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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.03.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-03-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980330019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898033001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898033001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-03
- Tag1898-03-30
- Monat1898-03
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Grotzere Schriften laut unsere» IDwtK Verzeichnis. Tabellarischer und Ziffernsatz »ach höherem Tarif. Ultra-Beilagen (gefalzt), nur mit der 1>torge»-AuSgabr, ohne Poskbesürdernug ^4 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abrad»Ao»gab«: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestelle» je rin« halbe Stund« früher. Anteile« find stet» an die Expedition t» richten. Druck und Verlag vo» E. Polz tu Leipzig. 92. Jahrgang. 169 Mittwoch den 3">. März 1898. sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstrasze 35 Herr L. 0. Litte!, Colonialwaarenhandlung, Beelhovenstraße 1 Herr Illeoä. Leter. Colonialwaarenhandlung, Brühl 53 6. L. 86kubvr1'8 Xaekfolxer, Colonialwaarenhandlung, frankfurter Straße (Thomasiusstraßen-Ecke) Herr Otto Lranr, Colonialwaarenhandlung, «öhrstraße 15 Herr Llluarü üetLer, Colonialwaarenhandlung, Nürnberger Straße 45 Herr Ll. L. Udreellt, Colonialwaarenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr Lodert Oreluer, Zweinaundorfer Straße 18 - Connewitz Frau Li86der, Hermannstraße 23. - Eutritzsch Lodert 4Itner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - Gohlis Lodert 4Ituvr, Buchhandlung, Lindenthaler Straße K, - Lindenau Herr widert I^lullner, Wettiner Str. 51, Ecke Waldstr., Buchbinderei, - Neustadt 8eke1t'8 4vnoneen-Lxpeä1t!on, Eisenbahnstraße 1, In: Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das II. Vierteljahr 1898 baldgefälligst veranlassen. Der Bezngspreis beträgt wie bisher vierteljährlich für Leipzig 4 50 mit Bringerlohn für zweimaliges tägliches Zutragen S 50 durch die Post bezogen für das Deutsche. Reich und Oesterreich-Ungarn 8 In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpeditio«: JohanneSgaffe 8, die Filialen: Katharinenstratze 14, Königsplatz 7 und Universitätsstratze S, Ranftfche Gaffe 0 Herr Lrleär. Linker, Colonialwaarenhandlung, Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. LnxelmlMii, Colonialwaarenhandlung, Gchützenftraße 5 Herr ^ul. 8edüml^d«v, Colonialwaarenhandlung, Westplatz 3» Herr ll. Dittrloli, Cigarrenhandlung, Aorkstraße 32 (Ecke Berliner Straße) Herr ü. üördolü, Colonialwaarenhandlung, Zeitzer Sttaße 35 Herr V. LÜ8tvr, Cigarrenhandlung, in Plagwitz Herr 0. Orüt/MLUU, Zschochersche Straße 7», - Reudnitz Herr IV. LuKwaun, Marschallstraße 1, - - Herr veröd. Weder, Mützengeschäft, Leipziger Straße 11, - Thonberg Herr k. üüut8ok, Reitzenhainer Straße 58, - Volkmarsdorf Herr 0. 4. ^uumuuu, Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). Europäische Vermittlung oder Cinzetvermitt- tuug im spanisch-amerikanischen Conflict? SS In dem Augenblicke, wo der spanisch-amerikanische Conflict auf dem Höhepunct angelangt zu sein scheint, wird gemeldet, daß eine europäische VecmittlungSaction zwischen den beiden Ländern eingeleitet werden soll. Die Mitglieder der Friedensliga werden sicherlich darüber jubeln, daß auf solche Weise der Gefahr de» Blutvergießen» vorgebeugt werden soll. ES ist aber recht sehr die Frage, ob die Ver mittlung den Interessen der europäischen Mächte dient, und ob sie den Beziehungen zwischen ihnen förderlich ist, voraus gesetzt, daß die Großmächte in ihrer Gesammtheit eine Art von Schiedsgericht zwischen den streitenden Staaten dar stellen sollen. Wenn die europäischen Diplomaten ihre literarischen Erinnerungen auffrischen — Herr von Bülow ist ja mit einem glücklichen Gedäcktniß begabt, wie Fürst Bismarck eS war, ob es seine fremdstaatlichen College« sind, wissen wir nicht —, so werden sie sich vielleicht der Scene in den Pick- wickiern erinnern, wo Herr Pickwick zwischen zwei streitenden Schriftstellern, die eben aufeinander losschlagen wollen, ver mitteln will. Sofort lassen Beide von einander ab und stürzen sich auf ihn. Man ist dem Vermittler sehr wenig dankbar, weil eS ja in dem Wesen des von ihm über nommenen Amtes liegt, daß er jedem der streitenden Theile etwas von seinen Ansprüchen abhandelr und man ist ihm am allerwenigsten dankbar, wenn er den Streitenden seine Meinung aufzudrängen und sie gewaltsam zum Frieden zu zwingen sucht. Fürst Bismarck hat das einmal sehr scharf und klar dargelegt, als ihm im Reichstage ein Vorwurf daraus gemacht wurde, daß er den russisch-türkischen Krieg von 1877/78 nicht verhindert habe. Er sagte damals: „ES hat der Herr Vorredner gesagt, Deutschland habe sehr Wohl die Autorität gehabt, den Krieg zu Verbindern. Daran zweifle ich gar nicht. Es wäre aber eine sehr große Thor- heit, um mich nicht eines stärkeren Ausdrucks zu bedienen, wenn wir das gethan hätten. ES sind dergleichen Versuche ja doch in der neueren Geschickte mehrere gewesen. Sie sind Demjenigen, der auf diese Weise einen Krieg Anderer verhindert, wenig ßedankt worden." So würden auch weder Spanien, noch die Bereinigten Staaten den europäischen Mächten Dank für die Vermittlung wissen, und diejenigen der Mächte, die in einem dieser Staaten siroße Interessen haben, wie z. B. Deutschland in den Bereinigten Staaten, würden alles eher davon, als eine Förderung ihrer Inter essen haben. Aber auch die Einigkeit zwischen den europäischen Mächten selbst kann nur darunter leiden, wenn e» gewissermaßen zur Regel werden sollte, daß sie in allen moschen streitigen Frage« sich als eine Art von oberstem Gerichtshof con- stituiren. Man fleht ja schon an dem europäische« Concert in der orientalischen Frage, daß durch die praktische Durch führung gemeinsamer Actionen da» Gefühl der Gemeinsamkeit nicht gestärkt, sondern geschwächt wird. Theoretisch macht sich ja so etwas sehr hübsch, wenn Deutsche, Franzosen, Engländer rc. Hand in Hand gehen, und man könnte annehmen, daß durch solches gemeinsames Handeln, durch ein gemeinsames Ziel, also durch eme gewisse Kameradschaft sonstige Gegensätze gemildert werden. Wie oft aber hat daS europäische Concert zu Reibungen und Verstimmungen geführt. So kann man eS mehr als ein Uebel, denn als etwa» Gute» ansehen. In der orientalischen Frage ist eS freilich ein nothwendigeS Uebel, daß ein größere» Uebel den Ausbruch eines europäischen Krieges bei der Auslösung der türkischen Herrschaft hintanhalten soll. Und dies ist der fundamentale Unterschied zwischen der orien talischen Frage und dem spanisch-amerikanischen Conflict, daß es im ersteren Falle die Austragung widerstrebender Interessen mehrerer europäischer Großmächte zu vertagen gilt, während im letzteren Falle überhaupt keine derartigen Interessen vorhanden sind. Ob sich Spanien und die Ver einigten Staaten schlagen oder vertragen, spielt vielleicht im wirthschaftlichen Leben Europa» eine Rolle, nicht aber im politischen. Darum hieße e» einen übergroßen Apparat aufwrnden und nur die Möglichkeit von Reibungen schaffen, wenn sich die Großmächte auf die Vermittlerrolle einließen. Ander» ist e» schon, wenn eine eiazelue Macht diese Rolle übernähme, z. B. Frankreich, dessen auswärtiger Minister ja erst vor wenigen Tagen in schwungvollen Worten versichert hat, wie gleich nahe dem Herzen der französischen Nation da» raffen verwandte spanische Volk und die glorreiche Schwesierrepublik jenseits de» Oceans ständen. Viel Nutze« würde Frankreich zwar auch nicht von dieser Aufgabe haben, aber sie würde der Eitelkeit der französischen Nation schmeicheln. Am besten aber wäre es wohl, wenn man den beiden Mächten selbst überließe, mit einander fertig zu werden. Handelt es sich nur um die „Maine"-Angelegenbeit, so wäre ja ein Schiedsgericht gewiß am Platze. Tbatsächlich aber liegen dem Streite viel tiefergehende Divergenzen zu Grunde, und in solchen Fällen ist es nur naturgemäß, daß die beiden Völker selbst mit einauoer fertig zu werden suchen. Gerade jene Nation, die immer betont, nur Amerikaner hätten da» Recht, sich um amerikanische Dinge zu kümmern, könnte e» gewiß nicht verargen, wenn Europa darauf verzichtete, im kubanischen Conflicte, also in einer amerikanischen Angelegen heit, die undankbare Rolle de» Mittler» zu übernehmen. Der Kreuzer 0. Der Stapellauf de« kleinen Kreuzer» 6 auf der Germania-Werft'Kiel ist auf den 31. März 12 Uhr Mittags festgesetzt; die Taufe des Schiffes wird, wie schon erwähnt, Prinzessin Irene vollziehen. Die Arbeiten am Schiffskörper deS Kreuzers 6 sind fast vollendet, die Schraubenwellen mit den Stoben der ZwillingSschraube« sind einzeschoben, der Beschlag der Holzbekleidung mit Munzmetall ist fast beendet und durch Herstellung de» Ablaufschlittens wird der Stapellauf vorbereitet. DaS neue Schiff stellt einen großen Fortschritt gegen unsere früheren Kreuzer IV. Classe, der Condorclasse, dar; eS ist nach den Plänen de» ReichsmarineamtS gebaut, und sein Bau am 14. April 1897 begonnen. DaS Baumaterial deS Rumpfes ist bester SiemenS-Martin-Stabl. Der Kreuzer hat ein Deplacement von 2645 1, eine Länge zwischen den Perpendikeln von 100 w, größte Länge 105 m, eine Breite von 11,8 w und bei mittlerer Belastung vorn 4,6 m, hinten 5,1 m Tiefgang. Die beiden Maschinen sollen 9000 Pferdekräfte entwickeln können und dem Schiff dadurch 19,5 Knoten Fahrt verleiben. Vier Wasserrohr-Doppelkessel, System Niclauße, werden den Dampf liefern, die Kohlebunker die Unterbringung von circa 500 t Kohlen gestatten. Unter dem Maschinen- und Kessel- raum hat daS Schiff einen Doppelboden. Außer durch die vermehrte Große und Leistungsfähig keit zeigt daS neue Schiff noch andere inS Auge fallende Unterschiede gegen die Kreuzer der Condorclasse. Zunächst ist die Form de» Vorsteven» derart, daß dadurch eine 4 m lange Ramme gebildet wird, die an der Spitze einen abgerundeten bronzenen Sporn tragt. DaS Steuerruder ist ein Balanzruder und frei aufgehängt, ohne, wie sonst bei größeren Schiffen üblich, in einem Zapfen in der Verlänge rung deS Kiel», in der Ruderhacke, zu stehen. Diese Ruder backe und der letzte unterste Theil de- Hinterschiffes, der nach dem Holzschiffbau noch immer Todtholz genannt wird, fehlen bei 6 vollständig. DaS Weglaffen de» Todtholze» vermindert den seitliche» Widerstand de» Hinterschiffe» gegen Drehen und erhöht dadurch bedeutend die Drehfährgkeit. Diese Con- structiou de» Hinterschiffe» hat sich bei dem in England gebauten japanischen großen Schlachtschiff „Aashima" sehr gut bewährt. Die sehr großen, hohle», au» bronzenen Platten bergestellten Schlingerkiele, die mit Kork auSgefüllt sind, sollen die Schlinaerbewegungen de» Schiffe» mäßigen, welches nicht wie die Kreuzer IV. Classe an seiner Takelage Segel sichren wird. Da» Aeußere de« neuen Kreuzers wird bei seinen schlanken Formen ein sebr gefällige» sein, besonder», wenn er bei Ver wendung im Ausland den weiße« Kreuzeranstrich erhält. Die Takelage ist leicht und besteht nur au» zwei Pfahlmasteu, die beiden Schornsteine sind hoch und haben, den starken Maschine« entsprechend, einen bedeutende« Querschnitt. Eine Laufbrücke verbindet oberhalb de» Deck» die Aufbauten der Back auf de«, Vordeck mit denjenige« auf dem Achterdeck, der sogenannten Campagne. Die unt der Laufbrück« ver bundene Commandobrücke liegt zwischen de« Schornsteinen. Die Armirung de» Schiffe» ist eine recht starke. Sie besteht aus 10—10,5 em Schnellladekanonen, 14—3,7 cm Maschinenkanonen, 4 Maschinengewehren und 3 Torpedo rohren, von denen das Lugrohr unterhalb de» Sporu- mündct. Die beiden Scheinwerfer werden je 40 000 Kerzen Leuchtkraft haben. Der Panzrrschutz besteht au- einem sich über die ganze Schiffslänge erstreckenden Panzerstahldeck von 20 bis 50 mm Stärke, unter dem die Maschinen, die Feuilleton. Die Union in Waffen. Skizze« au» der vereinigten Staaten Armee lind Marine Bon H. Drnwttz. Nachdruck v erboten. Seit dem großen Secessionskriege, also ein volle» Menschen alter, hat Europa wenig Veranlassung gehabt, seine Auf merksamkeit dem Heerwesen der großen amerikanischen Republik zuzuwenden. Heute aber, wo ein Krieg der Union mit Spanien zu einer ernsten Möglichkeit geworden ist, richtet sich da» all gemeine Interesse wieder auf die Heermacht der Union, zumal da ihre Verhältnisse und Einrichtungen ganz eigener Art sind. Den Vereinigten Staaten stehen zwei Armeen zur Ver fügung: Die regulären oder Bundestruppen in der Stärke von etwa 35 000 Mann und die Nationalgarde oder Staats truppen, in ihrer Gesammtzahl etwa 150000 Mann. Diese Truppen sind innerhalb weniger Stunden, vollständig aus gerüstet, zum sofortigen Abmarsch gegen den Feind bereit. Wir viele Streiter die Union aber als sog. Voluuteers oder Freischärler im Ernstfall oder gar im Nothfall auf die Beine, unter Waffen, auf den Marsch und an den Feind bringen könnte, da» entzieht sich jeder Berechnung, weil unter Um ständen selbst die Frauen (siorridils äiotu) bewaffnet in» Feld ziehen und den Feind trotz Schnellkeuerkanonen und Maxim- geschosse einfach durch die bloße Uebermacht erdrücken würden. (?!) Die reguläre Armee besteht au» Infanterie, Tavallerie und etwa» Artillerie und ist die einzige stehende Trupp« oder Linie in den Vereinigten Staaten. Sie wird zum allergrößten Theil zum Sicherheitsdienste in den zahlreichen Fort» de» Westen» gegen die Indianer verwendet und nur bei größerem Aufruhr vermöge ihrer schnellen Marschbereitschaft herangrzogen. Dir Infanterie ist mit vorzüglichen Repetirbuchsen amerikanischen Modell» bewaffnet. Die Tavallerie reitet gut trainirte Thiere. Die Artillerie führt sech-läufige Gatlinggeschütze, welch« jedoch durch Schnellfeuerkanonea ersetzt werden sollen, und ist weniger gut ausgebildet. Die Uniform besteht au» dunkelblauem Käppi, dunkelblauem Waffenrock und weiten hellblauen Hosen und ist nicht nur sehr kleidsam, sondern auch weit praktischer zugeschnitten al» die preußische. In der BundeSarmre befinden sich Söldlinge au» aller Herren Länder. Will irgend Jemand, um etwas zu verdienen, Soldat werden, so hat er nichts weiter zu thun, al» über 20 Jahre alt zu sein, und sich in einem der stets offenen Werbebureaus in den großen Städten zu melden. Dort wird er ärztlich unter sucht, gewogen und, fall» er gesund und nicht über 150 Pfund schwer ist, sofort angenommen. Der Gemeine oder „private" muß der englischen Sprache mächtig sein, sich zu fünfjähriger Dienstzeit und unbedingtem dienstlichen Gehorsam schriftlich ver pflichten. Im ersten Jckhre erhält er anfangs einen Sold von 13 Dollar (etwa 54 monatlich), im zweiten Jahre 15 Dollar und so fort, bi» er im fünften Dienstjahr« mit 18 Dollar ab schließt. Während seiner Dienstzeit erhält er Uniform, Waffen und Verpflegung geliefert; doch wird ihm für Schonung seiner Bekleidung und Ausrüstung eine bestimmte Prämie angerechnet, die er am Schluffe seiner Dienstzeit sammt seinen sonstigen Er sparnissen und deren Interessen von dem „pLvrrmstsr" auS- bezahlt erhält. Der Dienst in den Tasrrnen oder „durruoks" ist nicht schwer. Exercirt wird bei der Infanterie z. B. nur eine Stunde täglich. Der Nachtdienst ist schon beschwerlicher, doch auch nicht aufreibend. Auf Stadturlaub, oder sonst außer Dienst, darf der Soldat kein« Waffen tragen. Subordination wird nur im Dienst strenge gefordert, sonst aber vielfach ver nachlässigt. Deserteur, werden, wenn man ihrer habhaft wird, wa» in zehn Fällen immer ein bi» zwei und ein viertel Mal d«r Fall ist, streng« bestraft. Diese „Bunderarmee" würde im Fall, eine» Kriege» mit Spanien also wenia in Betracht kommen, und wenn sie auch fast durchweg tüchtige, auf der Kriegsschule in West-Point ausgebildet» Offteier« besitzt, dennoch wenig oder gar nicht» ««»richten, »eit st« an Zahl zu Nein ist und nicht gut aus längere Zeit, wie es doch im Kriege erforderlich wäre, entbehrt werden könnte. Al» Landtruppen würde also nur die zweite Armee, die Nationalgarde, den etwaigen Feldzug ausführen können, und das auch nur unter Bedingungen. Die Nationalgarde ist weder Miliz im eigentlichen Sinne, also Bürgerwehr, noch auch „Vo- lunteer", d. h. Freiwilligentruppc. Denn die Vereinigten- Staaten-Miliz besteht au» der Gesammtheit aller waffenfähigen Mannschaft von 18—45 Jahren, und die Freiwilligen dienen nur im Kriege, und dann auch nur den einzelnen Staaten, nicht der Union als solcher. Im Frieden ist die Nationalgarde eine Art stehender Sicherheitswache, die der bürgerlichen Autorität und damit dem Gesetze unter Umständen den nöthigen Nachdruck zu verleihen hat. Im Kriege bildet sie den Stamm des zu bildenden Miliz- und FreiwilligenheerrS und wird unter dem Obercommando des Präsidenten in die allgemeine Wehrkraft ein- rangirt. Ihre Ausrüstung besteht im Felddienst in grauem Sombrero, loser dunkelblauer Blouse oder Jaquet, hellblauen Beinkleidern mit Segeltuchgamaschen, Tornister mit Poncho, Mantel, wollener Decke, Feldflasche, Gewehr mit Bajonett, Patronentasche und Kochgeschirr. Doch giebt es viele Varia tionen von dieser Uniformirung. Ein blaues Käppi mit Schirm außer Dienst und im Sommer ein großer Tropenhelm und weiße Beinkleider vervollständigen die Ausrüstung. Wenn die Bundestruppen sich etwa den zusammen gewürfelten Söldnerbanden des siebzehnten Jahrhunderts vergleichen liehen, so steht die Nationalgard« doch auf einer viel höheren Stufe. Während der reguläre Bundessoldat vom Volke verachtet wird und auch sonst m Mißkredit steht, ist e» eine Ehre, in der Nationalgarde zu dienen, und eine hohe Kunstbezeugung überhaupt, darin ausgenommen zu werden. Die Nationalgarde repräsentirt dir Blüthe, wenn nicht die Elite (im demokratischen Sinne) der amerikanischen Mannheit. Niemand wird ringemustert, der nicht den übrigen Kameraden der Abtheiluna angenehm ist. Ost wird durch Stimmenmehrheit entschieden, ob der Betreffend« ausgenommen werden soll oder nicht, vier od«r fünf schwarz« Kugeln entscheiden darüber end- giltig. Irrt man sich dennoch in d«r Person, so wird der Un angenehme einfach ausgewiesen. Die Officiere werden von den Abtheilungen frei erwählt, und es ist dem Gemeinen nicht v:rwehrt, die höchsten Ehrenstellen zu ersteigen. So ist der gegenwärtige Commandirende der gesammten Nationalgarde einst Gemeiner in der Garde von Massachusetts gewesen. Auf mindesten» drei Jahre muß sich jeder Nationalgardist dienstlich verpflichten, doch kann er zehn Jahre und noch länger im Dienste bleiben, falls er Lust dazu hat. Seine freie Zeit darf er zu bürgerlichen Beschäftigungen in seinem Berufe benutzen, nur muß er sofort zur Stelle sein, wenn das Signal oder die Ordre des Commandeurs ihn ruft. Gehorsam wird aufs Strengste gefordert und im Verweigerungsfalle mit Geld oder Gefängniß empfindlich gestraft. Während des Winters exercirt die Compagnie einmal in der Woche und hat dann auch ihre Bataillons- und Regimentsexercitien durch zumachen, auch wird Instruction in Taktik und Strategie, sowie Unterricht im Schießen ertheilt. Die meiste Zeit jedoch wird auf athletische Wettspiele, Concerte und Bälle verwandt, deren Arrangements einen guten Theil der „Dienstzeit" der Officiere in Anspruch nimmt. Im Sommer ist kein Exerciren unter Dach, sondern Lagerdienst vom Juni bi» August. Morgens 5 Uhr dröhnt ein Kanonenschuß und weckt die Schläfer, und Abends mit Sonnenuntergang ertönt die Retraite, die sie zur Ruhe ruft. Dazwischen wird vier bi» sechs Stunden exercirt, geschossen, marschirt und — poussirt, denn da» schöne Geschlecht, so sehr es die Regulären verachtet, bewundert doch die schlanken, ritterlichen Nationalgardisten und wird von diesen bewundert, wa» bei der anerkannten Schönheit der jungen Amerikanerinnen gar nicht so schwer sein soll. Außer Dienst herrscht keine Sub ordination und man kann Officiere und Gemeine gemüthlich miteinander verkehren, rauchen, spielen und trinken sehen. Wenn man in Betracht zieht, daß die meisten Gardisten weit weg von ihrer Garnison, wie wir Deutsche sagen, in ihren bürgerlichen Quartieren wohnen, so muß man die Schnelligkeit, mit der sie zusammeneilen und marschbereit gemacht werden können, bewundern. Im großen Brooklyner Aufstand« im Jahre 1895 wurde beispielsweise um Mitternacht die Ordre zur Sammlung der ersten Brigade ausgegeben, und bmett» um
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