zu behandeln." Also die Interessen der Regierungen und die Interessen Les süddeutschen Publicums werden mit dem Geldintcresse der „Frankfurter Zeitung" identificirt, dem süddeutschen Publicum kann nämlich „nicht zugemuthet" werden, etwas Anderes als die „Frankfurter Zeitung" zu nbonniren. Das ist mit anderen Worten die Forderung eines Zwaugsabonne- ments und eines Jnseratenmonopots für daS Organ der demo- kratischen Partei. Hoffentlich findet sich ein Abgeordneter, der einen bezüglichen Reichsgesetzentwurf ungesäumt einbringt. Ilebrigens hat jene Bank ihre gesetzlichen Verpflichtungen vollauf erfüllt, sie hat sich durch Prospekte verpflichtet, alle auf die hier gehandelten Pfandbriefe bezüglichen Publikationen außer durch den „Deutschen Reichsanzeiger" in mindestens zwei Frankfurter Blättern zu ver öffentlichen. Das ist geschehen, und zwar in Blättern, die der Feuilletsn. Amerikanische Schönheitsmittel. Kosmetische Plauderei von Emil Verdau. Nachdruck verboten. Man sagt, Nordamerika sei <daS Land der schönen Frauen. Der Ausspruch ist wahr, das läßt sich nicht leugnen. Man trifft namentlich in der Union Vertreterinnen des schwachen Geschlechts, welche wirklich ohne Uebertreibung bezaubernd schön genannt werden muffen. „Einfach zum Malen", sagt man bei uns, und zum Malen sind sie zumeist, die feenhaft hübschen Töchter der großen Republik. Ueppiges, seidenweiches, die ganze Scala der Farben vom Weißblonden bis Blauschwarzen durch laufendes, äußerst verführerisch gekräuseltes oder madonnenhaft geglättetes Haar; ein Teint, so klar und weiß und warm, wie lebendig gewordener Marmor oder Alabaster; Angen von Ocean- tiefe und Himmelsfarbe, von feuchtem Glanze und Mitternachts dunkel, umschattet von langen, weichen Wimpern; Wangen, voll und sanftgeröthet lvie junge schamhafte Aprikosen, und wie diese zum „Anbeißen"; ein Hals, gegen dessen ideale Schönheitslinie der Hals der Venus einer Stiefelschäft« zu vergleichen wäre; Lippen — Zähne — kurz, wenn die junge Amerikanerin der Union schön ist, und das ist sie in zehn Fällen immer neun und neun Zehntel Mal, dann ist sie einfach „zum Malen". Daß sie dabei auch fast immer mehr oder weniger „gemalt" ist, thut nichts zur Sache, denn eine Megäre ist und bleibt häßlich, selbst wenn Raphael sie „gemalt" hätte. Gegen das „aorrigsr la beautö" ist ja schließlich nicht viel rinzuwenden, zumal wir vom starken Geschlecht dieselbe Schwach heit besitzen. Dennoch ist eine „gemalte" Schönheit doch immer eine solche, welche noch schöner sein will als schön, und da giebt es eine Grenze, di« zu überschreiten die an sich allemal auch sehr, man könnte sagen krankhaft eitle und gefallsüchtige Amerikanerin täglich die allergrößt« Gefahr läuft. Nächst Frankreich giebt es daher wohl auch kein Land, in welchem das „Corrigiren der Schönheit" mit solcher Energie, Raffinerie und unentwegter Systematik betrieben wird, wie gerade in der Union. Hier giebt es darum für die „Schönheitsdoctorinnen" auch ein wahres Eldo rado, und namentlich die Metropole New Uork weist eine ganze Anzahl derselben auf, welche mit ihren Rathschlägen, Mitteln, Mixturen und wer weiß was sonst sich Paläste erbauen und dieselben mit einem geradezu fürstlichen Luxus ousstatten konnten. Fangen wir bei den Haaren an, so werden dieselben ent weder unter Anwendung der Brennscheere gekräuselt und mittels einer über Nacht um ine Stirn gewickelten, angefeuchteten Gaze binde gegen die Haut fest angepreßt, um der Trägerin ein wild interessante», zigeunerhaft verrückendes Aussehen zu geben, oder sie werden mittels eigens dazu hergerichteten Nadeln und Blech streifen in Löckchen gewickelt, um am nächsten Morgen gelöst zu werden, über die Stirne herunterzurieseln und dem Gesichte jenen, wie eS scheint, absichtlich gesuchten, meffalinenhaften Ausdruck zu geben; oder endlich wird der ganze Kosff seines langen Haar schmucks durch das Scheermesser vollständig beraubt und die zurückgebliebenen, bi» etwa zwei Zoll langen Stöppelchen jl 1« al«« krautgebrcmnt, so daß man eher einem hübschen Jungen als einem dito Mädchen gleicht. Scheitel giebts dabei entweder gar nicht mehr oder sie befinden sich rechts und links von der Mittellinie und laufen über den Kopf sehr oft bei den ganz besonders „Emancipirten" bis in die Mitte des Genickes hinab. Nächst der doch mehr harmlosen Brennscheere und den Haar nadeln und Blechstreifen greift man aber nicht selten zu mehr oder weniger gefährlichen chemischen Schönheitsmitteln für den Haarwuchs. Abgekochte grüne Walnußschalen sollen den rothen Haaren eine interessant olivenbraune Färbung geben. Die Brühe wird mittels Bürsten und Schwämme auf die Haare und die Kopfhaut aufgetragm. Champagner dagegen wird verwendet, wo das Haar seiner eitlen Trägerin wieder nicht hell genug er scheint. Man badet den Kopf in der Flüssigkeit und läßt die selben im Sonnenschein darauf eintrocknen, worauf man mit verdünntem Chlorwasser (!) nachwäscht und abtrocknet. Noch besseren Erfolg hat eine Anwendung von verdünntem Wasserstoff superoxyd (!). Mit diesem Mittel soll man die Haare bis zum Weißblond bleichen können; ob man dann noch viele übrig behält, habe ich nicht erfahren können, ist auch nicht gut möglich, denn erstens ist man nicht so naseweis zu fragen und dann giebt's die schönsten, täuschendsten Perrücken zu kaufen, womit man etwaige Fehlgriffe geschickt „corrigiren" kann. Es giebt freilich kaum eine interessantere Zusammenstellung als kohlschwarze Augen, Mmpern und Brauen und hellblonde Haare. Den gleichen Ge schmack, nur auf viel natürlicherem Wege, zeigten ja schon die Römerinnen zur Zeit des Tacitus. Will man die Wimpern und Brauen dunkler färben, so ge braucht man dazu entweder die sogen, kosmetischen Stifte oder dauernde Anwendung von Vaseline und Jndia Ink oder die sogen, unauslöschliche Tinte, welche Höllenstein (!) enthält. Will man Haar« von da, wo sie zum Ueberfluß wachsen, entfernen, so greift man zu folgendem Mittel: Oaloiumgulckbvckrat 20 Gramm, Glycerinstärkr 10 Gramm, gewöhnliche Stärke 10 Gramm und 10 Tropfen Citronenessenz. Von dieser Mixtur wird ein wenig auf die betreffende, zu enthaarende Stelle aufge- tragen und etwa 15 Minuten liegen gelassen. Dann wäscht man mit warmem Wasser nach und stehe da: di« Haare resp. Härchen sind spurlos verschwunden. Sollte die enthaart« Hautflelle roth und schmerzhaft geworden sein, so wird ein wenig 6olck 6rsara eingerieben. Soviel von den „Schönheitsmitteln" für und gegen die Haare. Was von Deutschen beiderlei Geschlechts beim AufentlM in der Union stets besonders bemerkt und entweder neidisch oder be wundernd anerkannt wird, ist der klare, schön weiße und doch so frische Teint der Amerikanerinnen. Nächst der Eigentümlich keit des Klimas, dessen häufiger Wechsel auch auf die Hauptporen einwirken muß, und der großen Vorsicht, die man anwendet, sich direktem Sonnenschein auszusehen, liegt diese Schönheit des Teints zum guten Theil auch an den Mitteln, die man darauf verwendet. Da ist zunächst die sogen. „I'aos lUkmab" oder Ge- sichtsbleiche zu erwähnen. Diese Mixtur besteht aus: Ltanadsck Torckan almoncks eine Unze, bitter »Imoncks blanobeck drri Drachmen, und destillirtem Wasser acht Unzen. Die Mandeln werden in einem Mörser zu Brei gestoßen und die acht Unzen Wasser währenddessen langsam hinzugefüat. Dann gießt man noch acht Unzen Wasser binein, »rhitzt die Mischung bis zum Kochen und fügt dann acht Gramm Ouecksilberbichlorid (!) hinzu. Nun wird fleißig umgerichrt, bi» da» Sublimat sich vollständig aufgelöst hat und die „I'uoo Lloaeü" ist fertig. Allabendlich erhält das Gesicht, der Hals und die freiliegenden Theile der Arme und Hände einen soliden Anstrich bis die gewünschte „Zart heit und Durchsichtigkeit" der Haut erreicht ist. Am Morgen wird die Haut gewaschen und gegen direktes Sonnenlicht geschützt. Ein furchtbarer Feind, mit dem der Teint der Amerikanerin zu kämpfen hat, sind die Sommersprossen und man geht diesem Feinde denn auch mit echt amerikanischer Energie und Rück sichtslosigkeit zu Leibe. Man greift zu dem Zwecke auch wieder zum Aetzsublimat und löst etwa 13 Gramm desselben in einem Pint Wasser auf. Ist di« Lösung vollkommen, so giebt man noch eine Unze Glycerin dazu und schüttelt gehörig durch. Beim Gebrauch dieses Waschmittels wird allmählich die Quantität des vorhandenen Quecksilberbichlorids vermehrt bis die äußere Haut abzuschälen beginnt, worauf man mit der Anwendung desselben aufhört und zu einer Mischung von reinem Glycerin acht Unzen, Dau 6e 6o1oFn« Zwei Unzen, pulverisirtem Borax zwei Unzen, Alkohol zwei Unzen und Kampferwasser 16 Unzen übergeht. „Man sagt", daß diese Procedur auch die Runzeln vertreiben und das Alter der Person um volle 10 bis 15 Jahre (aber nicht noch dem Taufschein) zurückschrauben soll. Hilft diese Behandlung nicht, so gebraucht man die folgende: man nimmt 15 Gran kry- stallisirtes Sublimat, eine Drachme Hydrochlorsäure, acht Unzen destillirtes Wasser, zwei Unzen Rosenwasser, eine Unze Glycerin und zwei Unzen absoluten Alkohol. Man erhitzt zuerst vier Unzen destillirtes Wasser zum Kochen, löst das Sublimat darin auf, gießt das übrige Wasser hinzu und füllt die noch fehlenden Ingredienzien nach. Nachdem man diese Mixtur ordent lich gerührt hat, ist sie zum Gebrauch fertig. Die Anwendung geschieht mit einem leinenen Läppchen, welches man in die Flüssig keit taucht; dann befeuchtet man damit das Gesicht oder alle die Hautstellen, an denen die Sommersprossen sitzen, so oft, als man es „ertragen" kann. Hilft auch dieses Mittel nicht, so greift man zur „ultima ratio" und mischt reine Milchsäure drei Unzen, Glycerin eine Unze und Rosenwasser «in« Unze und befeuchtet damit die Haut. Nicht lange dauert's und es entstehen breite Blasen, welche mit Glycerin und Lanolin behandelt werden, bis sie platzen und sich die Oberhaut abzuschälen beginnt. Hilft auch dieses Mittel nicht und man ist grenzenlos eitel und eifersüchtig auf seine glücklichere Nachbarin, so verschafft man sich concentrirte Schwefelsäure, schüttet diese der Nachbarin ins Gesicht und trinkt zur Stärkung nach dieser Anstrengung einige Schluck Chloral- hydrat oder — Carbolsäure. Dann endlich ist man die Sommer sprossen los. Selbstmorde aus purer Eitelkeit sind in der Union nichts Neues. Um den Augen jene oben angeführte „Oceantiefe" zu ver leihen, gebraucht man verdünnte Stechapfeltinctur, die mittels eines feinen Kameelhaarpinselchens auf das Auge gestrichen wird. Um den Effect noch zu vermehren, schminkt man sich die Augen höhlen sanft grauviolett mit Elfenbeinschwarz und Berlinerblau und schwärzt sich die Augenwimpern mit dem oben erwähnten sogenannten „kosmetischen Stift." Gewöhnlich liebt man zu diesen Augen eine möglichst blass« Gesichtsfarbe. Man nimmt dazu einen sogen, „kaos 8teamer", einen Apparat, welcher mit Wasser gefüllt wird, welches mittels einer Spiritusflamme zum Kochen gebracht und dessen Dampf gegen das Gesicht geleitet wird. Man sucht die Hitze so weit zu ertragen, al» e» irgend möglich ist, dann wäscht man mit Rosen« wasser nach und applicirt einen Gesichtspuder aus Reismehl und Zinkweiß. Wenn jetzt noch dir Lippen mit französischen Zinnoberpasta und die Nüstern mit rothem Vaseline eingerieben sind und das Gesicht dazu mit einem weißen Schleier eingehüllt wird, soll man wohl „zum Malen" schön auf die Promenade aussehen. Sollten sich in der Nase etwa Haare einfinden, so werden dieselben unter vielen Thränen und Zusammenbeißen der Zähne mittels einer fein«» Pincette einzeln ausgezogen. Viel Bewunderung bei Fremden erregt auch die allermeist sehr dünne und zierliche Taille der Amerikanerinnen. Die kommt eines Theils daher, daß die Misses schon früh, etwa im 13. Lebensjahre, anfangen, eines jener Torturmittel des weib lichen Geschlechts, das Corset, zu tragen. Dadurch wird die Proportionelle Entwickelung der Taille mit den übrigen Körper formen derart zurückgehalten resp. zurückgeschniirt, daß eben im 17. oder 18. Jahre jene „Wespenschmächtigkeit" erreich.t wird, die die moderne Modemenschheit so „distinguirt", so „kair" findet. Sollte der Körper später Miene machen, trotz allen Schnürens „voller" zu werden, d. h. sollte sich bei der meist sorglosen, bequemen Lebens- und Gemüthsart der Amerikanerin eine gewisse Ueppigkeit der Formen einstellen, so wird das Corset gar nicht mehr abgenomm«n, auf der bloßen Haut getragen und allabendlich vor dem Schlafengehen in warmem Rosenwasser eingeweicht und, naß wie es ist, sofort auf den Körper fest angeschnürt. Sollte dadurch die Nachtruhe anfangs auch beein trächtigt werden, so gewöhnt man sich meist bald daran und, was das Beste ist, erhält sich auch bei noch so großer Rundung der übrigen Körperformrn eine „Spinnentaille" bis ins späteste Alter, wo man zumeist noch eitler zu sein pflegt, als in der Jugend. Ist man gar zu mager und knochig, so giebt man sich dem Genuß der „harmlosen" „^i-Aenio Tablets" hin, welche denn auch bald die ersehnte blühende Drallheit hervorbringen. Auch die kleinen, zierlichen Füßchen der Amerikanerinnen werden von Fremden, die in der Union in der ersten Zeit über haupt gar nicht aus dem Staunen herauskommen, bewundert. Wenn auch zugeben werden muß, daß im Allgemeinen die ein geborene Tochter der großen Republik so wie so kleine Füße hat, so muß andererseits doch auch wieder gesagt werden, daß man Alles thut, um dieselben noch kleiner erscheinen zu lassen, als sie sind. Das einfachste Mittel dazu sind — enge Schuhe, Schuhe die allermeist eine oder zwei Nummern zu klein für den Fuß sind. Man wählt aber mit Vorliebe Schuhe von Glack- leder, welche leicht nachgeben, und sucht vieles Gehen und Stehen möglichst zu vermeiden. Erscheinen Hühneraugen, so werden dieselben in einer Nacht mit den neuesten „6aru Our«'!;" weg gebeizt. Dal-rr denn die „kleinen, zierlichen" Füßchen der Ame rikanerinnen. Noch Manches ließe sich über da» „aorri«vr la beuutS" in den Vereinigten Staaten berichten. Ganze Seiten könnte man schreiben über den raffinirten Puh, der der raffinirken Kos metik zu Hilfe. Doch es sei genug. Amerika ist und bleibt das Land der schönen Frauen. Wrr's nicht glaubt, der gehe hin — sehe — und werde besiegt! Wer aber in dem Weibe etwas mehr sucht al» das bloße „Äemälde", der bleibe daheim, fülle sein Glas, erhebe es hoch und trinke auf das Wohl der — deutschen Frau!
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