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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.03.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-03-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980315016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898031501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898031501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-03
- Tag1898-03-15
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Di» Morgen-AuSgabe ,rsch«int um '/,? Uhr. tzt» Nbend-Ausgabe Wochentag» um 5 Uhr. Re-lulio» und Lrveditio«: --d«n«ie--asse S. DstEktzedstian ist Wochmtag» »nnnterbrochM gr0ffi»et von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. FMalen: ktts klemm's Sortim. (Alfretz HatzuX UnivrrsitätSstraße 3 (Paulinum), Loni» Lüsche. Uattarinmsts. ich »«t. nnd kSaigSplntz 7. B«z«s-.Prsr- P H« Hmwwx^bttt», ed«, de» Kn StaK- »«irk m»d den vorn« «rriwtrtm An»- aavestellm abgebolt: vtertrljührltch^ILdO, bei zweimaliger täglicher Zu stell»»- tn- Han» ^l SÄ Durch di» Dost bezoaen für Dentschland und Oesterreich: vtertess-hrltch -.—. Dtree«, täglich« Kwnzbandiendnn, stch Ausland: moaaNtch 7.L0. Morgen-Ausgabe. WpMLrIaMM Anzeiger. Amtsblatt des Aönigüchen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes und Votizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Prsis die 6 gespaltene Petitzeile SV Pfg. 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Da- Budget, wohlgrmerkt da» Budget für 1898, nicht etwa da» de- kommenden Jahre-, wird erst in diesen Tagen zu Ende beratheu und geht dann noch erst an den Senat. Aber was kümmert die Abgeordneten auch da- Budget als solche»! Man hat nun fast drei Monate schon mit dem alten gewirthschaftet, so wird eS wohl auch noch weiter so gehen. Augenblicklich hat man an weit Wichtigere- zu denken, augenblicklich heißt eS Reklame für sich selbst machen. Jedes mal, wenn eine Gesetzgebung-Periode abläuft, wiederholt sich da- Schauspiel, jedesmal werden den Wählern einige wunder volle GesctzeSvorschläge als Köder hingeworfrn, und der gute dumme Steuerzahler beißt auch fast immer an. Wir möchten wenigsten- auf einige dieser Leckerbissen aufmerksam machen, mit denen da» Bolk die-mal gekapert werden soll. Zunächst wird natürlich auf den Chauvinismus speculirt. Die Wogen der vaterländischen Begeisterung geben ja jetzt gerade besonder« hoch. Die Franzosen find lauter Engel; geht etwa- schief im Staate, so sind die Fremden daran Schuld. Ist der Fremde reich, so Werst ihn hinaus, denn er erregt den Neid der Bevölkerung, und außerdem weiß man ja nie, zu welchen Umtrieben er sein Geld verwenden kann: siehe das DreyfuS-Synticat. Ist er dagegen arm, so muß man ihn erst recht auSwelfrn, den« eS giebt gerade genug Vagabunden in Frankreich. Ist er fleißig, so ist er ein gefährlicher Con current für die Einheimischen: ist er faul, so wirkt er demoralisirend auf diese. Ist er nüchtern, so ist er verdächtig; ist er ein Trunkenbold, so wäre eS geradezu ge- jährlich, ihn im Lande zu behalten. Also rau- mit den Fremden! Da mau gerade nichts Bessere- wußte, bat man u. A. «inen Antrag auf Erhöhung der Fremdensteuer ringebracht. Der Antrag ist durchgefallen, aber man bat wenigsten- seinen guten Willen gezeigt. Bald werden andere kommen. „Wenn dies» Webrufe über die Ausländer auf richtig wären," schreibt mit Recht CornSly im „Figaro", „was müßte man von der Einsicht diese« Volkes halten, da- mit einem Aufwande von Millionen eine Weltausstellung für da- Ende de- Jahrhunderts vorbereitet und die zwei Jahre, die eS noch davon trennen, damit zubringt, die Ausländer vom Kommen abzuschrecken?" Ein zweiter Antrag bezog sich auf eine gewaltige neue Steuerdelastung der Ri efengeschäftShäuser. Daß diese mit ihren vorzüglichen Einrichtungen vielen GeschästS- treibenden ein Dorn im Auge und daß fle vielen kleineren Betrieben auch wirklich gefährlich sind, ist gewiß. Aber was auf dem Gebiete der Steuergesetzgebung zur Bekämpfung dieser Gefahr gethan werden konnte, schien durch die Neu ordnung der Patentsteuer vom 28. April 1893 wirklich gethan. Diese traf nämlich ausschließlich die großen Betriebe. Wäh rend bisher ter Arbeitgeber für jeden ferner Angestellten eine bestimmte gleiche Steuersumme zu zahlengrhabt batte, war eine Progression von hundert zu bunvert Angestellten ringeführt worden, da- heißt, vom ersten Hundert Angestellter — Commis, Easstrer rc. — mußten für jeden einzelne« 25, vom zweiten für jeden 35 Franken Steuer bezahlt werden uad so fort, mithin z. B. für den 2000sten 215, für den 3000sten 315 Franken. Die Gesammtsumme der Patentsteuer de» Bon March« stieg dadurch mit einem Schlage von nicht viel über huntrrtausend auf über «ine Million Franken. Man sollte meinen, da hätte genügt. Allein der Deputirte Georges Berry und seine Freunde waren damit immer noch nicht zufrieden, sie haben vor ein paar Tagen einen Antrag ringebracht, durch den, besonder- infolge der Einbeziehung der Kutscher, Austräger, Packer u. s. w. in die Zahl der Angestellten, die Patent steuer für die Pariser Häuser um 137, bis 224, für die großen Magazine der Provinz sogar um 224, bis 439 Proc. erhöht wird. Dem Bon MarchS, der gegenwärtig 4800 Leute beschäftigt, wird so sein 4801. Angestellter 505 Franken oder etwa ein Sechstel seine- Verdienstes kosten; im Ganzen wird er jährlich die Kleinigkeit von 2 Millionen 200 000 Franken für sein Patent bezahlen müssen. Daß da- an Raub grenzt, liegt aufdrr Hand. Aber derAntragist, trotz der energischen Einsprüche de- Finanzministers, angenommen worden. Todtzumachen ist dadurch ein Geschäft wir der Bon Marchs nicht. Aber vielleicht wird er einige Hundert Leute entlasten, die sich dann bei Herrn Berry bedanken können. Oder aber — und daS wäre beinahe noch bedauerlicher — er wird vielleicht seine großartigen WohlfahrtSeinrichtungen, Sparcaste, Antheil der älteren Angestellten am Gewinn, Krankenkasse, Alters versorgung, HeiratbSunterstützung rc., aufgeben oder wenigstens einschranken. Seine Concurrenzfäbigkeit wird sich jedenfalls nicht vermindern, allein daS werden die anderthalb Millionen kleinen Handeltreibenden natürlich nicht einsehen. Und um deren augenblicklichen Beifall war es den Antragstellern ja nur zu thun. Die Radfahrer sind zwar längst nicht so zahlreich wie die Kaufleute, immerhin sind 300 000 Wähler nicht zu ver achten. Auch für sie ist gesorgt worden. Ihre Vereine sind von der Clubsteuer ausgenommen und die Taxe für jede« Rad von zehn Franken aus sechs ermäßigt worden. Wehe den 254 Abgeordneten, die gegen diese beiden Anträge ge stimmt haben, die forschen Nadler werden eö ihnen in den Wahlversammlungen schon heimzablen. Der Haupttrumpf aber ist bis jetzt die am vorigen Mittwoch von zweihundert Abgeordneten gefaßte Resolution für die Einführung der zweijährigen Dienstzeit gewesen. Auch da» ist so ein alte- Rcquisitenslück, da regelmäßig vor den Neuwahlen wieder hervorgebolt wird. Die zwei Hundert haben übrigens selbst indirect zugestanden, daß eS sich nur um ein Wablmanöver handelte, denn in ihrer Aufforderung a« die Regierung, einen hierauf bezüg lichen Gesetzentwurf vorzubereiten, heißt es, daß die Frage „natürlich nicht von der gegenwärtigen Kammer gelöst werden könnte". Auch sonst brachte die Ver- lammlung manche- Amüsante zu Tage. So zum Beispiel, daß der Socialist Mlllerand, der vorgeschlagen hatte, die Dienstzeit für Diejenigen auf ein Jahr zu verkürzen, die nach diesem Jahre «in miUlairischcS Examen beständen, von einem politischen Gegner auf da- Princip der Gleichheit hingewiesen werben mußte. Nein, gleiche Dienstzeit für Alle, für den dümmsten Bauerntölpel wie für den begabtesten jungen Ge lehrten, da» schmeichelt der großen Maste. Ernst ist e» den Herren damit natürlich nicht, sie würden von ihren eigenen Söhnen und N»ffen übel empfangen werden, wenn sie ihnen ei» solche- Geschenk nach Hause brächten. Da« ist ja eben da« Köstlichste bei der Sache. Die meisten dieser Neclameanträge — und eS sind deren weit mehr al« die angeführten — werden nicht nur in der Vor aussicht, sondern sogar in der Hoffnung ringebracht, daß sie nicht Gesetz werden. Am besten ist es, wenn die Kammer sie annimmt und der Senat sie ablehnt. Denn dann trägt man in keiner Beziehung eine Verantwortung und kann obendrein seinen Wählern von den „bösen Greisen" deS Luxembourg erzählen, die alles Gute vereiteln. Der erste deutsche Panzerkreuzer „Hansa". (D Die Tbatsache, daß dem am 12. d. M. auf der Werft des „Vulcans" bei Stettin vom Stapel gelaufenen Kreuzer II. Elaste der Name „Hansa" beigelegt ist, bringt in Erinnerung, daß schon einmal ein Schiff, welches den Namen „Hansa" führte, der deutschen Marine angehörte. Der Ver such, ein Schiff mit dem Namen „Hansa" für die deutsche Flotte zu gewinnen, wurde allerdings schon vor 50 Jahren gemacht, als eine Anzahl schwackgebauter Handelsschiffe in der „deutschen Reichsflotte" vereinigt werden sollten. Aber der in New Aork gekaufte Dampfer „Hansa" wurde als Kriegsconlrebande zurückgebalten. Als nun das neue deutsche Reich erstanden war, da lebte in dem ersten größeren Schiffe, welche- vom Stapel lief, der ruhmreiche Name wieder auf; der nach sechsjähriger Bauzeit 1872 auf der Danziger Marinewerft zu Wasser gelassenen Panzer- corvette wurde der Name „Hansa" gegeben. Das stattliche, 3620 Tonnen große Schiff, ein richtiger Panzerkreuzer damaliger Zeit, war nach den Plänen deS englischen Schiffsbaumeisters Reed erbaut worden. Als erstes für den überseeischen Dienst bestimmte deutsche Panzer schiff erfüllte eS 1879 aufs Beste die Aufgabe, während des chilenisch-peruanischen Krieges die deutschen Reichs angehörigen in jenen Ländern vor den Ausschreitungen der Kriegführenden zu schützen. Gleichzeitig mit der „Hansa", die der Capitain zur See Heusner führte, war die Glattdeckscorvette „Freya" an die füdamerikanische West küste geschickt worden. Beide Schiffe erzwangen die Herausgabe des widerrechtlich mit Beschlag belegten deutschen Dampfers „Luxor". Der Commandant der „Hansa" rettete außerdem durch sein ebenso thatkräftiges wie geschicktes Auftreten den Hasenplatz Callao, wo viele deutsche Interessen auf dem Spiele standen, vor der Be schießung durch die chilenische Flotte. Um das Consulat und andere deutsche Besitzungen vor der ZerstörungS- wuth der peruanischen Freischärler zu schützen, wurden damals wiederholt Mannschaften von dem Schiff nach Callao und Lima geschickt. Die zweijährige Reise nach Ost- und Westamerika vom Herbst 1878 bis dahin 1880, ist die einzige Auslandsreise dieses Schiffes geblieben. Im langen Friedens dienst als Wachlschiff des KriegSbafens von Kiel ist die „Hansa" dann allmählich aufgebraucht worden. An der Grundsteinlegung zum Kaiser-Wilhelmcanal am 3. Juni 1887 konnte sie noch theilnebmen; im folgenden Jahre wurde sie indessen auSrangirt. Jetzt dient die alte „Hansa" seit ihrem Umbau im Jahre 1892 als Casernenschiff für Mannschaften der I. Torpedoabtheilung in Kiel. Deutsches Reich. ß Berlin, 14. März. Von geschätzter Seite wird unS geschrieben: Die Wahl deS FestorteS für die Deutschen Nationalfeste zwischen Kyffbäuser, Go-lar und dem Nieder wald (Rüdesheim) ist so weit vorbereitet, daß nach jetzt er folgtem Abschluß der mannigfachsten Vorverhandlungen nun mehr in die eigentlichen Verhandlungen mit den Vertretern der einzelnen Vorschläge eingetreten werden kann. Nachdem da- Fürstlich Rukolstädtische Ministerium aber die Hergabe des Langenthals am Kyffhäuser abgelehnt bat, ist dies Projekt unausführbar, und muß, weil ihm hiermit die Grund lage genommen ist, zum schmerzlichen Bedauern seiner be geisterten Freunde und insbesondere auch vieler opferbereiter Gemeinden und weiter Bevölkerungskreise Thüringen- aus der engeren Wahl ausscheiden, wenn nicht bald eine Wandlung in den maßgebenden Kreisen eintritt. ES verbleiben somit jetzt nur noch GoSlar und Rüdesheim-Niederwald. Wie wir hören, wird der Vorsitzende deS ReichsauSsckmsteS für Deutsche Nationalfeste, Abgeordneter von Scbencken- dorff, in Begleitung einiger dem Ausschuß angehörenden Techniker in Kürze die gemachten Angebote an Ort und Stelle prüfen, und hierbei zugleich über eine Reihe von Punkten, die bei einer so wichtigen Entscheidung erst klar zu stellen bleiben, in Beratbung treten. Nach Lage der Dinge ist es wahrscheinlich, daß die weiteren Verhandlungen in beiden in Vorschlag stehenden Orten zu einem befrie digenden Abschluß gelangen werden, so daß dem Vorstand de« NeichsauSickiisseS, der die Wahl zu treffen bat, demnächst ein spruchreifes Material wird vorgelegt werden können. Daß bei der große» Verantwortung, die hier abwaltet, und bei der Nothwendigkeit, insbesondere auch mit der Gemeinde deS FcstorteS, eine weitgehende, ja volle Verständigung herbei- zuführen, diese Arbeiten ebenso schwierig wie zeitraubend sind, liegt auf der Hand. Doch wird, wenn die Erwartungen in beiden Orten, die jetzt als völlig gleichwertige Bewerber einander gegenübersleben, den gewünschten Verlauf nehmen, die Berufung des Vorstandes, wenn nicht früher, so doch im Laufe deS Monats April erfolgen können. Zur Information der weiteren Kreise über die Ziele und den Stand der Nationalsestfrage erscheint in den nächsten Tagen von dem ersten Geschäftsführer des NeichsauSfchusseS, Hofrath vr. Rolf« in München, bei R. Oldenbourg-München rin Schrislchen, „Deutsches Nationalfest--Auskunftsbüchlein für Jedermann, der sich darüber unterrichten will". OH Berlin, 14. März. Auch der Deutsche Krieger« bund (Vorsitzender General v. Spitz) hatte rem Finanz minister v. Miquel zu seinem 70. Geburtstag gratulirt; er erhielt darauf folgendes Schreiben: Berlin, 6 März. Dem Hochverehrlichen Vorstände des Deutschen Kriegerbunde» für den freundlichen Glückwunsch zu meinem 70. Geburtstag meinen aufrichtigsten Dank zu sogen, ist mir ein Herzensbedürfniß, welchem ich leider aus Mangel an Zeit erst deut genügen kann. Wenn es auch mir nicht vergönnt war, mit den Waffen für das Vaterland zu streiten, io fühle ich mich doch mit dem Deutschen Kriegerbunde in den Gefühlen der Liebe zum Vaterland« und der unauslöschlichen Treue zu Kaiser und Reich innig verbunden und bin seit 50 Jahren bemüht gewesen, soweit meine schwachen Kräfte reichten, für die Wieberaufrichtung uuiereS deutschen Reiches, seinen starken Neubau und die Herstellung fester, unerschütterlicher Grundlagen deS deutswen Staates zu wirken und den Geist der Königstreue und den Sin« für gesetzliche Ordnung zu kräftigen. Um so werthvoller ist mir der Gruß von deutschen Patrioten, welche ihr Höchstes eingesetzt habe« für de» Vaterlandes Freiheit und Selbstständigkeit, gewesen, und ich kann nur schließen mit den besten Wünschen für daS weitere Gedeihen deS Kriegerbundes und das feste Zusammenstehen seiner Mitglieder tu König-treue und Vaterlandsliebe." Am die Erde. R«is»bri«fe von Paul Lindenberg. R«ch»ro- Veristen. XXII. Abfahrt von Bangkok. — Gute Unterkunft. — Ueberraschung. — Bei den französischen Patres. — Sonntagsstimmung. — Ander Küste von Cochinchina. — Sturm! — Schlimme Tage. Ankunft in Hongkong. An Bord de» „Monkgut", 15. Januar. Selch' ein« Fahrt lob' ich mir! Wie man zwar nicht d«n Tag vor dem Abend »reffen soll, so noch viel weniger eine Seefahrt vor ihrem Ende, aber diesem Gefühl der größten B«- haglichteit und höchsten Zufriedenheit muh ich doch Ausdruck geben! Ehe eS vielleicht zu spät wird und man still in seinem Kämmerlein liegt, mit allerhand nicht gerade frommen Wünschen für Bater Neptun, der sein Sc«pt«r in der Chinesischen Süds««, die wir, sobald wir um Lav Tamao hrrumgedampft sind, noch heute Abend erreichen, höchst ungeberRg schwingen soll! Am frühen Nachmittage de» 12. Januar gingen wir in Bangkok an Bord de» „Monkgut", eine» etwa elfhundert Ton zählenden kleinen englischen Dampfe,», der un» nach Hongkong bringen soll, und der seinen Namen noch dem Bater d«S jetzigen Königs von Siam führt. S» ist rin ältere» Schiff, da» schon manchen Sturm erlebt und glücklich iib«rstand«n, da» letzte Mal langt, «», von Swatow kommend, mit brennender Ladung in Bangkok an, und e» war keine leichte Mühe für den Lapitain und die Osficiere gewesen, die im Zwischendeck befindlichen sechs hundert Eyrnesen während d«r acht Tage in Ordnung zu halten. Sobald sich diese Zopfträg er in gewaltiger Mehrzahl befinden, werd«n sie leicht übermüthig und anmaßend, und die Gewehr«, die über unser»» Cabinenbetten hängen, find nicht blo» zur Zierde dort befestigt. Mein Begleiter und ich find dt< einzigen Passagiere an Bord und zudem unserem Tapitain, L. Mc. Lellan, warm empfohlen; aber e» hätte wohl kaum bedurft, um von seiner und seiner Gattin Seite die li«ben»würdigstr Ausnahme zu finden. Ein Capitaint-Ehepaar, wie man e» sich auf allen Meeren wohl erst mühsam suchen muß; er. rin Schott«, mit aufrichtigen Interessen für Wissenschaft und Literatur, in seinen Mußestunden trefflich di« Mandoline und Geige spielend uad «in schottisch Lied dazu singend, sie, eine Amerikanerin, eine tüchtige Malerin, dabei jung, hübsch, zierlich, elegant gekleidet, und doch umsichtig auf Ordnung und Reinlichkeit sehend, und dir chinesischen „Boys", di« kochen und bedienen, tüchtig im Zuge haltend. Zu den gemeinsamen Mahlzeit«», die wir zu Bieren ein nehmen, und di« ebenso reichhaltig wie gut sind, dient ein« kleine Cajüt«, sieben Meter vielleicht im Quadrat und kaum über drei Meter hoch, aber wie wohnlich ist sie auSgestattet, mit verschiedenen Bildern von «der Hand unserer kunstfertigen Lapitainin an den hellgrün lackirten Wändm, mit Vorhängen an den Lhüren, mit vielen Erinnerung-fachen auf dem Ge- schirrschrank, mit Blumentischchen und Spiegeln. Ueberall, auch an der blendrird-weißen Wäsch«, dem Tischzeug, dem schön«» chinesischen Geschirr, merkt man dir Hand einer sorgsamen Hau», frau, die dabei Alle» im Flug« zu erledigen scheint und stet» Zeit zu einem Plauderstündchen hat, und wir hübsch kann Frau Isabel plaudern, wie «in« echte Pariserin. Kein Wunder, wenn »ran sich hier wohlig fühlt, zumal — vorläufig noch — da» Meer ruhig ist wi« eine Lands««, und der Himmel un», besonder» Morgen» und Abends, die zauber haftesten Farbenspiele brscheert, Abend» aber noch da» Meer um unser Schiff herum glühend aufleuchtet, als ob di« Wogen Millionen von Diamantrn enthielten! Die Fahrt ging zunächst den Menam hinunter, und nochmal» konnte man all dir herrlichen Landschaftsbilder seiner Ufer auf sich einwirken lassen, dann an der gefürchteten „Barre" gingen wir vor Anker, da» Wasser noch nicht tief genug war, um un» hinau» zu lassen, erst am nächsten Morgen dampften wir in See, gefolgt von Tausenden von Möven, welche die durch unser Kielwasser »mporgescheuchten Fische al» ihr« Beute erkoren. Nach »irr Stunden aber rasselten die Anker von Neuem nieder, in einer weiten Bucht, im Hintergründe de» flachen, palmen- brwachsrnen Strande» sich dicht bewaldet« Berge erhebend, die voll von Tigern sein soll«», während ein« nahe Insel zahllosen Affenheerden al» Li«bling»auf«ithalt di«nt. Wir mußten hier bi» zum nächsten Morgrn liegen bleiben, da unser Schiff, da» hauptsächlich Frachtzwecken dient, noch eine größere Ladung Reis empfing; zwei Leichter erwarteten un» denn auch schon und kamen sofort zur Seite. Mit dem Lapitain fuhren wir ol-bald in «inem Segelboot an Land. Anghin nennt sich der Platz, und in dem nahen kleinen Ort, der wegen seiner handgewebt,n Seidensache» in Bangkok einen gute« Klang hat, wolltrn wir verschiedenerlei einkausrn. D«r Strand, aus dessen weißem Gand unser Kahn knirschend aufkirf, war bedeckt mit großen und kleinen Muscheln aller Art, aber kaum zwanzig Schritte weiter dehnte sich die Dschungel-Wildniß auS, durch welche sich schmale Pfade zogen. Mr schlugen einen derselben ein, um schon nach Kurzom über rascht stehen zu bleiben — das war ja wie im Schneewittchen- Märchen: unter weitkromgen Tamarindenbäumen und schlanken Palmen standen zwei au» Palmdlättergeflecht errichtete, nach der Meersrite zu offene Hütten, in der einen drei Ruhesitze, in dir anderen ein weißgedeckter Tisch mit drei Couvert», mit Wein flaschen, Gläsern, Früchten, Weißbrot» und selbst — Zeitungen. Mr waren noch in Hellem Erstaunen, al» drei schwarze Ge stalten auftauchten, dr« Patres von der französischen Mission, die unS auf da» Herzlichste willkommen hießen; wir mußten Platz nehmen und mit frühstücken, alles Dagrgenraden war umsonst, na, und daS Frühstück mit Suppe, Hasenklein und ge bratenen Tauben, dazu Chablis und Bordeaux und zum Schluß ein Gläschen feurigen französischen SUdweines, war brillant. Während des Essens erschienen drei siamesische Jäger und brachten den frommen Herren ihre Beut«: Reiher, Fischadler, Papageien und bunt« Tauben mit schillerndstem Gefieder, Falken rc., di« unS sogleich überlassen wurden. Während wir un» den von einem der Missionare bereiteten Kaffee munden ließen und den Cigarren duftig Wölkchen ent lockten, da, horch! die Klänge eines vollen europäischen Orchester»! Das war ja mehr wie märchenhaft, hier, in dieser einsamen Wildniß! Di« Patre» lächelten vergnügt, der dem Range nach erste von ihnen stand auf und wir folgten ihm, und auf einer kleinen Lichtung im Schatten hoher Palmen und Mangobäume fanden wir die Capelle, aus dreiundzwanzig Knaben — Sia mesen, Chinesen, Malayen, Halbblut — btstehend; alle Instru mente, von der Pauke bis zum Limbal uad Tambourin, waren vertreten, die Knaben spielten sehr genau, und zumal der Piston bläser war vortrefflich. Welche Mühe und Geduld mußten er- forderlich gewesen sein, um ein solcher Ergebniß zu zeitigen! Wir hörten zunächst Blßger's „Gruß an Frankreich", dann vinen Marsch au» Bonjeau's „Jungfrau von OrlLans" und als dritte» Stück folgte eine Quadrille au» — „Frou-Frou". (?) Unterdessen waren Tische und Stühle gebracht worden, zugleich eine ganze Anzahl Flaschen kühlen Biere», und wir ließen uns, mit dem Ausblick auf das blaue Meer, diese» Couvert wohl ge fallen. Berschiedene der folgenden Stücke leitete der erste Pater selbst, in der Mitte der Schaar stehend und seinen Spazierstock schwingend, ein Bild, das natürlich unseren photographischen Apparaten nicht entging. Nach einem Besuch« de» Dorfe», in welchem wir viel« Frauen eifrig an den Wobstühlen beschäftigt fanden, in schönen Mustern di« fiamesischen Panung» webend, und d«r intrressanten alten Tempelanlagen wurde nochmal» in der Missionar»hütt« Rast gemacht und ein Stündchen bei Bier und Cigarren verplaudert. Die geistlichen Herren unterrichten gegenwärtig etwa fünfzig verwaiste Kinder, und mit ihren Erfolgen sind sie recht Alfrieden; die Kleinen, die wir bei ihrem im Freien eingenommen«» Abend essen aufsuchten, machten einen sehr bescheidenen und guten Ein druck, sic waren sämmtlich bekleidet, wenn auch in etwas bunt zusammengewürfelter Art, denn manch« der Mützen, der Höschen, der JaquetS mögen dereinst in Pari» und anderen französischen Städten spazieren getragen worden sein. Nach herzlicher Verabschiedung am Strande segelten wir zu unserem „Monkgut" zurück, der beim ersten falben Schein am nächsten Morgen die Anker lichtete, den siamesischen Meerbusen durchkreuzend. Eine schön«, nur etwas sehr heiße Fahrt; tief blau die Wogen und blau der Himmel, ruhig und sicher geht das Schiff seine Bahn, und wir begleiten seinen Lauf mit dem heißen Wunsche: „Ach, wenn es doch immer so bliebe . . .!" 16. Januar. Sonntag und Sonntagsstimmung. Rings um uns nur Wellen und Wellen; es ist wie an anderen Tagen, und doch erscheint Einem Alles in anderem, noch freundlicherem Licht. Man sieht, wie leicht man aus sich heraus die Welt fröhlicher und sonniger gestalten kann. Schäumend zrrtheilt unser Dampfer die Wogen, sie rauschen und brausen wie sonst, und doch glaubt man zuweilen aus ihren Tönen herau» daS Klingen von entfernten Kirchenglocken zu vernehmen. . . . Unsere schön« Capitainin, die heut« in schwarzem Atlas erscheint, verspürt Sehnsucht nach «inem Vormittags-Gotte»- dirnst, aber ihr Sehnen bleibt vergeblich, so muß sie denn allein in der Bibel lesen. Auf dem Schiff geht Aller seinen ge wohnten Lauf — doch halt! plötzlich stoppt die Maschine, da» Schiff fährt langsamer, endlich steht eS ganz. Im Maschinen raum wird gehämmert und gefeilt, eine Stelle am Kessel ist un dicht geworden, und der Dampf strömte herau»; wie man sich doch plötzlich doppelt verlassen aus der unendlichen Wasserfläche vor kommt, noch viel nichtiger und unbedeutender al» vorher, und wie viele thörichte „Wenn»" und „Aber»" mit einem Mal« auf tauchen! Nach einer halben Stunde schon ist der Schaden ou»- gebessert, neue Dampfwolken entströmen dem Schornstein, die Schraube dreht sich wieder, da» Steuer tritt in scharfe Lhätigkeit — halloh! e» geht von Neuem vorwärt». Aber eine Kälte ist — man wird fühlbar an den deutschen Winter erinnert. Und doch zeigt der Thermometer auf 18 Grad Reaumur. Wärmere Sachen werden hervorgeholt, und man umkreist fortwährend das Verdeck. Aber bakd ist'» damit zu End«, Neptun schüttelt seinen Dreizack, dunkle Wolken über- ziehen dm Himmrl, eine düster« Färbung, di« jedoch wechselnd
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