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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.04.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-04-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980412011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898041201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898041201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-04
- Tag1898-04-12
- Monat1898-04
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Größere Schriften laut unserem Pre» Verzeichnis. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. trrtra-Beilagen (gefalztl, nur mit der Morgen «Ausgabe, ohne Postbeförderung SO.—, mit Postbeförderung ^l 70.—. Annahmeschluß fie Anzeigen: Lbend-Au-gabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Vei den Filialen und Annahmestellen je rin« halb« Stunde früher. Anzeigen stad stet« an die Expedition zu richten. Druck m»d Verlag von L. Polz in Leipzig. 18l. Die Entwickelung Les Leutschen Zeitungswesens seit 1848. Von Postassistent E. M. Arnold, Leipzig. Die Revolutionsstiirme der vierziger Jahre lenkten das ge stimmte wirthschaftliche und geistige Leben der deutschen Nation in neue Bahnen. Große praktische Ideale verwirklichten sich. Handel und Verkehr erfuhren durch die Einführung der Eisen bahnen, der Dampfschifffahrt und bald darauf durch die des elektrischen Telegraphen eine Steigerung, die zu den kühnsten Hoffnungen berechtigte. Die außergewöhnliche Entwickelung seiner Verkehrsverhältnisse gab Deutschland eine hervorragende Stellung auf dem Markte der Völker; e« nahm im internatio nalen Verkehre wieder die Stellung ein, die ihm gebührte. Der gewaltige Aufschwung auf gewerblichem und wirthschaft- lichem Gebiete blieb auch auf die geistige Entwickelung nicht ohne Einfluß. In allen Schichten und Classen des Volkes machte sich rin Bedürfniß nach regem geistigen Verkehre, zumindest aber nach einem freien Gedanken- und Meinungsaustausche geltend. Der Drang, theilzunehmen am öffentlichen, politischen und geistigen Leben der Mitwelt trat allenthalben hervor und äußerte sich bei jeder Gelegenheit. Man rüttelte an den Schranken, welche einer raschen Verbreitung von Nachrichten, einer un gehinderten Vermittelung des Ideenaustausches im Wege waren, und erreichte denn auch die Aufhebung des Präventivsystems seitens der preußischen Regierung durch das Gesetz vom 17. März 1848. Das war der Anfang einer neuen Aera in der Geschichte des deutschen Journalismus. War doch jahrhunderte lang die Presse polizeilicher Controle, jedes geistige Erzeugniß vor seiner Veröffentlichung amtlicher Prüfung unterworfen ge wesen. Kirche und Staat betrachteten vordem die Presse als einen gefährlichen Feind, den man bei Zeiten unschädlich machen müsse. Bereits 1486 führte der Erzbischof Berthold von Mainz die Ccnsur in seinem Sprengel ein, 1530 mußte sich auf Befehl Karl's V. die Stadt Augsburg den Censurvorschriften fügen. Durch Verordnung vom 19. December 1788 führte Friedrich Wilhelm II. auch in Preußen diese Maßregel ein. Die Zeit französischer Gewaltherrschaft und deutscher Ohnmacht und Zer rissenheit hatte eine verschärfte Handhabung der Censur vorschriften hervorgerufen und die Denkfreiheit in solchem Maße beschränkt, daß die Fortentwickelung des Preßverkehrs ein Ding der Unmöglichkeit war. Obwohl Friedrich Wilhelm IV. kurz nach seinem Regierungsantritt die Censur wesentlich eingeschränkt hatte, blieb sie immerhin ein gewaltiges Hinderniß und erst ihre endgiltige Beseitigung brachte dem Preßverkehre volle, unbe schränkte Freiheit. Auch Baden, Bayern, Braunschweig, Frank furt (Main), die hessischen Bundesstaaten, Nassau und Württem berg führten hierauf die Preßfreiheit in ihren Gebieten ein. Durch Verordnung vom 9. März 1848 wurde auch in Sachsen die Censur bis vorläufig 15. April und einige Wochen später durch ministeriellen Erlaß für immer aufgehoben. Freilich fand sich die Censur in den folgenden Jahren unter anderem Namen wieder ein. Sie wirkte auch in ihrer neuen Form auf die Entwickelung des Zeitungswesens ungemein hindernd. 1849 wurde nämlich die Herausgabe jeder politischen Zeitung von einer behördlichen Concession abhängig gemacht, die, den socialen Anschauungen der Antragsteller entsprechend, beliebig gewährt oder versagt werden konnte. Der Begriff „po litische Zeitung" ist, im Grunde genommen, überaus dehnbar und in ausgiebigem Maße wurde von ihm Gebrauch gemacht. Das Gesetz über das Postwesen vom 5. Juli 1856 hob unter anderen auch die Zeitungs-Concessionen auf und sicherte den Zeitungen unbeschränkten Postdebit und einheitliche Gebührensätze. Ein Hemmniß blieb aber immer noch bestehen — die Zeitungs- Cautionen. 1848 aufgehoben, mußten sie schon im folgenden Jahre durch Verordnung vom 30. Juni neu gestellt werden und erfuhren 1850 (5. Juni) eine wesentliche Erhöhung. Alle po litischen Zeitungen waren cautionSpflichtig. Selbst die ver schiedensten Fachblätter wurden als politisch angesehen und be handelt. Die Kaution betrug 15 000 für eine mehr als dreimal und die Hälfte für eine dreimal und weniger wöchentlich erscheinende Zeitung. Dienstag den Ein gleiches Hinderniß bildete die Stempelsteuer. 1816 in Preußen eingeführt und 1848 aufgehoben, wurde sie bereits am 2. Juni 1852 in« Leben zurückgerufen. Die jährliche Stempel steuer betrug für jede im Inland erscheinende politische Zeitung einen Thaler und für jede im Ausland erscheinende einen Thaler zehn Silbergroschen. 1852 wurde sie sogar auf nichtpolitische Blätter übertragen. Obwohl die hemmende Einwirkung dieser amtlichen Maß regeln in dem Entwickelungsgange des Journalismus überall zu Tage tritt, läßt sich andererseits der belebende und erneuernde Einfluß jener politischen Bewegung und Gährung der vierziger Jahre nicht verleugnen. Die Strömung dieser Zeit brachte Leben und Bewegung in die Presse und half die Tagesliteratur ungemein vermehren. In Berlin vor Allem war die Zahl der politischen Zeitungen in einer Weise gewachsen, die noch heute Verwunderung erregt. WaS man auf dem Wege der Gewalt nicht auszurichten ver mocht hatte, sollte nun die Stimme der Presse bewirken. Die zahlreichen politischen Parteien bekämpften sich gegenseitig durch eigene Organe, die meist die Form von Flugblättern trugen. Ton und Inhalt derselben spricht deutlich genug aus ihren Titeln, von denen einige hier erwähnt seien: „Die Theekefsels in Frank furt sind an dem janzen Scandal schuld." — »Wer wird hudijen? Ick nich, wer noch?" — „Reaction, verzieh Dir! Du bist schief jewickelt!" — „Die Freiheit is in't Wasser jefallen; ick hab' ihr hören plumpsen, und wär' ick nich hinzujesprungen, so wäre sie ertrunken." — „Allerliebster Herr General Druf! Man wirft Widder Kardätschen! Petition von die bekannten lieben Berliner." — „Nun jrade een Hurrah für den Prinzen von Preußen!" — „Michelken in den Provinzen, wirste denn jar nich klug?" — „Constablers Freuden und Leiden. Je- schildert in einem Briefe an seine Jelllbde." — Fui, Charlotten- burg, ollet reaczjonnäret Rattennest, Dir muß man bei die Beene ufhängen!" — „Ein sehr offenes Wort von Aujust Buddelmeier, Dagesschriftsteller mit'n jroßen Bart." — „Stillgestanden, reac- tionaire Officiere! Zum Abmarschiren richt' Euch! Kehrt! Marsch!" Nachdem die politischen Verhältnisse sich geklärt hatten, er loschen auch die meisten der Freiheitsbewegung entstammenden Zeitungen. Trotz alledem behauptete der deutsche Zeitungs verkehr seine einmal eingenommene Stellung und entwickelte sich, wenn auch Anfangs langsam, so doch sicher weiter. Als im Jahre 1850 die Verhandlungen wegen Gründung eines Post vereins zum Abschlüsse gelangten und der am 6. April genannten Jahres ins Leben gerufene deutsch-österreichische Postvereins vertrag dem Zeitungsgeschäft unmittelbare Bezugswege und eine ausgedehnte Vertriebserleichterung durch die allgemeine Ver pflichtung der Postanstalten zur Geschäftsvermittelung zwischen Abonnenten und Verleger gegen einheitliche, den Zeitverhältnissen entsprechende Gebühren brachte, trat ein segensreicher Umschwung im gesammten Preßverkehr ein. Dem neuen Verein traten nach und nach sämmtliche Postverwaltungen Deutschlands, mit Aus nahme der Holsteinischen, bei, wodurch eine gleichmäßige Rege lung der postalischen Geschäfte auch in Bezug auf das Zeitungs wesen ermöglicht wurde. Daß die Thurn und Taxis'sche Ver waltung durch den Vertrag vom 2. August 1850 seinen Anschluß an den Postverein erklären mußte, war für eine gedeihliche Fort entwickelung des Journalismus von gleicher Wichtigkeit, wie die durch die Postvereinsverträge vom 5. December 1851 und 18. August 1860 herbeigeführte weitere postalische Einigung. Nach den bedeutungsvollen Ereignissen des Jahres 1866 ent faltete sich auf dem deutschen Zeitungsmarkt ein bis dahin un geahntes Leben. Den Zeitverhältnissen Rechnung tragend,' ver mehrten sich in besonderem Umfange die politischen Zeitungen, von denen sich die meisten als „parteilose" Blätter bezeichneten. Nicht minder hoben sich in gleichem Verhältnisse die illustrirten und die Unterhaltungsblätter, sowie die Modenzeitungen, insbe sondere auch die Fachzeitschriften. Mit der Gründung des nord deutschen Bundes erfuhren auch die postalischen Beziehungen zum Zeitungswesen neue Regelung. Kaiser und Reich erstanden, mit ihnen die Reichspost. Der Weltpostverein wurde gegründet und mit der besseren Ausgestaltung der Posteinrichtungen in den 12. April 1898. letzten zwei Decennien ging Hand in Hand die gedeihliche Ent wickelung des Preßverkehrs. Um den Wünschen der Bezieher wie der Verleger in jeder Weise gerecht zu werden, nahm die Post im Laufe der Zeit viel fache Veränderungen vor. Der Umstand, daß die Postverwal tung die Zeitungsüberweisungen ins Leben rief, daß sie ferner 1871 die Beförderung außergewöhnlicher Beilagen übernahm, trug wesentlich zur Hebung des Zeitungsverkehrs bei. Eine be deutende Erleichterung für das lesende Publicum wurde durch die Berechtigung der Landbriesträger zur Annahme von Zeitungs bestellungen herbeigeführt. Nicht wenig förderten weiter die Vermehrung der Bestellgänge sowie die Regelung und Herab setzung der Bestellgebühren die Entwickelung des Zeitungs verkehrs. Und als das Preßgesetz vom 7. Mai 1874 Zeitungs- Stempelsteuer und -Cautionen aufhob, waren alle Hindernisse beseitigt, welche der allgemeinen Verbreitung der Zeitungen im Wege standen. So war endlich die Bahn frei, in der das Zeitungswesen und der Preßverkehr ungehindert ihrer weiteren Entwickelung ent gegengehen konnten. Welchen Umfang das Zeitungswesen heute angenommen hat, läßt sich am deutlichsten aus folgenden Zahlen erkennen. Die Zahl der vom Postzeitungsamt in Berlin abge setzten Zeitungsnummern war bis zum Jahre 1894 auf 206 222 585 gestiegen, der 72176 100 in diesem Jahre ver triebenen Nebenblätter gar nicht zu gedenken; 1895 waren 770 in Berlin erscheinende Zeitungen und zwar 745 in deutscher, 11 in französischer, 5 in englischer, 4 in polnischer, 3 in spanischer und 2 in italienischer Sprache zum Vertriebe durch die Post angemeldet. Die Gesammtstückzahl der im Jahre 1894 durch die Post beförderten Zeitungsnummern belief sich auf 861324 005 (1874 kaum 300 Millionen Stück). An außergewöhnlichen Zeitungsbeilagen gelangten in demselben Jahre 63 022137 Stück zum Versandt. Die bei der Casse des Postzeitungsamts in Berlin umgesetzten Baarbeträge sind in der Zeit von 1870 bis 1894 von 7 996 000 ck üuf 15 866189 gestiegen. Die Ver leger erhielten in diesem Jahre 6 539 996 cA ausgezahlt, gegen 2 320 614 im Jahre 1870. Die Preisliste des Postzeitungs amts Berlin für 1897 enthielt 11347 Zeitungen, darunter 8197 Stück, welche in deutscher Sprache erschienen. Das sind Zahlen, deren volle Bedeutung nur durch einen Vergleich mit dem Detke'zr früherer Jahre ersichtlich wird. Die erste Zeitungspreisliste vom 30. November 1822 enthielt nur 474 Zeitungen. Allerdings waren ungefähr 200 damals bereits erscheinende Zeitungen über gangen worden. Im Jahre 1824 wies die Preisliste 843 Nummern auf. Im Verlaufe von fünfzehn Jahren ist die Zahl der Verlags orte in Deutschland um etwa 400, die Zahl der zum Postvertrieb angemeldeten Zeitungen beinahe um 3000 Stück gestiegen. Das deutsche Reich zählt gegenwärtig 1884 Verlagsorte mit ziemlich 8000 Zeitungen.*) Deutschland weist eine stattliche Zahl von Orten auf, aus welchen der Vertrieb von mehr als vierzig Zei tungen durch die Post erfolgt. Nach dem Stande von 1898 sind dies Berlin mit 838, Leipzig mit 381, München mit 184, Stutt gart mit 124, Hamburg mit 117, Dresden mit 111, Frankfurt (Main) mit 71, Breslau mit 64, Hannover mit 54, Köln (Rhein) mit 45 und Nürnberg mit 44 Zeitungen. Im ersten Quartale 1898 traten allein in Berlin 61 neue Zeitungen hinzu; von den bestehenden erloschen nur 6. Die Thatsache, daß in Deutschland gegenwärtig Zeitungen in acht verschiedenen Sprachen erscheinen, daß Zeitungen in 40 ver schiedenen Sprachen gelesen werden, zeugt nicht minder für die Entwickelung des Preßverkehrs. Interessant ist auch ein Blick auf die Erscheinungsweise der Zeitungen. Während in England infolge der strengen Feier des Sonntags keine einzige Zeitung mehr denn sechsmal wöchent lich erscheint, während dem politisch erregten Sinne des Fran zosen siebenmal wöchentlich erscheinende Zeitungen genügen weist Deutschland über fünfzig Zeitungen auf, die in zwölf wöchent- ") Anmerkung: Die Zahl der auf der ganzen Erde erscheinenden Zeitungen beträgt ungefähr 42 000. Davon entfallen auf Europa circa 25 000 und zwar auf Deutschland nahezu 8000, Frankreich 4500, England 4000, Oesterreich-Ungarn 3500, Italien 1400; auf die übrigen Länder entfallen weniger als 1000 für je ein Land. 92. Jahrgang. lichen Nummern der Welt das Neueste verkünden, es besitzt ver schiedene Zeitungen, die dreizehn- und vierzehnmal, ja einige, die achtzehn und neunzehnmal wöchentlich erscheinen. In wöchentlich zwölf Nummern erscheinen zur Zeit 54 Stück. Dreizchnmal wöchentlich erscheinen 13 Zeitungen. Zehn deutsche Zeitungen erscheinen mehr als zweimal täglich und zwar folgende: Breslauer Zeitung (18 Mal), Frankfurter Zeitung und Handelsblatt (19 Mal), Kölnische Volkszeitung und Handelsblatt (13- bis 19 Mal), Kölnische Zeitung (18 Mal), Königsberger Allgemeine Zeitung (18 Mal), Königsberger Har- tung'sche Zeitung (18 Mal), Posener Zeitung (18 Mal), Rhei nisch-westfälische Zeitung — Essen, Ruhr, — (18 Mal), Schlesische Zeitung — Breslau — (18 Mal) und Weserzeitunz — Bremen — (18 Mal). In unbestimmten Fristen und weniger als wöchentlich einmal erscheinen rund 2000 Stück, einmal ungefähr 1600, zweimal 1000, dreimal 1500, vier- und fünfmal 100, sechs- und sieben mal 1500 Stück. Der jährliche Bezugspreis deutscher Zeitungen ist ein sehr geringer. Am wohlfeilsten sind die politischen und Insertions blätter. So kostet der in Würzburg wöchentlich einmal er scheinende „Praktische Wegweiser für Feld und Wald" 1,20 die wöchentlich zwölfmal erscheinende „Badische Presse" nur 6 pro Jahr. Höher gestalten sich die Preise für Fach-, ge lehrte und wissenschaftliche Zeitungen, die aber bei Weitem nicht diejenigen fremder, z. B. englischer, Blätter dieser Art erreichen. Einige der bekanntesten seien hier genannt: Botanische Zeitung, Leipzig, jährlich 36mal 22 Central blatt für Bakteriologie, Jena, jährlich 78mal 42 Chemisches Centralblatt, Berlin, jährlich 52mal 60 <^, Neue Zeitschrift für Rübenzucker-Industrie, Berlin, jährlich 52mal 50 Zeitschrift für Biologie, München, jährlich 4mal 20 ---i, Zeitschrift für das Bauwesen, Berlin, jährlich 4mal 36 <^. So hat sich der deutsche Zeitungsverkehr im Laufe der Jahre zu seiner heutigen Bedeutung emporgeschwungen. Heuzutage entbehrt wohl kein Beruf, kein Gewerbe und kein Stand eines Organs, das die Interessen seiner Glieder vertritt. Die Zeitung hat sich populär gemacht im deutschen Volke; sie ist eine Freundin dem Familienkreise, ein sicherer Führer und Berather im ge werblichen Leben, das Echo aller wirthschaftlich-n, politischen und wissenschaftlichen Bestrebungen, kurz — ein willkommener Gast - in Palast und Hütte. Ueberall im weiten deutschen Reiche stehen der Preßverkehr und das Zeitungswesen in hoher Blüthe, hohem Ansehen. Selbst im entlegentsten Weiler, auch dort, wo Bibel und Kalender den ganzen Bücherreichthum der Familie bilden, findet man ein Zeitungsblättchen; überall hat die Zeitung Ein gang gefunden. — Im internationalen Verkehr besitzen aller dings die französischen Zeitungen die weiteste Verbreitung, denen unmittelbar die englischen und in zweiter Linie erst die deutschen folgen. StädtebilLer aus Sachsen. Marienberg im Srzgeb. (Schluß.) Die im Jahre 1564 vollendete Hauptkirche zerstörte der Brand 1610 und mußte fast neu aufgebaut werden, sie ist in den letzten Jahren zum Theil umgebaut und eingehend erneuert worden. Das Rathhaus blieb ebenso wenig von den wiederholten Brand fällen verschont, im Jahre 1610 sollen werthvolle Documente und Acten hierbei mit verloren gegangen sein. Aus dem Jahre 1539 ist noch das schöne Portal erhalten und als werthvolles Bcsitzthum aus alter Zeit findet sich darin das Manuscript von Adam Riese's „Coß", dem Lehrbuch der von ihm eingefllhrten Algebrarechnung. Marienberg ertrug nur schwer die erwähnten Schicksals schläge, da für die zahlreichen Bewohner nach Aufhören des Bergbaues der Erwerb fehlte. Allerdings wurde durch die von Annaberg verbreitete Klöppelei einige Beschäftigung gewährt, aber nur durch die übergroße Genügsamkeit der Erzgebirger Mißwachs, Theuerung und Hungersnoth überwunden. Aller dings bildete Marienberg lange Zeit einen wichtigen Halt- und Feuilleton. OKerbesuch. Humoreske von Slau« Rittland (Göttingen). Na-dnie vnbottN. Müde und abgearbeitet kehrte ich von meinem Bureau heim, Gott sei Dank, für die nächsten Tage das letzte Mal. Ich hatte die Osterfeiertagsruhe dringend nöthia. Der große Waller'sche Proceß hatte mir doch tüchtig zu schaffen gemacht. Nun wollte ich aber auch daS Fest recht faul und behaglich genießen. Halkyonifche FriedenStage sollten es werden! Zu Hause empfing mich meine Frau mit künstlich heiterer, ziemlich verlegener Miene. „Eine Ueberraschung, Ernst! Cousine Melinde kommt mit den Kindern für die Ofiertage!" — „WaS? Melinde? Ab schreiben!" war meine kurzentschloffene Antwort. — „Unmöglich. Der Brief würde sie nicht mehr erreichen. Sie reist schon morgen in aller Frühe ab!" — Natürlich, so machten es Cousine Melinde und ihr Gatte Vetter Ludwig immer! — „Dann telegraphire!" rirth ich. Aber meine gutmüthige — ach allzu gutmüthige! — Frau meinte entschuldigend: „Sie haben sich doch nun einmal darauf gefreut. Melinde schreibt, ihr selbst wären liebe Gäste an Feiertagen immer besonders willkommen; uns erginge eS doch sicherlich ebenso und" — „Ach, Papa, und ich finde r« so nett, daß Adele mitkommt!" fügte Lilli, mein süßer, flachsblonder Backfisch, hinzu. „Ja — und waS sollte ich auch als Hin- derungSgrund anführen?" fragte meine Gattin. — „Sehr ein fach: kein Raum!" — „Wo ich ihr erst diesen Sommer auf der Durchreist in Z. erzählt habe, daß wir in der neuen Wohnung so ein hübsches großes Fremdenzimmer hätten?" O du heilige Unschuld! Wer in Berlin wohnt und ein Fremdenzimmer besitzt, verbirgt doch al« vorsichtiger Mensch ihrem Sprössling zu. Natürlich konnte die liebe Tante nicht Nein sagen, und das Hausmädchen wurde schleunigst zum nächsten Krämer gesprengt, ein Pfund Chocolade zu holen. „Nein, was hat das Kind sich auf Berlin gefreut", schwatzte Melinde unablässig zwischen dem Butterbrodkaucn. Sie kann kauen und schwatzen im selben Moment! „Keine Ruhe hat er mir gelassen d ese ganzen letzten Wochen: er wollte durchaus den lieben Kaiser sehen; — na, da mußte ich ihn doch mitnehmen!" „Der Kaiser ist ja in Homburg", behauptete ich. Aber Melinde war besser informirt. „Nein, seit gestern nicht mehr!" Und sie zog ein Zeitungsblatt aus der Tasche mit der Notiz, daß „Seine Majestät Abends mittels Sonderzuges von Homburg in Berlin eingetroffen sei." „Und Adele muß sich mal die Zähne nachsehen lassen, wir haben ja in Z. doch nicht solche guten Zahnärzte", fuhr Melinde fort. — „Aber ob die in den Osterfeiertagen arbeiten?" wandte ich ein. — „Ach, Adelchen kann auch länger bleiben." Schöne Aussicht! — Meinem Studio schien sie aber gar nicht unangenehm zu sein. „Hoffentlich recht lange!" meinte er mit einem sehr freundlichen Blick auf die blaffe, magere Cousine mit dem ungesunden Teint, den häßlichen Blüthchen auf der Nase und den schmachtenden, ver liebten, braunen Augen. WaS er nur an diesem unreifen und zugleich frühreifen Dinge finden mochte? Denn daß sie bedenklich frühreif war, diese kümmerliche Kleinstadtpflanze, wurde mir bald klar. Schon vor dem Mittag essen vertraute mir meine naive Lilli an: „Du Papa, Adele ist ein riesig interessantes Mädchen. Denke Dir, sie hat schon vier unglückliche Lieben gehabt! Und neulich hat sie ein langes Liebesgedicht gekriegt von einem jungen Grafen, der auf dem Gymnasium ist. Sie sagt, er wird sie gewiß später heirathen wollen, aber sie weiß noch nicht, ob sie ihn nimmt, weil er rothe Haare hat!" Am nächsten Morgen war ich in der denkbar miserabelsten Laune. Unser Schlafzimmer war ja leider nur durch eine dünne Wand, die jeden Ton durchließ, vom Fremdenzimmer getrennt. Die ersten Stunden hatte ich nicht schlafen können, weil Franz diesen gefährlichen Umstand wie ein sträfliches Verhältniß! — Auch Fritz, mein flotter Studio — wie hatte ich mich auf die schönen Ferienwanderungen mit ihm gefreut! — plaidirte für Nicht-Telegraphiren. Und so gab ich schließlich klein bei. Detter Ludwig war Gymnasial-Oberlehrer a. D. in Z. und gehörte nebst Familie zu der weitverbreiteten Claffe der Schma rotzerpflanzen. Sonst ein guter Kerl. Auch Melinde war nicht übel. Aber — mit Klebstoff behaftet. Dies Mal kam das Familienoberhaupt nicht mit, sondern schickte nur seine Lieben zu unentgeltlichem Feriengenusse nach Berlin. Er wollte auch einmal Ruhe haben. Alter Schlaukopf! Am nächsten Morgen 9 Uhr trabte meine gute Frau mit Fritz und Lilli pflichtschuldigst nach dem Anhalter Bahnhofe. Ich hatte mich dispensirt und harrte zu Hause der Unver meidlichen. Mit sauersüssem Gesicht trat ich den „lieben Gästen" ent gegen. Da waren sie wirklich Alle Alle! Die rundliche, kleinstädtisch-unreisemähig in brauncarrirte Seide geputzte Me linde, das sechzehnjährige Adelchen, Paul und Franz, die beiden langen, spitzen Schulbuben, der kleine, dreijährige, dicke Ede mit dem perennirenden Schmutznäschen und Mariechen, das tiefge kränkte, mit phänomenaler Lunge gesegnete Baby auf den Armen eines derbzugehauenen Kindermädchens! „Nun kommt, Ihr Lieben, machts Euch bequem!" — Ich staunte meine Frau von der Seite an. War sie so eine voll endete Heuchlerin oder — freute sie sich am Ende gar wirklich? Im Esszimmer stand schon der vollbesetzte Frühstückstisch bereit; in der Mitte zu wohlthätiger Erwärmung nach der kalten Morgenfahrt ein mächtiger Krug Warmbier und ein paar Flaschen Rothwein. Bald fielen die Reifenden wie die Wölfe über diese lockende Futterkrippe her. Nur Ede betheiligte sich nicht an dem Uebrrfall. „Warmbier mag ich nicht!" quarrte er — „Für Euch Kleinen kommt gleich Milch", sagte meine Frau' - „Nein, keine Milch, Chocolade will ich!" forderte Ede. - „Na, dann bitte 'mal die liebe Tante recht hübsch. Vielleicht läßt sie Dir ein Tässchen Chocolade kochen", redete Mutter Melinde und Paul sich alle paar Minuten gegenseitig Vorwürfe machten, dass Einer dem Andern die Bettdecke Wegriffe; schliesslich war der Streit in eine regelrechte Prügelei ausgeartet, dabei war das dünnbeinige Waschtischchen neben dem Jett umgefallen, Krug und Waschbecken in Scherben — Sündfluth im Zimmer — Schelte von Mutter Melinde — Vertheidigung und Geheul der Jungen. Kein Auge hatte ich zugethan! Während des langausgedehnten Kasfeestündchens wurden Pläne geschmiedet für bestmögliche Ausfüllung des Tages. Herrgott, was hatte sich diese Melinde Alles vorgnommen! Einkäufe bei Hertzog und Gerson, Photographirenlaffen, Möbel geschäfte im Interesse einer befreundeten Familie mit aus stattungsbedürftiger Tochter besichtigen, Nationalgalerie, Museen, Aquarium, Panoptikum, Urania kennen lernen, Rath- hauSthurm besteigen, Domchor singen, Dryander predigen hören, liebe Bekannte in den verschiedensten Theilen des Osten», Süden», Nordens und Westen» aufsuchen kurz, wenn sie wirklich Alles ausführen wollte, was sie da androhte, dann brauchte sie mindestens drei Wochen Zeit! Ich arbeite sonst nie zu Hause, aber an diesem Morgen ließ ich mir schleunigst ein Bündel Acten vom Bureau holen, um einen Vorwand zu haben, mich ungestört in mein Rauch- und Studirzimmerchen einschließen zu dürfen. Cousine Me linde schien aber nur geringen Respect vor der juristischen Thätigkeit zu haben, denn sie war naiv genug, mich, bevor sie in Begleitung meiner Frau und der älteren Kinder ihre vor mittägliche Besorgungscampagne antrat, zu ersuchen, daß ich doch „ein bischen' nach den beiden Kleinen sehen möchte. „Sie spielen ganz ruhig und artig im Nebenzimmer, aber ab und zu muß man doch mal nachqucken. Da« Mädchen ist beim Waschen!" Anfangs herrschte unter meinen Schutzbefohlenen voll kommene Stille, eine Stille, die mir wohlthat, jedem Sach verständigen aber Besorgnisse eingeflößt haben würde. Schon hatte ich mein Amt ganz vergessen und mich in einen hoch interessanten Fall vertieft, al« ich plötzlich durch laute» Baby-
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