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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.04.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-04-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980407028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898040702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898040702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-04
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so >er- 500 vov e«- >1» 5 S'- 7>ü- 7'» SV Bez«--,PreV Hemptexpeditio» Med«»« Gittt- «d de» ««orte» «richtet« «-»> abgeholt: vierteljährlich 4S0. täglich« Kuftill«»- tn» v«ch dir Post bezog« für Oesterreich: viertellühriich > tägliche Krruzb«»di«du»O Dt» Morge»A»»gabe erscheint e» V«? Uh^ bt« >b«d^lusg«b« Wocheslag» « b Uhr. Uedactio« »«- Erve-Mo«: -,tz«n>e»«nfse 8. MftUztzÄltio» ist Wochentag« »nnnterbroch« W-ifiwt vo» früh S bi» Abend» 7 VH». Filiale»: Dtt» Klemm'» Lortim. (Alfred Ha-Hk Universität-straße S lPaulinum), «aal» Lösche, Aat-arkmastr. 1«, pari, «d K5nlg»pl«ch 7. Abend-Ausgabe. MWM.TlUMaü Anzeiger. Ämtsötatt -es königlich en Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes und Notizei-Ämtes -er Stadt Leipzig. Donnerstag den 7. April 1898. Uazeigen-PretA <sie Sgespalteae Petit-elle -0 PK . M»«lam«» xnter de»1 (4 M«lt«) bO-4. vor den i, gespart«) ^0 4. Gr»-«» Schrift« la»t meftmm Wm». MrzöliZMiß. r»toS«tfch«r and Mlftnrfttz Extra «Beilagen (gefalzt), aar mit -G viorge».Ausgabe, ohne Postbef»rd«r«st' ^z so.—, «et P»stdesördernng -M 7V.— A.»»ah»eschl»ß fiir Ltyrize«: Nbrud-Lasgab«: vormittag» U) Uhr. Ntor-eu-Lasgabe: Nachmittag» 4Uhr. Bei d« Ailial« »nd «»»abmestell« j» eia» halb» fr »der. Anzeige» siad stet» a» di« Ertzeditio» z» richt«. Ln» med v«lag »0» S. Volz t» Leipzi» 82. Jahrgang. v,25 later 15^0. sroo io»o 3425 2450 «SV 4800 0250 sioo S.40 4^10 L,30 l — 7 80 ;,4o ) r.io 4.70 3,so S.L» »40 .2' >. >S'i iri», S500 tS00 W75 4000 2700 Z823 4220 2840 4700 3850 »000 S400 8700 7225 SS50 600 >r >1» >«iv», Liaz» ao<1 - v»a »uge u»c>» »äor, Xat lllioi», aäva. ssoo 4800 310 24 0 2350 S20 5 OO 3828 SSSO 525 2800 0.40 >4,50 4.40 0,50 >7,— >2.50 7.50 7.40 >8,78 5.50 210 8.80 ^»cv. 1, S. s, S,50 3, — S,10 3.25 0.— 8,60 5.— 4, — 8.50 7, 5, 5, 1,40 0,50 8, - 5.50 2,75 1,— 0,25 2,75 8.80 S.— 8.25 1.80 4,— 3,— 0,20 2375 825 4025 »rtv» Politische Tagesschau. * Leipzig, 7. April. Die „Germania" und die „Vossische Zeitung" mahnen gleichzeitig die konservative Partei, sich nicht vurch de» V»nd Per Landwirthe sprengen zu lassen. Beide Blätter sind den Conservativen wenig wohlwollend gesinnt, und eine Mahnung von gegnerischer Seite pflegt ja nur einen sehr beschränkten Wertb zu haben. In diesem Falle aber wird Jeder, der die Verhältnisse objectiv betrachtet, den beiden Blättern Recht geben müssen. Man braucht nur die gegenwärtige Wahlbewegung zu beobachten, um zu finden, daß der Bund sich anschickt, durch eigene Candivaturen die Zahl der „Wilden" im Reichstage zu vermehren. Es sei erinnert an den XIX. hannoverschen Wahlkreis, an den XIII. badischen Kreis, an den III. hessischen Wahlkreis und an den Kreis Minden-Lübbecke. In diesen Kreisen, deren Zahl sich noch vergrößern ließe, stellen die Bündler Candidaten auf, die keiner Partei beitrrten wollen; zwei dieser Kreise sind obendrein gegenwärtig conservativer Besitzstand. Es mag daher Wohl dahin kommen, daß in den nächsten Reichstag ein halbes Dutzend, vielleicht auch mehr, Abgeordnete einziehen, die lediglich als Bündler gewählt sind. Ist dies auch nur ein kleines Häuflein, so kann es doch einen außerordentlichen Einfluß auf die Conservativen auSüben, weil unter diesen eine Reihe Abgeordnete sitzen werden, die sich aus taktischen Gründen diesmal noch unter der conservativen Flagge haben wählen lassen, die aber tbatsächlich völlig auf dem Stand- puncte des Abgeordneten Hahn stehen. Die Folge dieses Einflusses wäre eine Sprengung der conservativen Partei in eine rein bündlerische und eine „gouvernamentale" Partei, d. h. eine Partei, die richtig erkennt, daß keine Regierung ganz einseitig bestimmte Interessen vertreten darf. Mit dem Einflüsse der conservativen Partei muß eS aber bei einer solchen Spaltung vorbei sein. Und das muß von jedem national gesinnten Diannc bedauert werden, auch wenn er ganz und gar nicht auf dem Standpuncte der Conservativen steht. Denn wenn es in Deutschland dahin kommt, daß im Parlamente außer einer großen, ihre speciellen konfessionellen Interessen wahrnehmenden katholischen Partei nur «ine extrem agrarische Partei und die socialistische Partei als große Gruppen vorhanden sind, so ist an eine gedeihliche innere Entwicklung nicht mehr zu denken. Es liegt deshalb nich tnur im Interesse der conservativen Partei als solcher, sondern im wohlverstandenen nationalen Interesse, daß die konservative Partei sich endlich darüber klar wird, daß sie sich den Bund der Landwirthe nicht über den Kopf wachsen lassen darf. Sie hat in der gegenwärtigen Wahlbewegnng dem Bunde gegenüber schon eine viel zu große Nachgiebigkeit bewiesen, und eS ist deöbalb höchste Zeit, daß sie endlich damit aufhört. Eine festgeschlossene conservative Fraclion von 40—50 Sitzen im konservativen Interesse werthvoller, als eine Fraction von 60 bis 70 Mandaten, wenn die Mehrzahl der Mandats inhaber genöthigt ist, den Weisungen des Bundes der Land wirthe unbedingt Folge zu leisten. Von dem statistischen Departement des österreichischen Handelsministeriums wird seit mehreren Jahren alljährlich eine Zusammenstellung der in dem verflossenen Jahre vor gekommenen Arbeitseinstellungen und Aussperrungen im Gewerbebetriebe in Oesterreich herausgegeben, eine Zusammen stellung,dieaußerordentlich lehrreicheSMaterial zurBeurtheilung der Streitfrage und Streikbewegung liefert. Die das Jahr 1896 umfassende, soeben herausgegebene Publikation stellt eine nicht unwesentliche Zunahme der Streiks im Vergleich zu dem Vor jahre fest. Während 1895 205 Streiks in 869 Betrieben mit 28 026 Streikenden gezählt wurde», wurden 1896 294 Streiks in 1403 Unternehmungen mit 36 114 Streikenden festgestcllt. Wenn der mit äußerster Objektivität abgefaßte Bericht auch nicht ausdrücklich erwähnt, daß diese Zunahme auf die social demokratische Agitation zurückzuführen sei, so drängt sich dieser Schluß schon von selbst auf bei dem Studium der auf die einzelnen Conflicte bezüglichen Acten, die der Publikation beigeAeben sind. In welcher Weise die Interessen der Arbeiter bei den Streiks gewahrt worden sind, ergiebt sich aus der bloßen Tbatsache, daß 41,84 Proc. aller Streiks ohne jeden Erfolg geblieben sind, während bei 36,39 Proc. ein nur theilweiser, in der Regel recht minimaler Erfolg und nur bei 21,77 Proc. ein voller Erfolg zu verzeichnen war. Dieses Er- gebniß gestaltet sich nicht günstiger, wenn man die Zahl der betbeiligten Arbeiter inS Auge faßt. 10 754 Streikende hatten einen vollen Mißerfolg zu verzeichnen, 22 314 einen tbeilweisen und nur 3046 einen vollen Erfolg. Dieses Resultat ist wesent lich ungünstiger für die Streikenden, als das des Vorjahres. 206 von de» 294 Streiks charakterisirten sich als Angriffs streiks, d. b. Arbeitseinstellungen, die von den Arbeitnehmern provocirt waren. Um welcher Ursachen willen zuweilen ein Streik inscenirt wird, ergiebt sich auS den Aufstellungen über die Streikgründe. In nicht weniger als 38 Fällen bot die Forderung der Wiedereinstellung entlassener College» die Veranlassung zum Streik; die Forderung wurde in 11 Fällen durchgesetzt, in 27 Fällen aber abgelehnt. Wie gering in vielen Fällen die Erfolge der Streikenden geblieben, läßt sich aus dem Umstand erkennen, daß die durchgcsetzten Lohnerhöhungen bis auf 2»/r Procent des Iabres- verdiensteS herabgehen. Und nun die Kehrseite der Medaille! DaS statistische Departement stellte fest, daß vcr österreichischen Industrie durch die Streiks im Jahre 1896 nicht weniger als 600 000 Arbeitstage verloren gegangen sind, den Arbeitern aber eine Verdienstsumme von mindestens 700 000 Gulden. Diese Zahlen predigen für die im „Inter esse der Organisation" häufig von socialdemokratischen Agitatoren zu den aussichtslosesten Arbeitseinstellungen ver leiteten Arbeiter eine eindringliche Lehre. Die Publikation des österreichischen Handelsministeriums legt übrigens den Wunsch nahe, auch bei uns eine ähnliche Uebersicht geschaffen zu sehen, welche für die Beurtheilung der socialen Bewegung nicht ohne Interesse sein würde. Die Anfänge dazu sind ja bereits vor einigen Jahren gemacht worden. Bekanntlich besteht in den Niederlande» bisher noch keine staatliche Zwangsversicherungsgesetzgebung auf irgend einem Gebiet. Doch wird bereits m nicht ferner Zeit der Entwurf eines Unfallversicherungsgesetzes die Zweite Kammer beschäftigen, und die Frage der Altersversicherung befindet sich auch bei einer StaatScommission in Berathung. Alle Zweige der Versicherung beruhen also bisher aus privater Initia tive, und da ist eS denn merkwürdig, baß die Begräbniß- versicherung von allen den verschiedenen Versicherungs arten anscheinend den größten Umfang hat. Bereits vor zehn Jahren, am 1. Juli 1888 waren, wie Gustav Mayer rn der „Socialen Praxis" auSführt, nickt weniger als 2 212 000 Personen, d. i. 49,37 Proc. der Bevölkerung, bei solchen Cassen versichert. Gegen Ende 1890 gab es in den Niederlanden 433 Begräbnißcafsen. Davon waren 192 aus schließlich Begräbnißcassen auf privatwirthschaftlicher Grund ¬ lage, 170 sonst ebenso betriebene Unternehmungen waren dabei auch noch Krankenkassen, bei Arbeiter-Vereinigungen bestanden 49 Begräbnißcassen, wovon 37 gleichzeitig Krankenkassen waren, über 22 Cassen waren keine näheren Angaben erhältlich. Einige der Cassen sind aus alten Gilden hervorgegangen. Da besteht thcilweise noch die Bestimmung, daß alle Mitglieder beim Tode eines Mitglieds an der Beerdigung tbeilnehmeu müssen. In katholischen Gegenden sorgen die Cassen theilweise auch für daS Lesen der Todtenmessen. Am verbreitetsten sind die Begräbnißcassen iu den Provinzen FrieSland und Südholland, wo auf etwa 7000 Menschen eine Casse kommt. Bei 58 Procent aller Cassen wird in jedem Lebensalter des Versicherten die gleiche Prämie erhoben. Die Prämien der Begräbnißcassen sind wesentlich höher als die der Lebensversicherungen. Da es au einer Controle durch die Mitglieder durchweg fehlt, so sind Mißstände häufig und die Solidität läßt öfter zu wünschen übrig. Bei einer großen Anzahl der Cassen findet sich die Bestimmung, daß unerwachsene Kinder von Versicherten, so lange beide Eltern noch leben, ohne jede besondere Leistung ebenfalls versichert sind. Eine ärztliche Untersuchung der Kinder findet in keiner Weise statt. Es ist nun eine Thatsache, daß gerade in den Gegenden, wo die Cassen dieser Art ihre Hauptthätigkcit entfalten, die Kindersterblichkeit am höchsten ist. Es ist dies durch osficielle Untersuchungen bestätigt. Nicht eben selten versichern Eltern ein schwaches Kind bei verschiedenen Gesellschaften. Sie speculiren also gewissermaßen mit dem Leben ihres KindeS. Eine Prämie auf das lange Leben der Kinder ist nirgends üblich. Gegen diesen Mißbrauch und gegen die anderen Nebelstände im Begräbnißcassenwesen suchte die zum Zweck der gesetzlichen Regelung des Lebensversicherungswesens ein gesetzte StaatScommission anzukämpfen. Ihre Vorschläge sind verständig, und man darf annehmen, daß, wenn sie erst einmal Gesetzeskraft haben, die heute noch vorhandenen Miß stände bald verschwunden sein werden. Einen bedeutsamen legislatorischen Act hat die franjösische Volksvertretung vollzogen, nämlich die am 31. v. M. erfolgte Annahme des Gesetzes, betreffend die lanbwirth- schaftlichen Warrants, sowie des anderen Gesetzes, betr. die Einrichtung der auf Gegenseitigkeit beruhenden Regional raffen behufs Gewährung landwirthschaftlichen CreditS. Die französischen Landwirthe wissen dem Ministerpräsidenten Möline und der Kammermehrheit, welche durch Annahme jener Gesetzentwürfe ihr Verständniß und ihre Hilfsbereitschaft für die Noth der ackerbautreibenden Bevölkerung dargethan hat, aufrichtigen Dank und werden, soviel an ihnen ist, dazu beitragen, daß in den kommenden parlamentarischen Neuwahlen der von den Gegnern des Bestehenden geplante allgemeine Ansturm auf die Republik und die Gesellschaft nachdrücklichst zurück gewiesen werde. Die Bedeutung des erstgenannten Gesetzes beruht darin, daß eS sich der bedrängten Landwirthschaft unter dem bisher völlig vernachlässigten Gesichtspunkte der Beleihungsfähigkeit der Ernte ohne gleichzeitigen Besitzüber gang des beliehenen Objects aunimmt. Durch dieses Gesetz wird die für zahlreiche Landwirthe einer wirthschaftlichen Existenzvernichtung gleichkommende Zwangslage beseitigt, welche sie in Geldverlegenheit nöthigte, ihre Ernte zu Schleuder preisen loszuschlagen, nur um einem augenblicklichen pecuniären Mangel abzuhelfen. Es bedurfte zur Durchsetzung dieser Neue rung der Ueberwindung eines langwierigen scharfen Widerstandes sowohl der Fachjuristen als zahlreicher anderer Elemente, welche dieselbe als eine Chimäre behandelten und ihren praktischen Wcrth als gleich Null hinzustellen sich bestrebte». Tie gleichzeitige Verabschiedung des an zweiter Stelle erwähnten Gesetzentwurfes bildet die Ergänzung deS ersten. Artikel 1 desselben stellt der Regierung in der Form eine» zinsfreien Vorschusses an die landwirthschaftlichen Regional - Credit cassen den Betrag von 40 Millionen Franc» zur Verfügung. Wie das erstere Gesetz die landwirthschaftliche Beleihung constituirt, so das zweite den landwirthschaftliche» Credit, ohne den jene erste Errungenschaft wesentlich nur auf dem Papier stehen würde. Die Entscheidung im spanisch-amerikanische« Loufltet er scheint abermals hinausgeschoben und zwar infolge der ver mittelnden Intervention von nicht weniger al- fünf europäischen Großmächten, welche die vom Papst begonnene Action auf nehmen. Wir erhalten darüber folgende Nachrichten: * Washington, 6. April. Der Senat trat heute zu «iner geheimen Sitzung zusammen. Um zwei Uhr ließ Präsident Mac Kinley zwei Führer einer jeden Partei nach dem Weißen Hause rufen, um ihnen Aufklärung über die Lage zu geben. Nach diesem Vorgänge wurde mitgetheilt, die Botschaft des Präsideatea werde heute nicht an den Congreß gelangen. Der Mariarsecretair Long weigerte sich, zu sagen, ob die weitere Verschiebung d« Bot- schäft dem Wunsche zuzuschreiben sei, dem Generalkonsul Lee und den übrigen Amerikanern Pas Verlassen Havanna-- zu rrmvglichen, oder auf anderen Gründen beruhe. (Wdrhlt.) * Washington, 6. April. (Meldung deS Renter'sch«BureanS.) Mac Kinley entschloß sich, seine Botschaft a» de» Congreß nicht vor nächstem Montag zu übermitteln. Die Vertreter von Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Oester reich-Ungarn und Italien stellten gestern Nachmittag den Entwurf einer gemeinsamen Note fest, iu welcher sie ihre guten Dienste zur Verhütung deS Kriege- aabieten. Man Weib noch nicht, ob die Note bereit« überreicht ist. Die Bemühungen der Mächte gehe», wie gemeldet, dahia, eine Formulirung deS Waffenstillstandes festzusrtzen, die für die Insurgenten und Spaniern annehmbar wäre. Ein Theil der spanischen Minister und die Königin-Regentin fiud zu einem Compromiß geneigt und in diesen Kreisen scheint man sich auch viel von den Schritten der Machte zu verspreche». Man meldet uns darüber: * Madrid, 6. April, 6 Uhr Abend«. In hiesigen diplomatischen Kreisen betrachtet mau dir Lage al« zufriedenstellend. Hier verlautet, Präsident Mac Kinley werde nach seiner Botschaft an den Congreß erklären, er wünsche den Frieden, vorausgesetzt, daß die Feindseligkeiten auf Cuba aufhörtrn und Schritte unternommen würden, um die Aufständischen zur Annahme eines Waffenstillstandes zu bringen. Der Ministerrath tritt heute Abend zusammen. Es ist ja möglich, daß Mc Kinley seine schroff und drohend gehaltene Botschaft noch einmal schreibt und so die Fanfare sich in eine Chamade verwandelt. Dann thut er eS aber sicherlich nicht unter dem Druck der europäischen Mächte, sondern entweder weil, wie wir mittheilten, auS de» Kreisen der Börse, der Großkaufmannschaft und der Großindustrie der Vereinigten Staaten Stimmen laut werden, welche eine weise Politik, d. h. die Erhaltung deS Frieden-, anrathen, oder weil die KriegSvorbereitungen noch immer sehr weit zurück sind und Zeit gewonnen werden muß. Die Wünsche Fenilleton. Der Lamps mit dem Schicksal. 8j Roman von Hermann Heinrich. Nachdruck verbot«». Eben näherten sich Vater und Sohn der Familie des Ziegelei besitzers Held, als die Schiffer in die Kähne stiegen und die Musik begann. Je vier Kähne waren zu einem Ganzen vereinigt. Stangen und Fahnen ragten empor, und Blumengewinde schlan gen sich um die Masten. Da fast jeder Theilnehmer mit einem Blumenstrauß oder mit einer Schärpe geschmückt war und ein Fähnchen in den deutschen Farben schwenkte, so gewährte das Ganz« ein buntes, festliches Bild. Als sich die Kähne langsam der Brücke näherten, glaubte Richard, nun werd« sich auf allen Seiten, oben und unten, ein vielstimmiger Jubel erheben. Darin aber hatte er sich geirrt. Die Brunower hatten alle ihren Stolz, dir Honoratioren, Bürger und Arbeiter oben und di« Fischer unten, und da sich Keiner etwas von seiner Bedeutung vergeben wollte, so schwiegen Alle. Lautlos, nur von der Musik begleitet, glitten die Kähne unter der Brücke hindurch; erst als sie sich dem Grafen- schlosse näherten, erscholl aus rauhen Kehlen «in dreimaliges Hoch. Die Familie Held lud den Amtsrath und Richard zum Kaffee ein, und ohne Umstände folgten Beide ihrer Einladung. Frau Held war eine etwas starke Dame mit rauher Stimme, aber gütigem Herzen; ihr Gemahl, klein und schwächlich von Person, ober sehr beweglich, hatte den Ruf, «in Weinkenner besonderer Art zu sein und den besten Weinkeller in Brunow und Umgegend zu besitzen. Oskar, der Sohn, hatte den Schalk im Nacken und verfiel aus einem übermüthigen Streich in den anderen, während die Tochter, in der Gesellschaft das „stille Lottchen" genannt, stets ernst und anspruchslos erschien und nur für Andere lebte und arbeitete. Held's Ziegelei lag an der Havel, nicht fern von der Brücke. In dem prachtvollen Garten, der sich vom Wohnhause bi» zum Ufer hin erstreckte, saß dir klein« Gesellschaft in lebhaftem Geplauder. Richard schlürfte mit Behagen den vorzüglichen Kaffee, hauchte d«n Duft der echten Brasil in die Luft, bewunderte die blühenden Rosenbüsche und Fucksienbäum«, die Frau Held mit geschickter und glücklicher Hand pflegt«, und machte der glück lichen Hausfrau seine Komplimente, die umso liebenswürdiger klangen, je ernster und überzeugungsdoller sie ausgesprochen Wurden. Oskar war ihm ein angenehmer Gesellschafter, und es war ganz natürlich, daß er sich mit dem gleichaltrigen jungen Mann vorzugsweise beschäftigt«. Plötzlich erhielt er einen unsanften Rippenstoß, und sich um wendend, sah er in das unzufriedene Gesicht des Vaters. „Zum Donnerwetter, Junge, versäume bei der Tochter des Hauses Deine Schuldigkeit nicht!" Richard erschrak; er hatte das stille Lottchen bisher wirklich ganz vernachlässigt. Freilich, einer jungen Dame die Cour zu schneiden, das konnte ihm gar nicht in den Sinn kommen, und Fräulein Held machte einen etwas unbedeutenden Eindruck. Im merhin mußte er seine Schuldigkeit thun, und er beeilte sich, das Versäumte nachzuholen. Sie saß am Tisch, auf eine Handarbeit gebeugt, und sie schien augenblicklich für Nichts Sinn zu haben, als für das altdeutsche Kreuzstichmuster, das sie mit kunstgellbter Hand zog. „Nun, Fräulein Held, wie hat Ihnen Fischerjakobi gefallen?" fragt« «r, ind«m er sich zu ihr setzte. Sie sah flüchtig auf und zog ihre Fäden weiter. „Mir genügt es", entgegnet« sie mit wohlklingender Stimme. „Ihnen aber mag es wunderlich genug vorkommen, daß zu «inem so einfachen und prunklosen Fest die ganz« Gegend zusammenläuft." „Warum sollte mir das wunderlich Vorkommen?' „Berlin hat Ihnen mehr geboten." „Das wohl, aber die Heimath übt doch stets dm alten Zauber aus. Dort oben aus der Brücke habe ich als Knabe gestanden, und ich muß gestehen, daß mir die prunkvollsten Aufzüge der Reichshauptstadt kaum ein größere« Vergnügen bereiteten, als die kleinen festlichen Ereignisse, die hier die Eintönigkeit des JahreS unterbrechen." „Si« urtheilen sehr nachsichtig." „UebrigenS glauben Sie nicht, daß dieses Fischer fest nur ein Nachklang ist aus der alten Wendenzeit? Es dürfte nicht schwer sein, festzustellen, welches Fest die Wenden um diese Zeit feiert«, welchem Gott sie ihre Opfer darbrachten. Vielleicht war es das Erntefest, vielleicht auch galt es ihrem Kriegsgott, dem drei köpfigen Triglaff. Der zweite Theil von Fischcrjakobi, ich meine denjenigen zwischen Mittemacht und Morgen, scheint dieser letz ter« Annahme Recht zu geben. ES kommt ja, wie Sie wissen, so Mancher mit den Zeichen des Kampfe« nach Hause." Lottchen sah lächelnd auf, und Richard bemerkte mit Ver gnügen, was für Helle, verständige Augen sie hatte. „So geistreich Ihre Vermuthung ist, so unrichtig scheint sie mir zu sein. Wissen Sie nicht, daß die Deutsch« ihre wendisch«» Mitchristen und Alle«, wa« mit ihnen zusammenhing, gründlich verachteten? Wendische Gesichter, wendisch, Sprache und wen dische Gebräuche waren ihnen gleich sehr verhaßt. In unseren Familienpapieren befindet sich «in lehrreiches Schriftstück. Ein Urgroßvater von mir wollte sich als Lehrling in die ehrsam« Innung der Schneider in Sandenburg aufnehmen lassen, und der Rath der Stadt Sandenburg bezeugt ihm, daß er guter Deutscher und nicht tadelhaster wendischer Abstammung sei. Das war noch am Ende des vorigen Jahrhunderts. Wendische Knaben waren also von den Innungen ausgeschlossen. Es ist nicht anzunehmen, daß die g«ldstolzen Schiffer jemals wendische Gebräuche und Feste nachgeahmt hätten." „Das Schriftstück möchte ich sehen", entgegnete Richard, der auf ein« so gründliche Widerlegung nicht vorbereitet war. „Ich werde mein« Vater bitten. Aber jetzt kommen Sie und sehen Sie sich unseren Garten etwas näher an." Sie legte die Stickerei bei Seite und führte Richard von einem blühenden Strauch zum andern. Oskar gesellte sich zu ihnen und begleitet« die Erklärungen der Schwester mit humoristischen Be merkungen. Indem sie sich zwischen den blühenden Büsch«» be wegt«, bemerkt« Richard, wie leicht und anmuthig ihr Gang war. Wi« volles melodisches Glockengeläut klang ihre volle Stimme, und nicht gswöhnlich war ihr botanisches Wissen. Schließlich brach sie eine wundervolle La France ab und reichte sie Richard. Angenehm überrascht nahm dieser die Rose, ver neigte sich dankend und sagte: „Womit habe ich diese Freund lichkeit verdient?" „Womit? Sind Sie nicht ein gehorsamer Sohn?" Sie lächelte schelmisch und nickte zum AmISrath hinüber. Richard erröthete leicht. „Wie scharf Sie beobachten. Aber Sie verstehen eS, feurige Kohlen auf mein Haupt zu sammeln." „Lassen Sie sich das nicht anfechten, ich bin nicht verwöhnt. Sehen Sie, selbst mein Herr Bruder nimmt nur Notiz von mir, wenn er mir einen Schabernack spülen kann." Damit nestelte sie sich eine Klette aus dem Haar, die ihr Oskar soeben hineing«worfen hakt«. Richard deutete auf den Klettenstrauch, dessen breite Blätter fich weit am Boden auSdehnten. „Wie kommt dieser Plebejer in die aristokratische Umgebung?" „Wir halten ihn zu modiclnischen Zwecken." „Und als Sympathiemittel", ergänzte Oskar. „Wer dies« Wurzel am Johannistage Mittags zwischen zwölf und ein Uhr auSgräbt und unter« Kopfkissen legt, bekommt im laufenden Jahre einen Mann. Nur sprech«» darf man nicht dabei, und diese fatale Bedingung hat meiner Schwester immer noch den Zauber verdorben." Lottchen that, al- hätte sie diese Anspielung nicht gehört, aber sie wendete sich ab und ging zu ihrer Mutter. Die Gäste blieben bis zum Abendbrot», bei dem sie auch mit dem vorzüglichen Weinkeller des Wirths Bekanntschaft machten. Es war ein behagliches Dasein bei Helds; der Wohlstand guckte an allen Ecken und Enden heraus. Eine Stunde nach dem Abendbrot» ließ der Amtsrath anspannen und begab sich mit seinem Sohne auf den Heimweg. Schweigend saßen sie Beide lange Zeit nebeneinander. End lich begann der Amtsrath: „Prächtige Leute, diese Httds. Ohne Prunk nach außen, aber gediegen im Innern. Da kann man sich wohl fühlen." „Auch der Sohn?" fragte Richard. „Auch der. Ist ja eigentlich ein Lufticus, aber das ist nur äußerlich. Sonst ein tüchtiger Geschäftsmann, thättg und nüch tern, wie sich's gehört." „Das freut mich", entgegnete Richard. „Sein Wesen sagt mir sehr zu. Er hat das Zeug, ein fröhlicher Gesellschafter und guter Freund zu sein." „O ja, von dem kannst Du Manches lern«». Freilich, eine bedeutende Bildung hat er nicht. Er hat eine landwirthschaftliche Schule besucht." „Also Mistiker." Der Amtsrath schien die letzte Bemerkung überhört zu haben. Eine Weile schwieg er, dann fragte er plötzlich: „Wie gefällt Dir Fräulein H«ld?" Richard hatte diese Frage mit klopfendem Herzen voraus gesehen. „Es steckt mehr in ihr, al« man glaubt", antwortete er möglichst unbefangen. „Ja, in oem Mädel steckt was", bekräftigte der Vater mit einer gewissen Begeisterung. „Das wird natürlich von der großen Menge nicht erkannt, und der Spitzname: „Das stille Lottchen" ist nicht geeignet, sie bedeutend erscheinen zu lassen. Es ist ein Jammer, daß so ein Mädel sitzen bleiben mutz. Das Viertel jahrhundert niuß sie schon erreicht haben. Aber darin hat sie kein Glück. Schon wiederholt hat eS geschienen, als ob was werden sollte, aber immer im letzten Moment sprang«» di« Freier ab. Als ob der Kuckuck dabei sein Spiel hätte! Sie wirft sich natürlich auch nicht weg. Etwa« von dem Herden Stolz steckt in ihr, der bei den Frauen unserer alten Mythen »ine Rolle spült. DaS versteht man heutzutage nicht mehr zu wür digen. Dabei ist sie wirthschaftlich und gescheidl, und ein Herz wie Gold. Da« Gold fehlt ihr auch sonst nicht, ste ist mindesten« sechzigtausend wertb." Es war gut, daß dü Finsterniß die Erregung nicht erftnNen ließ, In die der Amt-rath seinen Sohn »ersetzt hakt«. Vftchard fühlte, daß er bleich geworden war, und daß sein Lerz fast htzibar klopfte. Donnerwetter, da« mußte er sich abgewöhnen, et müßte ihm sonst noch manche unbequeme Stund« brreiten. Mit Gewalt
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