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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.04.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-04-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980421022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898042102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898042102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-04
- Tag1898-04-21
- Monat1898-04
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BezUgr-Preis »1«1»ljLhrlich^-4^ att»r ttalicha »»stell,»» t»S Mt> wvrgewHlu-g«»« ersch^tt >u» '/,? Uhr. stt»M»»d->»-g«b« Woche»tag« u» h Uhr. Nck«rtto« >«d Lrveditto«: A»han«r»«affe 8. Die Expedition ist Wochentag« »nnnterdroche» Wh»«» »o» früh 8 bi« »eich« 7 Uhr. Filia!«: lvtt* <1e»M's Lortim. «Slfre« H«h»>. UrtverstMßstrah« S lPanlinmaj, hont« Lösche. MrchrrbtMstr. »ch vart. and A-»ig-pl^ 7. Abend-Ausgabe. WxzMrLWMaü Anzeiger. Amtsblatt -es königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Mmzeigem-Prei- tzie 6 gespaltene Petitzeile 80 Pfch Meelame« unter demRrdactton-strtch (4^> Walten) bv^, »ar den riamUieuaackricktW (S gespalten) 40^. Gröhe« Schriften laut »»Irrem -rat«, »erzeichutß. Labellarilcher »ich gisfernsatz nach höh««« Tarif. tztra»vetlage« (gefal-t), nnr mU de» Morgen-A»»gabe, oha» Postbesördrrun^' ^l M.—, mit PostbesSrderuog ^l 7Ü.—. Aimahmeschloß für Inzeizen: Nbeud-Au-gabe. Lormittag« 10 Uhr. Bstorg»»-«u«gabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bet den Filialen »ad Annahmestellen je ei« halb« St»»d« früher. Auzetge» find stet« au di« Expehitisu t» richte». Druck »nd Verlag von E. Pol» t» Leihztch ISS. Donnerstag den 21. April 1898. 82. Jahrgang. Vas Ultimatum der vereinigten Staaten. —p. Man muß in Washington seiner Sacke und de« Siege« sehr gewiß sein, denn Mac Kinley hat e« verschmäht, die ihm zusteheude Frist von zehn Tagen zu benutzen, um die Kampffähigkeit der Union, die noch Biele« zu wünschen übrig läßt, möglichst zu erhöhen. Wie ein Telegramm unsere« heutigen Morgenblatte« meldete, hat der Präsident bereit« gestera Bormittag die Resolution de« Congresse« unterzeichnet und dem spanischen Gesandten ein auf Sonnabend Mitternacht lautendes Ultimatum zugestellt. Bernabe hat darauf bin sofort seine Pässe verlangt und noch am Mittwoch Abend mit den Mitgliedern der Gesandtschaft Washington ver lassen. Dem diplomatischen Gebrauch entsprechend, wird, wie un« eine Washingtoner Drahtnachricht meldet, da« Ultimatum nicht veröffentlicht werden, bevor e« in den Händen der spanischen Regierung ist. E« ist jedoch Thatsache, daß der Präsident eine Abschrift der Beschlüsse de« Congresse« mit einer Note übersandt hat, in welcher er erklärt, er habe die Resolution de« Congresse« unterzeichnet und verlange, daß Spanien, dem Wortlaute dieser Resolution entsprechend, seine Truppen und Schiffe von Cuba und au- den cubanischen Gewässern zurück»! ehe. Eia bestimmter Termin für die Zurückziehung wird nrcht angegeben, aber e« wird hinzugesügt, fall- bi nächsten Sonnabend nicht eine befr»rd»gende Ant wort eiogegangea sein sollte, werde er, der Präsident, sofort die Resolution de« Congresse« zur Au-sührung bringen lassen. Der amerikanische Gesandte Woodford hat noch keine Anweisung erhalten, Madrid zu verlassen. Er wird voraus sichtlich bi« Sonnabend dort verbleiben, um der spanischen Regierung die Möglichkeit zur Antwort zu geben. Wohl aber wird, wie in einem Tbeil deS Morgenblatte« noch mit- getheilt werden konnte, versichert, die Familie Woodford'S habe in der Nacht zum Mittwoch in dem Südexpreßzug auf dem Wege von Frankreich nach Gibraltar Madrid passirl. Man glaubt, Woodford werde sich in Gibraltar an Bord eine- deutschen Dampfers nach New Jork rinschiffen. In der vergangenen Nachtsschliefen alle Beamten der amerikanischen Botschaft,m Hause Woodford'«. Da- Ultimatum ist diesem bereit- übermittelt worden und er wird e« beute der spanischen Regierung überreichen. Mittlerweile sind die Corte- zu- sammengetreten und von der Königin mit einer Thronrede eröffnet worden. Dieselbe hat nach dem un- zugegangenen Madrider Drahtbericht folgenden Wortlaut: „Die schweren Besorgnisse, welche Mein Herz br- trüben, sind seit dem letzten Male, da Ich an Sie da« Wort richtete, noch gewachst». Die Beunruhigung der Bevölkerung ist lebhafter geworden, in dem Befühle deS BevorstehenS neuer größerer Verwickelungen. Diese sind hervorgerufen durch die Wendung der Dinge aus Cuba, an der ein Theil der Bevölkerung der Bereinigten Staaten schuld ist, der vorau-sieht, daß «ine auS freiem Willen hervorgegangrne Kundgebung der kubanischen Bevölkerung durch seine Volksvertretung für immer jene Pläne zerstören wird, welche sich gegen di« Souverainität Spanien« richten und von Denjenigen genährt worden sind, welche mit Unter stützungen and ZuknnstSpläneo von den benachbarten Küsten au« dort gelandet sind, um da« Feuer der Insurrektion auf dieser unglücklichen, aus so vielen Wunden blutenden Insel zu schüren. Wenn die Regierung der Bereinigten Staaten dieser bliodwüthigeo Strömung nachgeben sollte, dann würden jene Drohungen und Beleidigungen, welche Wir bis jetzt, weil sie nicht der Ausdruck der wahren Besinnung der amerikanischen Bevölkerung sind, mit Gleichmuts» hinnehmcn konnten, sich in unerträglichen Herausforderungen umwandeln und behufs Vertheidigung der nationalen Würde Meine Regierung dazu zwingen, Unsere Beziehungen zur amerikanischen Regierung abzubrechen. In diesem kritischen Augenblicke bat dir erhobene Stimme desjenigen, der auf Erden die Ge- rechtigkeit Botte- verkündet, Rathschlägr voll Friedensliebe und Weisheit gegeben, die Meine Regierung unschwer befolgen konnte im Bewußtsein ihre» Rechtes und ihrer Pflichterfüllung. Wenn Spanien dem heiligen Bater für seine Intervention zu Gunsten des Frieden« in diesen kritischen Augenblicke» Dank schuldet, so ist eS auch den europäischen Großmächten dafür verpflichtet, daß sie in ihrem freundschaftlichen Berhalten und in ihren selbstlosen Rathschlägen unsrre Urberzeugung befestigten, daß die Gacke Spaniens die allgemeinsten Sympathien und seine Haltung die einstimmige Billigung findet. ES ist jedoch möglich, daß da« Attentat sich r.rwirklicht und daß weder die Heiligkeit unsere« Rechte«, noch di» Mäßigung in unserem Verhalten, noch der autdrückliche, in voller Freiheit kundgegeben» Wille de- cubanischen Volke« dazu dienen werden, die gegen da« spanische Vaterland entfesselten Leidenschaften de« Hasse« in Schranken zu halten. Ich habe daher für deu Fall, daß dieser hochernste Augenblick eintritt, wo Recht und Gerechtigkeit keinen anderen Schutz finden, al« den Muth der Spanier und die herkömmliche Thatkraft unseres Volke-, die Einberufung der Eortes beschleunigt, deren letzte Entscheidung ohne Zweifel den unerschütterlichen Entschluß meiner Regierung sanctioniren wird, unsere Rechte zu verthridigeu. Wie groß auch das Opfer sein mag, welche« dafür von un- gefordert wird, ich werd« mich mit der Nation identificiren und meine Pflichten erfüllen, die erfüllen zu wollen ich beim Antritt der Regentschaft geschworen habe. Mein Mutterherz vertraut darauf, daß das spanische Bolk sich um den Thron meine» SohnrS schaare n und ihn mit unüberwindlicher Gewalt stützen wird, bi- die Zelt kommt, wo rS meinem Sohne vergönnt ist, persönlich die Ehre der Nation und die Integrität de« vater ländischen Gebietes zu vertheidigen. Zu diesen schwerwiegenden Vorgängen, die Ihr« Aufmerksamkeit jetzt über da» Meer nach Westen lenken, gesellt sich in diesem Augenblicke noch der Zustand auf unseren Besitzungen im fernen Osten. Die Philippinen, deren Unterthanentreur durch eine ernste, aber glücklich niedergeschlagene Erhebung aus die Probe gestellt worden ist, leiden noch unter den Folgen dieser tiefgehenden Bewegung; um diese zur Ruhe zu bringen und um die Ursache de» Nebels zu beseitigen, wird die Regierung Ihnen wichtige Vorlagen machen. So trübe und dunkel die Zukunft sich auch darstellt, die Schwierigkeiten, die uns umgeben, werden nicht größer sein, al» die Krast und di« Energie des Lande-, um sie mit einer Land- und Seestreitmacht zu besiegen, deren ruhmreiche Traditionen seinen Muth stählen. Mit der gegenüber einem Angriff von außen einigen und geschlossenen Nation und mit der Hilfe Gottes, der unseren Vorfahren in den großen Krisen unserer Geschichte jederzeit den Weg zeigte, werden wir auch ebenso ehrenvoll diejenige bestehen, die man ohne Grund und ohne Gerechtigkeit gegen uns heraufzubrschwören versucht." Die Königin-Regentin giebt mit diesem Schlußwort nur der allgemeinen Ueberzeugung, daß die Bereinigten Staaten ein frevelhaftes Spiel treiben, Ausdruck, ebenso wie sie da« Richtige trifft, wenn sie vorauSsetzt, daß die Sympathien der europäischen Mächte auf Seite Spanien« sind. Die Thron rede ist entsprechend dem schicksalsschweren Augenblick und der Ungewißheit der Zukunft, in deren Schooße für Spanien und seine Dynastie furchtbare Prüfungen ruhen können, auf einen sehr ernsten fast düstern Ton gestimmt und wirkt in ihrer wahrheitsgetreuen Darlegung der Lage ergreifend. Fern von jeder, dem Spanier sonst eigenen Pose, vertraut sie auf die gerechte Sache und das kampf geübte Heer Spanien«. Die Ebre der Nation ist auf dem Spiele, aber lieber untergehen, al« sie preisgeben, das ist die die Thronrede beherrschende Losung; sie hat auch die Be völkerung, welcher Partei immer sie angeboren mag, sich zu eigen gemacht. Ueberall herrscht, wie die „Agencia Fabra" meldet, große Begeisterung, Senatoren und Deputiere aller Parteischaltirungcn sind entschlossen, vie PrLtensionen der Ber einigten Staaten energisch zurückzuweisen und alle für den Krieg nothwendigen Credite zu bewilligen. Nach der Eröffnungssitzung der Corte« traten die Minister zu einer längeren außer ordentlichen Berathung zusammen. Nach Beendigung der selben erklärte der Ministerpräsident Sagasta einem Ver treter der „Agence Fabra", der Ministerrath habe sich aus schließlich mit der Kriegsfrage, mit den militairischen Zu rüstungen, sowie mit den Schiffszurüstungen beschäftigt, die Entscheidung sei indessen Vorbehalten worden. Wie die selbe auSfatlen wird, kann nach Verlesung der Thron rede nicht mehr zweifelhaft sein. Die Admirale Berangcr und Butler äußerten, wie schon gemeldet, man dürfe da- größte Vertrauen auf dir Flotte haben, und auch der Marineminister sprach sich in gleicher Weise au«. Ueber die Bewegungen der spanischen Kriegsschiffe wird indessen absolute- Stillschweigen bewahrt. Man glaubt, der erste Zusammenstoß zur See werde an einer Stelle erfolgen, von der eS am wenigsten erwartet werde. AuS Havannah wird gemeldet, daß überall großer Enthusiasmus unter der Bevölkerung gegen die Iankee« herrsche. Eine Invasion werde auch nicht so leicht sein, wie die Amerikaner glaubten. Abgeseben von der regulären Armee seien 83000 Freiwillige entschlossen, da« Land zu vertheidigen. Große Hoffnungen setzt man in Madrid noch immer auf die Haltung der Insurgenten, von denen berichtet wird, daß sie sich au« Widerwillen gegen da« schlimmere Joch der Ber einigten Staaten noch rechtzeitig unterwerfen werden, wa- einige Führer bereit« gethan haben sollen. Marschall Lopez Domingue; erklärte auf Befragen, er glaube, die cubanischen Aufständischen würden schließlich gemeinsame Sache mit den Spaniern gegen die Iankee« machen. Dem widerspricht nur, daß in Cuba auch heute noch keine Waffenruhe eingetreten ist. Ja der Umgebung von Havannah haben viele Scharmützel mit den Aufständischen stattgefuaden, und General Gomez soll dem Marschall Blanco Haden sagen lassen, er brauche keine Emissäre mit Anerbietungen über eine Ausdehnung der Autonomie mehr zu schicken, er würde sie hängen lassen, wenn sie in sein Lager kämen. So lauten die Nachrichten direct widersprechend über eine Frage, auf die im Augenblick so Vieles ankomm! In den Bereinigten Staaten wird natürlich neck fieberhaft gerüstet. Unsere letzte Washingtoner Meldung besagt. Das Repräsentantenhaus nahm ohne besondere Abstimmung eine Vorlage an, durch welche der Präsident ermächtigt wird, Freiwillige aufzurufen. Kaper briefe wird die Union, wie officiell mitgetbeilt wird, im Falle eine« Krieges nicht auSgeben. Außerdem wird angetündigt, die Regierung werde bei Ausbruch deS Kriege- folgende Bestimmungen erlassen: t) Neutrale Flagge deckt feindliches Gut mit Aus nahme von Contrebande, 2) neutrales Gut, das nicht Contrebande ist, unterliegt der ConfiScation nicht, selbst unter feindlicher Flagge, 3) Blockaden müssen, um bindend zu sein, thalsächlich durchgeführt werden. Wie wird nun der Verlauf deS Kampfes sein? Er dürste sich ähnlich gestalten wie in der ersten Hälfte der 60er Jahre der Kampf zwischen den Nord- und den Südstaaten. Da mals gingen die Nordstaaten völlig ungerüstet in den Kamps und sie erlitten deshalb auch in der ersten Zeit de« Krieges eine Schlappe nach der andern. Aber sie arbeiteten sich während des Kampfe« in da« Krieg-Handwerk hinein, und schließlich verfügten die Nordstaaten am Beginne de» Jahre« I86L über ein kriegsgeübtes Heer von rund einer Million Krieger. Aehnlich ist die Situation jetzt. Die Vereinigten Staaten können zwar in Eile eine große Menge von Menschen auf die Beine bringen, aber daß solche aus dem Boden gestampfte Heere einer geringeren Zahl geübter Soldaten nicht gewachsen sind, bat man in der zweiten Hälfte des deutsch-französischen Kriege« ost genug gesehen Und ebenso ist eS zunächst wenigsten« nicht zum Besten mit der Marine bestellt, deren untere« Personal au« geworbenen Leuten aller Nationen besteht. Aber ein smarter Iankre kann Alles, und so werden sich auch diesmal die Amerikaner in den Krieg allmählich hineinarbeiten. Sie haben vor Spanien den Vorlbeil voraus, daß weder ihr Menschenmaterial, noch ihre finanziellen Kräfte in absehbarer Zeit zu er schöpfen sind. Freilich werden sie die Erfahrung machen müssen, daß ein Krieg mit Spanien keinen militairischen Spaziergang bedeutet, und sie dürften am Ende de« Kriege- vielleicht eiusehen, daß der Erfolg auch nicht entfernt den gebrachten Opfern ent spricht. Und wer weiß, ob nicht dereinst die Krieg-Partei, die beute triumphirt hat, von dem amerikanischen Volke ver wünscht werden wird. Denn abgesehen von den schweren Blut opfern, werden die schon seit Jahren nicht mehr günstigen finanziellen Verhältnisse Amerika« durch den Krieg in volle Verwirrung gebracht werden. Von Spanien aber können die Vereinigten Staaten im Falle deS Sieges wohl Cuba ver langen, nicht aber eine Entschädigung für die materiellen Opfer de« Kriege«. Politische Tagesschau. * Leipzig, 2t. April. Wie bereit» mitgetheilt, hat König Albert dein: Empfange der Deputation de« nationalliberalen säch sischen Landesvereins und der nationalliberalen Fraktion die Mahnung ausgesprochen, die erhaltenden Parteien möchten auch fernerhin, namentlich bei den bevorstehenden FerriHstoit. Der Lamps mit dem Schicksal. 16s Roman voa Hermann Hriurtch. Nachdruck »erdote». .Eine Todesanzeige? Ein lieber Verwandter ist Ihnen ge storben?" „Graf Bethlen Gabor war mein Großonkel, der einzige Ver wandte, der meinem Herzen nahe stand, und auf den ich mich verlassen konnte. Nun stehe ich ganz allein." Ein neuer Thränenstrom brach aus ihren Augen, den sie mit dem feinen Taschentuch vergeblich aufzuhalten bemüht war. Der Schmerz der Baronin griff dem Amtsrath ans Herz. Schön und entzückend war sie, wenn der Sonnenschein der Freude aus ihren dunklen Augen strahlte, aber herzbezwingend und berückend war sie in Thränen. „Gnädige Frau", sagte der Amtsrath mit der Stimme de» tiefsten Beileids, „ich nehme von Herzen Theil an Ihrem Verlust." Sie ergriff seine Hand und drückte sie heftig. „Ich danke Ihnen, theurer Freund, daß Sie gerade jetzt zu mir gekommen find. Ach, mir thuen mitfühlende Freund« so noth! Sie können nicht denken, wie «lend und verlassen ich mich zuweilen füble. Dieser Tod führt mir wieder ein großes Vermögen zu, aber der Reichthum erdrückt mich, wenn ich ihn nicht mit einem fühlenden Herzen theilen kann!" „Verkaufen Sie Ihre Güter und kommen Sie zu un»!" Ein Lächeln stahl sich durch ihre Thränen, ein mitleidiges und doch überaus gütiges Lächeln. „Herr Amtsrath, Si« scheinen sich von meinen Besitzungen eine etwa» geringe Vorstellung zu machen. Zehntausende von Hectaren verkaufen sich nicht so leicht. Außerdem ist mir meine Heimath lieb, ich schwärme für sie. Ach, e» ist ein reiche», herrliches Land. Sie sollten Scegedin sehen, den Stammsitz meiner Eltern, da» Herz würde Ihnen aufgehrn. Da» Havelland hat wohl auch seine Reize, aber mit Ungarn ver glichen, ist es doch nur ein arme» Land. Verzeihen Sie, Herr AmtSrath!" „Bitte, gnädige Frau. Ich kann es verstehen, daß Sie von Ihrem Vaterlande nicht lassen mögen." „Ich will Ihnen einen anderen Vorschlag machen", sagte die Baronin, indem sie den Amtirath mit großen Augen ernst und bedeutungivoll ansah. „Verkaufen Sie Krahnepuhl und kommen Ti« mit mir nach Ungarn l" „Nach Ungarn? Al» wa», gnädige Frau?" Der volle Sonnenglanz brach aus ihren Augen, indem sie ihre kleine Hand auf des Amtsraths Rechte legte. „Können Sie noch fragen? Muß ich Ihnen mit dürren Worten sagen, wa» Sie meinem Herzen sind?" Völlig berauscht sah der AmtSrath in ihre Augen. Noch wußte er nicht, ob das Glück, das so blendend vor seinen Augen strahlte, wirklich oder erträumt sei, ob es nicht in Duft zerrinnen werde, wenn er darnach fasse. „Liebe, gnädige Frau", stammelte er, indem er die Hand küßte und ihr verwirrt in die Augen sah. „Sie sind zu groß für diese kleinen Verhältnisse. Haben Sie das nicht längst gefühlt? Menschen wie Sie sind für ein König reich geboren. Ich kann Ihnen wenigstens ein Fürstenthum geben. Hier zehren Sie sich auf im Kampf um Nichtigkeiten, die Ihren Geist herabziehen in dm Staub, dort werden Sie eine Wirkungsstätte finden, die dem Adlerflug Ihres Geiste» keine Schranken setzt. Was sind Sie hier? Ein Mann von Ihrer Bedeutung hätte längst zu einer herrschenden Stellung gelangen müssen. In meiner Heimath weiß man das Verdienst besser zu würdigen. Sie werden dort in vier Jabren mehr erreichen wie hier in vierzig. Meine Verbindungen reichen bis in die Wiener Hofburg. Es wird mir eine Lust sein, sie für Sie, für meinen geliebten Gemahl geltmd zu machen." Ein Wirbelsturm ging durch de» AmtSraths Kopf. Wa» er selbst oft gefühlt hatte, die Baronin hatte es ausgesprochen. Seine innigsten Wünsche sollten in Erfüllung gehm. Seiner selbst nicht mächtig, sank er vor der Göttin seines Glückes auf die Knie und stammelte: „Nehmen Sie mich hin, gnädigste Frau! Ich bin Ihr Eigenthum, Ihr Sclave!" „Meine Seele, mein Herz bist Du, mein Geliebter!" flüsterte sie. Dann erscholl ein leise» glückselige» Lachen. „Stehen Sie auf, Ritter von Köhne!" Sie erhoben sich Beide. Sprachlo» standen sie sich einen Augenblick gegenüber. Ihre Herzen pochten, ihre Augen flamm ten. Da breitete sie ihre Arme aus und zog ihn an ihre Brust. Lange standen sie in glühender Umarmung. Da» GlückS- gefühl de» Amtirath» glich einem Taumel, der seine Sinne be- rauschte. Aber ganz, rücksichtslos gab er sich diesem Glück hin. Diese Stund« entschädigte ihn für alle Entbehrungen seine» liebearmen Leben». — Die Baronin mußte reisen. Sie durfte beim Begräbnisse de» Großonkel» nicht fehlen und hatte die Pflicht, ihre Erban- spräche zu vertreten. Da» konnte lange Zeit in Anspruch nehmen. Nach Erledigung der Angelegenheit wollte sie zurllckkrhren und sich mit dem Amt»rath öffentlich verloben. Dieser sollte in zwischen den verkauf von Krahnrpuhl bewerkstelligen, und sobald dies geschehen sei, sollte die Uebersiedelung nach Ungarn er folgen. Der Amtsrath machte erst den Vorschlag, Krahnepuhl seinem Sohne zu überlassen, die Baronin aber sprach sich mit großer Lebhaftigkeit dafür aus, ihn mitzunehmen. „Wenn ich Dich liebe, so liebe ich Dich mit Allem, was Dein ist", sagte sie. „Richard ist ein braver Junge, er wird uns keine Schande machen." „Du hast wohl gar schon eine Braut für ihn?" „Das auch", entgegnete sie lächelnd. „Ich hoffe, er wird ein braver Gatte meiner Nichte, der Baronesse Candida werden." Als der Amtsrath im Wagen saß, fiel ihm ein, daß er ja den eigentlichen Zweck seines Besuches ganz vergessen hatte. Aber wie kleinlich erschien ihm jetzt die Angelegenheit mit der Wirtschaf terin! Sie mochte immerhin bleiben. Mit dem Verkauf von Krahnepuhl erledigte sich die Sache von selbst. Und wie sicher fühlte er sich jetzt wieder den Vorwürfen Richards gegenüber! Dieser Erfolg bei der Baronin, der größte seines Lebens, war doch wieder ganz und gar sein Verdienst. Die Vorzüge, von denen sie in so begeisterter Weise gesprochen hatte, waren das Resultat seiner eigenen Lebensarbeit. Er selbst hatte den Cha rakter au» sich gemacht, den die Baronin liebte. Er war im umfassenden Sinne seines Glückes Schmied. „Die Wirtschafterin kann bleiben", sagte er zu Richard in so gleichgiltigem Tone, als ob ihn die Sache gar nicht weiter berühre. „Du bist bei der Baronin gewesen?" »Ja, aber ich habe diese Sache nicht mit ihr besprochen. Glaube übrigens nicht, daß ich Deinen Dummheiten von heute Morgen irgend welchen Werth beimeffe. Das sind nebelhafte Theorien. Du wirst übrigens bald selbst zu der Ueberzeugung kommen." Richard ging gedankenvoll hinaus. Sein Vater war so sonderbar, er konnte ihn nicht begreifen. Was er vorhin noch so ernst genommen, war ihm jetzt eine Kleinigkeit, vor kurzer Zeit erschüttert, stand er jetzt groß und selbstbewußt da, wie kaum je zuvor. Beiläufig theilte der Vater dem Sohne mit, daß die Baronin wegen eines Todesfalles nach ihrer Heimath reisen müsse. Am nächsten Tage fuhr er mit der Baronin nach Sanden- burg, um sie zur Bahn zu bringen. Augenzeugen berichteten, daß der Abschied ein sehr vertraulicher gewesen sei. Er war doch ein alter Schwerenöthrr, der Amtsrath von Krahnepuhl! Die Sendboten der apokalyptischen Gemeinde hatten in Brunow schlechte Geschäfte gemacht. Die arbeitsamen Bürger hatten weder Zeit noch Lust, den langathmigen Reden der Send boten zuzuhören, und die Ziegeleibesitzer setzten den Versuchen, die ausständigen Arbeiter in den Betrieben unterzubringen, einen entschiedenen Widerstand entgegen. In großer Aufregung kam der Bischof von Krahnepuhl zurück. Er gab sofort den Befehl zur Abreise. Auf die Frage der neuen Brüder, was er in Krahne puhl ausgerichtet habe, erklärte er, der Amtsrath sei der leib hastige Antichrist. Er werde bald wiederkommen und dann den Kampf aufs Neue aufnehmen. Hier könne es sich freilich nicht um Bekehrung, sondern nur um Strafe und Gericht handeln, und dem werde der Amtsrath auf keinen Fall entgehen. Sie sollten nur wacker sein und aushalten und sich an anderen Stellen um Arbeit bemühen, dann werde ihnen der Lohn hier zeitlich und dort ewiglich bestimmt zu Theil werden. Mit diesem schalen Trost verwies er sie auf die Zukunft, indem er sich selbst mit deni nächsten Zuge nach Berlin rettete. Zu dem Schaden hatten die ausständigen Arbeiter nun nom den Spott, und insbesondere der Präsident wurde nicht anders als „Bruder Knöterich" genannt. Er wandte sich an die social demokratische Parteileitung in Berlin und bat um Unterstützung, wurde aber glatt abgewiesen. Für einen solchen unprogramm mäßigen und von vornherein aussichtslosen Streik hatte die Parteicasse kein Geld. Die meisten Arbeiter verließen die Ge gend, nur Knöterich mit einigen Getreuen blieb zurück. Er wollie sich von dem Ort, wo er so viel Schmach erfahren hatte, nicht trennen, ohne sich eine glänzende Genugthuung verschafft zu haben. In der nächsten Woche trafen aus Pest schwarz umränderte Todesanzeigen ein. Die Baronin theilte den Brunower Freunden das Ableben ihre» Onkels, des Grafen Bethlen Gabor, mit. Der AmtSrath erhielt häufig Briefe von der Baronin. Er las sie mit stillem Lächeln und verschloß sie. Eines Tages sagie er nach dem Mittagessen zu seinem Sohne: „Was würdest Du dazu sagen, wenn ich mich noch einmal verheirathete?" Richard lächelte ungläubig. „Das wirst Du ja nicht thun, Vater." „Warum nicht? Du weißt, ich bin nun einmal aufs Hei rathen versessen. Du willst nicht, also muß ich in die Bresche springen. Ohne Hausfrau geht's nicht länger." „Ach, das ist ja Unsinn! Wenn Du Dich zum zweiten Male hättest verheirathen wollen, dann hättest Du das in früheren Jahren thun können, ja vielleicht thun sollen. Jetzt ist doch gar kein Gedanke mehr." „Das ist leicht gesagt: In früheren Jahren! Ich hat e damals nicht nur mich, ich hatte auch Euch, die Kinder, zu br denken. Eine Frau hätte ich leicht bekommen können, Ihr aber keine Mutter. Es war mir auch keine gut genug. Al» Ihr end lich aus den Kinderjahren heraus wäret, war mir die Lust zum Heirathen vergangen. Jetzt aber bietet sich eine passende und gute Gelegenheit, und ich werd« sie ergreifen."
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